Atomkraft ja bitte? Eine neues unheiliges Zusammenspiel aus Lobbygruppen, Medien und Politik oder sinnvoll für die Dekarbonisierung?

Es ist doch vor allem kein neues Problem?

Wenn ich die Lage richtig verstehe, lässt es sich so zusammenfassen:

  • es gibt eine neue Generation von Kernkraftwerken (SMRs), die weniger gefährlich, kleiner, günstiger sind als die „alte“ Generation
  • die aber noch nicht einsatzbereit / in der Konzeptphase sind und deswegen erst in Jahrzehnten tatsächlich Strom liefern können, zu spät für die grünen Transformation
  • die die Notwendigkeit für große Batterie-Speicherkraftwerke auch nicht vermindern
  • privatwirtschaftlich ohne große staatliche Garantien und Förderungen nicht rentabel sind

Gegenargumente sind gern gesehen.

Nun zur Frage: warum werden die von Lobby-Verbänden gepusht?

  • Anti-Erneuerbare Energien-Haltung? Es wird Hoffnung geschürt, dass man doch nicht so viele Windenergieanlagen bauen muss.
  • Technologie-Jesus-Hoffnung? Es wird so getan, als ob es da eine Wundertechnologie gäbe, die unsere Probleme löst
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Ich glaube da ist viel Ablenkung dabei. Sollen sich doch alle mal an der „alten“ Kernkraftwerkdebatte abarbeiten. Dann merken sie nicht, dass wir im Hintergrund weiter unsere Interessen durchsetzen können.

Und ich würde die Befürworter der Kernkraft fragen: Wo wollt ihr die neuen AKW’s haben? Wäre es OK, eines in eurem Ort zu haben? Und dann müssen sie Farbe bekennen!

Wollen wir es drauf ankommen lassen? Klar, kleines oder sehr sehr kleines Risiko. Aber die Folgen dann vernichtend. Außer die neuen AKW’s sind sicherer, aber die scheint es ja im Moment nicht zu geben, also sind sie auch keine Lösung für die nächsten hmm 10 oder 20 Jahre. Also wenn überhaupt Zukunftsmusik für die nächste Generation.

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Profiterwartungen. Es gibt da handfeste wirtschaftliche Interessen. Ein mit öffentlichen Zuschüssen gebautes AKW bringt den spezifischen Betreibern mehr Geld als eine große PV-Anlage in der Freifläche (wo es starke Konkurrenz gibt) und sehr viel mehr Geld als die private PV Anlage auf dem Hausdach (deren Gewinn komplett beim privaten Betreiber bleibt).

Hier ist es auch wichtig „die Wirtschaft“ nicht als monolithischen Akteur zu betrachten. Es gibt jede Menge Unternehmen und Lobby-Organisationen, die auf EE setzen. Aber ein paar sehen eben enorme Gewinnchancen in AKW und weil es da um so potenziell große Summen geht, gibt es eben auch das Geld für Lobbyarbeit.

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Eine hilfreiche Orientierung für eine sinnvolle Speicherkapazität gibt die untenstehende Tabelle der MVV, die auf dem eigenen aktuellen Stromspeicherangebot beruht (BYD Battery-Box Premium HVS). Wenn Ihre PV-Anlage beispielsweise 10 kWp Leistung hat und Ihr Jahresstromverbrauch bei 4.200 kWh liegt (entspricht einem Vier-Personen-Haushalt), empfehlen wir eine nutzbare Speicherkapazität von 7,7 kWh.

Es gibt sehr viele Berechungsmodule im Internet zu finden dazu.
Gab auch der Energieberater auch maximal 10 kWh an. Es ist auch eine Kosten/Nutzen Frage.

Okay, du lädst tagsüber den Haus-Akku, um damit den Akku E-Auto Nachts zu laden. Sonst hätte ich gefragt, wann der Haus Akku mal leer wird :slight_smile:
Trotzdem wird doch wahrscheinlich ein Überschuss tagsüber erzeugt, welcher ins Netz eingespeist wird.

Alles genau richtig beschrieben.
Ich wollte eigentlich damit ausdrücken, dass es massiver Investitionenbedarf in die Back-up Kraftwerke bzw. Speicher und das dadurch der Strompreis nicht bei 10 Cent/kWh liegen wird. Das wird wohl eher bei um die 15-25 Cent/kWh ohne Steuern und Netzendgelten liegen.
Das sollte man auch kommunizieren, wenn es eine ehrliche Debatte werden soll.

Aus Verteilernetz-Perspektive kann so ein privater Speicher durchaus einen volkswirtschaftlichen Nutzen haben. Wir haben ja hier im Forum schon über die entsprechenden Probleme durch Überlastung gesprochen.

Es gibt sicher Fälle, wo sich größere Speicher lohnen, aber im Schnitt glaube ich, dass wenn man die Faustformel 1kWh Speicher pro 1000 kWh Jahresstromverbrauch ansetzt (die die Verbraucherzentrale empfiehlt), der größte Anteil der Haushalte mit 10 kWh hinkommen wird.

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Ich fände es gut, wenn Deutschland eine Atom-Strategie hätte und ein paar Investments in die entsprechenden Forschungsgebiete und Firmen machen würde, evtl. auch einen Testreaktor mit baut. In meinen Augen muss das nicht in Konkurrenz mit erneuerbaren Energien stehen, die Personen, die Atomreaktoren bauen, fehlen dann nicht bei der Installation von Solarpanelen.

Aber mit der Schuldenbremse ist das nicht zu machen.

Am Ende bin ich nicht sicher, dass die neuen Reaktoren halten, was sie versprechen. Die Versprechen hört man seit fast 10 Jahren. (Oder noch länger.)

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Ja. gut 2.000 KWh direkt, speichere etwa genauso viel zwischen und speise gut 4.000 KWh ein.

Einspeisen tue ich vor allem über vier Monate im Sommer, Zwischenspeichern vor allem für vier Monate im Frühjahr/Herbst. Das wäre auch der Zeitraum, in dem ich durch mehr Speicherkapazität die verbliebene Netzeinspeisung zusätzlich zwischenspeichern könnte. Im Winter wird mein Speicher ohnehin nie voll, im Sommer wird er er praktisch nie leer.

Weil ich aber ein erhebliches Delta zwischen dem Einspeisetarif (7 Cent/KWh) und dem Bezugspreis (aktuell 32 KWh) habe, hat für mich jede KWh, die ich zwischenspeichern und dann verbrauchen kann einen erheblichen wirtschaftlichen Mehrwert.

Das sind aber alles extrem individuelle Rechnungen, die wie gesagt auch maßgeblich von den Annahmen zur zukünftigen Entwicklung der Strompreise und sogar dem Klimawandel abhängen. Bei uns ist schon für die nächsten 20 Jahre eine erhebliche Erwärmung von mehreren Grad vorhergesagt, die sich stark dämpfend auf meine Heizkosten in den Übergangszeiten (wo die PV-Anlage theoretisch noch genug Strom liefert, den ich zusätzlich zwischenspeichern könnte) könnte.

Also: für Hausspeicher gibt es keine generellen Aussagen, nur Modellrechnungen anhand konkreter Annahmen.

Die einzige Ausnahme: gesamtwirtschaftlich rechnen sich Hausspeicher gegenüber regionalen Großspeichern nie, denn letztere sind immer effizienter sowohl in den Baukosten (Euro pro KWh Kapazität), als auch im Betrieb (Einspeisung unterschiedlicher Stromerzeuger, Abgabe an eine Vielzahl von Verbrauchern).

Aber es kann gute politische oder individuelle finanzielle Gründe geben, Hausspeicher zu bauen und zu fördern.

Inwiefern wird das besser durch Hausspeicher? Wenn ich statt dem Hausspeicher der Stadt einen Großspeicher auf den Acker setze, dann übernimmt der doch die selbe Funktion, aber effizienter.

Gibt es. Deutschland ist einer der größten Investoren in ITER und der zugrunde liegenden Fusions-Technologie.

Für die WP rechnest du nur mit 2kWh? Wahrscheinlicher sind doch eher 5 bis 7 - abhängig von der Wohnfläche. Oder ist eine alternative Wärmeerzeugung vorhanden?

Der Großspeicher auf dem Acker kann eben kaum mit allen Knotenpunkten im Verteilernetz verbunden sein, in dem Überlastungen auftreten. Das klassische Beispiel eines Straßenzuges, in dem sich die Leute nach und nach Wärmepumpen und E-Autos kaufen, die dann alle zu ähnlichen Zeiten geladen werden sollen und dadurch lokal ihr Verteilernetz überlasten kann der Großspeicher auf dem Acker also kaum lösen.

Der Hausspeicher aber auch nicht. Denn im Winter sind diese Speicher nicht gefüllt, dann muss der Strom doch wieder aus dem Netz kommen. „Die letzte Meile“ muss also so oder so ertüchtigt werden, aber Großspeicher können Last von den überregionalen Netzen nehmen, weil sie zum Beispiel sowohl Wind , als auch Sonne speichern.

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Allerdings ist zu beachten, dass es derzeit keine Anreize gibt, Heimspeicher systemdienlich einzusetzen. Der eigenverbrauchsoptimierte Betrieb hat praktisch keinen Einspareffekt auf die Systemkosten. Erst durch dynamische Stromtarife und variable Netzentgelte werden Heimspeicher systemdienlich. Bei netzgekoppelten Großspeichern ist dies bereits der Fall, da diese sich am Börsenstrompreis (und z.B. an den Regelleistungsmärkten) orientieren und das Marktergebnis verbessern (wie du richtig schreibst, ist die Wirkung auf Netzengpässe eher gering).

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Und die darauf folgende klassische Antwort des „intelligenten Netzes“ welches netzdienloch gesteuert wird.
Schon hast du nicht mehr zwingend „ähnliche Zeiten“ und gerade Wärmepumpe und E-Autos sind eher selten Zeitkritisch, so dass alles gleichzeitig oder mit voller Leistung passieren muss.

Doch. Denn das interessante ist ja nicht (allein) ob der Strom aus dem Netz kommt, sondern, WANN er aus dem Netz kommt. Selbst ohne eigene PV Anlage könnte also ein lokaler Speicher das Verteilernetz entlasten, indem er sich zu netzdienlichen Zeiten auflädt und entlädt. Mit Zeitvariablen Stromtarifen und entsprechender Hardware m.E. gut umsetzbar. Noch besser würde es mit ortsvariablen Stromtarifen funktionieren (idealerweise nodal pricing). Da sind wir aber natürlich noch weit von entfernt.

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Bitte nicht die Kernfusion betrachten. 20 - 30 Jahre sind anzunehmen, um ein kommerzielles Kraftwerk zu bauen. Ja, China baut einen Tokamak-Reaktor in der Größe eines kommerziellen Kraftwerkes, aber der ist nicht für den Dauerbetrieb vorgesehen und geeignet.

Die Wissenschaftler des ITER und des Wendelstein sagen beide, dass noch mindestens zwei Test Reaktoren gebaut werden müssten und dazu eine mindestens 5- 10 Jährige Lernphase folgt.
Siehe You Tube Kanal von Hartmut Zorm, Urknall Weltall und das Leben usw.

Ähnliches sagte man bereits im Jahr 2003 als wir im Rahmen einer Exkursion in Greifswald waren. Es mag sein, dass sich seitdem im Detail viel getan hat, ob man aber wirklich funktionierenden Kraftwerken spürbar näher gekommen ist wage ich zu bezweifeln.

Aber auch bei Kernkraft zweifle ich am Nutzen vom Neubau von großen Kraftwerken. Interessant wäre wenn dann ein Netz aus SMR die in Zeiten wo die erneuerbaren Energien nicht ausreichend zur Verfügung stehen einspringen könnten.

Auch wenn es bei Großkraftwerken ebenso mittlerweile Möglichkeiten zur Regelung nach Bedarf gibt, so ist das im großen Stil dann doch unwirtschaftlich und es könnte auch das Netz nicht lokal gestützt werden.

Ja, komplette Zustimmung, aber weder existiert aktuell diese Hardware, noch die Stromtarife. Die Angebote die es gibt sind absolut unwirtschaftlich. Als wir vor drei Jahren gebaut haben, habe ich das mal für alle damaligen Anbieter durchgerechnet und auch seitdem habe ich auf dem Markt keine überzeugenden Angebote wahrgenommen.

Meine Vermutung ist, dass die wirtschaftliche Effizienz großer Speicheranlagen gegenüber Heimspeichern so groß ist, dass man aus den Einsparungen auch die Ertüchtigung der lokalen Verteiler finanzieren könnte, damit diese regionalen Speicher die nötige Wirkung entfalten können. Zumal diese lokalen Netze ja ohnehin nicht ewig ohne Investition in der Erde liegen können, sondern alle X Jahre erneuert und verbessert werden.

Einen wesentlichen Teil der deutschen Wohnhäuser mit eigenen Speicheranlagen auszustatten hört sich für mich nach einem sehr viel komplexeren Unterfangen an. Der einzige Vorteil, der mir einfällt, wäre dass man die nötigen Investitionen dann zu einem erheblichen Teil aus den Privatvermögen dieser Haushalte finanzieren könnte. Wozu es aber wiederum erhebliche staatliche Anreize oder Zwang bräuchte.

Mir persönlich wäre es deutlich lieber, der Staat würde hier eine Rahmenplanung machen, die nicht auf der Initiative von Millionen von Haushalten beruht.

Ja, glaube ich sofort, wollte auch nichts anderes behaupten. Aber die Feststellung, dass in Deutschland keine Investitionen in Kernkraft gibt und das stimmt unter Berücksichtigung von ITER einfach nicht. Man kann (wie scheinbar @pbf85 ) der Meinung sein, dass Kernfusion nicht der richtige Weg ist. Aber das investiert wird steht meiner Ansicht nach außer Frage.

Ich halte Kernfusion grundsätzlich auch für einen vielversprechenderen Ansatz als die Xte Iteration der Kernspaltung, die sich nach über 70 Jahren nur in extremen Nischen als zur Energiegewinnung sinnvoll erwiesen hat. Aber definitiv mit einer Perspektive von 50+ Jahren, nicht die zur Bekämpfung des Klimawandels nötigen 10-.

Ich bin der Meinung, dass Kernfusion nichts ist was man auch nur Annährend in irgendeine Planung die die Jahrzehnte (damit meine ich durchaus einen langfristigen Zeitrahmen der die Laufzeit üblicher Kraftwerke umfasst) aufnehmen kann, weil es quasi ein Lotteriespiel wäre ob man funktionierende Kraftwerke in 25 Jahren, in 50 Jahren, in 100 Jahren oder wann auch immer haben kann.

Weiter in die Forschung zu investieren finde ich aber vollkommen in Ordnung, vor allem weil ja auch viel physikalische Grundlagenforschung in diesem Rahmen stattfindet.

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Naja, das hat praktisch nichts mit Kernreaktoren zu tun, wie sie hier diskutiert werden. Aber klar, für Kernfusion sollten wir auch mehr Geld in die Hand nehmen.

Wenn man bedenkt, dass der ITER insgesamt nicht einmal 3 Stuttgart21 kostet, kann man nur mit dem Kopf schütteln, wie falsch wir unsere Prioritäten setzen. (Und wie unsinnig die Schuldenbremse ist.)

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Vermindern schon, denn Grundlast stellen die Reaktoren sehr zuverlässig her und man könnte sie auch Tagsüber runter- und nachts wieder hochfahren. Aber das nützt auch nichts, da die benötige Anzahl an Kraftwerken nicht rechtzeitig bereitstehen wird.

Die aktuellen Probleme wird die Technologie sicher nicht beheben (Klimawandel). Gleichzeitig hat Kernkraft durch die hohe Energiedichte durchaus ein paar Nischenanwendungen, die anders nicht bedient werden können. Z. B. in Raumschiffen (in den äußeren Bereichen ist die Sonne zu schwach) oder in Bunkern. Militärisch gibt es natürlich noch Atom-U-Boote oder Flugzeugträger. Zukünftige Anwendungen könnten z. B. eine leistungsstarke, mobile Stromversorung im Katastrophenfall sein.
Was eine neue Technologie kann und wo man sie anwenden wird, ist jedoch im Allgemeinen nicht vorhersehbar.

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