Anmerkungen zur Sprache

Ihr Lieben, was für ein großartiges Stück Journalismus Ihr da macht! Danke dafür - ich höre jede einzelne Folge und gewinne immer neue Erkenntnisse durch euren Tiefgang.

Sprachlich seid ihr ebenfalls sehr pointiert und durchdacht unterwegs. Elegantes Gendern, verständliche Begriffe. Deshalb ist meine Kritik Jammern auf hohem Niveau:

  • Bitte sagt nicht mehr „wie oben beschrieben“. Ihr betreibt ein Audioformat. Da gibt’s kein Oben.

  • Es heißt zwar „nächsten Jahres“, aber nicht „diesen Jahres“. Korrekt muss es heißen „dieses Jahres“.

  • Wahrscheinlich soll es locker klingen, dieses „Ich habe ein Ticket geklickt“. Sorry, aber das ist Boomer cringe. Sagt es doch einfach richtig.

So, das musste mal raus. Macht was draus oder lasst es - auf jeden Fall macht euren Podcast noch lange weiter!

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Selbst der Duden akzeptiert mittlerweile die Variante „diesen Jahres“ als standardsprachliche Variante. Insofern ist das natürlich eine legitime Anmerkung, die „noch standardsprachlichere Regelung“ zu empfehlen, aber definitiv kein Muss. Sprache wandelt sich - und „diesen Jahres“ scheint auf dem Vormarsch zu sein. (und das ist auch gar nicht schlimm :wink: )

In diesem Sinne würde ich sogar zu „Mehr Mut zum Substandard“ auffordern. Nur tote Sprachen entwickeln sich nicht weiter und Weiterentwicklung kommt genau dadurch, dass man vom Standard abweicht. Und wie gesagt: „diesen Jahres“ hat es sogar schon laut Duden zum Standard geschafft, auch wenn der Duden auch noch „dieses Jahres“ empfielt.

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Das stimmt schon (und sehr nett formuliert alles), aber wir sagen ja auch „des Nachts“ in Analogie zu „des Tags“, obwohl die Nacht ein Femininum ist.
Ich finde Sprachwandel spannend :wink:

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Blockzitat[quote=„Regenamsonntag, post:1, topic:27008, full:true“]

  • Wahrscheinlich soll es locker klingen, dieses „Ich habe ein Ticket geklickt“. Sorry, aber das ist Boomer cringe. Sagt es doch einfach richtig.

[/quote]

Endlich sagt es mal jemand! Ich denke mir jedes Mal, wenn sie „klicken“ so verwenden, dass das absolut niemand so sagt oder je so gesagt hat. :joy:

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Offensichtlich schon :slight_smile:
Beobachtet euch mal selbst, @Regenamsonntag und @Zahnsteinwilli , ob ihr noch „man braucht“ oder schon „man brauch“ sagt, ob ihr „den Polizist“ oder „den Polizisten“ sagt, ob ihr schon „Sinn machen“ oder noch „Sinn ergeben“ verwendet, ob ihr „Journalismus“ und „Ressource“ englisch oder französisch aussprecht, wie ihr „Branche“ und „Diskussion“ aussprecht …
Das meiste läuft unbewusst, auch bei Leuten, denen Sprachnormierung am Herzen liegt.

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Das alles sind Beispiele, die von einer nicht unerheblichen Zahl von Sprechern „falsch“ gesagt werden. Das „Klicken“ sagt halt einfach niemand. Das ist ein Unterschied. Es ist auch nicht schlimm, man versteht ja ohne Weiteres, was gemeint ist. Ich finde es nur jedes Mal befremdlich, weil es ein Ausdruck ist, der weder so irgendwie allgemein Verwendung findet, noch wirklich Sinn ergibt.

Es ist noch nicht so weit verbreitet, aber taucht auch schon im Internet auf:
„Auf der Seite Tickets klicken Sie das Ticket [Hervorhebung von mir], dessen Historie Sie anzeigen möchten.“ Quelle

Vor 20 Jahren fiel es noch auf, wenn jemand „einen Punkt haben“ oder „einen Punkt machen“ gesagt hat. Heute ist man die Ausnahme, wenn man diese Ausdrücke nicht verwendet.

Wenn man die Tickets kauft, indem man auf ein entsprechendes Feld klickt, ist der Ausdruck durchaus nachvollziehbar, finde ich.

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Gut, dass du das „falsch“ in Anführungszeichen setzt. Diese Sprachpolizeimeisterei geht mir manchmal echt auf die Eier. Sprachgebrauch jenseits des Standard ist nicht „falsch“, wir sind nicht mehr in der Schule, wo der Standard das „Lernziel“ ist, und die LdN ist nicht die Tagesschau, wo der Standard noch als heilig erachtet wird.

Was Podcasts von Nachrichtensendungen wie der Tagesschau unterscheidet ist gerade, dass Podcasts von der Persönlichkeit ihrer Hosts leben - und Persönlichkeit bildet man gerade heraus, indem man nicht wie ein Roboter den Standard bedient, sondern einen eigenen Stil etabliert.

Doch, das sagen schon einige. Im Prinzip ist das die moderne Variante vom umgangssprachlichen „Ich hab mir ein xyz geschossen“, wie es in den 1990ern und 2000ern durchaus verbreitet war (und auch heute noch verwendet wird). Kritik ist natürlich erwünscht, aber behalte im Hinterkopf, dass sich an solchen Dingen die Geister scheiden und i.d.R. nur diejenigen laut schreien, die den Status Quo nicht mögen. Ich persönlich habe mich an „etwas geklickt haben“ nie gestört… Für sowas wäre eine Umfrage-Funktion im Forum vermutlich echt spannend. :wink:

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Dazu muss ich jetzt doch noch was schreiben. Ich frage mich, was dich dazu veranlasst, den beiden diese Bedürftigkeit zu unterstellen. Ich weiß nicht, wo du lebst (geht mich auch nichts an), aber ich vermute, nicht in Berlin, wo Sprache, Habitus, Lebensstil usw. einfach viel weiter sind als in vielen anderen Teilen der Republik. Mich stört diese Diversität keineswegs (lebe selbst in der Provinz und bin sprachlich betrachtet noch viel konservativer als meine Umgebung), aber dieses normative Bremsenwollen kommt mir doch etwas unreflektiert vor. Und dann noch kombiniert mit dem Ausdruck „Boomer cringe“ – da passt wohl kaum etwas besser als die Rückfrage „Really?“

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Wenn wir hier schon mal Verständnis für „Sprachpolizisten“ haben:

Ulf @vieuxrenard Die „Bottom-Line“ ist eine „Bottom-Line“, keine „Boddem-Line“.

Ich bin Deutschlehrerin, aber ich finde, ihr seid da zu „pingelig“.

Ist das wirklich relevant? Spoiler: Nö… Es geht um Inhalt.

Wendet euch lieber an eure Politiker und weist sie auf ihre verhetzende (und verletzende) Sprache hin… :wink:

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Unabhängig von der Frage, ob das nicht auch der (maschinellen) Übersetzung geschuldet ist, wird der Begriff da ganz anders verwendet. Die Webseite verwendet es im Sinne von „auf das Ticket klicken“, im Podcast wird es aber als Synonym für „etwas online bestellen“ verwendet.

Genau, das ist die Bedeutung, die dem Ausdruck im Podcast beigemessen wird. Ich kann hier nur meine subjektive Erfahrung schildern, aber ich habe diese Begriffsverwendung eben noch nie irgendwo anders gesehen, gelesen oder gehört und deshalb finde ich ihn jeded Mal etwas befremdlich.

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:smiley: Sind wir jetzt schon bei der Normierung des Angelsächsischen gelandet?
Zum Nachhören: Philip spricht in LdN 415 1:04:02 „bottom line“ mit amerikanischem Akzent aus (das o der ersten Silbe entspricht allerdings eher der britischen Norm), anderswo habe ich es (innerhalb vertretbarer Suchzeit) nicht gefunden.
Für alle Geschmäcker zusammengetragen: https://de.forvo.com/word/bottom/

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Dass „oben“ in der Podcastwelt mittlerweile häufig synonym zu „vorhin“ genutzt wird ist mir auch schon aufgefallen. Bin mal gespannt, ob sich das irgendwie durchsetzt.

Ansonsten ist Sprache ja immer im Fluss. Negativ fallen mir immer die ganzen Anglizismen ins Gehör, aber das liegt bestimmt am Aufnahmestress. Aber nicht jeder weiß z.B. was roundabout bedeutet, obwohl das roundabout mittlerweile in fast jeder Folge vorkommt :slightly_smiling_face:

Oder daran, dass Anglizismen von den Hosts nicht negativ bewertet werden?

Ich muss (und dies als Sprachwissenschaftlerin) wirklich ein bisschen schmunzeln bei diesen Vorschlägen hier im Thread – es gibt so viele Inhalte in den 416 Folgen, über die es sich zu diskutieren lohnt … Ist das nicht ein bisschen unverhältnismäßig?

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Du sagst es selbst, es ist rein subjektiv. In meinem Umfeld von 30-40 jährigen Eltern und ITlern im Beruf ist das völlig normal. Und Sprache muss frei sein. Schulsprache gehört in die Schule. Danach muss sie sich wandeln dürfen.

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Was du da hörst nennt sich ein „flapped t“, dass in der Tat recht ähnlich zum „d“ klingt. Das ist einer der zentralen Unterschiede zwischen amerikanischer und britischer Pronunciation. Die Regel zur Verwendung des „flapped t“ ist u.a., dass es immer zwischen Vokalen eingesetzt wird (z.B. butter, elevator…). Bei „Bottom“ ist es also okay.

Ebenso ist es okay, dass Vokale in der unbetonten (unstressed) zweiten Silbe schwaisiert werden, daher: Anstelle des zweiten „o“ wird ein Schwa gesetzt, ein Schwa ist im Prinzip ein schwaches E.

Witzig ist daher, dass du zwei Nicht-Fehler bei amerikanischer Aussprache anmerkst, den eigentlichen Fehler (warum es sich vielleicht „off“ anhört) aber nicht erwähnst: Das erste „o“ wird eher wie ein „a“ ausgesprochen. Aber auch in der amerikanischen Aussprache gibt es eine million regionaler Varianten und die Art, wie die Hosts es aussprechen, ist definitiv auch in einer dieser regionalen Varianten „richtig“. Auch hier würde ich „im Zweifel für die Varianz“ argumentieren - so lange klar ist, was gemeint ist, ist die Aussprache, insofern sie nicht völlig absurd ist, nebensächlich.

Ich sehe da einen Widerspruch, du nicht? Die englische Sprache wird auch im deutschen Sprachraum (zum Glück, und das sage ich nicht nur, weil ich’s studiere ^^) immer stärker, der kulturelle Einfluss der USA ist gerade in modernen Medien (Film, Social Media) immer dominanter, folglich wird die deutsche Sprache, weil sie eben im Fluss ist, auch um immer mehr Anglizismen angereichert. Ebenso wie die englische Sprache zu Zeiten des „Danelaw“ ab 886 massiv um skaninavische Ausdrücke angereichert wurde und nach der Besetzung durch die Normannen (quasi französischsprechende Ex-Wikinger) ab 1066 massiv um französische Ausdrücke angereichert wurde, die wir heute als relativ natürlich für die englische Sprache empfinden (converse statt talk, dine statt eat usw. Es gibt für fast alles im Englischen eine „gehobene“, ursprünglich französische Bezeichnung und eine „bodenständige“, ursprünglich germanische Bezeichnung. Das liegt an der sogenannten Diglossia zu Zeiten der französischen Besatzung: Französisch wurde von den „Herrschern“ gesprochen, das germanische Englisch vom „einfachen Volk“…).

Kurzum:
Wir sollten hier wirklich viel relaxter (ups, Anglizismus! Aber der ist okay, weil der über’s Latein in’s Englisch kam, right?) an die Sache rangehen. Den Kulturkampf über die Sprachreinheit ertrage ich schon kaum, wenn er von der CSU über den Rechtschreiberat oder vom sprachkonservativen Verein Deutsche Sprache geführt wird…

Word!
Ähm, ich meine, „dem stimme ich formell zu“.

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Ich finde diese Formulierung ehrlich gesagt sogar sehr charmant. Ich muss über dieses (ästhetische) Merkmal oft schmunzeln. Definitiv - neben den vielen guten rationalen Gründen die Lage zu hören - ein „Markenzeichen“ der Lage :smiley:

ist das evtl. etwas Lokales? Mir fällt das „klickt euch XYZ“ auch jedes Mal auf, weil ich es tatsächlich nirgendwo sonst höre und auch nicht vorher irgendwo wahrgenommen habe. Es gibt inhaltlich für mich schon irgendwie Sinn, aber ich kann mich nicht wirklich dran gewöhnen. Und ich bin in der Altersgruppe 30-40 :wink: Also, mir ist es an sich egal, ich finde den Ausdruck nur interessant.

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Sprachwandel verläuft nicht gleichmäßig über alle Teile der Sprachgemeinschaft hinweg. Neuerungen entstehen regional und breiten sich langsam aus (oder auch nicht). Manchmal „hüpfen“ sie auch von Großstadt zu Großstadt. Sie entstehen z.T. auch in Regionen mit viel Sprachkontakt (Mehrsprachigkeit). Und oft genug finden sie ihren Weg aus einer Fachsprache (z.B. IT) oder der Jugendsprache in den allgemeinen Sprachgebrauch.

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