Einmalzahlung öffentlicher Dienst nicht für ElterngeldbezieherInnen

Hallo zusammen,

endlich gibt es eine Tarifeinigung für den öffentlichen Dienst und für alle es gibt die steuerfreie Zahlung von bis zu 3000 Euro zum Inflationsausgleich. Tolle Sache, leider nicht für ElterngeldbezieherInnen. Ich persönlich gehe in diesem Fall also leider leer aus. Ggf. gibt es noch andere betroffene Gruppen, das weiß ich aber nicht. Auch bei der Einmalzahlung wegen Corona waren ElterngeldbezieherInnen diejenigen, die das Nachsehen hatten im öffentlichen Dienst. Auch wenn die sachlichen Gründe klar sind (unterschiedliche Geldtöpfe), so empfinde ich das Ergebnis doch als diskriminierend. Gerade in der Elternzeit ist es sowieso schon extrem knapp und der Maximalbetrag von 1800 Euro im Monat wird nicht der Inflation angepasst. Zusammen mit Windeln, für die der volle Mehrwertsteuersatz gilt, wirkt das nicht sonderlich familienfreundlich. Ich würde mich freuen, wenn das Thema in der Sendung und hier im Forum besprochen werden würde. Ansonsten vielen Dank für den großartigen Podcast und viele Grüße!

7 „Gefällt mir“

Deutschland ist kein kinderfreundliches Land und Kinder machen Karriere unmöglich, wenn man sich die Erziehungsarbeit aufteilt.

Ich denke das ist hinlänglich bekannt.

Falls es ein Trost ist, meine Frau ist gerade auch in Elternzeit bei einem Mittelständler und hat auch keinen „Inflationsausgleich“ bekommen.

1 „Gefällt mir“

Das ist auf jeden Fall ein wichtiges Thema.

Das Problem liegt darin, dass die Höhe des Elterngeldes in § 2 Abs. 1 S.1 BEEG geregelt ist. Dort heißt es:

Der Anspruch basiert daher stets auf dem Gehalt vor der Geburt. Tariferhöhungen oder Sonderzahlungen, die nach der Geburt beschlossen werden, bleiben somit unberücksichtigt.

Die an den Tarifverhandlungen beteiligten Parteien haben hier natürlich keine Möglichkeiten, zu intervenieren. Daher ist logisch, dass Elterngeldbezieher bei den Tarifverhandlungen „leer ausgehen“ (und man kann es den Tarifparteien nicht vorwerfen).

Beim Verfassen des BEEG hat man vermutlich schlicht nicht an Hoch-Inflations-Situationen, wie wir sie seit Corona und dem Ukraine-Krieg haben, gedacht und deshalb keine Anpassungsmechanismen eingebaut. Das sollte der Gesetzgeber nun ändern. Denn normalerweise hatten wir immer eine Inflation irgendwo zwischen 0,3 und 2%, da war eine Anpassung für die paar Monate, die jemand Elterngeld bezieht, nicht wirklich relevant… Wenn es jedoch zu einer Einmalzahlung in Höhe von 3000 Euro kommt - tja, das ist natürlich schon eine Größenordnung, die definitiv relevant ist.

Eigentlich wäre es logisch, eine Einmalzahlung für Menschen, die Elterngeld beziehen, zu beschließen - nachdem Studenten, Rentner, Arbeitnehmer und ALG-II-Empfänger jeweils Sonderzahlungen erhalten haben (wenngleich diese oft zu gering ausgefallen sind!) ist das eigentlich überfällig. Aber ich kenne da einen Finanzminister, der da wahrscheinlich wieder Bedenken anmeldet, schließlich würden keine Unternehmen direkt von der Sonderzahlung profitieren :wink:

1 „Gefällt mir“

Um mal den Blick etwas zu weiten:
Beim Elterngeld werden folgende Probleme vom TE dargestellt:

  1. Zukünftige Lohnsteigerungen werden nicht berücksichtigt.
  2. Die Höchstgrenze für Elterngeld wird nicht inflationsangepasst. (Das Mindestelterngeld übringens auch nicht!)

Dem würde ich noch hinzufügen, dass steuerfreie Leistungen nicht als Einkommen im Sinne des Elterngeld zählen. („Bei der Berechnung des Elterngelds wird nur der Teil Ihres Einkommens vor der Geburt berücksichtigt, für den Sie Steuern zahlen müssen.“ Arbeit und Einkommen mit Elterngeld | Familienportal des Bundes)

Beide Probleme sind nicht so sehr ein Elterngeldspezifisches Problem:

  1. gilt in der Regel bei Lohnersatzleistungen (z.B. Krankengeld, ALG (I)), hier ist der Bemessungszeitraum immer rückwirkend. Und wie bereits dargestellt ist dies in Zeiten kleiner Inflation zur Vereinfachung in Kauf genommen.
  2. Nichtsteigerung gilt bei vielen staatlichen Leistungen, die als Einkommen dienen. Z.B. wird der Bafög-Höchsatz auch nicht automatisch mit der Inflation angepasst, sondern nur per Gesetz.
    Vielleicht brauchen wir einen Automatismus? (Siehe z.B. Minijob-Grenze durch Kopplung an Mindestlohn).
1 „Gefällt mir“

Hallo Betti,
danke, dass du dieses wichtige Thema aufgreifst. Mir geht es da genauso wie dir. Lange Zeit im öffentlichen Dienst gearbeitet, nun ein paar Monate wegen Baby zu Hause und danach geht’s auch wieder weiter. Aber eben erst dann, wenn die steuerfrei Einmalzahlung passé ist.
Ich gebe die Hoffnung noch nicht auf, dass man (oder Frau - was bei einem solchen Thema wohl wahrscheinlicher ist) auch mal an solche Fälle denkt. Es werden so einige sein, die in Elternzeit sind und leer ausgehen. Also gerade in einer Zeit, in der ein finanzieller Support besonders nützlich wäre (das gilt natürlich auch für weitere Personengruppen, die leer ausgehen). Wichtig also, darauf aufmerksam zu machen, auch wenn man gerade zwischen Windeln versinken mag und leider nicht in der Entscheidungsposition sitzt.

Sabri

1 „Gefällt mir“

Ich denke eine Anpassung des Elterngeldes während der Bezugszeit ist nicht notwendig, das macht das Verfahren nur noch bürokratischer. Wer schon mal Elterngeld beantragt hat weiß, dass da gerne mal 100 Seiten zusammenkommen.

Was aber auf jeden Fall fällig ist, ist eine Anpassung der unteren und oberen Schranke von € 300 und € 1800. Das Elterngeld wurde am 1.1.2007 eingeführt und die Kaufkraft dieser beiden Schranken beträgt laut Google heute € 254,10 und € 1524,60.

Zudem ist das durchschnittliche Bruttogehalt in Deutschland in dieser Zeit von € 27.387 zu € 40.219 gestiegen, was dazu führt, dass viel mehr Eltern in die obere Schranke fallen.

Off Topic (vielleicht ein neues Thema wert?): Ein Anstieg von 47% in den letzten 16 Jahren? In welchen Branchen ist denn das passiert? Wir (IG-Metall Tarifvertrag) drehen seit 2017 nur Null-Runden :sob:

Das Elterngeld muss an dich dringend reformiert werden. Zum einen ist es eine Frechheit, dass es vom Netto berechnet wird, aber mit der Steuererklärung nachversteuert wird. Dann sind 68% schlicht zu wenig meiner Meinung nach. Es muss dringend attraktiver sein, Kinder zu kriegen.

Das stimmt so meiner meinung nach nicht. Versteuern muss man das Elterngeld nicht, es wird nur bei der Berechnung des Steuersatzes mit berücksichtigt, soweit ich das verstanden hab. Und das macht aus meiner Sicht auch Sinn.

Ja! 68% und 1800 Euro sind zu wenig! Das Kinderkrankengeld wurde in Zuge der Pandemie von 68% auf 90% erhöht und soweit ich weiß auch nicht wieder reduziert.

Insbesondere wenn man möchte das mehr Männer Elternzeit nehmen, wäre das ein Ansatzpunkt. Die Einbußen am Familieneineinkommen sind viel größer wenn das Elternteil in Elternzeit geht, das mehr verdient. Und nun ist es nun mal so das Männer oft mehr verdienen. Also gehen am Ende doch meist nur dir Frauen in Elternzeit oder die Männer nehmen nur die beiden „Bonus“ Monate mit.

Das das Ein Problem ist, hat sich auch während der Pandemie in MV an der Notbetreuung gezeigt. Die gab es zuerst nur wenn beide Elternteile in „relevanten“ Berufen gearbeitet hat. Hat man nach 2 Wochen wieder geändert, da Pflegeberufe oft nicht so gut bezahlt sind, blieben also die Pflegekräfte zuhause um die Kinder zu betreuen, weil sonst finanziell nicht gepasst hätte (damals noch 68%) … daher wurde diese Regelung auf drängen der Gesundheit & Plage Branche gekippt und es reicht wenn ein Eltern Teil einen „relevanten“ Beruf hatte.

Das ist korrekt. Es ist ein klassischer Fall des sog. Progressionsvorbehalts, der beim Elterngeld vor allem bei gemeinsamer Besteuerung von Ehegatten relevant wird.

Progressionsvorbehalt heißt letztlich, dass auf das Elterngeld selbst keine Steuern gezahlt werden, aber das Elterngeld bei der Ermittlung des Steuersatzes einbezogen wird. Daher:

Wenn ein Ehepartner z.B. 20.000 Euro Elterngeld bekommt und der andere Ehepartner 50.000 Euro verdient, ist das zu versteuernde Einkommen nur 50.000 Euro. Es wird jedoch der durchschnittliche Steuersatz von 70.000 Euro Einkommen ermittelt (~21,4%) und dieser Steuersatz wird auf die 50.000 Euro Einkommen angewandt. Ohne Progressionsvorbehalt läge der Steuersatz bei rund 16,6%.

Der Unterschied in diesem Beispiel wäre daher:
Für voll versteuerte 70.000 Euro würden rund 15.000 Euro Steuern anfallen (~21,4% von 70.000)
Ohne Progressionsvorbehalt würden für die 50.000 Euro Einkommen rund 8.300 Euro Steuern anfallen (~16.6% von 50.000)
Durch den Progressionsvorbehalt fallen für die 50.000 Euro zu versteuerndem Einkommen rund 10.700 Euro an Steuern an (21,4% von 50.000)

Effektiv werden auf die 20.000 Euro Elterngeld in diesem Fall also 2.400 Euro Steuern fällig, die aber eben von den 50.000 Euro Gehalt des Ehegatten abgezogen werden, nicht von den 20.000 „steuerfreien“ Euro des Elterngeldbeziehers.

Wer keine Einnahmen neben dem Elterngeld bezieht und alleine versteuert wird, zahlt auf das Elterngeld somit auch keine Steuern… daher macht es für gemeinsam veranlagte unter Umständen Sinn, eine getrennte Veranlagung zu wählen, wenn Elterngeld bezogen wird - aber nur dann, wenn die durch den Progressionsvorbehalt erzeugte zusätzliche Steuerlast für den arbeitenden Partner höher ist, als die Ersparnis durch die Zusammen-Veranlagung im Hinblick auf die gemeinsame Nutzung der Freibeträge. Das ist nebenbei nur wirklich selten der Fall.

In diesem Sinne ist das schon okay so, wie es ist. In den meisten Fällen führt der Progressionsvorbehalt nur dazu, dass der Vorteil der gemeinsamen Veranlagung bei Elterngeldbezug eines Ehepartners reduziert, aber keinesfalls ganz aufgehoben, wird.

Sehe ich anders. Sobald das Elterngeld vom Brutto berechnet wird gehe ich mit, ansonsten ist es einfach nur mal wieder etwas, um Menschen mit Kindern zu benachteiligen. Es ist einfach so, dass Kinderlose riesige Vorteile haben und auch das volle Solidarprinzip genießen, dass später von Kindern anderer getragen werden muss.

1 „Gefällt mir“

Nein, ist es nicht. Der Progressionsvorbehalt ist - wie gesagt - eher eine Einschränkung des Vorteils, den zusammen veranlagte Ehepartner gegenüber Unverheirateten haben. Für unverheiratete bedeutet er höchstens eine minimale indirekte Steuer auf das Elterngeld, wenn weiterhin in Teilzeit (z.B. auf einer halben Stelle) gearbeitet wird - und das ist durchaus fair (die Steuerlast ist immer noch deutlich niedriger, als ohne Elterngeld)

Dass Sozialleistungen unter den Progressionsvorbehalt fallen ist eher die Norm als die Ausnahme und es gibt wenig Gründe, warum das beim Elterngeld nicht so sein sollte.

Im Ergebnis kann man natürlich dennoch mehr Unterstützung für Eltern fordern, da will ich dir gar nicht widersprechen, aber ich finde es nicht sinnvoll, die Kritik der „Mangelunterstützung von Eltern“ am Progressionsvorbehalt festzumachen, weil der Wegfall des Progressionsvorbehaltes vor allem diejenigen finanziell besserstellen würde, die bereits sehr gut stehen (Verheiratete, bei denen ein Partner weiterhin ein dickes Einkommen hat), während es für Unverheiratete gar keinen Unterschied macht. Wenn wir zu dem - berechtigten - Schluss kommen, dass wir mehr finanzielle Unterstützung für Eltern wollen, dann bitte auf eine Weise, die idealerweise besonders arme Eltern, zumindest aber alle Eltern gleichermaßen trifft, nicht auf eine Weise, die den ohnehin schon Privilegierten weitere Vorteile gibt.

Danke für die wertvollen Details, so tief war ich gar nicht in der Materie drin und es ist ja noch schlimmer als ich dachte!

Irgendwie drängt sich der Eindruck auf, dass im Design des Elterngeldes der antizipierte Zahlungsempfanger die in der Partnerschaft hinzuverdienende Ehefrau ist. In so einer Konstellation waren die max. 1800 wohl eher zumutbar.

In meinem Fall Z.B. bin ich die Hauptverdienerin und mein Mann Student mit nem kleinen Nebenjob. Folge: mit dem Kind kommt auch der finanzielle Supergau. Ich dachte immer, dass das eben mein privates Problem ist aber vielleicht ist es das gar nicht. Ähnlich sicher auch bei Alleinerziehenden und anderen Personengruppen.

Um mal zum Ausgangspunkt der Frage zurückzukommen: der Grund, warum du keinen Inflationsausgleich bekommst, ist der selbe wie auch in einem Privatunternehmen. Du stehst in keinem aktiven Arbeitsverhältnis mit deinem Arbeitgeber. Die somit bekommt man Sonderzahlung etc. entweder gar nicht oder eben nur mit X/zwölftel anteilsmäßig. Mir ging es jetzt nämlich genauso, als ich das erste Mal nach 17 Jahren Betriebszugehörigkeit dummerweise zum Stichtag der Inflationsausgleich Zahlung in der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch die Krankenkasse war. Und auch hier hatte ich zuerst nix bekommen. Da ich das aber als dermaßen Missachtung der Gleichbehandlung gesehen habe und dies ziemlich weit hoch in die Geschäftsleitung getragen habe, hat man sich den Fall noch mal angeschaut und entschieden es drei Monate später doch allen zu zahlen. Somit hat man dann sogar Elterngeldbeziehern und Teilzeitbeschäftigten anteilsmäßig die Prämie gezahlt. War kurz davor ein Anwalt einzuschalten.

Das hätte nicht geholfen. Das Verhalten des Arbeitgebers wäre korrekt gewesen. Aber auch bei uns wurde jeder Fall einzeln geprüft, um faire Lösungen zu finden.

Auf Instagram habe ich die Initiative @petition.elterngeld.hoch gesehen.
Hier der Link zur Petition:
Petition Elterngeld hoch

Ich bin mir nicht sicher um was es da geht. Geht es lediglich um eine Erhöhung des Höchst- und Mindestsatzes? Oder soll die Bemessungsgrundlage von nur 68% des Netto endlich massiv erhöht werden?

Aus der Petition:

Deshalb muss der Mindestsatz über eine inflationsausgleichende Erhöhung i.H.v. 35% hinaus sowie die Einkommensgrenzen (1.200 € und 1.000 €) für höhere Ersatzraten (größer 65 %) zur Sicherung des Existenzminimums und angepasst werden.

Alle Familien, auch solche mit mittlerem und höherem Einkommen, sollen während der Elternzeit geringstmögliche finanzielle Einbußen gegenüber ihrem Nettogehalt erleiden, um ihren Lebensstandard halten zu können.

Das heißt, beides soll erhöht werden.

Aus eigener Erfahrung würde ich den Höchstsatz allerdings nicht wesentlich erhöhen. 1800 € sind schon eine Menge Geld. Man könnte aber an eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage unter der Voraussetzung denken, dass beide Eltern sich die Monate paritätischer Teilen.

Zum Beispiel bezogen auf den Partner mit weniger Elternzeitmonaten
65% bei x<= 2 Monaten
70% bei 2<x<= 4 Monaten
80% bei 4<x<= 6 Monaten
85% + 2 Monate Elterngeldverlängerung bei 6<x<= 7 Monaten

1 „Gefällt mir“

Fände ich einen tollen Anreiz. Bei unserem ersten Kind waren wir zum Beispiel jeweils 9 Monate (ich) und 8 Monate daheim. Bei unserer 2. werde ich 8 und meine Frau 10 Monate machen. Das hat unserem ersten extrem gut getan. Man würde also nicht nur die Berufstätigkeit von Frauen fördern, sondern auch die Eltern-Kind-Beziehung.

Man darf nicht vergessen, wie wichtig Kinder sind.
Zwar wird niemand wegen des Elterngeldes ein Kind planen, aber denjenigen, die sich Kinder wünschen, würde die Entscheidung finanziell etwas erleichtert. (Natürlich muss auch die Kita-Infrastruktur besser werden, aber das ist hier nicht Thema. )

Das ist schon richtig und auch wir haben die Elternzeit hälftig geteilt.

Du musst dir nur über die Bedeutung einer Elterngelderhöhung bewusst sein. Die 65/68% sind ja nicht gewürfelt, sondern bewegen sich so auch im Bereich des ALG 1 und des Kurzarbeitergelds. Begründet werden diese Sätze, dass mit dem Bezug ja auch erhebliche Kosten wegfallen, beispielsweise Pendelkosten. Die 65%/68% sollen im Grunde die Beibehaltung des Lebensstandard des Beziehers sichern, nicht mehr.

Wer an den Elterngeldsätzen dreht wird also sofort eine Diskussion über die Höhe von ALG 1 und Kurzarbeitergeld lostreten.