Babyboomer und Rente

Ich kann mich meinen VorrednerInnen nur anschließen. Mich hat euer ziemlich hemdsärmeliges Pauschalurteil über Babyboomer auch verärgert. Eigentlich erlebe ich euch differenzierter und fairer.
Ich bin Jahrgang 1964. Wir waren der Schülerberg (mit entsprechendem Lehrermangel und Riesenklassen), der Studentenberg (mit übervollen Hörsälen und Numerus clausus auf sehr vielen Fächern) und sind in einer Zeit mit sehr hoher Arbeitslosigkeit ins Berufsleben gestartet. Ich kenne fast niemanden aus meinem Jahrgang, der oder die nicht mindestens einmal länger arbeitslos war oder sich mit irgendwelchen schlecht bezahlten Jobs über Wasser halten musste, und das waren keinesfalls nur die berühmten Taxi fahrenden Philosophiestudierenden, sondern auch angehende LehrerInnen und IngenieurInnen. Mit guten Abschlüssen, wohl gemerkt. Als ich zum ersten Mal wählen durfte, habe ich wie viele meiner MitschülerInnen und KommilitonInnen die gerade angetretenen Grünen gewählt und keinesfalls die „Die-Rente-ist-sicher“-Blüm-Partei. Als wir BoomerInnen dann Kinder bekamen, gab es noch keine KiTas für unter 3-Jährige und praktisch keine Ganztagsschulen. Es war außerordentlich schwierig, Familie und Berufstätigkeit zu vereinbaren. Frauen, die mehr als ein bis maximal zwei Kinder in die Welt gesetzt hatten, mussten erhebliche Nachteile - ja, auch bei der Rente - in Kauf nehmen. Interessanterweise bekommen wir trotzdem weniger Rentenpunkte für die Erziehungszeiten als die Mütter heute.
Bitte noch mal gründlich nachdenken, bevor ihr uns in Bausch und Bogen vorwerft, an der derzeitigen Rentenmisere schuld zu sein.

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Wie ich oben schon schrieb - es ist kein persönlicher Vorwurf, sondern einfach Fakt, dass die Generation der Boomer die Weichen insgesamt nicht richtig gestellt hat, sodass wir nun auf eine gigantische Finanzierungslücke in der Rentenkasse zulaufen. Dass dich persönlich keine Schuld treffen mag glaube ich gerne, darum ging es uns aber auch nicht.

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Hm, geht so. Deshalb geht aber vielleicht die Migrations-Krankenschwester aus der Ukraine lieber nach Schweden als nach Deutschland, weil die dort einfach besser zahlen (können).

Ich stimme im Prinzip zu, aber es gibt eine Leistung, bei der man sozusagen „vorarbeiten“ kann: wohnen

Würde die oben erwähnte Häuserzeile nämlich den deutschen Rentnern gehören, müsste die arbeitende Generation jetzt nicht die Mieten für diese Häuser, also die Renditen/Renten der Schweden, erwirtschafen. Und könnte von den gesparten Rentenbeiträgen … ein eigenes Haus bauen.
Wenn man in der eigenen Immobilie wohnt, kommt man natürlich auch mit einer viel schmaleren Rente hin.

Und warum leiden Rentner eigentlich unter den hohen Gaspreisen? Achja, verschleppte Energiewende.
Dazu kommt die gesamte Infrastruktur. Hier hat die Boomer-Generation es versäumt, sich selbst eine funktionierende Infrastruktur für ihren Ruhestand hinzustellen.

Mir ist durchaus bewusst, dass der Tipp „Ihr hättet mehr Immobilien kaufen sollen“ für viele Boomer wie blanker Hohn klingt. (Vor allem, da die Eigentumsquote bei dieser Generation wohl noch am höchsten ist.)
Hier kommt wieder Ulfs Argument ins Spiel: Die Generation hat es eben versäumt, dafür zu sorgen, dass sich ausreichend viele Menschen eine Immobilie leisten können, dass Energie jetzt billig ist, etc.

Und weil es so schön ist wiederholst du es nochmal?
Ich finde die ganze Folge gehört „zurückgespult“.
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Mannesmann hat mal gesagt „Kosten haben 2 Beine“. Und genau so ist das heute rübergekommen.

Wie Ulf schon sagte, die Boomer haben es einfach versäumt die Weichen in die richtige Richtung zu stellen. Das ist kein Urteil über eine individuelle Lebensleistung.

Wenn ich aber in diesem Thread lese, das man unter großen Klassen und zu wenigen Lehrern gelitten hat und das die Hörsäle damals voll waren, dann frage ich mich was man als Gesellschaft getan hat um dies für zukünftige Generationen mal besser zu machen und da muss man leider feststellen, da ist anscheinend nichts oder nicht das richtige passiert, die Klassen sind nämlich immer noch zu groß und die Hörsäle immer noch zu voll.

Genauso sieht es bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus. Sicherlich hat sich da etwas getan, aber Frauen haben immer noch ein Problem sobald das erste Kind da ist.

Man kann in einer Generation sicherlich nicht alles besser machen, absolut geschenkt, aber viele haben einfach den Eindruck, dass die Startbedingungen, die die Boomer damals bekommen haben besser waren, als was man selbst so vorfindet.

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Ich „wiederhole“ es, weil es der Punkt war: Es geht nicht darum, der alleinerziehenden Mutter, die für 5€ pro Stunde arbeiten ging, und jetzt keine Immobilie hat, die Schuld zu gehen.
Es geht darum, dass es politisch zugelassen wurde, dass Alleinerziehende schlecht dran waren (und sind), dass der Mindestlohn so niedrig war (und ist), etc. pp.

Mehr Beispiele kannst du im Parallelthread nachlesen. (Hier müssen vielleicht mal Threads zusammenlegen?)

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Zuwanderung ist für das deutsche Rentensystem hilfreich, solange es etwa die hier rückläufige Geburtenrate ausgleicht. Man muss immer bedenken, dass sowas nur solange funktionieren kann, wie in einer anderen Region die Geburtenrate entsprechend hoch ist und das Abwandern der Arbeitskräfte dort nicht zu viele Nachteile hat.

Sobald wir die arbeitende Bevölkerung durch eine Kombination aus Zuwanderung und Geburten so stark erhöhen, dass die Bevölkerung signifikant wächst, haben wir zwar das Verhältnis von arbeitender zu verrenteter Bevölkerung erhöht. Wir haben aber auch ein Schneeballsystem erschaffen, das auf Dauer nicht nachhaltig sein kann.

Meinst du damit die hohe Arbeitslosigkeit von der schon gesprochen wurde? Oder dass es nicht ungewöhnlich war die Unterhosen des großen Bruders aufzutragen?
Der Eindruck ist tatsächlich nicht richtig. Vieles war auf einem Niveau das sich heute kaum einer mehr vorstellen kann. Da wurde im Winter nur ein Zimmer geheizt. Und statt statt Dieselprämie hat der Staat Sonntagsfahrverbot erlassen.
Edit: Entschärfung

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Beispielsweise die sogenannte „Rente mit 63“ gibt es nach der im § 236b Abs. 2 SGB VI dargestellten Altersgrenzen schon seit 2016 nicht mehr. In diesem Jahr kann man ohne Abschläge frühestens mit 64 Jahren in Rente gehen. Für Geburtsjahrgänge ab 1964 erst mit 65 Jahren. Für schwerbehinderte Menschen gelten andere, sprich frühere, Altersgrenzen.

Für Kindererziehungszeiten („Mütterrenten“) werden seit 1999 Beiträge vom Bund entrichtet. Für die Zeit vor 1999 werden Kindererziehungszeiten durch die Bundeszuschüsse abgedeckt. Die DRV wird durch den Gesetzgeber seit jeher als sozialpolitisches Instrument benutzt (bspw. Renten für Spätaussiedler nach dem FRG, Anrechnungszeiten für beitragsfreie Zeiten, Grundrente etc.). Hierfür werden die Bundeszuschüsse geleistet. Es lässt sich darüber streiten, ob die Bundeszuschüsse überhaupt ausreichen, um sämtliche versicherungsfremden Leistungen zu refinanzieren (die DRV geht nicht davon aus). Aus welchem Grund die Versichertengemeinschaft durch höhere Beiträge oder geringe Leistungen gesamtgesellschaftliche Aufgaben finanzieren soll, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Auch richtet sich die Rentenerhöhung (bzw. die Anpassung des aktuellen Rentenwertes) nicht ausschließlich nach der Entwicklung der versicherungspflichtigen Arbeitsentgelte. Durch die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktor (s. § 68 Abs. 4 SGB VI) sollen Rentnerinnen und Rentner an der ungünstigen demographischen Entwicklung beteiligt werden. Zugegebenermaßen ist diese Anpassungsautomatik durch die aus parteipolitischem Kalkül eingeführte doppelte Haltelinie (Beitragsatz + Rentenniveau) eingeschränkt.

Der Beitrag lässt dabei auch komplett außer Acht, dass zwar die Lebenserwartung aufgrund besserer Lebenserwartung und medizinischer Versorgung steigt, jedoch der Zeitpunkt der altersbedingten Morbität des Erwerbspersonenpotentials geringer ansteigt oder sogar relativ konstant bleibt. Ein endloses Hinausschieben der Ruhestandes ist vor dem Hintergrund, gerade für ehemalige „Arbeiter“, komplett illusorisch und würde schlichtweg zu einer Verlagerung in Richtung EM-Renten führen. Es erschließt sich mir auch nicht, warum die Verknüpfung eines früheren Rentenbezuges mit einer erfolgreich abgeleisteten Lebensarbeitszeit falsch sein sollte. Gerade Arbeitnehmer mit einem Ausbildungsberuf fangen nunmal früh an zu arbeiten und sollten daher auch früher (im Hinblick auf das Lebensalter) in Renten gehen können. Dies erscheint mir vorallem geboten, weil Personen mit geringem Einkommen früher sterben und sonst durch eine geringere Rentenbezugsdauer benachteiligt wären.

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Ich bin auch ein 64er. DeFu hat das Problem in unserer Jugendzeit ganz gut beschrieben. Andererseits sehe ich schon auch, dass wir auf ein ordentliches Problem stärker und stärker treffen und seit den 90ern viel über eine notwendige Rentenreform diskutiert wurde ohne brauchbare Lösungen. Wir werden uns halt bescheiden müssen, ob uns das schmeckt oder nicht. Wir leben hier in Deutschland einen extrem hohen Luxus. Der ist unnormal höher als im Durchschnitt der Menschen auf der Welt. Die kommenden Krisen werden uns bestimmt nicht mehr ermöglichen sowohl privat als auch gesellschaftlich noch große Reserven aufzubauen. Wir Boomer können uns noch an bescheidenere Tage erinnern. Ob zu Hause beim Malzkaffee oder während der Wehrpflicht mit 100 Mark im Monat. Es waren nicht unbedingt die unglücklichsten Momente im Leben. Wir sollten uns diese Bescheidenheit wieder zu eigen machen und zwar in gegenseitiger Achtung und Solidarität. Das muss sich nicht doof anfühlen, wenn wir das als Gesellschaft auch als Chance für einen gesellschaftlichen Frieden zwischen den Generationen verstehen.
Das wir während der Rente noch dazu verdienen können ist doch schon eine tolle Sache. Das passt vielleicht nicht zu jedem, aber es hilft das Problem zu lindern.

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Bitte dreh die Polemik ein bisschen zurück. Von Stammgästen erwarten wir einfach ein anderes Diskussionsniveau (von den Breitseiten gegen die Lage ganz zu schweigen).

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Danke für den Hinweis, in einer solchen Schärfe ist ein Beitrag es nicht hilfreich und schon gar nicht konstruktiv.
Um das nachzuholen: man könnte auch Erbschaft und Vermögenssteuern erhöhen bzw wieder einführen.

Im Gegenteil, kann mir vorstellen viele sehen das ähnlich.

Also das Gegenteil von Bescheidenheit und Solidarität ist aber der Standpunkt: nach mir die Sintflut.

Sch… auf Klimaschutz
Sch… auf Ressourcenknappheit

Hauptsache mir geht’s gut biss ich in’s Gras beiße.

Weiß nicht ob man mit so einem Standpunkt viel Sympathie bei denen findet, die das dann ausbaden müssen.

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So richtig die Aussage „die Generation xyz hat es nicht geschafft, Lösungen zu finden“ auch ist, so wenig trägt es dazu bei, Lösungen zu finden.

Ich gehe inzwischen auch seit 20 Jahren wählen und trotzdem fahren wir Energiewende, Rente, Zuwanderung, Bildung, Klimaschutz, Katastrophenschutz, Tierschutz, Verteidigung, Infrastruktur und Digitalisierung gegen die Wand. Und so recht weiß ich nicht, was ich dagegen tun kann.

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Ich habe mir gerade alle Beiträge in diesem Thread durchgelesen und möchte dazu feststellen, dass sich hier viel zu viele Hörer:innen der Lage persönlich angegriffen oder in ihrem Leben schlecht behandelt fühlen. Betrachtet doch bestimmte Situationen mal mit einem gewissen emotionalen Abstand.
Jeder Mensch erlebt in seinem Leben Gutes und Schlechtes, wird manchmal privilegiert, wenn er Glück hat, und manchmal benachteiligt.
Ulf und Philip haben niemanden persönlich angegriffen. Die einzige Frage, die ich stellen würde und hier auch schon gelesen habe, ist, ob wirklich sicher ist, dass Lohnerhöhungen bisher über der Inflation lagen. Ich dachte eigentlich, dass sei bisher selten der Fall gewesen.
Was ich zu dieser Diskussion beitragen möchte, ist der Blick auf die junge Generation, wenn ich das mal so pauschalisieren darf. Ich selbst bin Jahrgang 70, gerade so nicht mehr Babyboomer. Aber ehrlich gesagt, sehe ich viele Bekannte und Verwandte auch schon aus der Generation vor den Babyboomern, die ewig lang in Rente sind, große Reisen machen, ihr Leben genießen. Ich wünsche und gönne ihnen das einerseits. Andererseits dürfen wir alle nicht vergessen, was wir den jungen Generationen zumuten.
Während der Pandamie waren sie es, die nicht zur Schule oder Uni durften, um ältere Menschen zu schützen.
Während der Klimakatastrophe sind sie es, die sehenden Auges in eine ziemlich düstere Zukunft laufen müssen, weil die älteren Generationen an den Schalthebeln der Macht (in Unternehmen, in Regierungen, in Institutionen) sitzen und zusätzlich die Wahlmehrheit haben und ihre Entscheidungen oft nach Profit und eigenem Vorteil ausrichten, ohne Rücksicht auf die junge Generation.
Ich finde das persönlich sehr schlimm und fühle mich mitschuldig.
Der Konflikt zwischen Jung und Alt entsteht nicht allein durch die Rente. In Wirklichkeit verbauen wir den jungen Leuten auf vielfältige Weise ihre Zukunft. Der aus meiner Sicht zynische Kommentar zu Aktivisti etc. ist dann oft: Geht doch in Parteien, engagiert euch, studiert das Richtige… Das ist sehr, sehr unfair, da es dafür zu spät ist. Es dauert zu lange.
Also an alle in diesem Thread, die sich als Boomer angegriffen fühlen oder benachteiligt fühlen: Vergesst den großen Schaden nicht, den wir Älteren angerichtet haben. Vergesst nicht, dass die Jungen noch mit dramatischen Problemen und Krisen fertig werden müssen.
Solidarität geht in beide Richtungen. Auch die ältere Generation darf die junge Generation nicht vergessen.
Wenn jemand ganz persönlich als Alleinerziehende/r oder finanziell Benachteiligte/r in einer schwierigen sozialen Situation ist, habe ich für Frust und Ärger vollstes Verständnis. Aber eure „Gegner“ sind weder die Lage d.N. noch die jungen Menschen. Das Problem ist die Schere zwischen arm und reich. Die großen Vermögensunterschiede. Die schlechte Unterstützung der Familien. Der Mangel an Kitaplätzen. Die ungleichen Bildungschancen … und…und… und.

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Und by the way:
Persönlich fände ich ein soziales Pflichtjahr für Rentner:innen im Falle von guter Gesundheit besser oder zumindest genauso wichtig wie für junge Menschen.

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Möglicherweise war das missverständlich.
Das Gegenteil hat sich auf „kann“ bezogen und meint „volle Zustimmung“

Bitte nicht dieses Thema. Das Pflichtjahr darf nicht kommen. Es fördert erneut nur wieder Lohndumping anstatt die Stellen anständig bezahlt fest zu besetzen. Ich bin heute noch mehr als sauer, dass ich noch 9 Monate für unter 1€ die Stunde zum Bund musste. Das einzige was mir diese Zeit gebracht hat war, dass die Bundeswehr latenten Rassismus mindestens toleriert und man nicht auf Grund von Leistung befördert wird.

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Gut, aber dann auch nicht für junge Menschen.
Ich finde es fatal, wie diese oft generalisiert verunglimpft und bei Klimaaktivismus sogar kriminalisiert werden.

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