Bedenkliche Bundestagsresolution zum Antisemitismus

Ich habe gerade bei der Zeit diesen Beitrag gesehen und finde die darin beschriebene Tendenz, den Kulturbetrieb zu überwachen und in letzter Konsequenz zu zensieren, mehr als Bedenklich. Vielleicht wäre das mal einen Beitrag eurerseits wert. Auch, weil es sich nahtlos in die Reihe (mindestens) „Diskutable Haltung der Bundesregierung zum Nahostkonflikt“, sowie die jüngsten Ereignisse rund um Stark-Watzinger einreiht.

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Der Artikel legt sehr plausibel dar, wie auch rechtlich nicht bindende Resolutionen sehr wohl und über viele Jahre Einzug in die Politik halten und welche Folgen das schon aktuell sowohl auf die Kultur- als auch die Wissenschaftsszene hat. Zudem legt er dar, dass es viele Punkte der CDU in die Resolution geschafft haben. Das sehe ich sehr wohl als äußerst bedenklich an. Ebenso, wie die Tatsache, das das Verfassungsrechtler kritisch sehen.

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Und wer entscheidet, was antisemitisch ist und was nicht? Wenn es z.B. nach der Meinung einiger hier im Forum geht, ist schon jegliche Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung antisemitisch.

Darf dann also kein deutscher Politikwissenschaftler mehr den völkerrechtswidrigen Siedlungsbau im Westjordanland kritisieren, weil er um künftige Projekte Angst haben muss?

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Das kannst du aber nicht wissen, da es nur eine schwammige Resolution ist und keine Vorschrift oder gar ein Gesetz.

Darin sehe ich auch das größte Problem. Denn niemand wird in die Ablehnung eines Förderantrages reinschreiben: „Abgelehnt, wegen antisemitischer Haltung des Antragsstellers“ oder so, denn es ist ja eben nur eine Resolution. Somit entsteht aber eine gewaltige Rechtsunsicherheit für die Forschenden, denn sie wissen z.B. nicht, ob ihre Unterstützung für den offenen Brief neulich, nicht in Zukunft ihre Forschungsprojekte gefährdet.

Denn man muss wissen, dass das BMBF seine Forschungsgelder nicht direkt selbst vergibt, sondern dafür sogenannte Projektträger einsetzt (Quelle: BMBF), z.B. Projektträger Jülich. Diese Projektträger sind dann die eigentlichen Ansprech-Partner der Forschenden, nehmen deren Berichte entgegen und (wichtig) entscheiden auch über die Vergabe der Forschungsgelder.

Diese Organisationen konkurrieren also in gewissen Hinsicht darum, Forschungstöpfe des BMBF oder z.B. auch des BMWK als Dienstleister verwalten zu können. Und das ist ein Riesengeschäft. Projektträger Jülich bzw. das Mutterunternehmen Forschungszentrum Jülich GmbH hat in 2022 ca. 150 Millionen € mit Projektträger-Schaften erlöst (Quelle).

Wenn der Staat also nun eine schwammige Resolution verabschiedet, kann ich es mir durchaus vorstellen, dass diese Projektträger der Meinung sind, bei der Vergabe stark auf bisherige politische Äußerungen zu schauen, damit ihre staatlichen Auftraggeber sehen, dass sie diese Resolution umsetzen und sie auch in Zukunft staatliche Fördertöpfe verwalten können.

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Hier geht es doch nicht um die Solidaritätsbekundung. Leider gibt es den Referentenentwurf nirgendwo zu lesen, aber so wie die Zeit berichtet, soll eben auch eine „flächendeckenden Überprüfung von Künstlerinnen und Forschenden“ geben. Das sehe ich sehr problematisch, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse im BMBF.

Edit:
Und wieso kommt so eine Resolution erst jetzt und nicht schon z.B. 2019 als es ja einen richtig dramatischen Anschlag auf die Synagoge in Halle gab?

Das sie unten im Zeit-Artikel noch auf den CDU-Entwurf vom April 2024 (Link) eingehen, hatte ich gar nicht mehr gesehen. Danke für den Hinweis.

Folgende Punkte sollen also laut Zeit-Recherche zumindest inhaltlich übernommen worden sein:

  1. alles Notwendige zu veranlassen, dass deutsche Steuergelder in keinem Fall der
    Finanzierung von Terror dienen. Geld kann zukünftig nur erhalten, wer sich zweifelsfrei vom Terror distanziert und die Existenz Israels unmissverständlich anerkennt;

und

  1. bei Bundesfördermittelanträgen (insbesondere auch im Kontext des geplanten Demokratiefördergesetzes) von zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzuholen, das auch das Existenzrecht Israels und die Ablehnung von Antisemitismus gemäß der vom Bundestag beschlossenen erweiterten IHRA-Antisemitismusdefinition umfasst;

Ich denke der Satz:

„Geld kann zukünftig nur erhalten, wer sich zweifelsfrei vom Terror distanziert“

ist hier das Problematische. Wer garantiert z.B. den Unterzeichnern des offenen Briefes gegen die HU-Räumung, das ihre Unterstützung für dieses Anliegen nicht später einmal gegen sie aufgefasst wird? Ich finde diese weit gefasste, schwammige Aussage höchst problematisch, das öffnet Tür und Tor für staatliche Willkür und zwar auch schon bei einer Resolution ohne Gesetzeswirkung. Warum das so ist, habe ich oben erklärt.

Die CDU-Resolution ist übrigens in kleinerem Umfang bereits nach dem documenta-Skandal 2022 entstanden:

Damals ging es noch primär gegen die antiisraelische Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) - Bewegung, siehe hier:

dass keine weiteren Projekte durch den Bund gefördert werden, die die BDS-Bewegung unterstützen, zum Boykott Israels aufrufen oder Antisemitismus verbreiten.

Interessanterweise ist die BDS-Bewegung inzwischen aus dem Fokus gerügt, auch wenn sie von der aktuellen Resolution natürlich auch betroffen wäre.

Kann es sein, dass man in Deutschland lieber nur noch den reinen Antisemitismus (zu recht) als Feindbild hervorheben möchte aber z.B. das Bekämpfen von Israel-kritischen Gruppen lieber unerwähnt lässt?

Schließlich hat Israel in dem aktuellen Gaza-Krieg auch viel internationale Kritik auf sich gezogen und man möchte vielleicht nicht den Eindruck erwecken, dass man Israel-Kritiker mundtot machen möchte. Wäre das möglich?

Dass es ein „Bekämpfen von Israel-kritischen Gruppen“ gibt, also eine staatliche Bekämpfung von Gruppen, nur weil sie „Israelkritik“ üben und eben nicht weil sie antisemitisch argumentieren oder agieren, ist ja trotz zigfacher Wiederholung erst mal nichts weiter als eine unbelegte Behauptung. Die zitierte (rhetorische?) Frage fusst, so scheint mir, auch ausschließlich auf dieser Behauptung.

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Bei nd ist auch nochmal ein Artikel zu dem Resolutionsentwurf erschienen:

Besonders bedenklich finde ich die abschließende Einschätzung zu den Parallelen zur BDS-Resolution von 2019:

Schon damals war die Kritik groß, auch aus Rechtssicht. Denn wer als BDS-nah gilt, ist völlig unklar. Angewendet wird die BDS-Resolution aber trotzdem: Künstlern werden auf Grundlage der Resolution Veranstaltungen oder Förderungen verwehrt und Gerichte zitieren sie in ihren Urteilen.

Mehrere Gerichte und auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages haben mehrfach festgestellt, dass die BDS-Resolution des Bundestages von 2019 eine politische Willensbekundung ist und keine rechtlich bindende Regelung. Genau so wird es auch bei dieser Resolution sein. Und warum soll ein Gericht keine politischen Einschätzungen Dritter zitieren? Das heißt ja noch lange nicht, dass es die zitierten Sichtweisen übernimmt und erst recht nicht, dass es diese zur Rechtsnorm erhebt.
Insofern gibt es auch gar keine Notwendigkeit für die geplante Resolution, rechtssicher festzustellen, wer „als BDS-nah gilt“, wie die Autorin des ND es formuliert. Wobei sich diese Frage ja bei Personen, die etwa BDS-Aufrufe unterzeichnet haben oder in BDS-Zusammenhängen politisch aktiv sind relativ unzweifelhaft beantworten lässt.

Ich finde es sehr interessant wie du im einen Thread behauptest Kritik an Israel könne man in Deutschland problemlos üben, solange sie nicht ganz eindeutig antisemtisch sei, während du hier eine Resolution verteidigst, die höchstwahrscheinlich die Meinungs-, Wissenschafts- und Kunstfreiheit im Bezug auf Israel einschränken würde.

Es ist immer noch kein Gesetz, egal wie oft es hier behauptet wird und schränkt rein gar nichts ein. Dass Wissenschaft und Kunst keine allumfassende Freiheit haben zu sagen und zu tun was sie wollen ist auch korrekt und richtig. Es ist trotzdem keine Verpflichtung irgendwas zu beschränken, es wird auch durch Wiederholung nicht wahrer.

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Falsch, das ist nicht, was ich „behaupte“, sondern was ein anderer User mir unterstellt, was ich angeblich gesagt haben soll und was ich auch richtiggestellt habe. Ich würde doch darum bitten, sich bei Kritik an meinen Äußerungen auf das zu beziehen, was ich auch tatsächlich gesagt habe.

Diese Einschätzung teile ich nicht und verstehe auch nach wie vor nicht, wie ein Dokument, das keinerlei rechtliche Wirkung hat, ein Grundrecht einschränken soll.

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Die Zeit ist mittlerweile nicht mehr die einzige, die darüber berichtet und es problematisch sieht:

Man kann also doch Probleme dafür bekommen, wenn man Krick (Kritik ? Anm. Mod.) an Israel übt, auch wenn diese nicht eindeutig antisemitisch ist?

Weil man schon bei der BDS Resolution sich bis vors Bundesverfassungsgericht klagen musste um diese Grundrechte zu behalten zum Beispiel? Ein Raum für den freien Diskurs – Verfassungsblog

Wenn du wirklich wissen willst, wie ich das sehe, lies doch bitte einfach nach, was ich tatsächlich geschrieben habe, anstatt hier rumzuspekulieren.

Gegen die Resolution musste bestimmt niemand klagen, weil diese keine rechtliche Wirkung hat.

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Beantworte doch einfach diese einfache Frage, damit sich andere User:innen nicht deinen gesamten Output durchlesen müssen: kann man für faktisch richtig Kritik an Israel, bei der es keine eindeutigen Hinweise auf Antisemitismus gibt Probleme bekommen oder nicht?

Okay du möchtest also weiterhin über Semantik diskutiert, statt über die Sache. Dann nochmal genauer: die BDS Resolution wird genutzt als Begründung zur Einschränkung der freien Meinungsäußerung. Dagegen muss man dann erstmal klagen.

Auch hier bitte freundlich bleiben.

Wie kommt es, dass dich so viele User immer wieder (aus deiner Sicht) falsch verstehen? Kann es vielleicht sein, dass deine sehr verbissene Art zu diskutieren, sich auf Semantik statt die Sache zu konzentrieren und anderen oft die schlechteste Intention zu unterstellen, als grundsätzliche Anti-Position verstanden wird?

Vielleicht wird deine Position in Zukunft klarer wenn dein Diskussionsstil etwas konstruktiver würde?

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Ich finde nicht dass @Flixbus hier anders diskutiert als die Anti Israel und Pro Palästina Fraktion. Diese Seite hat hier in einem ehr linken Forum nur die Überzahl, daher kommt gut fie Gegenrede eben als sachlich falsch vor, was die aber nicht ist.

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Nein, absolut nicht. Zumindest nicht von offizieller Seite. Wenn Unternehmen antisemitische Tendenzen ablehnen ist es eine private Entscheidung.

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