Briefwahl Europawahl

Da ich wieder einmal Wahlhelfer bin,habe ich heute per Briefwahl gewählt.
Wie sieht es bei Euch aus ?

Seit Jahren immer Briefwahl und in meinem Umfeld macht es mittlerweile jeder. Ob das jetzt gut oder schlecht ist kann ich nicht beurteilen. Zumindest ist man so weniger anfällig für den last minute Wahlkampf.

Ich habe auch Briefwahl beantragt, da ich am Wahltag im Urlaub sein werde. Ich finde es schade, dass bei der Briefwahl in der Auswertung nicht ersichtlich ist „wohin“ die Stimme gehört. Es ist ansonsten immer recht interessant zu sehen wie die Menschen in einem bestimmten Bezirk wählen.

Ist Briefwahl jetzt hierzulande auch schon ein political issue? Ich dachte einfach das macht man einfach oder nicht, wie es halt passt.

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Ich bin Wahlhelfer in „meinem“ Wahllokal, da wäre mir der Extra-Weg zum Briefkasten also zu lang. :smile:

Ansonsten werden Wahltage hier aber auch immer in zwei Wahlhelfer-Schichten (plus Auszählung für alle) aufgeteilt, da bleibt genug Gelegenheit zum herkömmlichen Wahlgang.

Ich sehe Briefwahl im Grunde eher kritisch. Nicht wegen irgendwelcher rechten Erzählungen von angeblichem Auszählungsbetrug, sondern weil das tendenziell geeignet ist die Geheimheit nicht sicher zu stellen. Weiß jemand, in wievielen Haushalten die Briefwahlunterlagen am Küchentisch ausgefüllt werden? Oder wieviele Seniorenheiminsassen Besuch von netten Menschen von der Jungen Union bekommen, die ihnen beim Ausfüllen „helfen“?

Deswegen gehe ich aus Prinzip nach Möglichkeit immer ins Wahllokal. Auch als ich vor einigen Jahren Wahlhelfer war, hatten wir uns die Schicht eh aufgeteilt, so dass genug Zeit blieb zwischendurch in mein zuständiges Wahllokal zu gehen. Diesmal muss ich an dem Tag arbeiten, hab aber hinterher trotzdem genug Zeit.

Kannst du deine Haltung bitte noch etwas präzisieren? Denn die Briefwahl ist ja auch notwendig, um einem anderen Wahlrechtsgrundsatz – dem der Allgemeinheit der Wahl – Geltung zu verschaffen. Denn tatsächliche Hindernisse (Abwesenheit etc.) können ja auch nicht dazu führen dürfen, dass die Wahl durch manche Menschen nicht ausgeübt werden kann.

Plädierst du also dafür, sich nicht nur aus reiner Bequemlichkeit zur Briefwahl zu entscheiden und bist für stärkere Restriktionen, etwa einen klar festgelegten Katalog aus Gründen, von denen einer vorliegen muss, damit man zur Briefwahl zugelassen wird? Oder bist du generell für eine Abschaffung?

Bei der Briefwahl ist die öffentliche Kontrolle der Stimmabgabe zurückgenommen. Auch ist die Integrität der Wahl nicht gleichermaßen gewährleistet wie bei der Urnenwahl im Wahllokal. Die Zulassung der Briefwahl dient aber dem Ziel, eine möglichst umfassende Wahlbeteiligung zu erreichen und damit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl Rechnung zu tragen. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl stellt - jedenfalls im Zusammenhang mit der Briefwahl - eine zu den Grundsätzen der Freiheit, Geheimheit und Öffentlichkeit der Wahl gegenläufige verfassungsrechtliche Grundentscheidung dar, die grundsätzlich geeignet ist, Einschränkungen anderer Grundentscheidungen der Verfassung zu rechtfertigen. In diesem Zusammenhang ist es zwar in erster Linie Sache des Gesetzgebers, bei der Ausgestaltung des Wahlrechts die kollidierenden Grundentscheidungen einem angemessenen Ausgleich zuzuführen. Dabei muss er jedoch dafür Sorge tragen, dass keiner der Wahlrechtsgrundsätze unverhältnismäßig eingeschränkt wird oder in erheblichem Umfang leer zu laufen droht. Das ist derzeit jedoch offenkundig nicht der Fall. Der Senat hat die Briefwahl daher wiederholt als verfassungsrechtlich gerechtfertigt angesehen.
Durch den Verzicht auf die Angabe und Glaubhaftmachung bestimmter Gründe für die Erteilung eines Wahlscheines wird dies nicht in Frage gestellt. Dieser Verzicht beruht auf nachvollziehbaren Erwägungen und hält sich noch in dem Gestaltungsspielraum, der dem Normgeber von Verfassungs wegen zusteht.
Der Verordnungsgeber hat mit der Änderung des Europawahlrechts - in Übereinstimmung mit dem Gesetzgeber bei der entsprechenden Änderung des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag - auf die zunehmende Mobilität in der heutigen Gesellschaft und eine verstärkte Hinwendung zu individueller Lebensgestaltung reagiert. Dabei hat er sich von dem Ziel leiten lassen, eine möglichst umfassende Wahlbeteiligung zu erreichen.
Die Pflicht zur Glaubhaftmachung von Gründen, die die Teilnahme an der Urnenwahl hinderten, hatte sich nach Einschätzung des Normgebers als praktisch nutzlos erwiesen, da eine auch nur stichprobenartige Prüfung der angegebenen Gründe nicht möglich war. … Der Normgeber hat auch in den Blick genommen, dass eine deutliche Zunahme der Briefwähler mit dem verfassungsrechtlichen Leitbild der Urnenwahl in Konflikt geraten könnte. Dass ein erheblicher Anstieg der Briefwahlbeteiligung durch den Wegfall der Glaubhaftmachung von Antragsgründen jedoch nicht zu befürchten ist, hat der Gesetzgeber für die Bundestagswahl insbesondere mit Erfahrungen bei Landtagswahlen begründet.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2013/bvg13-048.html

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Dieses. Im Grunde mache ich mir die von @Eule zitierte Ansicht des BVerfG zu eigen, dass Briefwahl zwar einerseits in die Integrität der Wahl eingreift, aber es eben auch valide Gründe dafür gibt. Und dass es keinen Sinn macht da irgendwelche Begründungen vorzuschreiben, die dann eh niemand überprüfen kann.

Man muss aber auch sagen, dass das BVerfG in seiner Prognose, „dass ein erheblicher Anstieg der Briefwahlbeteiligung durch den Wegfall der Glaubhaftmachung von Antragsgründen jedoch nicht zu befürchten ist,“ wohl falsch gelegen hat.

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Was ist denn an der Jungen Union zu kritisieren?

Wenn ich an Kuban und co denke dass die gerne medial im Stil der AfD gegen andere Menschen hetzen und aufhetzen.

Es wird hier offenkundig unterstellt, dass Altenpfleger von der JU ihre Position ausnutzen (und andere Parteien das natürlich nicht machen) und über die Briefwahl das Wahlergebnis manipulieren.

Finde ich ohne Belege schon eine steile These.

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Gibt es hier Auswertungen zum Wahlverhalten an Demenz erkrankter Wählern und Briefwahl? Schwer zu machen aber wäre halt eine Möglichkeit diese These zu prüfen.

Ich sehe die Briefwahl insofern problematisch das der unsägliche Wahlkampf so halt viel weiter nach vorne verlegt wird und die Regierungsarbeit noch weiter verkürzt ist. Es geht nocht mehr um 2 Wochen vor der Wahl, um die Leute spontan zu überzeugen, sondern darum bereits Monate vorher ein entsprechendes Bild aufzubauen was am Küchentisch Stand hält.

Auch dann wäre es nicht einfach, es sei denn man wüsste, was diese Menschen hätten wählen wollen. Aus meiner Sicht muss man diese einseitige Unterstellung gar nicht testen, und wenn dann neutral über alle Parteien. Warum ein JUler da eher etwas machen sollte als ein junger Grüner, ist schlicht Ausdruck der persönlichen Präferenzen und Vorurteile.
Also: Ohne Theorie kein Test notwendig.

Was ich mir aber tatsächlich vorstellen kann ist, dass die AfD in der Briefwahl eher gewählt wird als im Wahllokal.
Theorie: Wahl der AfD ist ein sozial unerwünschtes Verhalten. Die Umgebung des Wahllokals fungiert als “wahrgenommene Kontrolle”, während man zu Hause eher freier das denkt und macht, was man wirklich fühlt. Dadurch wählen besonders diejenigen, die AfD aus Protest wählen oder indfiffernt sind, im Wahllokal eher doch die andere Partei (auch wenn die Wahl natürlich trotzdem geheim ist). Wie gesagt, wahrgenommene Kontrolle. Gerne Feedback dazu.

Ohne die junge Union in irgendeiner Art und Weise verteidigen zu wollen, sehe ich die Gefahr der Wahlbeeinflussung zugunsten jeder Partei.
Gerade bei alten/kranken Menschen ist die Beeinflussung durch Kinder, Enkel, Pfleger zu allen Parteien hin gegeben.Der Faktor sollte sich gegenseitig aufheben. Zumal die alte Generation ohnehin zur Stammwählerschaft der CxU gehört.

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Das steht dem oben gemachten Argument „gegen“ Briefwahl komplett entgegen. Du sagst jetzt, dass die Geheime Wahl „gefühlt“ zuhause eher gegeben ist.

Feedback: kann so sein aber auch anders. Ich halte nichts von reinen Spekulationen die im Endeffekt nur Briefwahl verächtlich machen.

Lässt sich ja einfach anhand beliebiger Wahlergebnisse überprüfen, da sind Wahllokale und Briefwahlbezirke einzeln aufgelistet.

Ist jetzt ein Einzelfall.
Aber zufälligerweise betraf es tatsächlich die CSU:

Unser Altenheim ist übrigens ein Wahllokal. Damit steht den Bewohnern die Möglichkeit offen, direkt in einer barrierefreien Wahlkabine ihre Stimme abzugeben.

Wie willst du das denn prüfen? Und dann die Kausalität der Beobachtungen beweisen?