Die Kernkraftdebatte ist neu eröffent

Du behauptest, dass es bei AKW höhere Versorgungssicherheit gäbe, dazu müssten sie aber laufen und nicht immer zum ungünstigsten Zeitpunkt ausfallen, daher mein Beispiel aus Schweden.

Nochmal, selbst wenn du sofort alles verfügbare Geld und Personal auf die AKW wirfst, dauert es mindestens 1 Jahr bevor der erste wieder an’s Netz gehen könnte.

Da es nie genug Personal für 3 große Revisionen gleichzeitig gab würde sich das Wiederanfahren weiterer Blöcke auch entsprechend verzögern.

Und auch die
Grenzkosten der AKW wurden geschönt für das Märchen vom billigen Atomstrom.

Schweden war da in gewisser Weise ehrlicher, da waren die Tarife mit Atomstrom von jeher die teuersten, da auch ein Entsorgungsgeld pro kWh abgeführt werden musste.

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Mal eine allgemeine Frage: mal angenommen, die letzten drei Kernkraftwerke gehen wieder ans Netz.
Wieviel am aktuellen Strombedarf tragen diese national bei? Mir schwirren da noch Zahlen wie 8% im Kopf herum.
Daher, würden diese drei Kraftwerke die nationale Versorgungssicherheit deutlich erhöhen bzw den Strompreis tatsächlich signifikant senken?
Wenn der Anteil tatsächlich an der Gesamtstromerzeugung so gering ist?

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Das wird jetzt ein wenig off-topic, aber gern.

Vorweg: Subventionen sind okay. Es ist mMn sinnvoll und notwendig, dass der Staat in den Markt eingreift, um diesen zu lenken, damit ein erwünschtes Ergebnis erreicht wird. Die politische Diskussion muss deshalb sein, welches gesellschaftliche Ziel wir erreichen wollen, damit im gemeinsamen Konsens eingegriffen wird.

Es ist z.B. okay, eine in unserem Land defizitäre Industrie zu subventionieren, wenn wir der Meinung sind, dass ihre Existenz für uns notwendig ist. Z.B. um bei Ausfall von Lieferketten nicht von unkooperativen Staaten abhängig zu sein, die ihre günstiger produzierten Medikamente, PV-Module oder Chips selbst brauchen.

Um den Bogen weiter zu spannen: Es ist wirtschaftlich nicht tragbar, ÖPNV, Sportstadien oder Opernhäuser zu betreiben. Es ist gesellschaftlicher Konsens, dass wir diese aus Prinzip defizitären Dinge brauchen, also werden sie mit Steuern subventioniert. Und das ist auch richtig so.

Es ist auch völlig legitim, dass eine FDP Markteingriffe für von ihr gewünschte Ergebnisse vornimmt. Es bleibt aber ironisch, dass sie sich gleichzeitig lautstark als Partei positioniert, die sich aus liberaler Standhaftigkeit gegen Subventionen und Markteingriffe stellt - wenn ihr das Ergebnis nicht gefällt.

Beispiele aus den letzten von der FDP gebrachten Diskussionen:

Atomstrom ist defizitär, wenn man alle Kosten mit einrechnet. Atomstrom war schon immer defizitär, aber staatlicherseits wurden AKWs trotzdem (mit Gewalt!) durchgesetzt. Man kann als Entscheider argumentieren, dass es sinnvoll war und ist, dies zu tun, weil Atomstrom verschiedene Vorteile hat. Aber wer das tut, kann nicht gleichzeitig behaupten, dass er aus Prinzip gegen Subventionen, Markteingriffe und staatliche Eingriffe in die Freiheit der Menschen wäre, denn ohne diese kann man ein AKW eben nicht betreiben.

Für E-Fuels wurde vorgerechnet, warum diese niemals wirtschaftlich sein werden. Und dass man damit einen volkswirtschaftlichen Sonderweg geht, weil der Rest der Welt sich von Verbrennertechnologien verabschiedet. Es wäre politisch eine legitime Position, zu sagen, dass wir E-Fuels aus den o.g. Gründen trotzdem benötigen und wir deshalb die Produktion und Infrastruktur staatlich subventionieren sollten. Um eine lokale Industrie künstlich am Leben zu erhalten, die am Weltmarkt keine Chance mehr hat. Aber so argumentiert die FDP nicht. Sie nennt es stattdessen Technologieoffenheit.

H2-Ready-Gasthermen sind ebenso der Versuch, eine sterbende lokale Industrie künstlich am Leben zu halten. Wasserstoff in privaten Heizungen geht, wenn überhaupt, nur mit massiven Subventionen. Aus rein marktwirtschaftlicher Betrachtung wäre der Schwenk auf Wärmepumpe leicht zu argumentieren. Habeck war hier schlicht ehrlich, während die FDP aus mir unerklärbaren Gründen von nicht existenten Technologien schwärmt.

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Hier sehe ich einen Widerspruch. Angesichts der hohen Startinvestitionen macht ein Betrieb nur Übergangsweise den Atomstrom ja noch teurer.
Warum nicht das gleiche Geld in EE und Speichertechnologien stecken statt in so eine Sackgasse. Und die Speicherproblematik verschärfen die AKWs sogar, weil sie nicht gut regelbar sind.
Wenn der Wind weht und die Sonne scheint, brauche ich bei eingeschalteten AKWs einen noch höhere Speicherleistung.

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Die Frage wäre eher, wie viele Kohlekraftwerke können ausgeschaltet werden, wenn diese AKWs wieder ans Netz gehen würden.
Der Strompreis wird nicht sinken und die Versorgungssicherheit wird auch nicht wirklich gesteigert.

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Wahrscheinlich weniger als erhofft, da ja die Kohle auch die Gaskraftwerke ersetzen musste (muss?) wegen des hohen Gaspreises.

Diese Frage macht allerdings nur Sinn, wenn gleichzeitig die damit freiwerdenden CO2-Emissions-
rechte im EU-ETS gelöscht werden. Sonst ist es nur eine sehr teure Verlagerung von Emissionen.

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Um das nochmal aufzunehmen:
Höhere Versorgungssicherheit in Vergleich zu (was)?

Sehe derzeit keinen Gewinn an Versorgungssicherheit mit AKW. Vielleicht kannst du es mir erörtern?

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Aber wozu? Bis die AKWs wieder ans Netz gehen könnten, schaffen wir es auch, Kohle- und Atomkraftwerke durch erneuerbare Energien unnötig zu machen. Wenn wir wollen.

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Will jetzt nicht der Kernkraft das Wort reden, aber bis April 2023 hat’s ja auch geklappt, mehrere Kernkraftwerke in einem Stromnetz mit ca. 50% Erneuerbaren zu betreiben. Scheint mir daher keine größere Herausforderung zu sein als die Schwankungen der Erneuerbaren ohnehin schon sind.

Oha, und sollen 50% EE-Ausbau das Ende der Fahnenstange sein, damit die AKW’s in diesem Netz funktionieren können oder wie soll man das Argument verstehen?

Was mMn immer nur entnervt weggeschubst wird, ist die Endlagerung. Wenn weder bekannt ist, wo, wie, wann endgelagert werden kann, woher will man dann über diese Kosten informieren und wieso kann man dann behaupten, dass die Stromkosten des AKW diese oder jene Höhe haben.

Es ist absurd:
Selbst wenn wir in 100 Jahren schon 100 Jahre lang keine AKW mehr betreiben, haben wir trotzdem noch „Betriebskosten“ in Form von Endlagerung, Kontrollen, Monitoring und was weiß ich nicht alles.

Also:

Ja, es ist reiner Populismus.

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Hat geklappt, weil Erneuerbare vom Netz genommen wurden.

Braunkohle wird wegen der besseren Regelbarkeit immer mehr aus dem Netz gedrängt. Siehe fallenden Anteil der Braunkohle.

Zusätzliche Atomkraft drängt Erneuerbare aus dem Netz, da dann insbesondere Windkraft abgeregelt werden muss (und trotzdem vergütet).

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Merci für die Antworten. Kenne die Argumente auch, nur konnte ich dazu, dass konkret wegen Atomkraft Erneuerbare abgeregelt werden, noch keine verlässlichen Quellen (Interviews mit Energieökonomen oder Daten) finden. Mir schwirrte nur mal was im Kopf rum von einem großen Windpark in der Nordsee, der nicht einspeisen konnte, bevor das AKW Emsland vom Netz ging. Sollte aber auch erst 2025 oder so ähnlich fertig sein.
Gerade für die AKW in Süddeutschland würde ich aber denken, dass die Gefahr mangels Windkraftausbau nicht so groß ist. Natürlich muss man Markus Söder und Co. nicht durch die Wiederinbetriebnahme der AKW auch noch mehr Ausreden an die Hand geben, um den Ausbau zu blockieren. :wink:

Wenn Du welche hast, gern her damit!

Nein, nur spricht das dann dafür, dass es auch bei 80% noch mit AKW funktioniert. Solange es eben nötig ist, um Emissionen zu vermeiden. Wenn man sich sehr anstrengt, bekommt man es vielleicht auch hin, dass in Zeiten des Überangebots halt Hydrolyseure laufen statt abzuregeln. Oder Pumpspeicher gefüllt werden. Ja, gibt’s alles noch nicht in ausreichender Menge und erfordert enorme Anstrengungen. Könnte aber schon sein, dass man sich ein paar Dinge durch AKW erleichtern würde.

Anyway, nur zur Klarstellung, ich halte den Atomausstieg Merkels für einen Fehler, 2022 im Wesentlichen daran festzuhalten scheint mir weniger problematisch gewesen zu sein. Da halte ich die überdimensionierten und teuren LNG-Terminals für den eigentlichen Skandal. Für seine Emissionsbilanz insgesamt muss sich Deutschland aber leider im internationalen Vergleich echt schämen.

Und das ist eben nicht gesagt.

Es geht ja nicht nur um Überangebot, sondern um Schwankungen. Schwankungen gehen in beide Richtungen.
Und AKW lassen sich nicht schnell hochfahren, sollte PV und Wind gerade für wenige Sekunden einbrechen. Und schnell herunterfahren lassen sie sich auch nicht.

Ich habe keine Ahnung, wo die Grenze liegt; ich vermute du auch nicht.

Aber irgendwelche Schlüsse daraus zu ziehen, dass es bei 50% eben geklappt hat, steht keinem von uns beiden damit zu.

Gerne:

Mit Energie-Charts zu spielen, bringt immer Erkenntnisse:

A: Braunkohle wird trotz (wegen?) Abschaltung der Kernkraft immer weiter aus dem Markt gedrängt, da sie flexibler ist.
B: Kernkraft liefert konstant und kann nicht auf Angebot von Wind und Solar reagieren.

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Point taken, aber genau das Gleiche gilt ja auch für die pauschale Aussage, AKW gehe nicht mit einem auf Erneuerbaren basierenden System zusammen. Darum ging es mir vor allem. Für den dauerhaften Wiedereinstieg wollte ich nicht argumentieren. Nur dass die Welt durch die hohen Emissionen Deutschlands einen so hohen Preis für unseren - für sich genommen ökologisch völlig richtigen! - Atomausstieg zahlt, schmerzt mich. Auch wenn ich die jetzige Linie (nicht die der Merkel-Regierungen) angesichts der Lage für vertretbar halte, hänge ich dann doch manchmal dem Gedanken nach, wie schon es gewesen wäre, erst aus Kohle, dann aus Atom auszusteigen…

Rein als Laie gesprochen, fällt mir schon ein, wie man den Ausfall der Erneuerbaren mit AKW theoretisch kompensieren könnte: Mit dem zusätzlichen Strom Wasserstoff und Methan herstellen, die man bei Engpässen in Gaskraftwerken oder Brennzellen verstromt. Oder, da Wirkungsgrad viel, viel besser, eben andere Speicher füllen. Denn die am besten regelbaren Gaskraftwerke stoßen leider entlang der Kette Unmengen THG aus und sind daher auf Dauer keine tolle Reserve. Um nur mit Erneuerbaren so viel Wasserstoff etc. herzustellen, braucht man sehr hohe Kapazitäten, sonst bleibt nur der Import.

Also wenn ich mir die Ausstiegszeitpunkte anschaue (Wikipedia, unter Deutschland 2000/2011-2021), korreliert das nicht wirklich mit weniger Abregelungen: 6.8.2011, 27.6.2015, 31.12.2017, 31.12.2019, 31.12.2021.
Es scheint mir etwas schwierig, aus diesen groben Daten etwas Konkretes abzuleiten.

Zu 2023: Ist das nicht eher der Basiseffekt? Schließlich wurde 2022 wegen des hohen Gaspreises sehr viel Kohle verstromt und auch in deinem Chart geht die Kohleverstromung schon lange vor Abschaltung der AKW zurück.

Wenn man ganz grob nur auf die Zahlen draufblickt, könnte man eigentlich sagen: Solange so wenig Atomstrom im Netz ist, dass sich zu Zeiten sehr geringer Last mehr verbraucht wird als der Atomstrom, brauchen die AKW nicht flexibel sein. Stattdessen liefern sie konstant, fossile werden abgeregelt. Mir ist aber klar, dass die Realität, insbesondere der Netze, etwas anders aussieht. Mir fehlen dennoch konkrete Angaben zu Erneuerbaren, die wegen Atomkraft abgeregelt wurden.

Praktisch bilden sie beim TÜV noch das Personal zum Abbau aus und keines mehr zum Betrieb. Das wird anderswo nicht anders sein. Der Atomausstieg ist ja nicht mehr ganz neu.

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Einen ganz guten Podcast zum Thema Abschaltung von Kraftwerken, ist die aktuelle Folge von den Batterie Podcast „Geladen“.

Ich wusste auch nicht, dass bereits so viele Kraftwerke in Norddeutschland abgeschaltet werden müssen.

Aber bevor wir uns zum Thema Atomkraftwerk im Kreise drehen, ich glaube es gibt aus dem Bereich des Energieerzeugung nicht wirklich ein Argument für oder gegen Atomkraftwerke.

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