Nicht nur über Bayern fürchte ich. Und es zeigt auch, was warum Söder die Causa für beendet erklärt hat.
Auch das Gegenteil scheint der Fall zu sein.
Nicht umsonst ist die AFD auf dem Gillamoos mit keinem Wort auf die Affäre eingegangen.
Die FW sind in Bayern gerade eine echte Alternative für AFD-Wähler und das zu Recht.
Man stelle sich vor, die 15% AFD-Wähler würden jetzt FW wählen, dazu noch 5% sonstige, die dem Aiwanger den Rücken stärken wollen. Ein Ministerpräsident Aiwanger wäre in Reichweite, die Koalition hätte vielleicht sogar eine zweidrittel Mehrheit und das in dem Wissen, wem sie die zu verdanken hat.
Die AFD ist in Bayern gerade nicht die einzige Gefahr.
Kleine Anekdote am Rande: beim Männerschaulaufen auf dem Gillamoos setzt ausgerechnet die AFD auf zwei Frauen.
Der Vergleich ist natürlich die letzte INSA-Umfrage im Juli. Bei Forsa etwa lagen die Freien Wähler schon Anfang August, also vor der SZ-Recherche, bei 14%. Ist zwar der höchste Einzelwert seit der letzten Landtagswahl, aber man bräuchte noch ein paar mehr Umfragen um auszuschließen, dass es sich um Rauschen handelt.
Andererseits ist es beängstigend: Aus lähmender Angst, mit einer Entlassung Aiwangers den rechten Agitatoren in die Hände zu spielen, lässt man ihn gewähren.
Nö, in die AFD-Ecke stellen sich die Freien Wähler von ganz alleine. Sie jubeln und grölen um so heftiger, je mehr ihr Parteivorsitzender hetzt und spaltet. Der braune Sumpf kommt jetzt lediglich zum Vorschein, da das, was bisher sozial geächtet war, durch Leute wie Aiwanger wieder hoffähig und legitimiert wird.
Aus politischem Machtkalkül.
Söder handelt wegen der Wahlen so, wie er es tut. Opportunismus pur.
Damit verschiebt er Grenzen, während es eigentlich notwendig gewesen wäre, ganz klar festzustellen: Sowas wollen wir hier nicht. Es ist nicht tragbar, dass sich Aiwanger nicht konsequent von dem Inhalt des Flugblattes abgegrenzt + Selbstreflexion und Reue gezeigt hat. Wenn jemand sagt: Seit dem Erwachsenenalter bin ich kein Antisemit, spricht das für sich. Aber seine Entschuldigung war eine Nopolopy, eine Nicht-Entschuldigung.
Es ist Söders Verantwortung, dass er nicht den Mumm hatte dagegen zu halten, auch wenn er die Grünen zur Absetzung Aiwangers gebraucht hätte. Und wieder rückt unser Land weiter nach rechts.
Bisher dachte ich, ich müsste bald aus Frankreich weg, weil es stark nach rechts rückt. Wenn ich mir Gillamoos-Reden ansehe, bin ich nicht sicher, ob Deutschland nicht gerade rechts überholt.
Ich bin nicht bereit, immer alles zu entschuldigen. Wer FW oder AfD wählt, macht sich mitschuldig an allem, was noch passieren könnte. Wer einen Vize im Amt lässt, obwohl er sich nicht richtig von Antisemitismus distanziert und klar demokratiefeindlich redet, macht sich mitschuldig.
Gab ja auch Parteien Rechts der CSU mit tiefen: Wir haben 1991 unseren Schuldirektor auf einer Veranstaltung der Republikaner erwischt. Wenn man sich kulturell da annähern will: Der Huaba - Hans Söllner.
Die Abwesenheit extrem Rechter Parteien, wenn die Union nur Rechts genug ist, das ist eine Legende, die nicht der Wahrheit entspricht, sondern dazu dient die schon lang existierende Zusammenarbeit in dem Bereich unter den Teppich zu kehren.
Richtig, er weiss, dass er keine absolute Mehrheit mehr bekommt, und will partout nicht mit den Grünen koalieren. Die SPD scheidet selbstverständlich auch aus, also braucht er die 10-12%, die aktuell die Freien Wähler mitbringen.
Klar gab es auch schon vor der AfD Parteien rechts der Union. Nur waren die praktisch irrelevant, da sie de dacto keinen Einfluss auf die Bildung politischer Mehrheiten hatten. Das ist ja der Zustand, den u. a. die Union heute anstrebt und auf den das Argument abzielte, gegen das ich mich gewandt hatte.
Nicht Einfluss im Sinne von demokratischen Mehrheiten … aber im Sinne von ‚Moving the Overton Window‘ schon. Die CSU hat das schon Jahrelang als Argument benutzt um ihre Rechtslastige Politik zu rechtfertigen.
Aber ja, die Reps, NPD und co hatten weit nicht den politischen Einfluss wie die AFD heute.
Eben. Und ich wäre skeptisch, ob der Einfluss von NPD, DVU & Co auf die CDU & CSU wirklich größer war als umgekehrt. Die haben halt eine Nische bedient, der Großteil der Menschen mit entsprechenden Überzeugungen hat brav Union gewählt - und das ist der historische Unterschied um den es mir ging. Ist ja hier kein Oberseminar über Rechtsparteien in der BRD
Sorry, da verbringe ich zu viel zeit mit. Manchmal kann ich es nicht ablegen.
Also hier bei der SZ klang das schon etwas anders:
Das war als Reaktion auf die Eurokrise und selbst die 2013 gegründete Afd war damals noch eine ganz andere Partei. Die echte Radikalisierung kam dann erst mit Pegida als Reaktion auf die Migrationskrise. Auch wenn Aiwanger schon immer Rechtspopulist ist und mit dem rechten Rand geflirtet hat, finde ich muss man da schon genau sein.
„Dass sein Ex-Lehrer schon viel früher in diesem Landtagswahljahr versucht habe, „belastende Fakten über Hubert Aiwanger zusammenzutragen“, habe er ganz nebenbei erfahren. „Im Frühjahr hat es ein Abiturienten-Jahrgangstreffen gegeben, bei dem auch mein Ex-Lehrer anwesend war. lch weiß von Teilnehmern, dass er dort mit einem alten Schwarzweilß-Klassenfoto von Aiwanger regelrecht von Tisch zu Tisch ‚hausieren‘ gegangen ist und die Anwesenden gefragt hat, ob sich jemand an Hubsi (Hubert Aiwanger, Anm.d.R.) erinnern könne.„“
Erstens spielt das zur Beurteilung von Aiwangers Verhalten heute keine Rolle.
Zweitens finde ich diese Berichterstattung aufgrund einer online Auskunft eines Mitschülers fragwürdig.
So kann man es sehen, aber differenzieren sollte man doch. Die FW waren ehemals eine „Nicht-Partei“. Auf kommunaler Ebene haben sich Leute einen Namen gegeben, die sich durchaus um das Gemeinwohl (lokal) gekümmert haben, die aber nicht einer Partei angehören wollten. Aiwanger hat, machtpolitisch geschickt, daraus eine Partei konstruiert. Viele der FW-Mitglieder haben aber immer noch die Mentalität von ehedem, sind keine Aiwanger-Anhänger, wollen ihre Kommunalpolitik machen. Ich glaube, die wurden von dieser Affäre überrascht und sind überfordert, die Sache vor einem nicht mehr lokalen und eben auch historischen Hintergrund einzuordnen. Dass sie sich jetzt trotzdem mit Aiwanger solidarisieren, lässt nicht unbedingt auf eine rechte Gesinnung schliessen. Es ist auch eine natürliche Reaktion, nämlich, dass eine Gruppe durchaus mit internen Differenzen sich enger zusammenschliesst bei einem echten oder vermeintlichen Angriff von aussen. Da vergisst man schnell mal die ungeliebten Seiten des Anführers.
Klar, man muss die Augen schon fest zumachen, um im Falle Aiwanger keine Bauchschmerzen zu haben. Dennoch würde ich diesen Teil der FW nicht als rechtsorientiert ansehen. Diese Leute haben jedoch nicht das Wohl des Weltganzen im Sinn - das hat aber auch die SPD nicht!
Den möchte ich kurz widersprechen. Söder handelt aus Überzeugung so. Mit Wahl hat das wenig zu tun.
Meine Begründung sieht wie folgt aus:
Würde Söder sich deutlich distanzieren aber eine Entlassung ablehnen wollen, könnte er sagen, nach der Wahl auf keinen Fall mehr einen Minister Aiwanger in seinem Kabinett zu dulden.
Hat er dies getan? Nein!
Natürlich hat er sich fleißig darum bemüht, keinen anderen Koalitionspartner mehr zur Verfügung zu haben. So muss Herr Söder zwangsläufig mit dem freien Wählern koalieren.
Markus Söder und Überzeugungen? Ein kurzer Blick in die Vergangenheit zeigt doch ein ständiges hin und her von Positionen. Egal ob Atomausstieg, Corona, Verhältnis zu den Grünen. Nicht umsonst sagt man, dass er seine Positionen wechselt wie seine Unterhosen. Der Mann ist Opportunist und hat ein Gespür dafür wann sich die öffentliche Meinung dreht und springt dann auf den Zug auf.
Im Wahlkampf war von Anfang an der Ton gesetzt, auf keinen Fall mit den Grünen. Da macht es für ihn nur Sinn die FW nicht fallen zu lassen. Und Hubert Aiwanger ist aktuell die FW. Er hat sich ja durch seine Distanzierung und „es darf jetzt nichts mehr hinzukommen“ eine Hintertür offen gelassen um nach der Wahl Aiwanger abzusägen oder aufs Abstellgleis zu stellen.
Jedenfalls zeigen Umfragen, dass er den richtigen Weg gefunden hat um in den Wahlen zu profitieren.
Till Reiners sagte neulich so schön in einem Podcast: „Man kann sich sicher sein, dass Markus Söder auf jeden Fall immer das tun wird, was richtig ist - für Markus Söder“.
Ob man das nun Kalkül, Strategie, Opportunismus oder Überzeugung nennt, ist m. E. relativ egal. Fakt ist, dass Söder sich auf eine „bürgerliche“ Koalition mit den FW festgelegt hat, dass sein gesamter Wahlkampf darauf basiert und dass ein tatsächliches Abschmieren der FW für ihn der Super-GAU wäre.
Abgesehen davon muss die Causa Aiwanger wohl nun als Causa Aiwanger/Söder bezeichnet werden. Söders Empfehlung an Aiwanger, sich doch bitte bei irgendeiner Jüdischen Gemeinde oder KZ-Gedenkstätte Absolution erteilen zu lassen spricht Bände. Hier ein guter Kommentar dazu.
Außerdem noch eine fundierte Einschätzung, was die Causa über den Stand unserer Erinnerungskultur aussagt, von Hans-Christian Wagner, dem Leiter der thüringischen NS-Gedenkstätten (u. a. Buchenwald):
Hier ein meiner Meinung nach grandioser Kommentar von Luisa Neubauer zu der Sache.
Sehr treffend zu „WTF is Gillamoos“ auch Jagoda Marinić und Fatih Çevikkollu: