Deutscher Rechtschreibrat: Sinn und Befugnisse

Als Themenvorschlag fände ich es interessant, mal über den Rat der deutschen Rechtschreibung zu sprechen, denn der bayerische Ministerpräsident versteckt sich ja auch dahinter, dass es nur um die eigentlich schon geltenden Regeln geht.

Aber ich finde, da sollte sich dieser Rat raushalten, denn es geht um Politik:

Sprache hat sehr große Macht und eine politische Agenda kann durch Sprache sehr effektiv vorangebracht werden, besonders wenn es um Themen wie Gleichstellung und Rassismus geht.

Diese Themen sollten aber von der Politik und der Gesellschaft selbst gelöst werden und nicht unter den Deckmantel der gültigen Regeln, die auf Empfehlungen dieses Rates entstanden, gestellt werden.

Denn wenn eine gendergerechte Sprache nach den gültigen Regeln der Rechtschreibung auch möglich ist, dann müssen PolitikerInnen viel deutlicher sagen, was Ihre Intension wirklich ist.

Also: ich halte ein „auch möglich“ für angebracht und dieser Rat sollte keine Politik machen.

Tatsächlich betrachtet der Rat der deutschen Rechtschreibung das Thema anscheinend deutlich differenzierter als Markus Söder.

Wie ich sehe, ist der Rat, auf den ersten Blick, nicht parteipolitisch besetzt. Das liest sich nach einem sehr wissenschaftlich orientierten Gremium.

Ich finde es eigentlich sehr sehr gut, dass ein solcher Rat eine Richtlinie herausgibt.
Und es bedeutet ja nicht, dass diese dann automatisch gültig ist, denn die Gesetzgebung kommt ja immer noch von den Landesparlamenten.

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Wobei staatlich verordnete Sprache auch ein Risiko sein kann. Insbesondere wenn bis zu 80% der Bevölkerung es nicht wollen oder es ihnen zumindest nicht wichtig ist.

Leider gibt es in Deutschland sehr „laute“ politische Ränder und eine „leise“ Mitte, was nicht heißt das diese Mitte keine Meinung hat.

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Es wurde und wird aber noch niemand zum Gendern gezwungen … das war immer nur Propaganda. Der erste Zwang soll jetzt eingesetzt werden, um es zu verhindern.

Und auch das Argument mit den Umfragen ist nicht besonders hilfreich: Es geht ja gerade um den Schutz von Minderheiten.

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Danke für die Links, das ist interessant. Um so mehr sollte sich dieser Rat jetzt aber mal überlegen, ob die Probleme wie „Übersetzbarkeit“ wirklich so schlimm sind, dass sie Markus Söder die Möglichkeit geben wollen, sich dahinter zu verstecken. Dann sollten sie auch mal „klare Kante“ zeigen, wie Holotschek das bewundernd über seinen Chef gesagt hat.

Hihi, was ist aus…

…geworden?

Letztendlich ist das wohl das, was dieser Rat macht – den man nicht mit dem eher ideologisch orientierten „Verein Deutsche Sprache“ verwechseln sollte.

So wie ich das sehe, ohne mich da zugegebenermaßen allzu tief mit beschäftigt zu haben, beobachten die halt, was passiert. Und solange Gendersonderzeichen eher ein Soziolekt sind als allgemein im überwiegenden Teil der Gesellschaft verbreitet, werden die weiter abwarten, was sich durchsetzt. Insbesondere wenn die Avantgarde weiterhin gefühlt jedes Jahr ein neues Sonderzeichen für den gleichen Zweck als hottest shit präsentiert. Ich glaube kaum, dass der Deutsche Rechtschreibrat sich hinstellen wird und einfach mal so entscheidet, ob jetzt zukünftig das Binnen-I, der Unterstrich, das Sternchen, der Doppelpunkt oder irgendein anderes Zeichen oder eine noch andere Form wie ï oder -y oder -x die offizielle geschlechtsneutrale Schreibweise sein soll, bevor wirklich absehbar ist, ob und was sich da auf breiter Ebene durchsetzt.

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:stuck_out_tongue: … erwischt …

Aber hier noch interessante Zitate:

„Die Beschlüsse des Rechtsschreibrats haben zumindest klargestellt, dass die Verwendung von Genderzeichen nicht einfach als Rechtschreibfehler gewertet werden sollten. Man könnte sie markieren, da nicht orthografisch, aber nicht als Fehler werten, da es sich um sich derzeit etablierende Sonderzeichen handelt.“

„Der orthografische Kernbestand des Deutschen ist das, was im amtlichen Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung, insbesondere im Regelteil, niedergelegt ist. Zur Peripherie des Schreibens gehören neben den Sonderzeichen eine Reihe anderer typografischer Textauszeichnungen, etwa Hervorhebungen. Darüber hinaus die gesamte visuelle Textgliederung und -gestaltung. All das wird ja über Jahre hinweg auch in der Schule vermittelt. Nur wenige Bereiche jedoch interagieren mit der Orthografie. Dass dies bei den Sonderzeichen der Fall ist und bei den Genderzeichen ganz besonders, hat der Rechtschreibrat nun erstmals klargestellt.“

(Prof. Lobin, Der Spiegel)

Das Interview stammt auch aus dem Juli 2023 und bezieht sich auf die selben Empfehlungen des Rates, wie die obigen Zitate von Tagesschau.de. Jedoch scheint mir die Interpretation doch etwas anders zu sein: Dass die Genderzeichen nicht Kernbestandteil der Orthographie sind, verstehe ich nun eher als eine sprachwissenschaftliche Einordnung der Sonderzeichen. Und besonders wichtig: Kein Fehler, wie das gerne von gewissen PolitikerInnen behauptet wird.

Also eigentlich alles klar und das Thema gibt wohl nicht mehr her, als dass PopulistInnen gerne die Tatsachen dehnen und verdrehen …