Hallo zusammen,
Ich würde gerne ein Thema ansprechen, das meiner Meinung nach viel zu wenig Beachtung findet. Es handelt sich um staatlich geförderte, doppelte Umweltzerstörung. Warum ist dieses Thema relevant und sogar ziemlich dringlich? Sorry, das wird ein ziemlich dickes Brett, das aber eben auch sehr wichtig ist.
TLDR für Ungeduldige: Heizen mit Holzscheit-/Pelletheizungen ist die umwelt- und gesundheitsschädlichste Heizmöglichkeit (schädlicher als Heizen mit Öl), fördert die Abholzung und Ökonomisierung der Wälder, gefährdet die Artenvielfalt und wird dabei mit bis zu 50% der Baukosten staatlich gefördert. Dabei macht der Energieverbrauch von Heizungssystem 90% des Gesamtenergieverbrauchs von Haushalten aus!
Hier eine genauere Aufdröselung, die hoffentlich überzeugend genug ist, sich mit dem Thema genauer zu befassen. Jeweils mit Belegen in Link oder Bildform.
1. Warum ist Thema des Heizens relevant?
Der Energieverbrauchsanteil für Heizen und Warmwassererzeugung in deutschen Haushalten macht momentan 90%! aus (wenn man sich die Debatte über Kohlekraftwerke anschaut ist es doch erstaunlich, dass zum Thema Heizung kaum eine öffentliche Debatte erkennbar ist)
Insgesamt macht Wärme mehr als 50% des gesamten Energieverbrauchs aus!
(Quelle Anteil Endenergieverbrauch Wärme)
Dabei ist der Anteil erneuerbarer Energien bei 15,6% (uff) und der Anteil von Holzheizungen an diesen 15,6% bei über 60% (Nicht eindeutig erfassbar, da bei Biomasse auch andere Formen wie Klärschlamm mit eingerechnet wurden, siehe Bild)
(Quelle:)
Dank der Förderung für den Austausch von Heizungssystemen (Die ja grundsätzlich erst einmal sehr begrüßenswert ist, gerade wenn man sich den Anteil der Wärmeenergie anschaut) wächst dieser Anteil weiter. Leider werden hier auch Holz(Pellet)Heizungen mit dem gleichen Fördersatz wie Wärmepumpen gefördert.
2. Warum ist das schlecht?
Nun kommen wir zum eigentlichen Thema. Wenn man ein bisschen googelt (oder ecosiat ) wird man schnell darauf stoßen, dass Heizen mit Holz CO2 neutral sei, da ja nur CO2 freigesetzt wird, das zuvor vom Baum aufgenommen wurde. Das stimmt in gewisser Weise schon, allerdings werden dabei wichtige Punkte „vergessen“. Der wichtigste Punkt ist der, dass der Baum Jahrzente, in manchen Fällen Jahrhunderte gebraucht hat, um dieses CO2 zu binden. Das bedeutet, dass ein neu gepflanzter Baum (wenn er denn neu gepflanzt wird und lange genug überlebt!) gut und gerne 80 Jahre braucht um das an 4 gemütlichen Wintertagen ausgestoßene CO2 wieder zu binden. So gesehen sind also auch Gas und Öl „CO2-neutral“ eben auf einer geringfügig größeren Skala Darauf könnten kühne Jecken antworten, dass man ja auch einfach 80 Bäume neu anpflanzen könnte, dann hätte man das CO2 in einem Jahr wieder drin. Nein. Denn ein Baum bindet mit wachsendem Alter mehr CO2, irgendwie auch logisch, er wird ja größer und der Baumstamm dicker, dadurch wächst natürlich auch das Volumen und damit die Menge an gebundenem CO2. In Anbetracht der Dringlichkeit des Klimawandels sind Zahlen von 80 Jahren natürlich geschenkt.
Aber für Holzheizungen werden ja sowieso nur Abfälle aus dem Wald verbrannt
Nein. Auch wenn es schwierig ist hierfür gute Quellen zu finden, ist zumindest klar, dass das nicht der Fall ist. Außerdem bedeutet die Strategie der staatlichen Förderung ja ein politisch gewolltes Wachstum der Holzverbrennung, was spätestens bei zukünfitgem Wachstum eine Tilgung des Bedarfs durch extra hierfür gefälltes Holz erfolgen bedeuten wird. Also Quellen kann ich hierfür das Umweltbundesamt, eine Doku des BR zum Import von illegal gefällten Urwaldholz aus Rumänien
3. Jetzt noch ein Überblick, der das Ausmaß der Probleme klarmachen soll.
3.1 Schadstoffe der Holzverbrennung
Wie bereits im „catchy“ TLDR angekündigt ist Heizen mit Holz nicht nur klimaschädlich sondern die klimaschädlichste Art zu heizen. Das liegt daran, dass die Holzverbrennung ineffizienter abläuft und durch Verunreinigungen auch einiges an Schadstoffen neben CO2 verursacht.
Je nach Berechnung/Quelle liegen die Faktoren hier bei
Für den CO2 Ausstoß bedeutet eine Holzheizung ca. 60% höhere CO2 Emissionen als bei Gasheizungen und ca. 25% mehr CO2 Ausstoß als bei einer Ölheizungen
Im Hinterkopf behalten, der Austausch von Ölheizungen wird momentan mit bis zu 50% gefördert.
(Quelle: BAFU-Schweiz)
Nun ist CO2 nicht der einzige Schadstoff der bei Verbrennungen entsteht. Auch hier können Holzheizungen ihren Vorsprung ggüber anderen fossilen Brennstoffen behalten.
Der Kohlenstoffmonoxid-Ausstoß liegt je nach Holzheizungsvariante ziwschen Faktor 10 und 300 höher
Stickoxide Faktor 2-3 bei Kesseln <50kW Leistung.
Den krönenden Abschluss stellt hier Feinstaub dar (wir erinnern uns an die hitzigen Debatten über DieselPkw, Turns out eine Holzheizung mitten in einer Wohnsiedlung stößt mehr aus als einige DieselSUV auf einmal, die Rechnung kann ich bei Bedarf nachlegen), der Ausstoß kann hier je nach Heizungsart um den Faktor 2000! höher sein
(alles im Vergleich zu Gas & Öl) Quelle siehe oben, ich kann bei Bedarf noch weitere nachlegen, finde diese aber ausreichend.
Zumindest der Feinstaubausstoß kann zwar durch Filter drastisch verringert werden, ich denke aber das bigger picture wurde hiermit schon klar.
Damit sind wir aber noch nciht beim Schluss. Denn nicht genug, dass wir uns freiwillig die dreckigsten Verbrennungsanlagen direkt in die Innenstädte stellen, es gibt ja auch noch die Schäden in den Wäldern, die durch die erhöhte Abholzung entstehen
3.2 Folgen des Holzeinschlags
Durch die Ökonomisierung der Wälder und steigenden Holzbedarf (getrennt sehen von Bauholz, das v.a. im Vergleich mit z.B. Beton deutlich positive Umwelteffekte haben kann) wurden (und teilweise werden) Wälder als Plantagen aufgebaut, der Einfachkeit halber gerne monokulturell. Das hat nicht nur desaströse Auswirkungen auf die Artenvielfalt sondern auch auf die Robustheit des Waldes. Durch kommende Klimaverschlechterungen wird dies noch einmal relevanter.
(Quelle, u.a. ZDF / Peter Wohlleben bei Precht)
3.3 Folgen fürs Klima
Wälder sorgen nicht nur für stabile Ökosysteme und CO2-Speicherung, sondern sie wirken auch kühlend. Das tut schon weh, nicht nur werden große Menge klimaschädlicher Gase ausgestoßen, sondern auch noch eine Kühlungsquelle zerstört. Im Wald liegt die Durchschnittstemperatur 2,1° unter der von nichtbewaldeten Flächen. (Quelle: SZ)
Es gibt noch weitere Faktoren, Berechnungen und Quellen, aber ich denke, die Grundaussage sollte hoffentlich klar geworden sein. Ich hoffe, dass ich mit diesem Eintrag, der mir offensichtlich auch einiges an Aufwand gekostet hat, einige Leute erreiche und vielleicht auch privates Umdenken bei Bauherr*innen erreichen kann. Im Idealfall findet ihr, lieber Ulf und Philip, auch Zeit in einer der nächsten Lagen dieses Thema aufzugreifen und damit evtl. auch für politischen Druck zu sorgen. Ich kann mir nicht erklären, wie dieser von der Wirklichkeit völlig entkoppelte Zustand entstanden ist, aber Fakt ist, dass er für unser aller Wohl schnellstens geändert werden muss.
Ich stehe gerne für eine angeregte Diskussion und konstruktives Feedback in den Kommentaren bereit
LG, Kai