Bald noch weniger Bahnverbindungen?

Ich habe gerade diesen Artikel gefunden und bekomme das nicht mit Wissings Aussage zusammen, dass er kürzlich bei Maischberger meinte, die Bahn bräuchte nicht mehr Geld, sondern käme mit dem aus, was sie zur Verfügung hat.

Leider ist der Artikel hinter einer Paywall. Wenn das so käme, dann werden wirklich immer mehr Menschen abgehängt und laufen in die Arme der AfD. Wie kann sowas angehen, wenn doch klar ist, dass die Bahn besser werden muss? Selbst die Kritik der internationalen EM Fans an der Bahn ist vernichtend.

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Zur Vollständigkeit halber hier ein Blick hinter die Paywall.

Persönliche Meinung

Gerade im Hinblick auf Diskussionen wie diese: Ja, wie kann das denn sein, das so viele Menschen das System brennen sehen wollen?! Läuft doch alles so toll in unserem Land! /s

Der Artikel ist mal wieder ein Beispiel für schlechten Journalismus. Da bleiben viele wichtige Punkte vage/ ungeklärt:

  • Wer finanziert heute die Infrastruktur?
  • Wer legt die Trassenpreise fest? Netzagentur?
  • Welche Vorgaben macht der Bund als Eigner der DB an die Wirtschaftlichkeit (Gesamtunternehmen/ einzelne Strecken)?
  • Welche Vorgaben gibt es im Hinblick auf die Daseinsvorsorge?

So wie ich den Artikel verstehe, erhöht der Staat die Kosten der Bahn und zwingt sie zur Aufgabe unrentabler Strecken.

Ohne die Zusammenhänge zu verstehen, kann ich mir aber gar kein differenziertes Gesamtbild machen.

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https://www.n-tv.de/wirtschaft/Bahn-will-offenbar-Fernzuege-streichen-article25043385.html

Offenbar ist es mal wieder so, dass die Politik die Auswirkungen der eigenen Entscheidungen nicht durchschaut hat. Nach meiner Lesart primär ein Fehler der FDP-geführten Finanz- und Verkehrsministerien.

Kann jemand den im Artikel genannten Zusammenhang erklären?

Grund für die Streichung ist die Eigenkapitalerhöhung bei der Bahn, die die Infrastruktursparte zwingt, die Schienenmaut stark anzuheben.

Offenbar ist es mal wieder so, dass die Politik die Auswirkungen der eigenen Entscheidungen nicht durchschaut hat. Nach meiner Lesart primär ein Fehler der FDP-geführten Finanz- und Verkehrsministerien.

Ich habe mir dieses Zitat jetzt so oft durchgelesen und verstehe ihn immer noch nicht.
Kann mir als BWL-Laie jemand mit Ahnung erklären, wieso es da einen Zusammenhang gibt?
Wieso führt, der Bahn mehr Geld zur Verfügung zu stellen dazu, dass die Infrastruktursparte mehr Geld erwirtschaften muss? Und warum sollte man das dann überhaupt tun?

Hintergrund ist offenbar, dass im Eisenbahnregulierungsgesetz ein Passus steht, dass bei steigendem Eigenkapital auch die Renditeanforderungen des Bundes an die Bahn steigen. Diese orientieren sich dabei an anderen (weltweiten) Infrastrukturbetrieben. Wenn die Rendite steigen muss, kann man halt nur an der Kosten- oder Einnahmenschraube drehen.

Ist also m. E. kein „Naturgesetz“. Hier hat die Regierung schlicht und einfach die „eigenen“ Gesetze (stammt aus 2016) nicht mehr verstanden/ überblickt. Das Beispiel verdeutlicht einmal mehr, dass immer komplexere Gesetze und Anforderungen niemanden helfen. Nicht einmal die Regierung selbst, scheint noch einen Überblick zu haben.

Disclaimer: Ich hab mich mit Eisenbahnrecht bislang noch nie beschäftigt.

Aber ein Blick ins Gesetz zeigt, dass in § 1 Abs. 9 Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG) steht:

Angemessener Gewinn ist eine Eigenkapitalrendite, die dem Risiko des Betreibers einer Serviceeinrichtung, auch hinsichtlich der Einnahmen, oder dem Fehlen eines solchen Risikos Rechnung trägt und von der durchschnittlichen Rendite in dem betreffenden Sektor in den Vorjahren nicht wesentlich abweicht.

Das Finance Wiki (mir zuvor unbekannt, sieht aus, als würde das von einem finanzwissenschaftlichen Institut der Uni Zürich betrieben) sagt, dass „Eigenkapitalrendite“ - vielen vermutlich besser bekannt als return on investment - der Quotient von Reingewinn und Eigenkapital ist (RG/EK = EKR). Steigt das Eigenkapital, sinkt also bei gleichbleibendem Reingewinn die Eigenkapitalrendite. Wenn für die Beurteilung der Angemessenheit des Gewinns also die in § 1 Abs. 9 ERegG vorgegebene, vergleichende Betrachtung innerhalb des Sektors vorgenommen wird, muss der Gewinn - all else equal - erhöht werden, wenn sich das Eigenkapital erhöht, um „angemessen“ zu sein.

Wo aber spielt der angemessene Gewinn eine Rolle im ERegG?
§ 8d Abs. 6:

Die dem Betreiber von Eisenbahnanlagen von anderen rechtlichen Einheiten eines vertikal integrierten Unternehmens angebotenen Dienstleistungen werden auf der Grundlage von Verträgen erbracht und
1.entweder nach Marktpreisen oder
2.nach Preisen, die die Produktionskosten widerspiegeln, zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne
bezahlt.

Dort geht es aber wohl um Dienstleistungen, die ein Betreiber von Eisenbahnanlagen (zB und ganz überwiegend wohl der Infrastruktur-Teil der DB) in Anspruch nimmt. Wir suchen aber danach, warum sich die Preise für die Inanspruchnahme der Schiennennutzung - also einer vom Infrastruktur-Teil der DB oder anderen Unternehmen angebotenen Dienstleistung - erhöhen. Da wäre etwa § 32 ERegG einschlägig, dessen Abs. 1 sagt:

Die Entgelte für den Schienenzugang innerhalb von Serviceeinrichtungen nach Anlage 2 Nummer 2 und für die Erbringung von Leistungen in diesen Einrichtungen dürfen die Kosten für deren Erbringung, zuzüglich eines angemessenen Gewinns, nicht übersteigen.

Das betrifft aber nur „Serviceeinrichtungen“, zB Bahnhöfe, Abstellgleise, Terminals, Ladeeinrichtungen usw usf. Das Entgelt für die Nutzung dieser Einrichtungen wird durch den angemessenen Gewinn also begrenzt. Diese Ausführungen betreffen nicht die Entgelte für die Trassen selbst, auch wenn ich mir gut vorstellen könnte, dass die Preise für die Serviceeinrichtungen erheblich sind. Was für die Trassen gilt, weiß ich nicht.

Warum die Bahn aber gezwungen sein sollte, dann auch erhöhte Preise zu verlangen, ergibt sich aus dem Gesetz nicht. Ich denke mal, das wäre (mal wieder) der Organisation als Aktiengesellschaft zu verdanken.

Edit: Ergänzung - die DB Fernverkehr muss dann also höhere Entgelte an die DB InfraGO (ehemals DB Netz) zahlen. Das ist normalerweise linke Tasche, rechte Tasche. Aber weil wir für mehr Wettbewerb in diesen ehemals durch staatl. Monopole geprägten Märkten so tun, als sei das nicht so, kommt dann so etwas zustande. Insgesamt ist es mir nach Lektüre des Artikels aber auch nicht zu 100% klar.

Na ja, sollte das stimmen, was ich mir gerade in 20 Minuten mithilfe von Google und einem juristischen Staatsexamen zusammengesponnen habe, liegt es mE nicht an der Komplexität des Regelungswerks. Dann hat einfach jemand seinen Job nicht gut gemacht (jedenfalls, wenn der Wegfall dieser Verbindungen bzw. ähnliche Erscheinungen nicht gewünschte Effekte der Eigenkapitalerhöhung sind).

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