[B]ei der Sache mit der Status-Angst gingen dann schon die Fragen los: Verstehe, Abstiegsangst ist ein reales Problem, aber warum dann ausgerechnet AfD, und nicht die Linken? Oder wenigstens BSW? Die AfD hat ja nichtmal unglaubwürdige Versprechen, die Leute vor dem wirtschaftlichen Niedergang zu bewahren.
Auch aus meiner Sicht steht die Hypothese von Manow et al. auf äußerst tönernen Füßen.
Werde im Folgenden versuchen, das zu begründen.
Zunächst will ich an den Gemeinplatz, dass Korrelation ja noch lange keinen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang bedeuten muss, erinnern. Denn sonst würden ja in Sachsen zwei Drittel AfD wählen (vgl. Ausführungen dazu im Podcast).
Sozialwissenschaftliche Korrelationsstudien, die nicht auch auf psychologische Variablen testen (soll heißen durch empirisch psychologische Grundeinsichten fundiert sind), sind m. E. stets kritisch zu betrachten.
Induzierte Angstzustände erhöhen jedenfalls noch nicht die Bereitschaft, rechts zu wählen („conservative shift hypothesis“), wie Forscher der Universität Mannheim herausfanden:
Daraus lässt sich zumindest schon mal ableiten, dass sich z. B. rechtsextreme Einstellungen nicht so einfach durch unspezifische Angstinduktion ‚triggern‘ lassen.
Dies spricht jedoch sehr stark dafür, dass möglicherweise die zugrundeliegenden Prädispositionen unterschiedlich sind.
Hierfür spricht zum einen ein neurobiologisches Korrelat:
https://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(11)00289-2
Und dafür spricht zum anderen die Bedeutsamkeit der dispositionellen Ängstlichkeit im Hinblick auf politische Einstellungen, wie in folgender vielzitierter Studie nachzulesen ist:
Trotz etwas irreführendem Titel wird das hier ganz gut zusammengefasst:
„Demzufolge neigen ängliche [sic!] Menschen eher dazu, konservative und traditionelle Meinungsbilder zu erhalten. […] Aber nicht alle Menschen sind gleich anfällig für eine Angstmacherei, wie die Wissenschaftlerin unterstreicht. „Ängstliche Menschen überlegen lieber dreimal, ob sie sich auf etwas Neues einlassen“, bestätigt Psychologe Frank Baumgärtel […] im pressetext-Gespräch.“
Ausgangspunkt, sozusagen, wäre dann eben nicht eine Angst vor Statusverlust o. Ä., sondern ein prädisponiertes höheres Ängstlichkeitsniveau, das für ‚Verlustangst‘ und Xenophobie gleichursächlich wäre.
Das scheint mir die deutlich plausiblere Kopplung von Faktoren.