Vielen Dank allen Kommentierenden für Rückmeldungen, Diskussionen, Links und Kritik. Ich fand die Debatte sehr lebhaft mit ein wenig Zustimmung und zahlreichen Gegenargumenten. Ich habe einiges gelernt und habe auch über einige Punkte noch einmal neu nachdenken können.
Ich freue mich, dass hier im Forum dieser Austausch möglich ist und hoffe, dass wir auch weiterhin konstruktiv diskutieren können.
Du, das ist ja auch alles richtig. Dass Fehler bei der Kommunikation gemacht wurden bestreitet niemand. Ebenso dass in Sachsen 2/3 geimpft sind. Hier geht es aber einzig und allein um die Frage, ob die, die immernoch an den Impfskepsis-Schwachsinn glauben, egoistische Schwurbler sind.
Insofern muss man trennen: Ja, man hätte zahlreiche Schwurbler durch gute Kommunikation vermeiden können.
Aber auch ja, die jetzigen Impfgegner sind trotzdem Schwurbler, auch wenn sie vermeidbar sind. Und als solche - das habe ich schonmal in dem Thread irgendwo ausgeführt - vielleicht nicht daran Schuld, Schwurbler geworden zu sein, aber dennoch dafür verantwortlich, welche zu sein. Das hat @TilRq mMn sehr gut heruntergebrochen (mit der Einschränkung zu nicht deutsch sprechenden Gruppen, die abgekapselter und schwerer zu erreichen sind - da würde ich keine Schwurblerei sehen).
Und damit die Restgesellschaft keinen Schaden nimmt, muss man diesem Blödsinn entschieden entgegen treten, damit beginnend, das Kind beim Namen zu nennen. Auch wenn das proaktiv zu verhindern natürlich besser gewesen werden.
Ja, da stimme ich zu, ebenso bei den (vermutlich eher wenigen) Menschen mit ernstzunehmenden psychischen oder physischen Krankheiten, deretwegen sie sich nicht impfen lassen.
Das hätte ich vielleicht ein wenig relativieren sollen: Es gibt einige wenige Leute, die wirklich effektives Debunking betreiben. Beispielsweise die Skeptikerbewegung hat sich dieser Aufgabe verschrieben (auch wenn selbst da es nicht alle beherrschen). Was ich meinte und zu sehr verallgemeinert habe (danke für den Hinweis @TilRq) ist das, was die meisten incl. der Medien und vieler Regierungsstellen unter Debunking verstehen. Häufig werden die Verschwörungstheorien wiederholt statt effektiv dagegen vorzugehen. Ich habe in der gesamten Pandemie fast keine Beispiele für richtiges Debunking gesehen. Wikipedia sagt dazu folgendes (Fake News – Wikipedia):
Debunking
Beim Debunking werden Fake News durch eine tatsachenbasierte Information widerlegt.[74] Das „The Debunking Handbook 2020“ schlägt dafür folgende Schritte vor:
Die richtige Information nennen, um direkt zu Beginn klarzustellen, was richtig ist.
Vor den falschen Informationen warnen, die im nächsten Schritt folgen.
Den Irrtum, der den Fake News zugrunde liegt, erklären.
Nochmals die richtige Information nennen, damit diese Information von dem Adressaten erinnert wird.[75]
Kennst du ein Beispiel, bei dem das sogetan wurde? Meistens sehe ich Aussagen (vom BMG) wie „Impfen macht nicht unfruchtbar. Lassen Sie sich impfen.“ Das ist Fact checking und diese Methode hat in der Tat leider kaum einen positiven Einfluss gegen Fake News und Verschwörungstheorien (auch wenn es trotzdem für alle anderen wichtig sein kann). Übrigens sind auf oben verlinkten Wikipedia Seite unter dem Punkt Interventionsmaßnahmen auch einige andere Dinge aufgelistet inclusive besagtem Fact checking.
Es wird den meisten Naturwissenschaftlern und anderen Akademikern nicht beigebracht effektiv zu kommunizieren. Wir gehen davon aus dass Akademiker schon schlau sind und das können aber dem ist nicht so. Und ich habe das Gefühl, dass selbst Journalisten mit dem Debunking hoffnungslos überfordert sind. Ich habe mal eine Folge lang im Coronavirusupdate mit Drosten mitgelitten, als er ununterbrochen zu einer Verschwörungstheorie über die Rolle der Kinder in der Pandemie ausgefragt wurde… Es war grausam mit anzuhören, wie die Journalistin ihm die Fake News gegen den Kopf geworfen hat und er nicht wusste wie er das effektiv debunken kann. Jetzt inzwschen ist er extrem gut darin aber wir stehen halt nicht alle zwei Jahre lang im Kreuzfeuer… Und er ist einer der wenigen…
Unten nochmal der ganze Leitfaden für Leute die Debunken oder Angehörige gegen Verschwörungsmythen immunisieren wollen:
Im Grunde verstehe ich deinen Punkt sehr gut. Aber das stimmt eben nur teilweise. In unserer Gesellschaft sind Pseudowissenschaften, Fake News und Populismus an der Tagesordnung. Das haben wir gesellschaftlich akzeptiert und das fällt uns jetzt auf die Füße. Die Leute die Freiheit schreien sind einfach überrascht dass wir wirklich mal was gegen ihren Bullshit tun.
Menschen die ihre Krankheiten mit Globuli kurieren, nur „natürliche“ Produkte nutzen wollen, vor Erdstrahlen Angst haben, sowie Angst vor Genen und vor Medizin haben werden nicht plötzlich aufwachen nur weil eine Pandemie kommt. Das haben wir einfach vor langer Zeit schon verkackt. Die Impfskeptiker wurden schon vor langer Zeit unter die Top10 der globalen Bedrohungen gesetzt zusammen mit einer globalen Pandemie und einem Atomkrieg. Aber wir lernen ja auch nicht dazu - den Brief dass meine Krankenkasse jetzt auch homöopathische Arzneimittel anbietet habe ich gerade erst bekommen. Hurra, ich freue mich und schaue mich nach einer neuen Krankenkasse um.
Und so Leid es mir tut - man kann mit den Schwurblern jetzt noch reden aber viel Freude hat man damit nicht. Ich spare mir inzwischen oft die Zeit.
Aber falls man mir anmerkt dass das in mir kocht und ich gern den unangemeldeten und illegalen Demonstranten anschreien würde dass sie echte Menschenleben zerstören und unser aller Freiheit einschränken ist es mir auch Recht.
Vielleicht hat auch nur die klassische Schulmedizin „verkackt“. Nicht weil sie falsch ist, sondern weil die Ausübenden zu viele „Fehler“ machen. Falsche Diagnosen, Fehler bei Operationen, etc. Wer kennt das nicht, bei 3 Ärzten zum selben Problem gewesen und 4 Meinungen gehört, die alle unterschiedlicher nicht sein konnten.
Da bietet die „Schwurbelei“ der alternativen Medizin oft eine einfachere Erklärwelt, zumindest wenn man sich innerhalb einer Späre bewegt (Globoli, Erdstrahlung, TCM,etc).
Das Problem existiert auf jeden Fall, aber ich würde es nicht auf die Mediziner*innen direkt schieben. Neben dem offensichtlichen Zeit- und Ressourcenproblem wird klares und logisches Denken den wenigsten Menschen beigebracht inclusive derjenigen im Gesundheitssystem. Das ganze Prinzip evidenzbasierter Medizin versucht die derzeitige Praxis immer weiter zu verbessern.
Das Problem das für viele (insbesondere auch Experten) sehr schwer anzuerkennen ist, ist wie wenig Vorhersagekraft einzelne Faktoren an einer Gesamtsituation haben. Wir tendieren dazu, einen Faktor herauszugreifen und auf Basis dieses Faktors Schlüsse zu ziehen. Das ist menschlich. Die Frage ist allerdings auch, wie wir Mediziner*innen trainieren, die möglichst breit und statistisch denken, die uns aber nicht als einen Datenpunkt in der Statistik betrachten. Klar wäre es aber einfacher einfach alle mit derselben Klangschale zu behandeln.
Unser Hirn ist nicht rational… Wenn das jemanden interessiert, kann ich das Buch „Noise - A Flaw in Human Judgement“ sehr empfehlen. Ist aber etwas harte Kost, man sammelt garantiert Nerd-Punkte mit dem Buch aber es beschreibt sehr schön wieso Expertenmeinungen zu komplexen Dingen wie Diagnosen oft meilenweit auseinander liegen sowie Schritte um diesen Fehler zu reduzieren.
Noch einmal bezugnehmend auf die Umsetzbarkeit auch im Kontext von Klagen und der Handhabung durch die Verwaltung dieser Link von heute aus Österreich:
Man findet auch jede Menge andere österreichische Zeitungen, die heute davon berichten.
Ich will das Thema jetzt gar nicht noch einmal neu entfachen. Da die Lage ja auch einen ehemaligen Richter im Team hat, wäre es vielleicht interessant, das kurz zu reflektieren in der nächsten Sendung. Also ganz konkret: was würde eine allgemeine oder eine personengruppenspezifische (Gesundheitswesen) Impfpflicht für Folgen auf Verwaltung und Gerichtsbarkeit haben. Wie realistisch wäre denn eine Verdopplung der Verwaltungsrichter oder eben umgekehrt gedacht, wenn die Verdoppelung nicht möglich ist, wie gut durchsetzbar wird die Impfpflicht sein, wenn man zunächst mehrmonatige oder sogar mehrjährige Verfahren führen muss. Bis die Verfahren zur höchsten Instanz eskaliert wurden, dürfte es ja auch eine Weile dauern.