Aufarbeitung Corona Pandemie

Was meinst du denn genau?

Einige Beispiele, wie das Verbot sich auf eine Parkbank zu setzen, waren ja schon zum Zeitpunkt damals wissenschaftlich gesehen unsinnig.

Wir haben umgekehrt auch weiter Dinge ermöglicht, die angesichts einer leicht übertragbaren Krankheit völlig irre waren. Warum z.B. bis zum Vorhandensein eines Impfstoffes Massentourismus möglich blieb, ist mir immer noch ein Rätsel. (Also klar, weil „die Wirtschaft“, aber es bleibt halt sachlich Irrsinn.) Das „Aufarbeitung“ im Grunde als Kürzel für „Feststellung, dass alles übertrieben war“ zu stehen scheint spricht jedenfalls aus meiner Sicht dafür, dass ein solches Bestreben für die Zukunft mehr Schaden anrichten kann als es nutzen würde.

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Ich würde mir ehrlich gesagt über eine Aufarbeitung der Berichterstattung in der Lage wünschen. Ich weiß - oft fordern das corona leugner oder so, aber ganz ehrlich es lief wirklich nicht alles optimal - auch in der in der berichterstattung.
Einfach nochmal zurück schauen, was haben wir sazu gelernt, was würden wir anders machen.
Ich habe rückblickend bei mir, und auch bei der Lage, das Gefühl, dass wir manchmal übergeschossen haben. Oft die schäden von lockdowns und isoloierung unterschätzt haben, viel auf virologen und wenig auf andere wissenschaftler gehört haben, kann das aber noch nicht ganz einordnen und würde mich da über einen rückblick freuen.

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Eine Aufarbeitung durch die Medien setzt eine Aufarbeitung durch den Staat ein Stück weit voraus. Und letztlich muss man auch in den Medien die Befürchtung haben, dass man damit die falschen Parteien stärken könnte, wenn man das Thema gerade jetzt auf den Schild hebt.

Ich hätte Interesse an einer Aufarbeitung frei von Schuldvorwürfen und politischen Grabenkämpfen, schlicht, um auf die nächste Pandemie besser vorbereitet zu sein. Aber das ist zu Wahlkampf-Zeiten nicht denkbar, und leider befinden wir uns fast schon im Wahlkampf für die Bundestagswahl nächstes Jahr. Entsprechend denke ich nicht, dass es innerhalb des nächsten Jahres große Fortschritte in der Aufarbeitung geben wird.

Es ist glaube ich normal, dass die „unbekannten Gefahren“ („Neues Virus“) schwerer bewertet werden als die bekannten Gefahren (soziale, wirtschaftliche und psychologische Folgen), gerade wenn die unbekannte Gefahr das Potenzial hat, einen signifikanten Teil der Bevölkerung auszulöschen (wie die Pest oder die spanische Grippe). Es ist daher normal, dass eher in diese Richtung überschossen wird und das wird glaube ich auch - außerhalb von Corona-Leugnern - kaum zum Vorwurf gemacht.

Was aktuell zum Vorwurf gemacht wird, ist ja, dass gerade die Experten im Robert Koch-Institut in einigen Aspekten eine „Teilentwarnung“ gegeben haben, es aber so scheint, dass die Regierung diese nicht wirklich ernst genommen hat und in diesen Aspekten weiterhin auf Maßnahmen beharrt hat, die laut dieser Experten nicht zweckdienlich sind. Der Kritikpunkt ist daher weniger, dass „mehr auf Virologen als auf andere Wissenschaftler“ gehört wurde (das wäre innerhalb des Beurteilungsspielraumes der Politik), sondern gerade, dass nicht auf die staatsnahen, weisungsgebundenen Virologen gehört wurde, sondern die Staatsnähe und Weisungsgebundenheit möglicherweise genutzt wurde, um kritische Stimmen im RKI stumm zu schalten. Wenn das stimmt, wäre das natürlich ein Vorgehen, das nur schwer zu rechtfertigen ist.

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Ich habe schon die Hoffnung, dass eine Aufarbeitung die Gesellschaft auch wieder etwas zusammen bringen könnte.

Wenn man beispielsweise hochoffiziell zugibt, dass man in der Verurteilung der frühen, anfangs nur vereinzelt von Rassisten unterwanderten Coronademos als rechtsextrem vorschnell geurteilt hat, könnte man einige verärgerte Familien oder Selbstständige zurück gewinnen. Oder wenn Medien einräumen in der Pandemie oft vorschnell und besonders extreme, aufsehenerregende Positionen behandelten (Lauterbach, Brinkmann, Priesemann, Kekule) oder teils pragmatische Positionen als extrem geframed (bspw Gesundheitsamt Tübingen) haben.

Ebenso muss aber auch diskutiert haben warum wir in Deutschland so wenig in der Lage sind, freiwillig das zu tun was nötig ist und stets darauf warten, dass Gesetze erlassen werden, die uns das verantwortliche Denken abnehmen. Mehr noch, warum muss ein großes Land wie Deutschland immer im Gleichschritt funktionieren. Maßnahmen, die in Bayern richtig scheinen, müssen in Niedersachsen keineswegs notwendig sein. Dennoch fordern wir oft, dass entweder überall gehandelt wird oder nirgends. Regionales Maß und Mitte scheint mir oft zu fehlen. Oft hieß es Too little, too late - sowohl bei Lockerungen als auch bei Maßnahmenverschärfungen weil nicht regional entschieden werden konnte.

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Ich bin da skeptisch. Vermutlich würde es eher als Persilschein für alle gewertet werden, die bei diesen Demos Seite an Seite mit offen Rechtsextremen marschiert sind. Zumal: Wer soll sich da entschuldigen? Es waren immer einzelne Politiker, die sowas behauptet haben, es waren nie die Parteien als Solche (durch Parteibeschluss und co.). Und dass diese Demos teilweise erheblich von Rechtsextremen „unterwandert“ oder sogar von diesen Organisiert waren, daran gibt es keinen Zweifel.

Diesen Schuh wird sich kein Medium anziehen. Die Medien werden sagen, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen ihre Berichtsgegenstände ausgesucht haben - und ich habe keinen Zweifel, dass das so gewesen ist. Dass die mediale Berichterstattung je nach Sektor immer einen leichten Bias hat, ist normal. Die Welt hatte einen sehr von Corona-Leugnern geprägten Bias, die Medien der Mitte hatten eher einen von Vorsicht geprägten Bias. Das ist in Ordnung, da gibt es mMn nichts, wofür man sich entschuldigen müsste, da es hier niemanden darum ging, andere „in die Irre zu führen“, sondern schlicht auch bei den Medien eine große Unsicherheit herrschte, wie die Sache zu bewerten ist, und man sich eben der einen oder anderen Denkschule angeschlossen hat. Und die dominante Denkschule zu der Zeit war eben die derjenigen, die Vorsicht an erste Stelle gesetzt haben.

Wenn Medien sich nun in einer Situation der Unsicherheit dafür rechtfertigen oder gar entschuldigen müssen, eine bestimmte Position eingenommen zu haben, fände ich das schon sehr fragwürdig.

Das ist doch gar nicht so. Grundsätzlich gab es auch während Corona eine Föderalismus, der wurde aber - aus guten Gründen - ein Stück weit ausgesetzt. Eine Pandemie hält sich eben nicht an Bundeslandgrenzen, es kann daher nicht sein, dass ein Bundesland alles erlaubt und sich dort das Virus massiv verbreitet, während das nächste Bundesland alles dicht macht. Also dass in einer Pandemie der sonst so starke Föderalismus etwas eingeschränkt wird halte ich für wichtig und richtig.

Ich glaube, @simonb ging es darum, dass die Hosts mal ihre eigene Berichterstattung und Analyse von damals kritisch reflektieren. Ich halte das für eine hervorragende Idee, hier mal in einer Sonderfolge mit einem guten Beispiel voranzugehen:

Warum nicht Praktikanten und Referendare die Beiträge von damals in die 10-15 wesentlichen Thesen / Forderungen / Kritikpunkte, die Ulf (@vieuxrenard) und Phillip damals aufgestellt hatten, zusammenfassen und diese Punkt für Punkt aus heutiger Sicht nochmal kritisch bewerten? Natürlich immer ganz sauber (1) ex ante (hätten wir das damals überhaupt so sehen können?) und (2) ex post. Das setzt natürlich die Bereitschaft zur Selbstkritik voraus.

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Gerade, weil Du auf die WELT verwiesen hat: Wer sich für die Denkschule „Corona-Leugner und Impfgegner“ und damit gegen die Wissenschaft entschieden hat, muss sich sehr wohl gut fundierte Kritik gefallen lassen und hat allen Grund, sich zu entschuldigen für die Fake-News, die diese Zeitung (noch mehr andere Publikationen des Verlagshauses) verbreteitet hat.

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Ich würde auch konstatieren, dass die Welt grosso modo sehr viel kritischer gegenüber den Coronamaßnahmen eingestellt war als viele andere Medien. Dabei kamen sicher auch mal Positionen zur Sprache, die sich - ex ante oder ex post - als wissenschaftlich nicht haltbar oder Desinformation herausstellen. Was es in der Welt allerdings auch sehr viel mehr als in anderen seriösen Medien gab, waren kritische Nachfragen etwa zu konkreten politischen Maßnahmen, Entscheidungsprozessen oder Datengrundlagen. Meiner Meinung nach sollte beides Gegenstand einer umfassenden Aufarbeitung sein - bei Springer-Medien ebenso wie bei SPIEGEL, SZ oder ÖRR.

So pauschale Aussagen wie die zitierten kommen mir jedoch ehrlich gesagt eher vor wie die Fortsetzung des (eher affektiven als argumentativen) Lagerdenkens von 2020 ff. Anders formuliert sind sie eher Ausdruck der Notwendigkeit einer umfassenden Aufarbeitung als Ausdruck einer Aufarbeitung. Mal konkret gefragt: Welche Belege gibt es dafür, dass die Welt sich in ihrer redaktionellen Linie gegen „die Wissenschaft“ gestellt, der „Denkschule der Coronaleugner“ gefolgt ist und „Fakenews“ verbreitet hat bzw. von einem entsprechenden Bias geprägt war?

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Ich fürchte, diejenigen, die eine Aufarbeitung der Corona-Pandemie und Entschuldigungen von den Medien fordern, denken dabei nicht an die Welt oder die Bild, sondern an alle anderen Medien :wink:

Ich habe bewusst der Welt und den eher mittigen Medien nur jeweils einen gewissen Bias unterstellt und explizit gesagt, dass beides aus meiner Sicht in Ordnung ist, daher weder das eine noch das andere „Fake News“ waren, für das man sich entschuldigen müsste.

Ich war auch strikt gegen die abendlichen Ausgangssperren (und habe sie permanent gebrochen, weil ich eben nur nach Sonnenuntergang laufen gehe…), ich fand diese Ausgangssperren auch ausgesprochen problematisch, weil letztlich das Ziel war, Menschen vom Feiern in Privatwohnungen abzuhalten, man aber nicht den Mut hatte, in die geschützte Wohnung einzugreifen, und man lieber eine Maßnahme erlassen hat, die zu einem großen Teil Kollateralschäden verursacht hat, also Leute getroffen hat, die man eigentlich nicht treffen wollte. In diesem Punkt habe ich der sehr Maßnahmen-kritischen Berichterstattung der Welt durchaus zugestimmt. In vielen anderen Punkten (z.B. die generelle Ablehnung von Maskenpflichten oder Impfpflichten) nicht.

Ich finde beim Thema „Aufarbeitung der Conora-Pandemie“ schauen wir nun viel zu sehr auf die verhältnismäßig kleinen Fehler und berücksichtigen viel zu wenig, wie schwierig es damals für die Verantwortungsträger aus Politik und Verwaltung war, hier einen halbwegs zielführenden Weg vorzugeben. Dabei stellt sich eben auch die Frage, ob die Politik den Empfehlungen von Institutionen wie dem RKI zwingend folgen muss oder doch das Recht hat, zu sagen: „Im Sinne der Vorsicht oder zum Wohle der Wirtschaft weichen wir von den Empfehlungen ab“.

Beispiel: Wäre es nach dem RKI gegangen, hätte man sich erst nach mehreren negativen Tests „freitesten“ können, die Politik hingegen wollte eine großzügigere Regelung (Freitesten nach 5 Tagen), um die wirtschaftlichen Schäden geringer zu halten. Ebenso hat das RKI relativ schnell erkannt, dass eine Impfung nicht zwangsläufig Ansteckungen reduziert, daher Geimpfte immer noch das Virus weitergeben können (keine „Sterile Impfung“). Das hat die Politik, vor allem Jens Spahn, mit seiner Äußerung der „Pandemie der Ungeimpften“ natürlich konterkariert und die gesetzlichen Regelungen spiegelten dies auch nicht wieder.

Was witzigerweise in beiden Fällen passiert ist, ist, dass die Regierung nach Unten von den Vorgaben des RKI abgewichen ist, daher: Das RKI war „vorsichtiger“ als die Politik, nicht „weniger vorsichtig“. Was in der Berichterstattung nun passiert, ist aber, dass z.B. Spahns Satz der „Pandemie der Ungeimpften“ im Zentrum steht und es so dargestellt wird, als habe das RKI weniger Maßnahmen gefordert, als die Politik umgesetzt hat. Das war aber gerade nicht der Fall.

Ich sehe da zweifellos auch Fehler, die gemacht wurden, aber in der Summe überwogen die richtigen Einschätzungen und Handlungen der Politik deutlich. Trotzdem wird nun so getan, als hätten die Anti-Corona-Maßnahmen-Demonstranten Recht gehabt und die Regierung habe bei den Maßnahmen maßlos übertrieben. Das ist ein katastrophales Framing, das leider sehr dominant ist.

Ich finde dieses Argument ehrlich gesagt nicht besonders stichhaltig. Schon seit Mitte 2020 sind AfD & Co. ja auch beim Thema Corona sehr erfolgreich damit, sich als „Alternative“ zu präsentieren - also als die einzigen, die angeblich die „wirklich wichtigen“ Fragen stellen. Und ähnlich wie bei anderen Themen nehmen das viele Menschen dankbar an, d. h. es haben sich bestimmte Einstellungen und auch Muster der Mediennutzung entwickelt und verfestigt, die mit dem „herkömmlichen“ politischen Parteien und Medien fast nichts mehr zu tun haben. Das heißt auch, dass das Urteil dieser Leute über die Pandemiepolitik ohnehin feststeht: „Wir“ wurden „von denen“ verraten und verkauft. In den entsprechenden Kanälen läuft diese Message noch immer - zwar nicht mehr so häufig und so dominant wie vor 2 Jahren, aber still ist es um das Thema Corona da nie gewesen.
Ich verstehe daher nicht ganz, warum eine Auseinandersetzung der „etablierten“ Institutionen mit ihrem Umgang mit der Pandemie hier irgendwas dramatisch ändern soll. Und wie viel Raum bestimmte Narrative von AfD & Co. im Zuge einer solchen Auseinandersetzung bekommen, lässt sich ja gestalten - es sei denn man ist (immer noch) der Meinung, dass die (zum Teil auch fundamentale) Kritik an handlungsleitenden Einschätzungen und zentralen Maßnahmen (beispielsweise „Inzidenzwerte“ für riesige Gebietskörperschaften, flächendeckende Schulschließungen oder 2G-Regelungen) gar nicht anders motiviert sein kann als durch Glauben an Verschwörungsfantasien.
Das Absurde an dem Argument ist m. E., dass genau diese Kreise seit zweit Jahren davon zehren, dass eine nennenswerte Aufarbeitung auf gesellschaftlicher Ebene nicht stattfindet.

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Die AFD war übrigens zu Beginn der Corona-Pandemie für wesentlich schärfere Maßnahmen und warf der Politik vor nicht entschieden genug vorzugehen.
Erst als die Maßnahmen wirklich wirkten und infolgedessen auch die Flüchtlingszahlen einbrachen änderten sie ihre Strategie.

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Interessieren würde mich bei der Aufarbeitung, inwiefern sich Politiker haben von öffentlichen Stimmungen in sozialen Medien und aktivistisch agierenden Wissenschaftlern beeinflussen lassen.

Wenn ich an Twitter 2021 denke, dann herrschte dort ein Krieg zwischen „Covidioten“ und „Hysterischen“ und natürlich versuchten die mit teils infamen Hashtags Stimmungen zu erzeugen und Politiker und Wissenschaftler unter Druck zu setzen.

Ich denke wir müssen(!) aufarbeiten wie wir mit den Lauten dieser Gesellschaft umgehen wollen. Als eher analytischer Mensch fühle ich mich, ebenso wie viele andere Menschen, von diesen Krakelern auf beiden Seiten nicht repräsentatiert. Und doch sind es diese, die den größeren Einfluss auf die „Mächtigen“ nehmen.

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Genau diese Argumente sprechen für eine Enquette-Kommision (auch und v.a. Experten, im Gegensatz zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss), die wissenschaftlich fundiert alle Maßnahmen von damals aufarbeitet. Ausdrücklich nicht, um „Schuldige“ zu suchen, sondern um für die Zukunft zu lernen.

Ich glaube das auch. Umso wichtiger ist, dass das mal eine Enquette-Kommission festgestellt und belegt.

Grundsätzlich bin ich dagegen, auf eine systematische Aufarbeitung mit dem Ziel von „Learnings für die Zukunft“ zu verzichten, weil AfD, Querdenker, der Axel-Springer-Verlag Einzelerkenntnisse aus dem Kontext reißen könnten. Damit muss man leben.

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Ich brauche mehr Details.

Ganz viele Wissenschafter hatten ja sehr viel differenziertere Positionen als ihnen in den Medien oft zugeschrieben wurden.

Der als Hardliner geframte Drosten hat sich z.B. sehr frühzeitig für eine Öffnung der Außengastronomie ausgesprochen. Zudem hat er eben anders als oft dargestellt keine Schulschließungen gefordert sondern lediglich betont, dass auch Kinder epidemisch eine Rolle spielen, dass aber für Schließungen weitere Aspekte in eine Abwägung einfließen müssen.

Meine Befürchtung ist, dass die Wissenschaft hier durch Vereinfachung der Öffentlichkeit zum Fraß vorgeworfen werden würde und wir in Zukunft weit weniger Leute haben die sich öffentlich äußern trauen weil am Ende eben nicht die differenzierte Meinung bewertet wird sondern lediglich das was irgendein Politiker aufgrund einer vereinfachten Interpretation draus gemacht hat.

Ich bleibe daher dabei, dass eine Aufarbeitung vorwiegend in Fachkreisen stattfinden muss.

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Ich kenne niemanden außerhalb radikaler Kreise, der den von dir erwähnten Drosten als Hardliner bezeichnen würde. Tatsächlich halte ich Drosten in der Wissenschaftskommunikation für den Archetyp eines guten Wissenschaftler. Er beschrieb in seinem Podcast und in den wenigen Talkshow-Auftritten stets nüchtern die Lage und Fakten. Er verzichtete auf Emotionalisierung, wie sie manche Kollegin oder Kollege gerne nutzte und forderte auch nie spezifische Maßnahmen öffentlich von der Politik.

Ich würde schon sagen, dass im Gegensatz dazu die geschätzten Professorinnen Priesemann oder Brinkmann oft aktivistisch aufgetreten sind, ebenso wie ein Kekule durch gezielte Untertreibungen aktivistisch die andere Seite bespielte.

Und vom Aktivismus des Herrn Lauterbachs, der den Wissenschaftler-Posten immer wieder für sich reklamierte, in diesem Bereich aber schon ewig nicht mehr arbeitete, will ich gar nicht anfangen. Letztlich hat ihn dieser Aktivismus später aber in seinen Traumjob Bundesminister für Gesundheit gehievt, in dem er bis heute blass bleibt.

Oder vielleicht verstehen wir unter Aktivismus unterschiedliche Dinge?

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Also immerhin lehrt Lauterbach immer noch an der Harvard University, einer der zweifellos anerkanntesten Hochschulen der Welt. Ich würde schätzen, dass das auch bedeutet, dass er sich da halbwegs auf dem Laufenden halten muss.

Auch das würde ich hinterfragen wollen, also wenn ich mich recht erinnere, war es die Bevölkerung, die damals Lauterbach als Gesundheitsminister haben wollte, während er selbst sich erst geziemt hat (und viele politische Beobachter auch unsicher waren, ob das wirklich Ideal für ihn ist, weil er als Minister eben nicht mehr so offen kommunizieren kann)

Man kann über Lauterbach sicherlich gut streiten, aber da er zur Hassfigur schlechthin in Corona-Leugner-Kreisen und bei den rechtsextremen Reichbürgern geworden ist (bis hin zu Entführungsplänen) wäre ich etwas vorsichtiger mit derart starker Kritik. Ehrlich gesagt: Wer solche Feinde hat, muss doch einiges richtig machen :wink:

Naja, also wenn du Wissenschaftler (Drosten, Priesemann, Brinkmann) und Politiker (Lauterbach) vergleichst wirkt das erst mal merkwürdig. Lauterbachs Job als bekannter SPD-Berufspolitiker war geradezu „politischer Aktivismus“ - ganz im Gegensatz zu den genannten Professoren.

Dass der Berufspolitiker Lauterbach wissenschaftlich in einer anderen Liga spielt als die genannten Berufswissenschaftler ist zudem auch klar. Aber das bedeutet eben nicht, dass er ahnungslos sei. Gemessen am Maßstab „Koryphäen auf ihrem Gebiet“ ist er sicherlich schlechter, gemessen am Maßstab „Politiker, die Gesundheitsminister wurden“ dürfte er in der Spitze zu finden sein (verglichen mit Spahn, Rösler und co.)

Ich beziehe mich hier eher auf den Wunsch dass eine Aufarbeitung die Spaltung der Gesellschaft rückgängig machen würde und ich behaupte, dass z.B. diese Spaltung so verläuft, dass jenseits der Linie eben ein Drosten durchaus als Hardliner wahrgenommen wird.

Die Rolle von Einzelpersonen habe ich jetzt nicht mehr in allen Fällen so im Kopf, dass ich wirklich beurteilen kann was wer wie und wann sagte was als aktivistisch bezeichnet werden kann. Bei Lauterbach verstehe ich aber was du wohl meinst.

Leute wie Kekule hatten in meinen Augen eine ziemlich strategische Position die für mich als Zuhörer seines Podcasts oft beliebig wirkte und bei der Studien gerne so interpretiert wurden wie sie gerade in seine Argumentation passten. Er hat ja auch nicht umsonst in der Wissenschaft selbst quasi keine Rolle gespielt und war nur medial vorhanden. Sowas müssen wir nicht aufarbeiten, weil wir werden ja auch nicht die Rolle von Liefers und co. Aufarbeiten.

In meinen Augen hat eine öffentliche sachliche Aufarbeitung ein Risiko und zwar, dass es die Spaltung am Ende zementiert weil es eben keine Abrechnung wird und zwar viele Fehler offenlegt, aber eben nicht nur Maßnahmen die unnötig oder überzogen waren sondern auch Fehler wo zu zögerlich und nicht konsequent genug gehandelt wurde.
Und weil genau das nicht das ist was man bei der Aufarbeitung hören will habe ich sorge es läuft dann doch drauf raus, dass plakativ einzelne Aussagen rausgepickt werden um Beteiligten ganz undifferenziert Fehler nachweisen zu können um auch bei der radikalen Seite ein paar Punkte sammeln zu können.

Deshalb bin ich für Aufarbeitung aber nicht durch die Politik, weil Politik ist und bleibt Politik, sondern innerhalb der Wissenschaft. Wobei natürlich auch wissenschaftliche Kreise politische Entscheidungen mit bewerten können.

Edit:
Eine politische Aufarbeitung die z.B. bewertet wie gut die politischen Prozesse in einer solchen Situation funktionieren und wo Verbesserung nötig ist wäre natürlich eine andere Sache.

Wenn man das macht, müssten auch die Ruchlosigkeiten der "Kritiker " auf den Tisch: Corona "aufarbeiten"? Gerne! Dann aber auch "Querderdenker"-Wahnsinn! | STERN.de

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