Demokratien in der Krise?

Kanadas Trudeau tritt wegen innerparteilicher Streitigkeiten zurück.
Österreich bekommt keine Koalition der Mitte hin und muss nun die FPÖ ans Ruder lassen.
Georgien versinkt in Demonstrationen wegen eines umstrittenen Wahlsiegs eher russlandfreundlicher EU-Gegner als Regierung.
Frankreichs Regierung zerbröselt und kriegt keine tragfähige Koalition hin.
Fico und Orban schleifen die Demokratien in ihren Staaten wie auch Erdogan.
Die USA wählen mit Trump einen demokratiefeindlichen Bewunderer von Autokratien.
Deutschlands Regierung endet vorzeitig, die Angst vor der AfD lähmt die demokratischen Abläufe vor den Neuwahlen.
Nur eine Häufung von Einzelfällen oder eine Tendenz?

Ursachen?
Subtile Einflüsse von Autokratien wie China, Russland?
Mangelnde Kompromissfähigkeit in den Demokratien?

Oder ist die Staatsform der Demokratie historisch ähnlich eine „Phase“ wie Monarchien oder Feudalherrschaften?

Oder ist alles nur Panikmache und die Demokratie ist immer noch unangefochten die Staatsform, nach der alle streben?

Mal als Kontroverse ….

2 „Gefällt mir“

Interessante Fragestellung. Habe selbst keine Antwort, teile aber den Eindruck dahingehend, dass in letzter zeit viele Regierungen aufzugeben scheinen und instabile Machtverhältnisse herrschen.
Eine umfassendere Analyse wäre interessant, ob der Eindruck täuscht oder stimmt.
Man muss aber wohl auch festhalten, dass eine Demokratie, die von Parteien/Leuten geführt wird, die einem politisch/inhaltlich nicht passen erstmal immer noch eine Demokratie ist, auch wenn sie stark rechtsnational ist.

Dazu kann ich mich nur selbst zitieren:

Das, was ich hier bezüglich Deutschland gesagt habe, gilt in den meisten der von Dir genannten Ländern (vielleicht nicht so ganz in Georgien) in der einen oder anderen Variante sicherlich auch.

4 „Gefällt mir“

Eine Demokratie ist halt nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Für mich spiegelt die Demokratie die vielen unterschiedlichen Positionen in einem Staat. Und Mehrheiten machen dann die Politik. Welche Demokratien haben wir denn in den letzten Jahrzehnten „verloren“? Ernsthafte Frage, ich weiß es nicht. Ändert sich die Staatsform, „nur“ weil Politik gemacht wird, die der eigenen Fasson ggf. nicht entspricht? Wer Demokratie will, muss auch damit leben, dass die durch den Souverän beauftragte Regierung die Politik umsetzt, die von den Mehrheiten gewollt war. Natürlich immer im Rahmen der Grenzen der jeweiligen Verfassungen und mit Ausschluss der Änderung des Staatsform / der Kontrollmechanismen.

Wer nur eine/seine politische Richtung akzeptieren kann und das im Rahmen der Demokratie erwartet, ist ziemlich undemokratisch unterwegs. Dann bewegen wir uns eher im Bereich einer Ein-Parteien-Demokratie wie in Kuba. Das ist meiner Einschätzung nach mit unserem GG nicht zu machen.

7 „Gefällt mir“

Sind diese „Instabilitäten“ in vielen Demokratien (ja, es sind immer noch Demokratien, einige sicher eher auf dem Papier) rein hausgemacht?

Also aufgrund fehlender Kommunikation und Kompromissbereitschaft der politischen Akteure?

Eine Zersplitterung des politischen Diskurses auf zu viele Einzelpositionen / Kleinparteien?

Fehlende Visionen und Lösungen/Gestaltungskraft der Entscheidungsträger? (Beispiel Dauerstreit Ampel).

Ggf auch ergänzend/zusätzlich gezielte Agitation von außen (Beispiel Russland) durch Förderung bestimmter Parteien oder Einflussnahme in öffentliche Meinungsbildung?

Ja, mit der Fußnote, dass sich demokratisch gewählte Parteien auch in einer Richtung entwickeln können, durch die sie sich aus dem demokratischen Spektrum entfernen (AfD).

2 „Gefällt mir“

Ungarn
Polen (fast)
Türkei?

Zu erwarten:

USA - wenn Trump „Project 2025 umsetzen wird“
Frankreich: zu erwarten, wenn LePen sich durchsetzen
Österreich: zu erwarten, wenn die FPÖ sich durchsetzt
Deutschland: zu erwarten, wenn die AfD sich durchsetzt

Es geht nicht darum, dass das Politik gemacht wurde/wird, die nicht nach nach unserem „Geschmack“ wäre.
Es geht darum, dass da Institutionen (Verfassungsgericht, Medien …), Abläufe und (Verfassungs- und Wahl-)Recht geändert wird, wonach die Grundlagen einer Demokratie schwer beschädigt bis zerstört sind.

In Ungarn sehen wir, dass sich das sehr wahrscheinlich nicht mehr revidieren lassen wird. In Polen sehen wir, dass Tusk sich extrem schwer tut, das Rad zurück zu drehen.

8 „Gefällt mir“

Putins ideologischer Vordenker, Alexander Dugin, vorgestern:

First steps: Germany - AfD urgently to power. UK - Starmer down, Farage - up. Meloni - let her stay (her ideological origins are compatible with Right Woke). Macron - out, Le Pen in. All the rest is of little importance. It is easy to do. Just hint them - time to go.

https://x.com/AGDugin/status/1875952224880521224

Vor wenigen Monaten war der Ton über Italien hier auch „Wenn da erst einmal die Nazi-Meloni“ am Werk ist…und nu?

Ein wichtiger Grund liegt in der Diversifizierung der Informationsgewinnung. Besonders in Deutschland war die Medienlandschaft lange Zeit von einigen wenigen Verlagshäusern und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk geprägt, die maßgeblich bestimmten, welche Themen als wichtig und richtig wahrgenommen wurden.

1 „Gefällt mir“

In Europa gibt sich Meloni handzahm. In Italien fängt sie schon seit vielen Monaten an, den Staat und die demokratischen Institutionen umzubauen (siehe unten), die öffentlich-rechtlichen Medien mit eigenen Leuten „auf Linie“ zu bringen (es wurden bereits regierungskritische Sendungen aus dem Programm genommen und versucht, mehr Sendezeit für Regierungsmitglieder im Europawahlkrampf durchzusetzen ), etc.

Unter anderem strebt Meloni eine umfassende Verfassungsreform an („premierato“ oder „Mutter aller Reformen“). Diese zielt darauf ab, das politische System Italiens grundlegend zu verändern[3][5][6]:

  1. Direktwahl des Ministerpräsidenten direkt vom Volk für eine Amtszeit von fünf Jahren. Dies würde die Rolle des Parlaments und des Staatspräsidenten bei der Regierungsbildung erheblich einschränken[5].
  2. Mehrheitsbonus im Parlament: Die Partei oder Koalition mit den meisten Stimmen soll automatisch einen Mehrheitsbonus von 55% der Sitze in beiden Parlamentskammern erhalten[1][2][4], damit die Regierung automatisch eine stabile Mehrheit hat, selbst wenn sie keine absolute Mehrheit der Wählerstimmen erhält[5].
  3. Stärkung der Exekutive: Die Reform will die Macht des Ministerpräsidenten stärken und die Regierungsstabilität erhöhen[6]. Darin sehen viele eine Gefahr für die Gewaltenteilung und warnen vor einer möglichen „Diktatur der Minderheit“[5].

Diese Verfassungsreform ist höchst umstritten. Während Meloni argumentiert, sie würde zu mehr Effizienz und Stabilität führen, sieht die Opposition darin eine Gefahr für die demokratische Ordnung Italiens[5][6].

Der Reformvorschlag hat bereits eine erste Hürde im Senat genommen, muss aber noch weitere parlamentarische Schritte durchlaufen[1][4]. Da eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern unwahrscheinlich ist, wird voraussichtlich ein Referendum über die Reform abgehalten werden[3][6]. Das Referendum, das für Ende 2025 oder Anfang 2026 erwartet wird, könnte zu einem entscheidenden Moment für Melonis politische Zukunft werden[6].

Mehr Infos : siehe hier

Quellen
[1] Umstrittene Verfassungsreform in Italien auf dem Weg - LTO Umstrittene Verfassungsreform in Italien auf dem Weg
[2] Meloni’s mission in 2025: From Trump to the Green Deal - Euractiv Meloni’s mission in 2025: From Trump to the Green Deal  - Euractiv
[3] Zwei Jahre Meloni: mit kleinen Schritten zur grossen Reform - SRF Zwei Jahre Meloni: mit kleinen Schritten zur grossen Reform - News - SRF
[4] Verfassungsreform von Giorgia Meloni erhält Zustimmung im Senat Italien: Verfassungsreform von Giorgia Meloni erhält Zustimmung im Senat | ZEIT ONLINE
[5] Giorgia Meloni und der schleichende Weg in den autoritären Staat Giorgia Meloni und der schleichende Weg in den autoritären Staat | Blätter für deutsche und internationale Politik
[6] Autoritär reformiert? | Italien | bpb.de Autoritär reformiert? | Italien | bpb.de
[7] Italien verabschiedet Staatshaushalt für kommendes Jahr Italien verabschiedet Staatshaushalt für kommendes Jahr | tagesschau.de
[8] Italien in ruhigen Gewässern: Giorgia Meloni plant Reformen für 2025 Italien in ruhigen Gewässern: Giorgia Meloni plant Reformen für 2025 – Euractiv DE
[9] Giorgia Meloni: Italiens Ministerpräsidentin baut den Staat um - RND Giorgia Meloni: Italiens Ministerpräsidentin baut den Staat um
[10] faq https://www.google.de/policies/faq

8 „Gefällt mir“

Punkt 1 ist jetzt denke ich nicht undemokratisch, das Volk kann ja weiterhin wählen. In Kombination mit 3 erinnert das etwas an den Präsidenten der USA.
Punkt 2 ist zutiefst undemokratisch, aber wir haben hier ja auch die undemokratische 5%-Hürde unter dem Vorwand eine stabile Regierung haben zu wollen. Erinnert dann auch wieder an die USA mit ihrem Winner-Takes-All Prinzip.

Ich würde Punkt 2 durchaus kritisch sehen, würde aber anhand deiner Ausführung noch nicht sehen, wo dieses System unbedingt undemokratischer als die USA wäre.

Ich denke, die Instabilitäten sind nicht primär hausgemacht. Ein wichtiger Grund ist das Aufkommen von Social Media, was dazu führt, dass Hemmschwellen fallen und das Gemeinschaftsgefühl schwindet oder sich auf bestimmte Blasen/Gruppen beschränkt. Das ermöglicht erst diese massive Polarisierung in den Gesellschaften. Würde es kein Internet geben und müssten die Menschen noch analog diskutieren und sich über Zeitung, Radio und Fernsehen informieren, dann wären die Demokratien deutlich stabiler - koebes hat ja auch schon darauf hingewiesen.

Social Media und globale Kommunikation vereinfachen auch erheblich die EInflussnahme von außen. Das wird von verschiedenen Akteuren (Russland, Musk etc.) ausgenutzt und verstärkt die inhärenten Probleme.

Also kurzum: wir müssen uns als Demokratien wohl ziemlich warm anziehen und viel mehr für die Erhaltung der Demokratie und für den Zusammenhalt in der Gesellschaft tun, als früher.

3 „Gefällt mir“

Guter Hinweis.

Dieses Gefühl und der Wille zur Gemeinschaft und zum Miteinander ist wohl ein wesentlicher Schlüssel zum Erhalt der Demokratien

Was der künftige US-Präsident so von sich gibt, klingt nur bedingt demokratisch:

Mal als alternativen Denkanstoß zu einer Demokratie:
Legislative wird ein von einem beratenden Gremium unterstützter und in vergleichsweise kurzen Abständen neu zusammengesetzter Bürgerrat. Z.B., alles ziemlich spontan erdacht:
(ausreichend viele Menschen, um statistisch einen halbwegs guten Querschnitt der Bevölkerung abzubilden) Menschen kriegen für einen vergleichsweise eng begrenzten Zeitraum, z.B. ein bis drei Monate, die legislative Gewalt. Sie werden zufällig bestimmt und vor „Dienstantritt“ eine Zeit lang vorbereitet, beispielsweise einen Monat. In der Zeit und der Zeit ihres Dienstes sind sie von der Arbeit freigestellt und der Staat übernimmt ihr normales Gehalt und einen angemessenen Bonus. Nach Ende ihres Einsatz gehen sie einfach zurück in das bisherige Leben.

Meine Gründe, warum das vl. funktionieren könnte:

  • Vetternwirtschaft und Bestechlichkeit hätten es deutlich schwerer. Da in relativ kurzen Zeiträumen andere zufällig ausgewählte Menschen an die „Macht“ kämen, hätte kaum eine Lobby Zeit dafür, diese Menschen zu korrumpieren … äh, beeinflussen.
  • Da keiner der zufällig ausgewählten Menschen mit einer Wiederwahl rechnen kann oder gar muss, sind die kurzen Legislaturperioden kein Hindernis für eine nachhaltig ausgerichtete Politik.

Nachteile:

  • Vetternwirtschaft und Bestechlichkeit wären vermutlich schnell unter den Beratern und dem System etabliert, dass dieses System am Laufen hält.
  • Da keiner der zufällig ausgewählten Menschen die langfristigen Pläne der vorherigen Zusammensetzungen kennt, sind langfristige aufeinander aufbauende Pläne ggf. schwerer umzusetzen - es ist schwieriger, eine zielgerichtete, konstante Politik abzubilden.

Letzterem könnte man ggf. entgegenwirken, indem nicht alle Mitglieder dieses Gremiums gleichzeitig ausgetauscht werden, sondern immer nur ein Teil. Wenn der Rat aus 500 Menschen besteht, könnten z.B. jeden Werktag 10 Menschen ihren Dienst neu antreten für 50 Werktage. So wäre der „Rat“ immer mit „alten Hasen“ besetzt, aber auch mit Neuankömmlingen.

Wäre das demokratisch? Nicht in dem Sinne, das garantiert wird, dass jeder Bürger repräsentiert wird, durch seine Stimme für eine Partei und örtliche MdBs (Erststimme). Schon in dem Sinne, dass der „Rat“ sehr repräsentativ für die Bevölkerung steht.

1 „Gefällt mir“

Das ist doch außenpolitische Agenda, oder?

  • 5%-Forderung: Klares Signal an die Europäer, dass jetzt deutlich mehr Verantwortung auf sie zukommt (wird übrigens auch von Demokraten grundsätzlich getragen)
  • Panama: Klares Signal an die Chinesen, dass sie das Ausgreifen in den US-Hinterhof nicht mehr akzeptieren werden
  • Grönland: Das finde ich interessant, es muss dort mehr Rohstoffe geben als wir denken

Klingt nach „America First“, aber mit deutlich anderem Duktus als vorher.

Viel mehr Richtung Demokratie geht vielleicht das. Bin gespannt, ob Deutschland es schaffen wird, seine Politik der externen „Prüfer“ durchhalten kann:

Zitate aus dem Text:
"Der Schritt sei ein Reaktion auf die anhaltenden Debatten über die Regulierung von Online-Inhalten, und setze neue Schwerpunkte, um „die freie Meinungsäußerung auf unseren Plattformen wiederherzustellen“.

Viele befürchten derweil das Gegenteil, denn die Entscheidung fällt nicht im luftleeren Raum: Laut Zuckerberg habe die jüngste US-Präsidentschaftswahl für ihn einen „kulturellen Wendepunkt“ markiert. Dementsprechend scheint nun gehandelt zu werden.

Doch soweit nicht genug: Laut Zuckerberg werde Meta in Zukunft gemeinsam mit Trump weltweit gegen „Regierungen“ vorgehen, „die amerikanischen Unternehmen angreifen und darauf drängen, mehr zu zensieren“. Ein klarer Verweis auch auf die EU, die seit rund einem Jahr stärker auf die Regulierung von Onlineplattformen pocht.

Auch sollen die, bisher zumindest im Vergleich mit Plattformen wie X verhältnismäßig strengen Richtlinien, bei Themen wie Migration oder Genderfragen gelockert werden. Diese stünden „nicht mehr im Einklang mit der öffentlichen Meinung“.

Ging mir eher darum das Trump auch militärische Schritte nicht ausschließt, um Grönland und den Panamakanal zu bekommen.

Das klang seltsam .

Das wird noch cooler - Kanada als 51. Staat der USA.
„At the same press conference, Trump announced that his administration would seek to change the name of the Gulf of Mexico to the “Gulf of America. “What a beautiful name. And it’s appropriate,” he said.“

"The Republican, who takes office in less than two weeks, has also expressed interest in making Canada the “51st State.”
But he said Tuesday that he was considering using only economic, and not military, pressure toward the U.S. ally and major trading partner.
“That would really be something,” he said of absorbing Canada into the United States. “You get rid of that artificially drawn line, and you take a look at what that looks like, and it would also be much better for national security.”

Quelle:

Stimmt. Waschechte demokratische Ansichten. America First