Deutsche Islampolitik

Ich denke der Unterschied ist, und damit will ich das Thema sicher nicht runterspielen, dass die häufigsten Fälle von Femiziden nicht jeden treffen können.

Meist ist es Beziehungsgewalt und da ist es ein leichtes, vor allem für Männer, die per Definition nicht betroffen sind und meist die Täter sind, auf die Opfer zu zeigen und zu sagen warum bleibt die auch bei dem - selbst Schuld.

Außerdem kann man bei Femiziden argumentieren, dass das Straftäter sind, die man einfach im Land hat. Zukünftige Gewalttäter, die von außen kommen, werden als vermeidbar wahrgenommen.

Nochmal, das ist kein Versuch der Rechtfertigung oder des Verständnisses. Es ist nur eine etwas resignierte Beschreibung.

Im übrigen hast du zahlenmäßig natürlich recht. Da kommt dann halt zum tragen, dass der normale Femizid bestenfalls in der Lokalzeitung auf Seite 5 landet, Solingen oder der Breitscheidplatz hingegen tagelang Brennpunkt-Formate im TV füllen.

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Die Zahlen sind auch wegen des Präventionsparadoxes nicht mit Verkehrstoten oder Femiziden vergleichbar. Das sollte Vielen noch aus Corona Zeiten ein Begriff sein: erfolgreiche Maßnahmen dienten Querdenkern als Beweis, um die Gefahr herunterzuspielen oder die Corona-Politik als ganzes als übertrieben darzustellen.

Wenn der Terroranschlag in Wien nicht verhindert worden wäre, sprechen wir z.B. (laut Medienberichtserstattung) plötzlich von ganz anderen Größenordnungen an Opfern.

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Nein.
Zahlen Opfer Terroranschläge:

Diese Zahlen stehen in keinem Verhältnis zu der Aufregung, medialen Aufmerksamkeit und politischem Aktionismus.

Femizide (wobei die Dunkelziffer noch deutlich höher sein dürfte):

Also ich bin mir gerade nicht mehr sicher, wann ich das letzte Mal ein drittes Programm geguckt habe, in dem Femizide nicht extra hervorgehoben werden. Zumindest in den ÖR Medien ist das Thema mMn angekommen. Beim Vierfachmord von Scheeßel und Bothel sprach der NDR in seiner Berichterstattung sogar vom Femidzid-by-proxy Mord. (Weil er seine Exfreundin nicht töten konnte, tötete er ihre Angehörigen.) Das ist ja durchaus ein präsentes und weit angelegtes Femizidverständnis was da an den Tag gelegt wird. (Da ja selbst eine Tat die gar keinen Femizid beinhaltet jetzt als Tat mit umgeleiteter Femizidintention bewertet wird).

Dass Terroranschläge da so überproportional in der Öffentlichkeit stehen dürfte an der besseren Verknüpfung mit den Themen öffentliche Sicherheit UND Migration/„Überfremdung“ liegen. (Während ein Amoklauf bspw. nur das Thema öffentliche Sicherheit bedingen würde). Das ruft die Politik mehr auf den Plan und es gibt mehr politische Akteure die ein Interesse haben die Tragödie im öffentlichen Diskurs zu verankern und zu bespielen. Das ist beim Femizid deutlich anders, nicht zuletzt, weil das Thema glaube ich nur die Linken (die gerade mit dem Zusammbrucht ihrer Partei beschäftigt sind) so richtig auf die Agenda setzen wollen. Die Grünen zwar potentiell auch, aber die sind auf Grund von Ampelstreit und Co. wie alle Ampelparteien ja gerade im öffentlichen Diskurs fast nur rein reaktiv unterwegs und können kein echtes Agendasetting betreiben. Also das nur als Erklärungsversuch dafür warum das so ist, das spricht den Femiziden als Thema generell ja nicht ihre Bedeutung ab.

Aber die nationale Bedrohung von außen ist halt einfach ein Panikthema: In den USA sterben im Zyklus weniger Wochen stets mehr Leute bei mass shootings als seit 9/11 an islamischen Terrorismus gestorben sind. Trotzdem wird für die Terrorismusbekämpfung ein sehrvielfaches ausgegeben als für gun violence. Na vielleicht gibt es deshalb so wenig islamististischen Terrorismus :clown_face:

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Wäre ja schön, wenn sich die Berichterstattung dazu bessert. Man liest aber noch immer oft „Familiendrama“, „Beziehungstat“ etc.
Und das ist es eben nicht. Es sind Morde an Frauen, weil sie Frauen sind, weil es um Macht und Besitzansprüche geht.
Aber sorry: Ich wollte die Diskussion um das eigentliche Thema des Threads nicht ablenken, sondern nur betonen, wie klein die Opferzahlen von Terroranschlägen sind und wie irrational (oder rassistisch?) die Debatte läuft.

Ich verstehe nicht, wieso man glaubt, den Ängsten der Leute immer mit Whataboutism begegnen zu müssen.

Aus persönlicher Sicht: ich habe zwei kleine Kinder. Meine Sorge, dass beide auf einem Weihnachtsmarkt nieder gestochen werden, ist deutlich größer, als dass sie einem Femizid zum Opfer fallen. Erkenne ich die höhere Wahrscheinlichkeit von Gefahren im Straßenverkehr an? Natürlich, weswegen ich tagtäglich Vorkehrungen treffe. Was soll ich aber gegen einen Messerstecher auf einem Volksfest oder im Zug tun?

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Du nimmst aber weiterhin mit deinen Kindern am Straßenverkehr teil, nehme ich an.
Wie viele Menschen wohnen in Deutschland? Wie viele Tote gibt es täglich? Wie viele Straßenfeste gibt es? Wie viele Morde allgemein? … Und dann: Wie viele Terroropfer gibt es?
Völlig unverhältnismäßig, diese Reaktionen der Öffentlichkeit. Es sind Einzelfälle.

Kombination aus:

  • blutiges Messergemetzel oder ähnliches
  • Motiv Terrorismus: Ziel höchstmögliche Verunsicherung unter den Bürgern zu erzeugen (dabei ist natürlich das Motiv von Femiziden ähnlich verabscheuungswürdig)
  • begangen durch jemand, der unsere alle Xenophobie triggert

Im Vergleich zur Reaktion auf Femizide steht dagegen (d.h. gegen unsere Xenophobie) eine immer noch weit verbreiteter (und oftmals unbewusster) Chauvinismus, durch den das Schicksal von Frauen von minderer Bedeutung ist (und der den Frauen oft eine Mitschuld unterstellt).

Angst und Entsetzen sind Gefühle und daher per definition irrational. Aber durchaus verständlich / nachvollziehbar.

Du meinst hier im Forum? Oder in der öffentliche Debatte?

Das ist doch jetzt aber auch schon wieder Whataboutismn.

Mit dem Massaker und Krieg zwischen Isreal und der Hamas hat sich leider die Gefahrenlage für islamistische Gewalt extrem verstärkt.

Für diese Debatte hier sind die Aussagen vom Islam-Experte Eren Güvercin ab 32:18 und 60:00 sehr interessant. Auch er sagt ganz klar, dass der 7. Oktober die Radikalisierung zu extremistischen Islamisten maximal beschleunigt hat.
Wir brauchen ein besseres Verständig wie Islamisten heute agieren und rekrutieren, wir brauchen besseren Ansprachen an junge, meist männliche, Gläubige, und wir brauchen eine bessere Trennung friedlicher gläubigen Muslimen und Islamisten (Brandmauer auch zu rechtsextremen Muslimen).

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Ich meine die Medien und die Politik.

Hier im Forum spiegelt sich das etwas, aber im angemessenen Rahmen, würde ich sagen. Denn natürlich möchten wir alle gern verhindern, dass so etwas passiert.

Ja, aber ich finde es gefährlich, wenn die Politik diesen irrationalen Gefühlen aus Wahlkampfgründen auf diese Art und Weise hinterherläuft und sie damit quasi bestätigt. Bzw. wie rechte Akteure diesen furchtbaren Anschlag wieder instrumentalisieren.

Ob das rational aus Wahlkampfgründen passiert oder ob auch die Politiker nicht frei von Angst, Entsetzen und Wut sind, ist erst mal unklar.

Ich jedenfalls möchte aktuell nicht in der Haut von Frau Fäser oder anderen Fachpolikern stecken, die in einer sol aufgeheizten Diskussion eigentlich sagen müssten (wie es Robert Habeck getan hat): „Fast alle Vorschläge werden, soweit sie überhaupt durchführbar sind, nicht dazu führen, dass solche Terrorattacken passieren. Wer Euch das verspricht, irrt oder belügt Euch. Das sind alles einfach Lösungen ohne Wirkung. Aktiviert mal Euren „Einfache-Lösungen-Alarm“!“

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Du verstehst oder willst meinen Punkt nicht verstehen. Ich habe es explizit anhand des Beispiels des Straßenverkehrs erklärt. Hier kann ich x Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um die Gefahren zu minimieren. Was soll ich auf einem Weihnachtsmarkt tun? Zuhause bleiben?

Anhand der zurückgelegten Kilometer zu Fuß, auf dem Fahrrad oder dem Auto sind Verkehrstote statistisch eigentlich auch nur Einzelfälle. Auch werden pro Jahr nur 0,0002% aller Frauen Opfer von Femiziden. Warum also die Aufregung?

Ab wie vielen Toten pro Jahr darf man sich Sorgen machen? Erst ab der Größenordnung Krebs und Herz-/Kreislauferkrankungen?

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Der Anschlag (wie auch andere) hat wieder einmal seinen Zweck erfüllt: er spaltet weiter unsere Gesellschaft, indem die Forderungen der AfD Stück für Stück auch von den anderen Parteien übernommen werden und es trotzdem wieder ein paar mehr Stimmen für die AfD gibt.

Sorgen darf man sich natürlich über alles mögliche machen. Ob es hilfreich ist, ist eine ganz andere Frage. Gerade bei Terrorismus bedient ja leider das Vergrößern des Themas in der Öffentlichkeit die Ziele der Urheber.

Ich denke, es hilft anzuerkennen, dass wir nicht alle Risiken im Leben ausschließen können. Weder individuell durch unser Verhalten noch gesellschaftlich.

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Ja, das hat man in Solingen auch wieder sehr schön gesehen.
Die eine Hälfte der Stadt wollte das Stadtfest danach abbrechen, weil es unangemessen sei, in Anbetracht der Toten weiter zu feier, die andere Hälfte wollte gerade deshalb weiterfeiern, weil alles andere ein Sieg der Terroristen wäre. Die wollen, dass wir nicht feiern, die wollen, dass wir solche Veranstaltungen (auch Dinge wie das Swift-Konzert in Wien) aus Angst absagen - das ist jedes Mal ein Sieg für die Terroristen.

Absolut, gleichzeitig müssen wir immer abwägen, wie viele Freiheitsrechte wir bereit sind, aufzugeben, um ein Mehr an Sicherheit zu gewährleisten. Wie unterschiedlich diese Abwägungen ausfallen können, ist uns denke ich allen klar. Es sollte aber ebenso klar sein, dass wir das Risiko nie auf Null reduzieren können, wir könnten es in einem totalen Überwachungsstaat zwar nahezu auf Null reduzieren, aber wollen wir das? Wohl kaum.

Ich hatte es mir einfach gemacht und eine Wahrscheinlichkeit aus diesem Spiegel-Artikel entnommen, die auf den Pariser Anschlägen basiert (sicher eine vereinfachte Rechnung):

Ungeachtet dessen: findest du das wirklich vergleichbar?

Terroropferzahlen sind viel unberechenbarer. Das zeigt auch deine selbst verlinkte Statsistik.

Ein wesentlicher Unterschied ist auch das die Terrorgefahr höchst beeinflussbar ist durch externe Ereignisse/Schocks (Nahostkonflikte), externe Einflussnahme (IS-Influencer und Imame) und die Zahl einwandernder potenzieller Gefährder.

Der Femizid ist ein trauriges aber ‚stabiles‘ und berechenbares Phänomen nehme ich mal an. Kein gefährlicher struktureller Trend der aktuell irgendeinem akuten Wandel unterliegt.

Insofern kann ich deinen Einwand, das Thema verdiene gar keine Aufmerksamkeit oder nicht die, die es bekommt, wirklich nicht nachvollziehen.

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Ja, deswegen ist vermutlich die dritte Option, nämlich die Einschränkung Dritter, bei einigen so beliebt. Wenn man die Rechte Geflüchteter einschränkt, hat man aus deren Sicht gar keine Nachteile. In dieser Rechnung ist dann auch fast egal, dass es auch nichts bringt.

Anderes Beispiel: vor 9/11 war es sehr unwahrscheinlich, Opfer einer Flugzeugentführung zu werden. Trotzdem wurde danach das Prinzip der verschlossene Cockpit-Tür eingeführt. Bis auf Fälle wo das Problem der/die Piloten selbst waren, ist mir keine Flugzeugentführung in Erinnerung. Obwohl des Risiko gering war, wurde es weiter gesenkt. Klingt erstmal nicht so verkehrt.

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Will jetzt hier auch nicht vom Thema weggehen, sondern nur drauf hinweisen: Ja das Risiko zur Flugzeugentfühung (bzw. Todesfolge dadurch ist gesunken), aber nun hatten wir seitdem mindestens einen sehr prominenten Fall in dem sich der Pilot im Cockpit eingeschlossen hat, um die Maschine gegen einen Berg zu setzen. Das ist nach damaliger Berichterstattung eine unmittelbare Folge des verschlossenen Cockpits, taucht aber natürlich in der Statistik zur Flugzeugentführung nicht auf. Zweifelsohne ist die geringe Entführungsrisiko also weiter gesenkt worden, aber die „Nebenwirkungen“ der Maßnahme tauchen halt nicht in dieser (sondern ggf. einer anderen Statistik auf).

Hier in Hamburg ist gerade ein Strassenfest im Grindelviertel abgesagt worden, ausdrücklich mit Verweis auf Solingen.