Zunächst mal vorne Weg, ich halte die Art und Weise der Auseinandersetzung mit der AfD für falsch, weil es aus meiner Sicht die AfD stark macht.
Die Antwort auf diese Frage hat mehrere Dimension. Die erste Dimension: Quantitativ. Hier hilft die Studie der Uni Mainz die von der Enquete-Kommission zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Auftrag gegen wurde und im Mai letzten Jahres vorgestellt wurde.
Die Forschenden hatten dafür über von April bis Juni 2023 mehr als 9.300 Nachrichtenbeiträge aus Rundfunk-, Online- und Printmedien analysiert.
So ist in öffentlich-rechtlichen Formaten insgesamt zu 33 Prozent über die SPD berichtet worden, zu 28 Prozent über die Grünen und zu zwölf Prozent über die FDP. Über die oppositionelle Union aus CDU und CSU wurde in 19 Prozent der Beiträge berichtet, über die AfD in fünf Prozent und über die Linkspartei in drei Prozent."¹ (Uni Mainz)
Die zweite Dimension betrifft die Behandlung der AfD in Talkshows, wenn sie dann mal dabei waren. Häufig dominierte eine der vielen verbalen Entgleisungrn eines AfD Mitglieds die Diskussion, sodass inhaltliche Auseinandersetzungen weitgehend vermieden wurden. Dadurch konnten sich AfD-Akteure oft auf ihre Opferrolle berufen. Das förderte bei den Zuschauern, ihre Proteststimmung auf Figuren wie Weidel zu projizieren, ohne dabei kritisch zu hinterfragen, ob beispielsweise auch Maßnahmen wie Kürzungen beim Bürgergeld von der AfD in Betracht gezogen werden, die dem ein oder anderen AfD Sympathisanten sicher missfallen.
Beispielsweise wurde die Deindustrialisierung in Deutschland lange ignoriert oder als rechte Panikmache abgetan (auch hier in der Lage) - mich hat das völlig entsetzt - weil Wirtschaft so ein starkes Thema ist, dass im Krisenfall alles überlagert. (Umweltschutz, Soziale Themen, Digitalisierung)
Zweites Beispiel: Als Abonnent der Süddeutschen Zeitung wundere ich mich immer wieder, wie wenig kritisch über die Europäische Union berichtet wird. Da lese ich mehr in der NY Times. Für mich ist die EU das wichtigste Projekt unserer Zeit und der Schlüssel zur Lösung zahlreicher zentraler Herausforderungen. Umso bedauerlicher finde ich, dass ihre kritische Reflexion oft zu kurz kommt – immer mit der Befürchtung, dies könnte antieuropäische Kräfte stärken. Meiner Meinung nach ist genau das Gegenteil der Fall: Nur durch eine ausgewogene, wohlwollende und zugleich kritische Auseinandersetzung können wir die Handlungsfähigkeit und Legitimität der EU nachhaltig stärken.
Ich möchte mit diesen Aussagen wirklich niemanden persönlich angreifen, aber es kann doch nicht sein das wir diese aktuell so starke AfD nur auf die Bildzeitung und die CDU schieben.
¹https://www.polkom.ifp.uni-mainz.de/files/2024/01/pm_perspektivenvielfalt.pdf