Ich verstehe das Argument ehrlich gesagt nicht (und da ich es schon häufiger gelesen oder gehört habe, würde ich gerne mal die Hintergründe verstehen). Was genau ist dabei das Problem?
In einem theoretischen Idealmodell des Zertifikatshandels, bei dem alle Einnahmen gleichmäßig auf alle Menschen verteilt werden. Es gelten zwei Eigenschaften:
Die Menge der Emissionen ist konstant
Wer weniger als durchschnittlich viel Emissionen verursacht, profitiert insgesamt.
Wenn das Argument ist, dass reiche Menschen sich mehr leisten können und deswegen bessere Konditionen haben, ist das ein anderes Argument und hat mit dem Klima in diesem Setting nichts zu tun. Durch den Zertifikatshandel geschieht das ja nicht zu Kosten von Menschen mit unterdurchschnittlichem CO2-Verbrauch. Tatsächlich profitieren Menschen mit unterdurchschnittlichem Verbrauch von einem höherem Preis.
Wenn das Argument ist, dass wir das theoretische Modell nicht schaffen können, sehe ich nicht, wie ein Modell, wo das Budget pro Person begrenzt wird, das besser hinbekommt (und das war ja gerade die Forderung).
Nun, ohne jegliche Obergrenze fliegen z.B. die Privatjet-Nutzer weiterhin ohne Rücksicht, indem sie einfach noch mehr zahlen.
Es ist aber wichtig, die Emissionen so weit wie möglich zu drücken. Leicht einsparbare Emissionen müssen einfach vermieden werden.
Die Gesamtemissionen ändern sich nicht, wenn ein Privatjet-Nutzer ohne Rücksicht fliegt, weil die Menge an Zertifikaten konstant ist.
Die ausgestoßene Menge an CO2 ist genau die Menge an Zertifikaten minus die Menge an Zertifikaten, die gekauft aber nicht genutzt wurde (zum Beispiel um CO2 einzusparen). In dieser Formel taucht der Privatjet-Nutzer nicht auf.
Durch den Zertifikatshandel (richtig umgesetzt) nehmen sie dann ja Rücksicht, weil jemand anderes bereit ist, auf Emissionen zu verzichten.
Mir ist das zu eng gedacht. Es gibt noch keinen globalen Emissionspreis.
Solang wir in den Industrieländern über unsere Verhältnisse leben und das auf Kosten der Menschen im globalen Süden, fehlt offensichtlich eine Begrenzung.
Das ist klar, aber ein ganz anderer Punkt. Mein Argument ist, dass in einem funktionieren Zertifikatshandel eine Obergrenze nicht hilfreich ist.
Dabei muss der Zertifikatshandel nicht einmal voll funktionsfähig sein, er muss einfach genauso gut messen, wie es die Obergrenze auf CO2 tun würde.
Die Obergrenze löst meiner Ansicht nach keine Probleme, die der Zertifikatshandel nicht löst und macht die Umsetzung nur komplizierter, weil es wohl noch mehr Widerstände gibt.
muss man ehrlich kommunizieren, dass es in Europa keinen Bürger gibt, der mit seinem Budget auskommt. Wir müssen also erst einmal Bedingungen schaffen dass jeder Bürger in der Lage ist, seine Lebensmittel zu kaufen oder zur Arbeit zu fahren oder überhaupt zu wohnen, ohne, dass ihm das CO2 um die Ohren fliegt.
Für welches Budget? Sagen wir mal, wir setzen ein Budget von 5t CO2 pro Jahr mit einer Reduktion von 5% pro Jahr an (das ergibt kumulative Emissionen von 1000Gt CO2 bei 10 Milliarden Menschen auf einem unendlichen Zeithorizont). Ich halte das für mit den Pariser Klimazielen kompatibel.
Außerdem denke ich, dass 5t initial und dieser Reduktionspfad individuell schon erreichbar ist, es also durchaus auch für Europäer machbar ist, unter den Durchschnitt zu kommen. Siehe zum Beispiel folgende Grafik
Wenn in Lebensmitteln CO2-Kosten enthalten sind, gibt es da denke ich gutes Reduktionspotential, weil man beim Einkaufen merkt, was CO2-mäßig relevant ist.
Jedes Jahr 5% zu reduzieren erfordert natürlich gewisse Anstrengungen, die Verbesserung des Strommixes hilft aber vermutlich gar nicht so wenig.
Wie kommst du auf diese Einschätzung? (Frage, keine Wertung)
Das UBA hat ja mal was zum Restbudget von DE gerechnet, könnte man sich mal ansehen.
Anderer Vorschlag: die Science Based Target Initiative berechnet Ziele für Industriezweige die Paris konform sind. Könnte auch eine Orientierung geben.
Hier noch eine Ergänzung zum beschworenen Klimageld, heute in der Tagespresse: „ Trotz hoher Inflation: An Reisen wird nicht gespart“
Ich habe gerade ein neues Thema erstellt, dass diese Frage ganz gut beantworten könnte .
Mein Verständnis von Paris-konform heißt hier 2 Grad mit „so gut wie möglich an 1,5 Grad heran“. Ein Ansatz, der CO2 auf 2 Grad bis 2100 beschränkt und in dem Zertifikate kaufen aber nicht nutzen eine sinnvolle Option ist, ist daher meines Erachtens Paris-konform.
Die 5t und 5% Reduktion sind gegriffene Zahlen von mir, als ein Beispiel für ein Paris-konformes Budget, was die These „Unter den Durchschnitt kommen ist unmöglich“ konfrontieren soll.
Die 1000 GtCO2 ergeben sich aus der geomtrischen Reihe, wenn man mit 50 Milliarden GtCO2 anfängt und jedes jahr (mutliplikativ 5% reduziert).
Wie stehst du eigentlich dazu, liebe @Margarete, dass Menschen der Oberschicht oder obere Mittelschicht oft bewusster auf ihren CO2 Abdruck achten? Ich kenne ein paar Menschen aus dieser Einkommensgruppe (niedriges bis mittleres Management internationaler Konzerne) und da herrscht ziemliche Flugscham und das Auto wird abgemeldet. Man ist sich der Klimakrise bewusst und auch dass man seinen Mitarbeitern und Kollegen gegenüber Vorbild sein sollte. Dort fährt man auch für Dienstreisen ins nähere europäische Ausland eher mit dem (Nacht-)Zug als dass man den Flieger nutzt.
Klar ist aber auch, dass man für eine Dienstreise auf einen anderen Kontinent vermutlich auf das Flugzeug zurückgreifen muss und dass Linienflüge je nach Verbindung zeitlich oder finanziell für Unternehmer oder hohe Führungskräfte schwer zu rechtfertigen sind.
Ich kann daher deine Vehemenz in der Darstellung von einkommensstarken Gruppen nur schwer nachvollziehen. Mein Eindruck ist, dass diese Gruppe sehr daran arbeitet ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, schon allein wegen der Außenwahrnehmung. Allein alte Gewohnheiten, aber auch notwendige berufliche Mobilität erschweren das aber deutlich.
Gehöre selbst eher zur finanziell besser gestellten Gruppe und sehe sowohl bei mir als auch bei anderen durchaus nicht klimaschützendes Konsumverhalten. Das ist also kein Reichen-Bashing. Es ist eher eine statistische Tatsache. Ärmere Menschen können sich gar nicht so viel leisten.
Ganz abgesehen davon, dass dieser Effekt besonders frappierend ist, wenn man sich Industrie- und Entwicklungsländer ansieht.
Fraglos, wir alle betreiben klimaschädliches Konsumverhalten. Die Frage ist aber, ob wir uns dessen bewusst sind und versuchen uns zu bessern. Dieses Bestreben sich zu verbessern sehe ich persönlich aber eher bei den Besserverdienern als beim Rest.
Dann lass die Statistik doch einfach mal stecken. Das Klima wird nicht durch Kennzahlen geschützt sondern durch konkrete Maßnahmen.
Ob derjenige der mit dem Auto zum Bäcker fährt im Jahr 20 oder 100 T€ verdient ist doch schnurz. Beide verpessten die Umwelt.
Zwischen 1991 und 2019 sind die Emissionen in Deutschland um etwa 34 Prozent gesunken. Das liegt vor allem an den ärmeren zwei Dritteln der Bevölkerung, die ihre Emissionen um mehr als 34 Prozent reduzierten, teilweise deutlich mehr. Das reichere Drittel sparte dagegen unterdurchschnittlich. Und schaut man auf die reichsten 800, die 0,001 Prozent, so senkten diese ihre Emissionen nicht, sondern erhöhten sie sogar um 10 Prozent. Somit haben in Deutschland diejenigen, die weniger zur Klimakrise beitragen, mehr Verantwortung beim Klimaschutz übernommen.
Die meisten Emissionen bei Reichen werden auch nicht durch Konsum oder Reisen verursacht, sondern durch Investitionen.
Stimmt. Die Geldflüsse spielen eine extrem wichtige Rolle.
Mittlerweile hinterfragen an vielen Stellen Klimaaktivisti und Organisationen solche Investitionen und kämpfen dafür, dass Organisationen und Privatpersonen in klimagerechte Fonds etc.wechseln.
ich denke die Daten der World Inequality Database sind eine sehr gute Diskussionsbasis und wenn ich die Daten der TAZ anschaue muss ich wohl meine Position kritisch hinterfragen. Vielleicht ist mein Umfeld nicht repräsentativ (natürlich ist es das nicht, so groß ist es ja gar nicht und ich suche mir ja auch aus, mit wem ich mich umgebe)?
Andererseits komme ich beim Blick in die Database auf andere Ergebnisse, zum Beispiel dieses.
Danach fallen die Emissionen aller deutschen Gruppen deutlich und von 2018 auf 2019 sogar sehr stark (in diesem Zeitraum begann das Thema auch in meinem Umfeld massiv an Präsenz zu gewinnen). Dabei scheint die prozentuale Abnahme in den Einkommensgruppen 50-60, 70-80 und 80-90 relativ ähnlich zu sein. Die höheren Gruppen scheinen hingegen etwas stärker zu fallen.
Leider endet die Datenbasis mit 2019. Ich bin gespannt, ob sich dieser Trend in den letzten Jahren fortgesetzt hat.
Heißt das, der Ausbau von Produktionskapazitäten ist bei Reichen der Hauptaspekt? Kann man das wirklich so zählen? Führt das nicht zu einer Doppelbewertung jeder Tonne CO2e? Das Produkt wird doch schlussendlich auch konsumiert und dann als Konsum gezählt? Und wie wird die Investition in Aufbau und Produktion erneuerbarer Energien eigentlich gezählt?
Ich finde es ehrlich gesagt ziemlich unseriös, „Investition in Produktionskapazitäten“ als privaten CO2-Verbrauch anzurechnen und dann " Superreiche in Deutschland emittieren tausendmal so viel Treibhausgase wie der Rest der Bevölkerung" zu schreiben.
Um den Artikel nicht falsch zu verstehen, muss man schon ziemlich genau lesen und sich die Daten genau anschauen.