Cannabis und Bundeswehr

Soldaten scheinen die einzige Berufsgruppe, denen der Konsum weiter komplett verwehrt bleibt.
Warum eigentlich? Natuerlich haben wir Waffen, aber im Gegesatz zu Jaegern, Polizisten, Sicherheitsdiensten tragen wir diese nicht staendig mit Munition bei uns und wenn, dann in Kasernen und auf Uebungsplaetzen, mit umfangereichen Sicherheitspersonal dabei.
Auch die Bedienung von Panzern klingt beeindruckend, aber auch diese nicht im Strassenverkehr, wie andere ihre Bagger oder Schwerlasttransporter.
Einsatz zaehlt nicht, da dort ohnehin die Landesgesetze und zusaetzliche Regeln davor waeren.
Wer hat Ideen?

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Du sprichst es an: Waffen werden benutzt, nicht nur am Schiessstand, auch auf Übungsplätzen wie Bergen mit scharfer Munition.
Panzerfahrzeuge bei eine Übung nachts, wo auch Infanteristen im Wald oder in den Büschen liegen. Zudem fahren Militärfahreuge durchaus im Straßenverkehr, man muss ja zum Übungsplatz kommen.
Da möchte ich keinen Soldaten, der bewusstseinsbeeintrübende Substanzen intus hat. Da reicht schon Alkohol.
Sonst müsste man Cannabis auch bei Ärzten und Pflegekräften, bei Erziehern in Kindergärten oder eben bei der Polizei oder Feuerwehr entsprechend frei verfügbar lassen.

Hätte ich Bedenken.

Klingt auch immer so ein bisschen wie „Bundeswehr will nur spielen“….

Bw ist aber die einzige explizit im Gesetz erwaehnte Berufsgruppe. Natuerlich muss das geregelt werden, es gibt aber keine einzige Ausnahme, egal ob Panzerfahrer oder Feldkoch. Fuer andere gibt es das nicht. Das war mein Punkt. Natuerlich darf man nicht mit RestTHC mit Waffen hantieren.

Wo willst du da die Grenze ziehen? Und wer kontrolliert vor jeder Übung, ob der Panzerfahrer vor Antritt der Fahrt oder der Feldkoch vor einer Schiessübung (ja, auch der muss ab und an noch Schießen üben) völlig clean und klar ist?

Hab diesen Passus im Gesetz auf die Schnelle nicht gefunden.
Aber es geht ja um Cannabis zu medizinischen Zwecken.
Bei Soldaten gilt ja die freie Heilsfürsorge der Bundeswehr, also eigener Sanitätsdienst und BW Krankenhäuser.
Für Soldaten gilt die Pflicht zur Gesunderhaltung, also alles zu unterlassen was die Einsatzfähigkeit einschränkt oder negativ beeinflusst.

Denke das sowas eine Rolle spielt

Wenn die Bw etwas kann, dann ist es Regeln aufstellen. In Canada zb ist es so ungefaher, 8h vor Autofahren, 24h vor Schiessen, 30 Tage vor Einsatz. Die Zahlen stimmen nicht, aber so in der Art ist das.
Kontrollieren kann man das genausowenig lueckenlos wie heute, aber es gibt dem Vorgesetzten bei Verstoss das Strafmittel in die HAnd. So ist es eine Ueberregulierung und Diskriminierung. Wo sind Lufthansapiloten oder Gehirnchirurgen? Sollte man es denen nicht auch komplett rund um die Uhr verbieten, auch im Urlaub etc

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Stimmt :grin:. Ist immer noch ein sehr hierarchischer und durchorganisierter Verein. :joy:

(2) Beschränkungen des Besitzes von Cannabis für Soldatinnen und Soldaten der
Bundeswehr aufgrund dienstrechtlicher Vorschriften bleiben von Absatz 1 unberührt.

Und das Gesetz hat mit medizinischem Cannabis gar nichts zu tun.

Hab jetzt nur den Entwurf für medizinisches Cannabis überflogen.

Aber dienstrechtliche Vorgaben wäre ja der entscheidende Punkt.
Sowas gibt es ja auch bei anderen Berufsgruppen, zb politische Betätigung im Unterricht bei Lehrern.
Schränkt die Meinungsfreiheit ja auch ein.

Absolute Freiheit besonders bei staatlich Bediensteten ist immer zweischneidig.

Aber wo siehst du hier das konkrete Problem? Es geht dir offenbar ja um den Cannabis-Konsum zu reinen Genusszwecken?

Ich gehe davon aus, dass sie es gemacht haben, weil sie es für Soldaten gesetzlich regeln dürfen und das Verteidigungsministerium dies erbeten hat. Ob es gerechtfertigt ist, nur Soldaten und nicht bspw. auch die Bundespolizei zu nennen und ob man nicht auch als milderes Mittel zB nur Soldaten im Dienst hätte nehmen können, wäre (gerichtlich) zu prüfen. Allerdings heißt es natürlich nicht, dass nur weil Berufsgruppen im Gesetz nicht genannt sind, für diese nicht auch untergesetzliche Verbote geschaffen werden können (zB durch Kammern).

Exakt darum geht es - vernünftige Grenzziehung.

Davon auszugehen, dass das Canabis-Verbot bei Soldaten durchsetzbar ist, gerade wenn es „zivil“ frei ist, ist absurd. Natürlich wird der Soldat in seiner Freizeit auch kiffen, wenn sein halber Freundeskreis es tut. Welches Menschenbild haben wir denn hier, wenn wir davon ausgehen, dass ausgerechnet Soldaten sich hier dem Gruppendruck verweigern könnten?

Natürlich gibt es durch Kiffen ein Restrisiko für „Arbeitsunfälle“, auch mit Schusswaffen oder schwerem Gerät. Dieses Restrisiko gibt es aber auch im Hinblick auf Alkohol oder psychische Erkrankungen. Eine 100%tige Sicherheit wird es daher nie geben. Die Frage bleibt daher auch hier, wo vernünftigerweise eine Grenze zu ziehen ist.

Und da gilt für mich für Cannabis das gleiche wie für Alkohol: Merkt man dem Soldaten im Dienst einen Konsum an war es zu viel. Wenn man es dem Soldaten daher anmerkt, gibt’s einen Urintest (üblicherweise 12-36 Stunden Nachweisgrenze) und wenn der positiv ist gibt’s dienstliche Konsequenzen, ebenso wie es dienstliche Konsequenzen geben sollte, wenn ein Alkoholtest im Dienst positiv ist.

So gesehen können Soldaten am Freitag / Samstag Abend in maßen kiffen, ohne, dass es am Montag Morgen noch nachweisbar sein sollte. Das ist eine vernünftige Grenze. Bleibt trotzdem ein Restrisiko? Klar, aber das gilt wie gesagt für Alkohol und psychische Erkrankungen ebenso. 100%tige Sicherheit ist keine sinnvolle Zielvorgabe.

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Dieses restriktive Gebaren ist bei Cannabis eh absurd wenn zeitgleich solche lustigen Dinge in der Truppe kursieren wie Spintsaufen aller Truppen. Ich frage mich eh, wieso hier nicht zeitgleich diskutiert wird auch bei Alkohol ähnlich vorzugehen. Besoffene Sicherheitskräfte sind ja auch nicht gerade toll. Und Alkohol war in meiner Dienstzeit schon sehr sehr relevant in heftigen Mengen.

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Wäre solche eine Kammergesetzgebung aber auch so weitreichend , dass es komplett 24/7 verboten wäre?

Letztlich kann jeder selbst entscheiden, was er tut. Klar kann jeder saufen und dann Auto fahren, muss dann nur alle Konsequenzen tragen. Klar kann ein Soldat kiffen, nur wenn es Folgen hat, muss er auch die Konsequenzen tragen.

Allerdings sind Alkohol und Cannabis Substanzen, die ich freiwillig und bewusst konsumiere.
Das jetzt mit psychischen Erkrankungen in einen Topf zu werfen, finde ich befremdlich. Da entscheidet man sich ja nicht freiwillig und bewusst dazu, psychisch krank zu werden

Witzig ist, dass im Auslandseinsatz mittlerweile - weil es zuvor gar keine Regelung gab - eine Zwei-Dosen-Grenze gilt, daher: Der Soldat darf im Auslandseinsatz(!), also in einer Situation ständig möglicher Gefahren durch Angriffe, dennoch zwei Dosen pro Tag konsumieren. Vorher gab es keine Regelungen, was wohl öfter zu Problemen geführt hat:

Wie gesagt, wir reden hier über Afghanistan - wenn es wirklich um rationale Grenzziehung ginge, wäre hier eine 0-Promille-Grenze doch wohl wirklich angebracht. Aber bei Alkohol sind wir bereit, ein Restrisiko zu akzeptieren…

Während der Soldat also in Afghanistan noch zwei Bier am Abend zwitschern durfte, darf der Soldat in der sicheren Heimatkaserne nicht mal in seiner Freizeit am Wochenende (in Maßen!) kiffen. Das erscheint mir auch sehr merkwürdig.

Aus meiner aktiven Dienstzeit kann ich auch bestätigen, dass Alkohol ein riesiges Problem war, aber auch Cannabis-Geruch war abends auf den Fluren durchaus keine Seltenheit (und wurde vom Hauptmann, der auch in der Kaserne schlief, ignoriert…).

Ich nehme daher an, dass es ähnlich laufen wird wie in den Niederlanden - auch dort ist den Soldaten Cannabis-Konsum grundsätzlich untersagt, in der Praxis sieht das hingegen anders aus.

Es geht bei dem Vergleich darum aufzuzeigen, dass wir durchaus bereit sind, Restrisiken zu akzeptieren. Es geht nicht darum, Drogenkonsum und psychische Erkrankungen irgendwie gleichzustellen. Wir akzeptieren schlicht, dass es immer Restrisiken gibt und die sich oft nur durch unverhältnismäßige Mittel (z.B. massive psychologische Pflicht-Evaluationen) vermeiden ließen - und das wollen wir, aus gutem Grund, nicht tun.

Grundsätzlich richtig, bestreite ich ja auch nicht. Die Frage ist wieviel Restrisiko sind wir bereit zu akzeptieren?

Alkohol am Steuer straffrei stellen? Weil Alkohol eine gesellschaftlich akzeptable Droge ist und der Straßenverkehr nunmal gefährlich ist?

Oder Beispiel USA : freier Waffenbesitz? Gibt das nun mehr Sicherheit oder erhöht es das Restrisiko von Unfällen und vorsätzlichen Schusswaffengebrauch?

Den Vergleich mit psychischen Erkrankungen finde ich trotzdem unpassend.
Demnach wäre auch die immanente menschliche Dummheit ein zu akzeptierendes Restrisiko, dann könnte man sich jegliche Regeln und Gesetze sparen. :wink:

Aber zum Thema: letzlich bestimmt der Dienstherr. Ähnlich wie eine Bank den Mitarbeitenden vorschreiben kann, was während der Arbeit an Kleidung getragen werden kann.

Exakt, während der Arbeit. Wenn der Arbeitgeber aber plötzlich meint, dem Bankangestellten zu verbieten, abends in Jogginghose einkaufen zu gehen, wird’s problematisch.

Dass sowohl Alkohol- als auch Cannabis-Konsum im Dienst ein absolutes No-Go sind, sollte klar sein. (bei Alkohol ist das leider nicht so klar, wie ich es mir wünschen würde, z.B. habe ich oft genug gesehen, wie in der Mittagspause im Mannschaftsheim ein Bier getrunken wurde, von dienstlichen Feierlichkeiten mal ganz abgesehen). Ebenso sollte klar sein, dass Alkohol- und Cannabis-Konsum, der außerhalb des Dienstes geschieht, keine negativen Auswirkungen auf den Dienst haben dürfen, daher: Beim Dienstantritt muss die Droge so weit aus dem System sein, dass eine normale (vollständige) Arbeitsfähigkeit herrscht.

Der Konflikt ist nun, dass beim Alkohol mehr Erfahrungswerte vorliegen, wann das der Fall ist (wobei ein Soldat mit Fahne am Morgen jetzt auch keine Seltenheit ist und nie war!), bei Cannabis tun wir hingegen so, als sei jeder Konsum vor 2 Tagen noch eine relevante potenzielle Gefahr, denn nur über diese Argumentation lässt sich ein Verbot des Konsums in der Freizeit rechtfertigen Ob das jedoch so ist, hängt davon ab, ob man die - extrem seltenen! - Berichte von „Flashbacks“ für hinreichend gefahrbegründend annimmt oder nicht.

Klar, im Automobilverkehr ist das eine ganz klare Realität. Bei einem IQ unter 70 wird die geistige Fähigkeit, ein Fahrzeug zu führen, grundsätzlich in Frage gestellt. Kurzum: Hier ist uns das Risiko zu hoch, weil die Wahrscheinlichkeit, in komplexen Verkehrssituationen tödliche Fehler zu machen, mit einem IQ unter 70 kaum bestreitbar höher ist. Irgendwo werden also auch hier Grenzen gezogen.

Bei einem IQ von >70 aber <85 hingegen gibt es auch ein erhöhtes Risiko gegenüber „normal intelligenten“ Fahrern - aber das Restrisiko ist uns in diesem Fall zu gering, um den verhältnismäßig starken Freiheitseingriff zu tätigen, jedem, dessen IQ unter der Norm liegt, das Fahren zu verbieten.

Es geht immer um Risikoabwägungen, es geht immer darum, welche Restrisiken welche Freiheitseingriffe rechtfertigen. Und exakt um diese Frage geht es auch beim absoluten Cannabis-Verbot für Soldaten in der Freizeit. Und hier vertrete ich - obwohl ich nie gekifft habe und es auch nie tun werde - recht klar die Auffassung, dass das geringe Restrisiko ein vollständiges Verbot nicht rechtfertigt, daher die gleichen Regelungen wie für Alkohol gelten sollten: Ist der Soldat spürbar eingeschränkt und wird die Droge bei einem darauf folgenden Test festgestellt, sollte es Disziplinarmaßnahmen geben. Sonst nicht.

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Verstanden. Als Konsequenz sinnvoll.

Frage zum Restrisiko: Bedeutet das dann, die persönliche Freiheit so nicht mehr einzuschränken, und auf das Verantwortungsbewusstsein des mündigen Menschen vertrauensvoll zu setzen? Also keine „präventiven“ Verbote (wie in diesem Fall), sondern erst immer mit Konsequenzen zu reagieren, wenn sich die Mündigkeit des Menschen als unzulänglich erwiesen hat und konkret etwas passiert ist (Fehlverhalten, Unfall mit Todesfolge, Verletzte, Rechtsbruch,…)?

So interpretiert ließen sich viele Gesetzbücher und Regelwerke deutlich entschlacken.

Nö, Präventive Verbote sind durchaus in Ordnung, es kommt natürlich immer darauf an, wie hoch man die jeweiligen Risiken einschätzt. Ich plädiere letztlich für einen empirischen Ansatz, der - so weit keine Empirie vorliegt - auf realistischen Einschätzungen beruht. Um ein präventives Verbot zu rechtfertigen, muss man argumentativ ein angemessenes Risiko vertreten können, welches durch das Verbot (wirksam!) reduziert werden kann.

Eine Geschwindigkeitsbeschränkung für Innenstädte auf z.B. 30 km/h lässt sich relativ problemlos empirisch an Hand von Unfallstatistiken begründen, ebenso wie sich ein Verbot harter Drogen noch sinnvoll argumentieren lässt (die Kriminalisierung der Konsumenten ist eine andere Frage!).

Es geht wirklich immer um die Frage:
Wie hoch ist das Risiko realistischerweise? Daher sollte man versuchen, möglichst unbiased an diese Frage heran zu gehen. Ich persönlich lehne Drogen völlig ab (u.a. aus familiären Gründen) und halte Drogen (insbesondere Alkohol!) für extrem gefährlich. Wenn es nach meiner persönlichen Meinung ginge und es realistisch umsetzbar wäre, hätte ich nichts dagegen, Alkohol und jede andere Droge vollständig zu verbieten, weil dafür definitiv genug Empirie vorliegt. Ich weiß aber, dass das nicht realistisch ist und dass damit auch ein immenser Eingriff in die Freiheit der Menschen verbunden wäre. Daher sind die aktuell erlaubten Drogen (also Alkohol) mein Vergleichsfokus und wenn ich keine höhere Gefahr durch Cannabis realistisch argumentieren kann, sehe ich auch keine Möglichkeit, ein strikteres präventives Verbot als bei Alkohol zu vertreten.

Kurzum: Präventive Verbote sind in Ordnung, wenn sie sich logisch schlüssig und idealerweise empirisch nachvollziehbar begründen lassen. Das vollständige Verbot von Cannabis für Soldaten, auch in der Freizeit, erscheint mir aber eher Ausfluss des Konservativismus im Beamtentum zu sein (nach dem Motto: „Der Deutsche Beamte trinkt Alkohol, Kiffen ist was für linke Zecken!“)

Grundsätzlich nachvollziehbar.

Finde in manchen Beispielen die Empirie noch schwierig.
Beispiel Tempolimit in Städten: wenn sich in München nachweisen lässt, das vermehrt Unfälle durch überhöhte Geschwindigkeit passieren, ok, eindeutig.
Wenn sich das jetzt aber für Koblenz oder Rostock nicht nachweisen lässt (ggf aufgrund einer speziellen Verkehrsführung), dann wird das ein ziemlich mühsam zu begründender Flickenteppich.

Bei den Soldaten insofern ggf auch: Dürfen alle „kiffen“ (oder saufen), oder nur der Feldkoch und der Sanitätsdoldat, aber nicht der Wachsoldat oder das Mitglied vom Kommando Spezialkräfte in der Bereitschaft?
Gilt ein „präventives Verbot“ dann 8h vor dem Dienst? Lässt sich das bei unterschiedlichen physischen Konstitutionen (wie bei Alkohol) so pauschal festlegen? Oder ist es egal? Weil Eigenverantwortung?
Stelle mir tatsächlich eine Umsetzung mit weniger generellen Verboten nicht zwingend einfacher vor.

Der Grundgedanke der gleichen Freiheit für alle ist mir schon klar, und stimme ich durchaus zu. Nur lässt sich das so einfach für alle gewährleisten?