Mein Vorschlag ist nicht Nachdenken statt Mobilität, sondern bei der Entwicklung zukünftiger Mobilität zumindest in der Analyse anfangen mit Nachdenken und Debattieren über die grundlegende gesellschaftliche Ausgangssituation.
Von welcher gesellschaftlich angestrebten Lösung gehen Sie aus? Wird die in Einklang stehen mit - sagen wir dem 1,5 Grad Ziel als ein messbares Ziel? Wenn nicht - glauben Sie nicht auch, dass es lohnt sich trotzdem dafür zu engagieren?
Ich denke mal die Digitalisierung wird uns in gewissen Bereichen einen Teil der Mobilitätswende abnehmen. Wenn man eben nicht mal mehr schnell von Hamburg nach München zum Meeting muss, oder quer durch Europa in wenigen Stunden um eine Konferenz abzuhalten.
Das ist dann auch ein weiterer Punkt an dem man ansetzen sollte: Entschleunigen des Reisens.
Machen wir uns nichts vor, wenn es hipp wird mit dem Zug durch Europa zu reisen und 2-3 Tage dafür Zeit zu haben brauchen wir weniger Flieger die ja auch nur stetig mehr werden um in ein paar Stunden das zu leisten wo man vor nicht mal Hundert Jahren Tage wenn nicht Wochen gebraucht hat.
Man stelle sich mal vor wieviel Energie man sparen könnte wenn man die Interkontinentalflüge auf langsamere Zeppeline umstellen würde.
Problem dann natürlich: der Shopping Tripp nach New York übers Wochenende ist dann History.
Da stimme ich zu.
Im Sinne einer konstruktiven Debatte, die natürlich auch Systemkritik beinhalten kann, wäre es dann mMn sinnvoll, zwischen policy (inhaltliche Positionen und Ziele) und polity (Durchsetzungsformen, Dialog, Konflikt) zu differenzieren.
Die Förderung des E-Autos und anderer Mobilitätsformen ist policy, die von dir angesprochenen gesellschaftlichen Analysen sind polity. Das bedeutet nicht, dass das eine weniger wichtig wäre als das andere, man sollte in der Diskussion nur im Kopf behalten, worüber man gerade eigentlich redet und dass es verschiedene Ebenen der Politik betrift.
Die Hegemonie von Automobilität zum Beispiel, von der du sprichst, ist ein gesellschaftlicher Fakt. Wie gehen wir also damit um? Die meisten Menschen möchten nicht auf Individualverkehr im Allgemeinen und Autos im Speziellen verzichten - völlig unabhängig ob aus sich selbst heraus, oder durch manipulative Kommunikation von Politik & Konzernen. Wie kann eine fundamentale Verkehrs- & Mobilitätswende also so kommuniziert und im gesellschaftlichen Dialog angepasst werden, dass eine Mehrheit der Bevölkerung dahintersteht (polity) und was genau muss diese Wende beinhalten (policy)? Das sollte, meine ich, das Ziel einer konstruktiven Debatte zu dem Thema sein.
Um diese doch recht spannende Diskussion etwas wiederzubeleben stürze ich mich mal als Landbewohner auf diese Aussage
Was ich in der Diskussion um die Mobilitätswende immer schwierig finde ist das ich das Gefühl habe das hier immer versucht wird ein urban richtigen Lösungsansatz auf das Umland zu übertragen ohne zu hinterfragen ob er ökologisch sinnvoll ist.
Was ich damit meine: Der ÖPNV ist nicht aus sich heraus ökologisch gut. Busse und Bahnen erzeugen durch ihren Antrieb und Verschleiß ebenso ökologische Schäden wie PKW. Nur durch die Fähigkeit mehr Passagiere mitzunehmen wird der ökologische Schaden verringert (oder auf mehr Fahrgäste verteilt).
Bei abnehmender Bevölkerungsdichte sinkt dieser Effekt deutlich bis er sich im schlimmsten Fall ins Gegenteil verkehrt. Dies kann zwar durch den Einsatz kleinerer Fahrzeuge kompensiert werden aber auch das kommt an seine ökologisch sinnvollen Grenzen. Selbst das selbstfahrende Taxi wäre ökologisch schlechter wenn es zu einer Person fährt um sie abzuholen und diese dann zu ihrem Zielort zu fahren als wenn diese selber fährt.
Viele der vollkommen richtig beschriebenen Probleme (Lärm, Versiegelung, Parkplatzprobleme etc.) sind auf dem Land nicht so offensichtlich das die Leute eine Einschränkung ihrer Mobilität dafür hergeben werden.
Statt immer wieder von der großen Mobilitätswende zu philosophieren finde ich es sinnvoller über konkrete Maßnahmen zu diskutieren. Insbesondere darüber wie man die Fahrzeuge aus den Städten bekommt oder wie man einen einen sinnvollen Übergang von Individualverkehr auf dem Land zu ÖPNV in der Stadt organisiert.
Zum Beispiel Park&Ride: Das wäre eine gute Möglichkeit um das Pendeln in die Städte zu reduzieren. Oft ist das Park&Ride jedoch in den Städten angesiedelt und bringt damit für das tägliche Pendeln der Menschen wenig.
Was ich mir hier gut vorstellen könnte: Das Park&Ride auf die Pendlerparkplätze im Umland der Ballungszentren erweitern und diese dann mit Bussen mit den Städten verbinden.
Der Individualverkehr, daher die Möglichkeit des Einzelnen, ein eigenes Kraftfahrzeug zu führen, war eine der größten Torheiten der Moderne - und diesen Geist bekommen wir so schnell nicht wieder in seine Flasche.
Man stelle sich vor, es hätte nie einen Individualverkehr gegeben, sondern von Anfang an nur ÖPNV und für Notfälle Taxen. Selbst im entlegensten Dorf würden die Busse im Minutentakt in die umliegenden Dörfer fahren - schlicht, weil es notwendig wäre.
Das Problem ist, dass durch den Individualverkehr jeder Mensch die Möglichkeit hat, sich aus der Solidargemeinschaft der ÖPNV-Nutzer zu entfernen. Dadurch schrumpft diese Solidargemeinschaft und folglich auch das Volumen an Leistungen, dass sie erbringen kann. Dadurch haben wir die Situation, dass auf dem Bus nach 7 Uhr kein Bus mehr fährt und in der Großstadt die Straßenbahnen teilweise nur im 20-Minuten-Takt, statt im 3-Minuten-Takt.
Dieses Problem werden wir leider unmöglich beheben können. Lotte hat hier mit ihrem Eingangs-Beitrag durchaus Recht - der Wechsel von Individual-Verbrenner-Verkehr auf Individual-Elektro-Verkehr ist nur ein winziger Tropfen auf einen sehr großen, sehr heißen Stein. Aber halt ein halbwegs vermittelbarer - zumindest dem Großteil der Bevölkerung kann man ein E-Auto halbwegs schmackhaft machen, eine völlige Abschaffung des Individualverkehrs mit massivem Ausbau des ÖPNV hingegen nicht…
Um deine Frage daher zu beantworten:
Eine wirklich fundamentale Wende wird man der Bevölkerung leider nicht verkaufen können. Es wird realistisch betrachtet nur in kleinen Schritten gehen. Erst wird der Verbrenner gegen das E-Auto getauscht, dann die Fahrrad-Infrastruktur und der ÖPNV ausgebaut - und damit wird der Anteil der ÖPNV-Nutzer und Auto-Verzichter vielleicht über die nächsten 20 Jahre groß genug wachsen, um von dort die nächsten Schritte zu gehen.
Im Hinblick auf effektiven Umweltschutz wird das natürlich zu spät sein. Aber bis der Mensch - vor allem der Deutsche - auf sein Auto verzichtet müsste die Natur schon sicht- und spürbar vor dem vollständigen Kollaps stehen. Und selbst dann würde mancher vermutlich lieber mit dem Auto in den Untergang fahren, statt auf das Auto zu verzichten…
Dein Beispiel mit dem ÖPNV (1 Bus für 1 Fahrgast) hat natürlich Berechtigung. Ökologisch sinnvolle Mobilität beginnt aber doch ganz wo anders. Man kann auch auf dem Land sein Auto stehen lassen und zu Fuß zum Bäcker laufen.
Dieser Beobachtung stimme ich uneingeschränkt zu. Ich engagiere mich seit ca. 5 Jahren in einer Kleinstadt für eine „kleine Verkehrswende“ und kann bestätigen: Auto fahren ist wohl ein „Menschenrecht“. Und weil man CO2 nicht sehen oder riechen kann, interessiert es keinen Menschen.
Auch hier volle Zustimmung. Aber: So wie jedes gespartes kg CO2 gegen den Klimawandel hilft, so hilft eben auch jeder nicht gefahrene Kilometer Auto.
Es gibt also viele gute Gründe für den Landbewohner Auto zu fahren, genauso wie es viele gibt, es stehen zu lassen, oder auf umweltfreundlichere Verkehrsträger umzusteigen.
Das ist eine sehr akademische Betrachtung. Hat dann doch mit diskutieren statt mit handeln zu tun. Würde mich auch interessieren, mit wem ihr das diskutieren wollt, wenn als Grundvoraussetzung die Kenntnisse der Unterscheidung von polity und policy notwendig wären (übrigens laut dieser Quelle ganz anders erklärt: propaedpowi - Politikwissenschaftliche Trias: Policy, Politics, Polity
Die aus meiner Sicht für die Energiewende nötigen Hebel sind
die Technik (alles vorhanden und bekannt und bis auf Nuancen Konsens der Wissenschaft.
das Wissen darüber (ist leider grauenvoll, siehe Kommentare zu E-Autos)
Geld (ist im Überfluss vorhanden)
den Menschen dazu zu bringen „mit zu spielen“ durch
entweder über den Geldbeutel (l Sprit 10 Euro) oder
Verbote (Benutzung des Autos für Strecken unter 5 km führt zur Stillegung des Fahrzeugs über die nächsten 2 Wochen).
Die Gefahr ist hier, dass dann einfach alternative Treibstoffe getankt werden. Das war damals schon ein Ding, den Diesel mit Rapsöl oder gar Heizöl zu betanken… ist natürlich Steuerhinterziehung (daher ist Heizöl in Deutschland auch gefärbt), aber wenn der Liter Benzin 10 Euro kostet wird derartiges eine neue Hochkonjunktur haben. Genau so wie kanisterweise Benzin im Ausland zu kaufen, wenn es dort deutlich billiger ist. Auch verboten (Stichwort Gefahrengut), aber die Leute werden halt erfinderisch, wenn’s an’s Geld geht.
Vielleicht sollten wir es erst einmal mit 2,00€ bis 2,50€ versuchen, das würde schon die Rechnung deutlich zum Vorteil der eKFZ bewegen. Aber so lange Mieter in Wohngebieten keine Lademöglichkeit vor der Haustür haben wird auch ein Benzinpreis von über 3€ vermutlich nicht reichen, das eKFZ attraktiver als den Verbrenner zu machen.
Ernsthaft, wo ich wohne - in einem urbanen Wohngebiet in einer deutschen Großstadt im Ruhrgebiet - ist die nächste Ladestation knapp 2 km von meiner Wohnungstür entfernt. Wie viele Menschen sind bereit, 2 km von der eigenen Wohnungstür entfern zu parken - und dann entweder ne Stunde dort zu warten, bis das Auto voll ist, oder nach drei Stunden nochmal dort vorbei zu gehen, um das Auto wieder abzuholen? Richtig, keiner. Die Infrastruktur ist das A und O bei der Durchsetzung der Elektromobilität, nicht der Benzinpreis.
Leider in nahezu keinem Fall beweisbar, daher wäre das ein weiterer Fall einer Vorschrift, die zwar gut gemeint ist, aber nie umgesetzt wird. (siehe §30 I StVO, der nur in absoluten Ausnahmefällen mal angewandt wird, weil ein Verstoß fast nie beweisbar ist, wenn man nicht gerade vor den Augen der Polizei mehrere Minuten im Kreisverkehr fährt…)
War auch nicht ernst gemeint nur die Richtung. Kleine Anekdote am Rande: Bei uns im Ort wurde tatsächlich mal einer angezeigt, der täglich am Feierabend eine „Lustfahrt“ unternommen hat.
Ist etwas off-topic evtl. - ich störe mich an dem Gerechtigkeitsbegriff. Ist „gerecht“ gleichzusetzen mit „gleich“? In Deutschland haben wir die Tendenz lieber die Bessergestellten zu verschlechtern als die Schlechtergestellten zu verbessern das finde ich schwierig. Daraus entsteht dann Mittelmaß.
Konkret hier also: Statt Auto gegen ÖPNV zu denken sollte man es vielleicht gemeinsam denken damit es allen besser gehen kann.
Mit ziemlicher Sicherheit wird es sich um ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach dem bereits angesprochenen §30 I StVO handeln.
Daraus:
Die dazu korrespondierende Ordnungswidrigkeitsnorm:
Autofahren nur um des Fahrens willen wird von der Rechtsprechung tatsächlich als „unnütz“ definiert. Natürlich kann man darüber streiten, weil man natürlich argumentieren könnte, dass „Cruisen“ ein Hobby und als solches von der allgemeinen Freizügigkeit erfasst sei und der Umweltschutz als Argument nicht genüge, dies zu verbieten. Aber grundsätzlich haben wir bereits eine Ordnungswidrigkeit, die unnützes fahren verbietet. Wie „unnütz“ definiert wird ist letztlich die Frage, wie scharf wir dieses Schwert stellen wollen. Man könnte mit gutem Recht bereits heute argumentieren, dass Fahrstrecken unter einem Kilometer für einen gesunden Menschen „unnützes fahren“ seien…
Naja, es wird hier ja schon über genau diese Themenfelder diskutiert. Meiner Meinung nach macht es das ganze eher unübersichtlicher, wenn man verschiedene Felder von Politik (in diesem Fal policy und polity - was soll die Wende beinhalten und wie kommunizieren wir dies) vermischt. Beide Fragen sind ja relevant und es macht die Diskussion auch nicht großartig komplizierter, wenn man sich überlegt, dass inhaltliche Forderungen, deren Kommunikation und ihre Durchsetzung voneinander unterschiedliche Bereiche sind. Dafür muss man übrigens die Begriffe policy und polity noch nicht einmal kennen.
Das geht nur, wenn wir die Autofahrer zu Zwangsmitgliedern in der Solidargemeinschaft der ÖPNV-Fahrer machen - zumindest im Hinblick auf die Kostentragung.
So lange sich Autofahrer dieser Solidargemeinschaft entziehen können (alá „Ich brauche keinen ÖPNV, ich habe ja ein Auto, daher will ich auch die Kosten für ÖPNV nicht tragen!“) wird ein Aufbau eines sinnvollen, gut gepflegten, regelmäßig getakteten ÖPNV nicht möglich sein.
Das hört man ja immer wieder, wenn es um das Thema „Finanzierung des ÖPNV“ geht, wenn es dann vor allem von Konservativen heißt: „Viel zu teuer!“. Das ist schlicht falsch. Wenn man alle Subventionen für den Individualverkehr zusammenrechnet (daher z.B. auch der Anteil der Straßenbaukosten, der auf den Individualverkehr entfällt) kommen wir auf eine Summe, mit der man ein deutschlandweites ÖPNV-Netz mit klasse Taktung selbst im letzten Kuhdorf realisieren könnte.
Aber es ist halt „normal“ oder „Tradition“, dass wir den Individualverkehr mit hunderten Milliarden im Jahr subventionieren - und wer eine ähnliche Subvention für den ÖPNV fordert muss sich dann anhören, dass er ja realitätsferne Forderungen stellen würde…
Hier liegt doch der Hund begraben. Da werden schon die Peanuts, die es kosten würde, den gegenwärtig vorhandenen ÖPNV über Steuern zu finanzieren, als zu teuer dargestellt. Weil man es dem Autofahrer ja nicht zutrauen kann, über seine Steuern auch noch die Finanzierung des ÖPNV mitzutragen… pfft.
Was soll an einem Verbot von Verbrennern denn getrennt werden? Die Massnahme ist spezifiziert und über ein Gesetz kommuniziert.
Möglicherweise geht es dir um die Frage, wie kann ich Menschen dazu bringen ihr Verhalten freiwillig zu ändern. Da sind in der Tat andere Mechanismen gefragt. Hast du dazu Vorschläge?
Luxemburg hat das übrigens gerade gemacht. Und es ist doch keine Frage die sich an Autofahrer wendet sondern an die Politik. Der Beitrag des Autofahrers ergibt sich dann ggfs. bei der nächsten Wahl.
Wer da eher größeren Einfluss hat ist die Kaste der Autoindustrie.
Oder erst gar nicht so wohnen, dass ein Auto nötig ist im Alltag. Derzeit wird das Gegenteil subventioniert, und den Stadtbewohnern das Leben damit schwer gemacht.
Allerdings will nicht jeder in der Stadt leben. Ich komme gebürtig vom Land, habe jetzt über 10 Jahre in einer mittelgroßen Stadt gelebt und ziehe jetzt wieder aufs Land. Ich persönlich finde es dort schöner und besser um Kinder zu haben. Stadt ist für mich absolut keine Alternative und bietet mir 0 Mehrwert. Und wenn man wollte könnte man auch die ländlichen Gegenden mit ÖPNV anbinden anstatt alle in die Stadt zu zwingen.
Wo genau wird eigentlich den Stadtbewohnern das Leben schwer gemacht?