Darstellung Deutschlands in den Medien

Guten Tag,

kurz zur Einordnung. Ich wohne seit vielen Jahren im außereuropäischen Ausland. Mein Beruf bringt das mit sich. In der Regel bin ich ein Mal im Jahr in Deutschland.

Ich konsumiere einen bunten Strauß an Medien. Den öffentliche-rechtlichen Rundfunk mit seinen unterschiedlichen Angeboten, aber auch Medien wie zum Beispiel den Spiegel, die Welt, FAZ. In den letzten Jahren ist es für mich immer schwieriger geworden eine „Gespür“ für die Stimmung, Strömung und Meinungen in Deutschland zu bekommen. Der Fokus der Medien liegt auf den Extremen. Klar, das verkauft sich besser. Dann wird häufig geschrieben, dass es sich um Minderheiten handelt. Und das ist nun auch Kern meines Problems. Mehrheiten kommen nicht zu Wort bzw. sie werden nicht dargestellt.
Ich kann das auch an meiner Frau sehen (nicht Deutsche). Denn deutsche Berichterstattung wird natürlich auch ins Ausland transportiert. Sie konsumiert mangels Sprachkenntnisse die Medien in ihrem Heimatland. Wir wohnen in einem Land das Gemäß Index der Pressefreiheit über 130 Plätze hinter Deutschland liegt. Das Land ist eine Demokratie. Spannend ist jedoch, dass meine Frau den Eindruck hat, dass Menschen in Deutschland viel weniger „frei“ sind, als in ihrem Heimatland. Das begründet sie vor allem damit, dass sie den Eindruck hat, nicht wirklich frei ihre Gedanken/Meinungen zur Erfüllung der political correctness ausdrücken zu dürfen. Das ist im Prinzip ein eigenes Thema. Wie sich die Diskussionskultur verändert hat.
Gerade aber auch unter Berücksichtigung des Fachkräftemangels in Deutschland, muss ich erkennen, dass Deutschland gerade auch für die gut ausgebildeten Menschen überhaupt nicht mehr attraktiv ist. Alles was das Leben der Menschen in Deutschland erschwert, fließt natürlich auch in die Bewertung der Attraktivität eines Landes als neue Heimat mit ein. Und um den Bogen nun zu schließen. Wichtig wäre mir eine ausgewogenere, ja, auch positivere Berichterstattung über Deutschland. Man muss ja nichts schönreden. Aber „wir Deutschen“ neigen irgendwie auch dazu, dass Glas immer halbleer zu sehen. Warum nicht mal stolz auf das sein, was erreicht wird.

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Eine freie Presse wird immer das „außergewöhnliche“ berichten - und das ist meist eher negativ. Vor allem aber ist es halbwegs ehrlich im Hinblick auf das eigene Land und das Ausland.

Eine unfreie Presse hingegen - wie in Russland, China, Ungarn und co. - wird immer negativ über das „feindliche“ Ausland / die Opposition und immer positiv über den eigenen Staat / die Regierung berichten. Das nennt man auch Propaganda - und leider funktioniert es, trotz der Möglichkeiten, die das Internet bietet, immer noch sehr gut.

Aber was machen wir nun mit dieser Erkenntnis?
Nur, weil Menschen, die permanenter Propaganda ausgesetzt sind meinen, sie seien in ihrem Staat „freier“ als in einem westlichen Staat mit freier Presse bedeutet das wohl kaum, dass wir auch mit solcher Propaganda anfangen sollten.

Das ist halt der Witz an dem „Freiheitsgefühl“. Der staatstreue Russe, der in’s Lager nach Sibirien kommen würde, wenn er gegen die Propaganda seines eigenen Landes schießen würde, fühlt sich „frei“, weil er das sagen darf, was er sagen will und das verboten ist, was er ohnehin nicht sagen will. Der russische Oppositionelle sieht das natürlich ganz anders. Und der Konservative im Westen fühlt sich „unfrei“, weil er soziale (nicht: staatliche!) Konsequenzen für bestimmte Kommentare befürchten muss, was schon echt absurd ist.

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Es ist unwahrscheinlich dass man je von Political Correctness betroffen sein wird ohne dass man wirklich ätzende rassistische und transphobe Äusserungen tätigt.

“Drei Chinezen mit der Kontrabass” wird noch überall in Deutschland gesungen und keiner wird dafür verhaftet oder verprügelt.

Was möchte deine Frau denn gerne sagen wovon sie glaubt es wäre nicht mehr gestattet?

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Offenbar werden die populistischen Argumente gegen „Wokeness“, die hierzulande die Rechtsextremen, weite Teile der Konservativen und Teile der Liberalen verwenden, in der ausländischen Berichterstattung unkritisch übernommen zu werden.

Wie können wir wohl Einfluss darauf nehmen, wie ausländische Medien über uns berichten? Wenn wir Aufmerksamkeits- und Empörungsökonomie (v.a. in den sozialen, aber auch in den anderen Medien) und den Populismus in der innerdeutschen Diskussion zurücknehmen könnten, vielleicht. Ich wüsste aber nicht, wie wir das hinbekommen könnten.

Das müsste halt damit anfangen, dass das auch öffentlich so benannt wird und Konsequenzen gezogen werden. Aber wahrscheinlich könnten Lindner oder Merz öffentlich behaupten, die Grünen würden einen Kinderpornoring in einer Pizzeria in Berlin-Mitte betreiben, und die Grünen würden das trotzdem schlucken als wäre es völlig normal und die Koalitionen in Bund und Ländern fortsetzen.

gelöscht

Besser nicht mit sowas scherzen.

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@Nomax2000 schrieb ja ziemlich spezifisch über das (übertriebene) Gefühl mancher Menschen, dass sich das sagbare Meinungsspektrum in Deutschland wahrnehmbar verengt hätte. Ich glaube nicht, dass dieser Eindruck Effekt einer Presse ist, die gerne über das „außergewöhnliche“ berichtet.

Meiner subjektiven Beobachtung nach resultiert das doch eher daraus, dass (einige) Journalisten sich (bis vor kurzem) von Twitter Trends zu Berichterstattung inspirieren lassen haben. Dabei wurden gesellschaftlich weitgehend unrepräsentative Skandale von einigen Aktivisten völlig aufgeblasen. Und so wurde selbst in großen Qualitätsmedien schließlich darüber gestritten, ob progressive, weiße Künstler noch auftreten dürfen wenn sie Rastas tragen [1], Künstler mit betont provokantem Stil im ÖRR laufen dürfen [2], Universitäten biologistisch denkenden Nachwuchswissenschaftlern Vorträge in ihrem Fachgebiet ermöglichen dürfen, bzw. diese Vorträge durch Aktivisten gestört werden dürfen [3] und vieles mehr.

Ich will mich hier gar nicht auf eine Seite schlagen. Aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass die übergroße Mehrheit mit diesen wenig versöhnlich geführten Diskussionen, die zudem von sicher 90% der Weltbevölkerung inhaltlich als Luxusdebatten (oder völlig Gaga) wahrgenommen werden dürften, wenig anfangen kann.

Ich habe vor einer Weile mal einen Bekannten, der Journalist in einem der ARD-Regionalsender ist, gefragt warum sie über solche Dinge berichten. Dieser erklärte mir, man diskutiere das in den Redaktionen regelmäßig. Man fühle sich aber in einer Zwickmühle. Man wisse im Vorfeld schon, dass wenn man nicht berichtet, das Social Media Team irgendwann einen Shitstorm von Aktivisten ernten wird, die behaupten man wolle Bullshit unter den Teppich kehren. Und wenn man berichte, dann bekomme man einen sofort einen Shitstorm von der anderen Seite. Ich möchte mit ihm nicht tauschen.

[1] Absage wegen Dreadlocks: Lächerliche Rechthaberei | NDR.de - Kultur - Musik
[2] Lisa Eckhart im »Literarischen Quartett«: Nicht in seiner Sendung - Kommentar - DER SPIEGEL
[3] Geschlechterdebatte - Ein Vortrag, eine Absage und ein gesellschaftlicher Konflikt

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Was willst du mit dem Argument ausdrücken? Ist Dir ein solcher belegbarer Fall bekannt, hältst du ein solches Argument in Deutschland für wahrscheinlich? Oder wird nicht vielmehr mit einer solchen Strohmann-Argumentation der Argumentationsrahmen mehr und mehr hin zum aktuellen amerikanischen Standard verschoben?

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Nur noch eine Frage der Zeit, wenn die Partei-Basen ihre Führungsriegen weitermachen lassen. Die CSU ist doch bereits bei DeSantis gewesen, um sich weitere Tipps zu holen.

Ich denke bei den Einwanderungsämtern merkt man kaum etwas von diesem Problem.

Deutschland ist weniger attraktiv für die beste Fachkräfte weil:

  • Die Firmen hier nicht genug bezahlen und oft noch digitale Technologie als Cost Center sehen
  • Das was sie zahlen wegversteuert wird mit u.a. steigenden Sozialabgaben
  • Man für diese Steuer kaum etwas bekommt wegen staatlicher Inkompetenz und rent seeking
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Es wäre m. E. erschreckend, wenn Journalist:innen beim ÖRR sich bei der Einschätzung, welche Themen denn relevant sind und wie über diese berichtet werden sollte, tatsächlich so von Trends in den sozialen Medien treiben lassen würden. Dann reicht ja wirklich ein Twitter-Shitstorm und ein trendender Hashtag aus, um selbst die absurdeste Meinung zu einer „seriösen“ Nachricht zu befördern, was dann natürlich das Ganze erst wieder richtig anheizt… Wo bleibt denn da das eigene Urteilsvermögen solcher Journalist:innenm ihr Berufsethos, ihr Verantwortungsbewusstsein, ihre eigene Einschätzung von wem, was für wen relevant ist? Sollte das wirklich in der Breite so ein - was ich nicht beurteilen kann - hätte das Buch von Precht & Welzer ja genau ins Schwarze getroffen, denn das macht „dem Journalismus“ ja genau den Vorwurf, die Dynamik der sozialen Medien adaptiert zu haben.- ob nun bewusst oder unbewusst.

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Ganz so einfach ist es ja nicht. Mindestens genauso wichtig ist, was BILD auf der Titelseite schreibt. Das wird dann etwas seriöser präsentiert und fertig ist das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Denn nichts tut öffentlich-rechtlichen Journalisten mehr weh, als von BILD/WELT/CDU/FDP/AfD usw. wieder mal als „linksgrün“ beschimpft zu werden.

Das würde ich so nicht unterschreiben. Die Lage hat ja durchaus auch Einiges an Feuer für das Monne Kühn Interview bekommen (war das hier oder auf Twitter?). Die Positionen der Dame waren letztlich leicht widerlegbar, aber schienen mir ihre Ursache ziemlich klar nicht in einer irgendwie gearteten Menschenfeindlichkeit zu haben, sondern in der Sorge um die Personen, die sie versucht zu schützen.

Das nur mal so als Beispiel, aber auch im grünen Milieu gibt es Gruppen, die sich schön radikalisieren und da ist man eben bei drei Chinesen mit dem Kontrabass sehr wohl schon der Rassist. Das sage ich btw obwohl ich inhaltlich mit dem Anliegen übereinstimme, aber mit welch überheblicher Rechthaberei es teilweise kommuniziert wird, das antagonisiert doch einfach nur noch.

Wenn ich mich diesen Leuten gegenüber sähe als eine Person, die die deutsche Sprache nicht so beherrscht, dann würde ich mich vermutlich auch fragen, für welches falsche Wort ich als erstes eins auf die Mütze kriegen würde. Auch diese Sorge ist letztlich wohl unbegründet, da schätzungsweise 95+% der Deutschen eher nicht zum Radikalismus neigen, aber es ging ja auch um das Bild, das transportiert wird.

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Dazu gab es beim von mir sehr geschätzten DLF-Podcast „Nach Redaktionsschluss“ schon mehrfach Aussagen von Journalisten und Medienwissenschaftlern. Die erklärten dort in den letzten Jahren Twitter regelmäßig genutzt zu haben, um Trends zu erkennen und Ideen für die Berichterstattung zu sammeln, gefolgt von der Beteuerung das mittlerweile nicht mehr zu tun, da man erkannt habe dort in nicht-repräsentativen Blasen zu agieren.

Und ich teile den Eindruck. Berichterstattung über aufgebauschte Twitter-Skandälchen haben in den Qualitätsmedien meiner Wahrnehmung nach massiv nachgelassen, spätestens seit Elon Musk Twitter übernommen hat.

Ist das Polemik oder kannst du das belegen? Mir fallen etliche Menschen und Formate im ÖRR ein, die sich vor einer Auseinandersetzung mit eben diesen Gruppen nicht scheuen und das Label linksgrün zurecht eher als Auszeichnung ansehen.

Vielen Dank für die ganzen Antworten.

Aber bestimmt nicht, weil hier so viele Personen eine Blaue Karte EU oder eine berufliche Tätigkeit nachgehen wollen, bei der man einen akademischen Abschluss braucht.

Ich möchte gar nicht so weit in die anderen angeschnittenen Themen abdriften. Ich finde es selbst unglaublich schwierig ein differenziertes und realistisches Bild von der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Lage im Land zu erfassen. Und ich meine damit nicht die generelle Politik. Wer will, und ich mache es von Zeit zu Zeit, schaut sich Debatten aus dem Bundestag an. Wofür einzelne Parteien stehen ist weitestgehend klar.
Natürlich ist Deutschland nicht homogen, dass sind mitunter nicht einmal Familien in ihren Haltungen und Meinungen.
Darum an dieser Stelle auch mal ein großer Dank an die „Lage der Nation“. Der Podcast ist für mich ein unglaublich wichtiges Medium für die Aufarbeitung relevanter Themen mit meist neutraler, zumindest differenzierterer Darstellung.

Gutes Beispiel. Wenn man die Sicht der Betroffenen einfach ignoriert und die eigene Deutungsmacht darüber, wann was rassistisch ist, über die der Betroffenen stellt, ist eine Kritik daran durchaus gerechtfertigt.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass es Teilen der Gesellschaft schlimmer vorkommt das Wort Rassismus zu hören als dem Rassismus ausgesetzt zu sein.

Hintergrundinfos zum Thema aus dem unten stehenden Link:

Ursprünglich sei in dem Lied von „Japanesen“ die Rede. Der Wechsel zu „drei Chinesen“ entstand erst unter Nazi-Deutschland als das Hitler-Regime ein Bündnis mit Japan geschlossen hatte: „Das zeigt deutlich, dass man sich schon damals bewusst war, dass mit dem Lied eine Abwertung verbunden ist.“ Der Musik-Ethnologe empfiehlt, das Lied überhaupt nicht mehr zu singen.

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Du machst dir nicht bewusst, dass es um strukturellen (unbewussten) Rassismus geht.
Als Lehrerin setze ich mich tatsächlich mit diesen Fragen auseinander: Was singe ich mit den Kindern im Unterricht? Was vermittelt das Lied untergründig?
„Alle Kinder lernen lesen“ habe ich mir daraufhin umgedichtet. Die drei Chinesen kann man auch leicht umbenennen. Warum also nicht? Ich stoße zwar nicht bei allen KollegInnen auf Verständnis, aber wir erkennen das Problem nicht, weil wir selbst so (beeinflusst) aufgewachsen sind.
Klarer müsste dir das werden, wenn du an „Zehn kleine N…lein“ denkst". Das ist so offensichtlich rassistisch, dass man kaum Argumente für diese Formulierung finden dürfte.
Bitte macht euch klar, dass viele Prozesse und Einstellungen unterbewusst ablaufen und geformt werden.
Es gibt z.B. Untersuchungen, dass auch das generische Maskulinum, das gerade so wacker verteidigt wird, bei vielen Mädchen dafür sorgt, dass sie sich weniger mit entsprechenden Berufen/Perspektiven beschäftigen/identifizieren.
https://idw-online.de/de/news632492

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Man könnte die Union also so deuten: Für jede Frau, die einen technischen Beruf erlernt, wandert ein gekränkter Konservativer zur AFD ab.

Ich weiß wirklich nicht, wie man das ohne deutsche Sprachkenntnisse und Konsum deutscher Medien im Original auch nur halbwegs fundiert beurteilen können sollte.

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