Es gibt immer mehr Automatisierung, alle Arbeitsprozesse sind immer effizienter geworden. Eigentlich müssten wir deutlich weniger arbeiten müssen als früher. Ich kann da das Buch „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“ von Sara Weber sehr empfehlen.
Wir alle schuften dafür, dass ein paar Superreiche z.B. privat ins Weltall fliegen können.
Leider
Die Diskussion hatten wir hier (oder in einem anderen Thread?) gerade: Ich stimme dir grundsätzlich zu, dass viel zu viel Wohlstand von den Reichsten der Bevölkerung abgegriffen wird. Aber ein guter Teil der Produktivitätsgewinne der Mittelschicht geht auch für den Lebensstil der Mittelschicht drauf. Zwei Autos, großes Eigenheim, netter Urlaub und Städtereisen, frühe Rente, jährlich neue schicke Kleidung und Schuhe, Ganztagskita und Ganztagsschule usw. muss alles bezahlt werden.
Wer dagegen bereit ist, den Konsumanteil am eigenen Lebensstil zu reduzieren, der kann zumindest jenen Teil der Produktivitätsgewinne voll genießen, der nicht in einer Marsrakete verfeuert wird und zum Beispiel die eigene Arbeitszeit deutlich reduzieren .
Die Frage, die sich mir oft stellt (oder immer öfter) , ist das genannte wirklich das Erstrebenswerte, wofür man viel arbeitet, familiäre Bindungen zurück stellt, vielleicht sogar seine Gesundheit belastet?
Legen wir nicht oft Zuviel Zeit und Ehrgeiz darauf, ein schickes teures Auto zu besitzen, das die Nachbarn sehen (Status), aber was quasi 20 von 24 Stunden am Tag irgendwo alleine rumsteht?
Oder das schicke Eigenheim, mit Grundstück für die Kinder? Die mit 14 kaum noch zuhause sind und zu Ausbildung und Studium wegziehen? Bei dem man dann zu zweit im großen Haus sitzt und versucht alles sauber und instand zu halten?
Alles subjektiv und sehr philosophisch, sicher.
Aber legen wir den Fokus nicht zu sehr auf materielle, konsumorientierte Dinge (auch zu Lasten unserer Umwelt), statt auf eher zwischenmenschliche Aspekte?
Wir sprechen darüber, der Vollzeitarbeit willens unsere Kinder möglichst früh und Ganztags abzugeben, um mehr Wohlstand zu erlangen. Wofür genau?
Nur mal als Gedanke zum Thema Wert der Arbeit und Arbeitskraft…
Aber muss das nicht „konsumiert“ werden, damit unser heutiger Kapitalismus funktioniert? Wird dieses Verhalten nicht ständig beworben und darf man sich dann wundern, dass Menschen so leben wollen? Und am Ende: Wo landet denn dann der Großteil des ausgegebenen Geldes? Doch auch wieder bei der kleinen Gruppe noch reicherer Menschen.
Klar, da stimme ich dir in allen Punkten zu. Aber jeder Mensch (mit genug Geld bzw. Einkommenspotenzial) kann am Ende ja frei entscheiden, ob er/sie sich zum Teil der kapitalistischen Konsumlogik macht oder sich für einen anderen Lebensentwurf entscheidet. Zum Konsum wird man im Allgemeinen nur ermutigt, nicht gezwungen. Und niemand schuldet „dem Kapitalismus“ irgendetwas.
Das ist von meiner Seite auch keine persönliche Kritik an irgendjemandem. Ich konsumiere auch teilweise auf blödsinnige Art und Weise. Aber wenn ich Bekannte reden höre, die einerseits tausende Euro für Urlaube ausgeben und andererseits darüber klagen, dass man sich heute als Doppelverdienerhaushalt kein Eigenheim mit Garten in der Nähe der Großstadt mehr leisten kann, dann ist für mich da auch die Erwartungshaltung das Problem.
Da gibt es verschiedene Begriffe und Konzepte, z.B. Konsumismus/Konsumerismus, Konsumgesellschaft, Konsumkapitalismus.
Auf der einen Seite kann man sagen, dass der erhöhte Konsum zu Skaleneffekten führt (sprich: es ist pro Stück billiger, 100.000 von irgendwas zu produzieren als nur 1.000), was netto der Gesellschaft zugute kommen kann. Auf der andern Seite haben wir Konsum als „Ersatzreligion“, wo das Konsum selbst als erstrebenswert vermittelt wird, und die einhergende Zerstörung der Umwelt, die globale Gesellschaft langfristig schädigen wird. Fragt sich, ob das irgendwie in Einklang gebracht werden kann.
Prinzipiell kann man frei entscheiden.
Doch dauerhafte „Marketing-Beeinflussung“, und sei es nur durch die Bilder, die in TV-Serien propagiert werden, prägen und sozialisieren ja auch.
Dazu unterliegt der Mensch auch einem sozialem, gesellschaftlichen Druck.
Die von Dir beschriebene Erwartungshaltung gilt ja auch von Seiten der Gesellschaft an das Individuum.
Das fällt das freie Entscheiden nicht so leicht.
Zudem, wie oben gesagt, ist Konsum nunmal die Triebfeder unserer Marktwirtschaft. Konsum drastisch zu reduzieren, ja selbst nur zu hinterfragen, rüttelt schon gewaltig an unserem Wirtschaftsprinzip.
Da bin ich mir nicht sicher. Wenn Unternehmen systemrelevant sind und Arbeitsplätze von staatlicher Seite gerettet werden, wird der Erhalt des Kapitalismus höher bewertet als es der Kapitalismus selbst tun würde.
Wie viel Ware wird jährlich vernichtet, weil sie keiner kauft?
Die meisten Menschen sehen nicht den Berg an Arbeit, der hinter z.B. zwei großen Autos steht. Parken: auf der Straße mit langem Fußweg oder in einer extra gemieteten Garage oder das Haus braucht eine Doppelgarage. Oder man parkt hintereinander im Carport und davor in der Einfahrt, muss ständig manövrieren. In der Zeit wäre man längst mit dem Bus/Rad/zu Fuß am Ziel. Die Autos müssen betankt werden, je größer und schwerer, desto mehr Benzin (und desto mehr CO2 emitieren sie, das macht ein schlechtes Gewissen). Sie müssen zum TÜV und zur Inspektion. Und um das alles zu finanzieren, muss viel gearbeitet werden. Deshalb braucht man ganztags Fremdbetreuung für die Kinder. Fürs Kochen ist keine Zeit, dann werden Fertiggerichte gekauft/Essen beim Lieferdienst bestellt, das führt zu Bergen von Verpackungsmüll. Der muss getrennt werden, man braucht riesige Mülleimer im Haus und riesige Mülltonnen draußen. Die Müllabfuhr kommt fast jeden Tag: Montag Altpapier, Dienstag gelbe Tonne, Mittwoch Biomüll, Donnerstag Restmüll. Früher kam einmal die Woche die Müllabfuhr. Papier und Glas haben wir einmal pro Monat zum Container gebracht. Heute finden die Müllentsorger nicht genug Arbeitskräfte. Aber so viele Mitarbeiter bräuchten sie gar nicht, wenn es weniger Verpackungsmüll gäbe.
Das große Haus mit dem großen Garten muss auch durch viel Arbeit finanziert werden. Das Haus muss geheizt und geputzt, der Garten muss gepflegt werden.
Neue Kleidung und Schuhe müssen auf langen Shoppingtrips mit enormen Nebenkosten (Parkhaus, Kaffee zwischendrin, Spontankäufe) besorgt werden. Oder man bestellt online, was viel Verpackungsmüll und Frust mit sich bringt. Dazu kommt das schlechte Gewissen, weil wir inzwischen wissen, dass viele Retouren auf dem Müll landen. Die Ware hat oft miese Qualität, weil sie billig in Südostasien produziert wurde (noch mehr schlechtes Gewissen wegen der dortigen Arbeitsbedingungen) und ja auch nur eine Saison halten soll. Dann muss man wieder Marie-Kondo-Videos gucken, um sich zum Ausmisten aufzuraffen und wohin nur mit den Altkleidern? Denn auch da wissen wir inzwischen, dass wir kein gutes Werk tun, wenn wir sie in den Sammelcontainer werfen.
Das einfache Leben ist eben einfacher. Man arbeitet weniger, hat mehr Zeit zum Leben, zum Kochen und für die eigenen Kinder, spart viel Geld/muss nicht so viel verdienen und schont auch noch die Umwelt. Man hat auch viel weniger Frust und schlechtes Gewissen.
Meine Kinder sind noch nie geflogen, waren aber schon in 12 der 16 Bundesländer. Auslandsreisen sind etwas Besonderes, das man ganz bewusst machen sollte, um andere Länder/Sprachen/Kulturen kennenzulernen. Kleinkindern ist egal, ob sie auf Malle, in der DomRep oder am Baggersee buddeln und plantschen. Uns ist wichtig, dass sie lernen, mit ihren Sachen sorgsam umzugehen, Second Hand etwas Gutes ist und wie man Sachen repariert. Nicht, dass sie ständig die neueste Mode auf dem Schulhof vorweisen können.
Billig produzierte Ware hält oft nicht lange, sodass man dieselbe Ware ständig neu kaufen muss. Am Ende spart also nicht der Verbraucher, sondern die Reichen werden nur wieder reicher. Dazu kommt, dass wir den Billigkram auch entsorgen müssen, besonders bei Altkleidern haben wir da inzwischen ein enormes globales Problem, sowohl auf der Produktionsseite (Arbeitsbedingungen in Bangladesh, Wasserverbrauch beim Baumwollanbau etc.) als auch bei der Entsorgung.
Dass der ständige Konsum uns glücklich macht, ist eine Lüge, die uns die Werbung täglich ins Gehirn hämmert. Ich bin glücklich z.B. mit meinen Winterschuhen un der Winterjacke von 2007. Und wer mich nach meiner Kleidung beurteilt, ist für mich eh als Gesprächspartner uninteressant.
Deshalb ist Bildung enorm wichtig!
Kinder müssen von Klein auf lernen, worauf es im Leben ankommt und was das alles kostet.
Dann rütteln sie auch mit uns zusammen an diesem zerstörerischen Wirtschaftsprinzip.
Rütteln für den Frieden!
Rütteln gegen die Umweltzerstörung!
Rütteln gegen den Klimawandel!
Tatsächlich eine Frage des Mindset.
Das Arbeit eine zentrale Rolle im Lebensalltag spielt, ist ja durchaus sinnvoll. Der Mensch benötigt eine sinnstiftende ausfüllende Tätigkeit, auch um eine Lebensstruktur zu haben.
Doch die Sinnhaftigkeit stelle ich immer mehr in Frage. Auch die Schwerpunktsetzung (Produktion von Konsumgütern wird höher bewertet als soziale Tätigkeiten).
Ich glaube, wenn jeder seine individuellen Schwerpunkte mal überdenkt, wäre der (Um-)Welt schon sehr geholfen
Mit viel Konsum ist man von der Arbeitsstelle auch so abhängig, dass man da manchmal Dinge tun muss, die man schlecht mit dem eigenen Gewissen vereinbaren kann. Um sich davon abzulenken, wird noch mehr konsumiert. Ein Teufelskreis.
Arbeit ist natürlich wichtig. Aber schon die Arbeit im eigenen Haushalt, im Garten, die Erziehung der eigenen Kinder, die Pflege der Eltern etc. ist ja auch sinnstiftende Arbeit. Und unsere Gesellschaft funktioniert nur mit Arbeitsteilung, weil niemand sich gleichzeitig mit allem wirklich gut auskennen kann. Wir brauchen Fachleute in Medizin, Kinderbetreuung, Landwirtschaft etc. Aber wir brauchen nicht so viel Arbeit, wie immer behauptet wird. Für mehr Wohlstand müssen wir weniger arbeiten, wenn wir Wohlstand so definieren, dass wir nicht im Burnout, mit Herzinfarkt, im Müllberg oder auf einem unbewohnbaren Planeten enden wollen.
Ich glaube, da liegt des Pudels Kern und der ist: Über die Bildungsinhalte unseres Nachwuchses entscheiden Menschen, die das ganz anders sehen. Die wollen nicht, dass da großartig gerüttelt wird, weil da auch am eigenen Posten gerüttelt würde.
Bildung ist ja nicht nur, was die Schule Kindern beibringt. Das beginnt doch schon lange vorher und parallel im Elternhaus. Und man hat ja auch Kontakt zu Nachbarkindern, Freunden der eigenen Kinder, Patenkinder, Neffen, Nichten etc.
Außerdem kommt es in der Schule immer auf die Schulleitung und auch auf die einzelnen Lehrkräfte an. Meine Kinder sind an einer Schule, in der viel über Globalisierung, Rassismus und aktuelle Nachrichten mit den Kindern geredet wird.
Innerhalb einer Firma ja, aber sobald es Kontakt zu Kunden im Deutschsprachigen Raum (Branchen unabhängig) gibt, wird deutsch mindestens C1 erwartet (ich habe mit Personal zu tun, ich kenne viele Stellenausschreibungen) Bei diesen „Kunden“ spreche nicht von großen Internationalen Playern im Automotiv Bereich bspw, ich spreche von den vielen Mittelständischen Firmen die wir in Deutschland haben. Bei denen arbeiten sehr viele Menschen absolut keine Lust haben englisch zu sprechen.