Aiwanger: Skandal um antisemitisches Flugblatt - Unschuldvermutung

Disclaimer: Ich bin kein FW-Wähler, noch nicht einmal ein konservativer Wähler und Hubert Aiwanger‘s Äußerungen gehen wir sehr oft ziemlich auf den Zeiger. Außerdem habe ich seit über 40 Jahren die Süddeutsche Zeitung abonniert.

Dessen ungeachtet: Die Süddeutsche Zeitung scheint sich in diesem Thema völlig verrannt zu haben und hat eine Debatte um eine Person des öffentlichen Leben initiiert, die ich nicht nur für unseriös halte, sondern die die spalterischen Tendenzen in der politischen Diksussion nochmal ordentlich anheizt und beschleunigt.

Wie seht ihr das?

Edit: Siehe meine Anmerkung im nächsten Post

Dies sind die Fakten, die Süddeutsche recherchiert und berichtet hat:

  • Hubert Aiwangers älterer Bruder Helmut Aiwanger hat im Schuljahr 1987/88 ein wirklich abstoßendes, völlig inakzeptables antisemitisches Flugblatt geschrieben. Ob und wie er es verteilt hat, ist nicht bekannt. [edit: Tatsächlich ist nicht erwiesen, dass Helmut Aiwanger tatsächlich der Autor ist oder ob dies eine Behauptung ist, um seinen Bruder Hubert aus der Schusslinie zu holen]
  • Gem. eines von der SZ beauftragten Schriftgutachten wurden die Flugblätter sehr wahrscheinlich auf der gleichen Schreibmaschine geschrieben wie Hubert Aiwangers (schulische) Facharbeit.
  • Offenbar gibt es Zeugen (Lehrer) aus dem damaligen Umfeld des Burkhart-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg, die Hubert Aiwanger in Verbindung mit dem Flugblatt bringen: Es wurden Flugblätter in seinem Schulranzen gefunden und er war dafür Bestraft worden.
  • Konfrontiert mit diesen Recherchen und mehreren Fragenkatalogen habe Hubert Aiwanger zunächst mehrfach schriftlich bestritten, mit dem Flugblatt „in Verbindung zu stehen“ (so die Formulierung der SZ).
  • Zuletzt hat er schriftlich zurückgewiesen, in seiner Schulzeit das antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben: Er habe „das fragliche Papier nicht verfasst“ und erachte den Inhalt als „ekelhaft und menschenverachtend“. Er räumte ein, dass „ein oder wenige Exemplare“ in seinem Schulranzen gefunden wurden, er sich nicht erinnere, ob er diese Verteilt habe, und dass er von der Schulleitung befragt wurde und als Strafe ein Referat über den Nationalsozialismus halten musste. Der wahre Verfasser des Papiers sei ihm bekannt und werde sich in Kürze selbst erklären.
  • Danach meldete sich Aiwangers Bruder Helmut und bekannte sich als Verfasser, weil „ich damals total wütend [war], weil ich in der Schule durchgefallen war." Später darauf angesprochen, warum sein Bruder die Flugblätter in seiner Schultasche gehabt habe, sagte er, sein Bruder Hubert habe womöglich damals die Flugblätter wieder eingesammelt, um zu „deeskalieren“.
  • Offenbar hat eine Abgeordnete der Freien Wähle bereits 2008, als sie das erste mal in den Bayerischen Landtag einzogen, im Schulumfeld recherchiert, inwiefern diese Geschichte auf Hubert Aiwanger zurückfallen könne. Diese Recherche sei kürzlich nochmal wiederholt worden.

Fortsetzung …

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Fortsetzung:

Einordnung:

  • In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Die letzten Umfragen (alle vor Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Aiwanger) deuten darauf hin, dass CSU und Freie Wähler eine stabile Mehrheit bekommen könnten.
  • Söder hat sich im Wahlkampf auf die Freien Wähler als Koalitionspartner festgelegt.
  • Mir ist kein Fall bekannt, in dem Huber Aiwanger sich in irgend einer Weise antisemitisch geäußert oder verhalten hätte

Söder hat ihn jetzt zu einer außerordentlichen Koalitionssitzung „eingeladen“ und man hat ihm nach einer (offenbar nicht zur Zufriedenheit der CSU verlaufenden) Befragung einen Katalog mit 25 Fragen vorgelegt, die er zu beantworten versprachen.

Natürlich springen alle möglichen mehr oder weniger bekannten Politiker aus anderen Parteien (einschl. Bundeskanzler Scholz) darauf an, instituieren seine Schuld oder fordern Antworten bis hin zu Aiwangers Rücktritt als stellvertretender Ministerpräsident, als Wirtschaftsminister, als Vorsitzender der Freien Wähler, als Landtagsabgeordneter und ich weiß nicht nicht was.

So sehr ich mir wünsche, dass Aiwanger in der deutschen Politik keine Rolle spielte: Mich widert dieser politische Stil und auch die Berichterstattung der SZ an!

  1. Selbst wenn er der Verfasser des widerlichen Pamphlet wäre: Wer von Euch möchte nach über 40 Jahren aufgrund einer falschen Entscheidung als Jugendlicher seinen Job, seine Reputation und den Respekt seiner Umwelt verlieren?
  2. Die Version, dass sein älterer Bruder dieses Flugblatt auf seiner Schreibmaschine verfasst hat, er die Flugblätter eingesammelt hat, um Schaden von seinem Bruder abzuwenden und dann auch noch die Schuld gegenüber der Schulleitung auf sich genommen hat, ist erst einmal nicht unglaubwürdig, weil nicht unplausibel. Ich finde, in so einem Fall gilt auch für die Presse eine Unschuldsvermutung, bis weitere Fakten gefunden werden, die dem widersprechen. Das ist bislang nicht der Fall. Dass Aiwanger und/oder die FW 2008 und nachdem die SZ diese Geschichte recherchert hat, bei damaligen Zeugen vorfühlen lässt, wie man sich dort verhalten wird, ist ebenso plausibel wie auch nicht verwerflich - vorausgesetzt, dass die Version nicht widerlegt wird.
  3. Es ist journalistisch mehr als fragwürdig und unsauber, Aiwanger der Lüge zu bezichtigen, weil er einen langen Fragekatalog pauschal beantwortet hat, ohne auf die Fragen einzeln einzugehen, z.B. auch auf die Frage, ob die besagten Flugblätter in seinem Schulranzen gefunden wurden und dafür bestraft wurde.

Edit am 2.9.23: Nach allem, was in den letzten Tagen noch alles über Aiwanger bekannt geworden ist und auch durch das eine oder andere Argument hier, ziehe mich meine Kritik an der SZ zurück. Siehe mein Post vom 2.9.**

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Übermedien: Die SZ macht vor, wie man nicht über einen Fall wie Aiwanger berichten sollte

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Mir scheint die Stoßrichtung der Ausgangsrecherche in deiner Zusammenfassung vollkommen irreführend widergegeben worden zu sein. Die Recherche der SZ folgt einer klaren Narration, für die das antisemitische Pamphlet lediglich den Auftakt darstellt. Die Darstellung zielt vielmehr auf die Kontinuität rechtsradikaler Aktivitäten und Umtriebe Aiwangers seit seiner Schulzeit bis zu seiner berüchtigten demokratiefeindlichen Erdinger Rede.

Die Chronologie ist dabei etwa so: Der Schüler Aiwanger ist durch rechtsextreme Machenschaften aufgefallen. Das Flugblatt, das bei ihm gefunden und für das er bestraft wurde, ist dabei nur ein Indiz. Außerdem berichtet die SZ, dass Aiwanger als Mensch mit rechtsextremer Gesinnung bekannt gewesen sei - so habe er etwa Hitler-Reden vor dem Spiegel einstudiert. Die nächste Station ist der explizite Rechtsruck, den Aiwanger den Freien Wählern bei seiner Übernahme des Vorsitzes gegeben hat. Markus Söder hat Reden Aiwangers schon Mitte der 200er Jahre als „extrem“ bezeichnet. Dann fiel Aiwanger um 2012 vor Gründung der AfD mit Kontakten ins spätere AfD-Umfeld sowie mit Aussagen, die gewissermaßen AfD-Rhetorik avant la lettre waren, auf. Schließlich die an rechtsextreme Verschwörungstheorien anschlussfähigen Aussagen Aiwangers in der Pandemie und kürzlich in Erding. So wird auch begründet, warum sich der Lehrer an die Presse gewandt hat. Er habe die Hetzschrift, die bei Aiwanger gefunden wurde, erst als „Jugendsünde“ angesehen, dann nach der Erdinger Rede aber die Kontinuität im Denken von Aiwanger bemerkt. Die These hinter dem Artikel ist also viel mehr, dass hier jemand immer schon rechtsextrem eingestellt und das auch weithin bekannt war, dies aber als Machtoptionen existierten niemanden mehr interessiert hat.

Die Sache mit der „Unschuldsvermutung“ ist dann auch wieder so ein Ablenkungsmanöver. Die SZ hat berichtet, dass Aiwanger mit dem Flugblatt aufgegriffen wurde und dass er als Urheber desselben bestraft wurde. Aiwanger hat das nicht bestritten und es scheint ja auch zu stimmen. Verjährt ist das ohnehin längst - ob es sich hier um justiziables Verhalten handelt ist also weitgehend irrelevant.

Dann bleibt auch die wirklich haarsträubende Reaktion Aiwangers: Er hat es bis zu letzt zu leugnen versucht und dann erst nach dem Fallout plötzlich die angebliche Geschichte mit dem Bruder präsentiert. Weil er niemanden „verpfeifen“ wollte. Also scheint es, wenn das mit dem Bruder stimmt, im Hause Aiwanger normal zu sein, die Urheber antisemitischer Hetzschriften zu decken und auf Frustrationserfahrungen mit denselben zu reagieren. In jeder Hinsicht widerlich.

Der SZ-Chefredakteur hat das heute auch in einem Kommentar zusammengefasst:

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Ja, Herr Aiwanger ist hochgradig (rechts)populistisc.
Dass er rechtsradikal oder -extrem ist, ist m.W. nicht belegt.
Und schon gar nicht antisemitisch.

Ich bin täglicher Leser der Süddeutschen. Eine solche Verbindung hat auch die SZ in ihrer Berichterstattung über die Flugblätter nie hergestellt (auch nicht Herr Krach).

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Ich habe gar nicht die Stoßrichtung der Recherche wiedergegeben, sondern die Fakten, die sich aus der Recherche herauslesen lassen.

Der Anspruch der Unschuldsvermutung auch in der journalistischen Arbeit ist kein Ablenkungsmanöver, sondern das, was es eben ist: (M)ein Anspruch an journalistische Arbeit. Die SZ darf gerne über ihre Rechercheergebnisse berichten. Ihn aber als Täter zu insinuieren und als Lügner abzustempeln, überschreitet journalistische Grenzen.

Er hat geleugnet, das Flugblatt verfasst zu haben. Innerhalb der Version, die er und sein Bruder erzählen, ist das völlig korrekt. Er hat nie geleugnet, dass Flugblätter in seinem Schulranzen gefunden wurden - er hatte diese Frage einfach zunächst nicht beantwortet (auch innerhalb seiner Version nachvollziehbar).

Die Aussagen eines Bruders bestätigen dies. Ich halte es für wenig wahrscheinlich, dass der Bruder heutzutage fälschlicher Weise als Autor eines solch ekelerregendes Pamphletes bezichtigt, um seinen kleinen Bruder zu schützen. Der persönliche Schaden, den er in seinem persönlichen Umfeld damit in Kauf nehmen würde, ist einfach zu groß.

Die Reaktion von Hubert Aiwanger ist innerhalb der Version, die er uns erzählt, völlig schlüssig.

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Das verstehe ich nicht ganz. Die These, dass Aiwanger schon immer rechtsradikal war, steht doch explizit in der Recherche der Wochenend-SZ (meine Hervorhebung):

Nach Erding haben alle gefragt, ob sich da einer radikalisiert, einer wegtreibt, nach rechts? Aber vielleicht ist das die falsche Frage.

Vielleicht ist die Frage, ob dieser Hubert Aiwanger schon immer so getickt hat.

Und ob man das nicht früher hätte merken müssen.

Und Aiwanger wurde für seine Äußerungen über Impfungen bekanntlich vom Antisemitismusbeauftagten der baden-württembergischen Landesregierung gerügt.

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Also, in den Berichten für die recherchieren Fakten wurde so ein Zusammenhang m.W. nicht herstellt. Dass der Kommentator jetzt Fragen aufwirft, stellt eine solche Verbindung tatsächlich auch nicht mehr. Ist nicht mehr als was es ist: eine Frage!

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Aber nach meiner Erinnerung nicht für antisemitische Äußerungen, sondern für verschwörungserzählerische Insinuierungen. Auch nicht gut. Aber eben nicht antisemitisch.

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Ich hab jetzt nur die Berichterstattung ohne Paywall gelesen, und Auszüge als Screenshots auf Twitter, aber hat das wirklich die Süddeutsche so recherchiert? Meines Wissens ist das nur die Behauptung der Aiwangers, dass der Bruder das geschrieben hat, nachdem das mit der Schreibmaschine herauskam. Das kann stimmen, oder auch nicht. Für mich klingt das im Kontext der übrigen Geschichte aber eher wie „mein Hund hat meine Hausaufgaben gefressen“.

Es ist nunmal völlig üblich, dass in der Vergangenheit von Politikern nachgeschaut wird, was die so gemacht haben. Ob nun die Demoerfahrungen von Joschka Fischer oder die pubertären Tweets einer Sarah-Lee Heinrich. Fischer ist trotz massivem Gejaule von Union und Springer nicht zurückgetreten. Aber mir ist nicht bekannt, dass irgendjemand damals behauptet hätte, es wäre irgendwie verwerflich gewesen darüber zu berichten. Ohne Berichterstattung können sich die Leute keine Meinung darüber bilden, ob das nun eine „Jugendsünde“ war oder bis heute Spuren im Charakter zu finden sind.

Sorry, aber ich hab mich halb totgelacht, als ich das gelesen hab. Warum wurden die überhaupt in seiner Tasche gefunden? Wurden auf dem „linksradikalen Gymnasium“ im ländlichen Bayern (Aussage des Bruders) ständig irgendwelche Taschen auf Zufallsfunde untersucht, oder hat ihn vielleicht jemand dabei gesehen, wie er die Dinger verteilt hat, und hatte deswegen Grund einen Blick in die Tasche zu werfen? Wenn er die Flyer nur eingesammelt hat, weil er die so schlimm fand, wieso hat er das nicht zu seiner Verteidigung vorgebracht? Er hätte ja gar nicht seinen Bruder anschwärzen müssen, einfach nur sagen „die lagen auf den Tischen, ich fand die so ekelhaft, dass ich sie eingesammelt habe“.

Stattdessen bestreitet er selber nicht einmal, die Zettel verteilt zu haben, sondern macht den Scholz und „kann sich nicht mehr erinnern“. Also ich z.B. könnte sehr genau sagen, dass ich in meiner Jugendzeit keine Nazi-Pamphlete verbreitet habe.

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Falsch. Wenn er auf einen Fragenkatalog pauschal antwortet, dass er „die Behauptungen zurückweist“, aber später einige davon doch einräumt, dann hat er zu Beginn gelogen und gibt auch jetzt vielleicht nur das zu, was sich nicht mehr leugnen lässt. „Die Behauptungen zurückweisen“ ist nicht dasselbe wie „sich nicht dazu äußern“ o.ä.

Wie wärs denn mit folgender Hypothese: Beide haben die Flugblattaktion gemeinsam gemacht. Vielleicht hat Helmut tatsächlich an der Schreibmaschine gesessen, vielleicht auch nicht, aber nur Hubert wurde erwischt und hat seinen Bruder rausgehalten. Und jetzt begleicht der Bruder eben die Schuld.

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Vielleicht lohnt es sich hier die genauen Zitate aus den jeweiligen SZ-Artikeln anzubringen, die ich tatsächlich nicht als grenzüberschreitend interpretieren würde.

Aus der Ursprungsrecherche, in der Flugblatt zum ersten Mal erwähnt wird:

Die SZ hat mit rund zwei Dutzend Personen gesprochen, die Hubert Aiwanger aus dessen Schulzeit kennen, mit früheren Lehrkräften, früheren Klassenkameraden. Mehrere dieser Personen sagen, Aiwanger sei als Urheber dieses antisemitischen Pamphlets zur Verantwortung gezogen worden. Ein Lehrer, der damals dem Disziplinarausschuss angehörte, sagte der SZ, dieser habe „Aiwanger als überführt betrachtet, da in seiner Schultasche Kopien des Flugblatts entdeckt worden waren“. Ein anderer sagte, Aiwanger habe seine Urheberschaft nicht bestritten. Ein schwerer Verdacht, den der Sprecher des Freie-Wähler-Vorsitzenden auf Nachfrage bestreitet. […] Damals, am Gymnasium, soll Hubert Aiwanger eher glimpflich davongekommen sein. Mehrere Personen sagen, dass sich der Disziplinarausschuss der Schule mit dem Flugblatt befasst habe. Dass Aiwanger als Urheber zur Verantwortung gezogen wurde, ihm der Ausschuss zur Strafe ein Referat über das „Dritte Reich“ aufgebrummt habe. Ob er das Referat tatsächlich gehalten hat, darüber gibt es unterschiedliche Aussagen.

Aus dem Artikel von heute, in dem es um die Reaktion Aiwangers geht:

Am Montag, 21. August, antwortet der Sprecher Aiwangers am Morgen. Und zwar Folgendes: „Nach Rücksprache mit Hubert Aiwanger kann ich Ihnen als Sprecher weitergeben, dass Hubert Aiwanger so etwas nicht produziert hat, die Behauptungen zu seiner Schulzeit vor über 35 Jahren zurückweist und gegen diese Schmutzkampagne im Falle einer Veröffentlichung juristische Schritte inklusive Schadenersatzforderungen ankündigt.“ // "Er habe „so etwas nicht produziert“, damit ist das Flugblatt gemeint. Dass er aber wisse, wer es stattdessen verfasst habe, teilte Aiwanger zu diesem Zeitpunkt nicht mit, von seinem Bruder war da noch keine Rede. // Und zu allen anderen Fragen ließ er mitteilen, dass er „die Behauptungen zu seiner Schulzeit vor über 35 Jahren zurückweist“. Stimmt alles nicht, heißt das. Dabei hatte die SZ etwa gefragt, ob er sich für das Flugblatt verantworten musste. Das räumte Aiwanger Tage später ein. Ebenso die Tatsache, dass er bestraft wurde. Auch das war Teil des Fragenkatalogs, auch das wurde in der Antwort vom 21. August noch zurückgewiesen. Ebenso die Tatsache, dass die Flugblätter in seinem Schulranzen gefunden wurden. //

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Er hätte sich zu dem früheren Zeitpunkt auch schon zu der Frage äußern können, ob er diese Strafe akzeptiert habe oder sich gegen die Bestrafung durch den Ausschuss zur Wehr gesetzt habe. Wenn es ja angeblich einen Unschuldigen getroffen hat. Tat er nicht. Wieder bis zum Samstagabend. Da teilte er dann mit, dass es „weder damals noch heute“ seine Art sei, „andere Menschen zu verpfeifen“.

Die von mir zitierte Stelle ist nicht aus dem Kommentar, sondern aus der Ausgangsrecherche, in der die Hintergründe erstmals dargelegt werden.

Verschwörungstheorien über Impfungen gehören ja zum klassischen Repertoire antisemitischer Rede - und fallen als solche ins Zuständigkeitsgebiet von Antisemitsmusbeauftragten.

Die SZ versucht hier offensichtlich die Wahl in Bayern gezielt nach links zu beeinflussen. Aus Meiner Sicht wurde hier aber mal wieder nur ein Zug nach vorne gedacht, denn was sind die möglichen Outcomes?

Szenario 1, Der Angriff ist nicht erfolgreich: Aiwanger geht gestärkt aus der Sache heraus (analog Trump in den USA). Ggf. hat die Sache auch gar keinen Einfluss.

Szenario 2, Der Angriff klappt: Aiwanger tritt zurück, die FW sind deutlich geschwächt. Aber was machen die Wähler? Vermutlich fühlen die sich von „den Medien“ verraten und gehen nicht zu SPD, Grünen oder FDP, sondern zur AfD. Dann hat man den Salat.

Übersehe ich etwas, oder muss man hoffen dass der Angriff nicht klappt?

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Da stecken garantiert die Illuminaten dahinter.

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Oder es ist einfach eine journalistische Pflicht.
Der Herr Hubsi Aiwanger ist aktuell durch den Wahlkampf eine, in besonders hervorgehobener Art, wichtige öffentliche Person, und wenn die SZ von mehreren Personen belegte Aussagen zu Aiwangers Vergangenheit hat, die einen Einblick in seine rechtsextremen und antisemitischen Ansichten in seiner Jugend geben, dann finde ich diese Veröffentlichung vollkommen richtig und lobenswert.

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Mmm, die Erdinger Rede war krass. Klang wie Gauland. Ich kann das jetzt nicht korrekt definieren, für mich hat sie eine Grenze deutlich überschritten.
Für eine genaue Einordnung müsste man jetzt viele seiner Reden untersuchen.
Die genaue Differenzierung findet man bei der bpb (Bundeszentrale für politische Bildung), der übrigens auch gerade wegen der ach so verehrten Schuldenbremse Gelder gekürzt wurden. https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/41312/wann-spricht-man-von-rechtsextremismus-rechtsradikalismus-oder-neonazismus/

Ehrlich gesagt würde ich als Wählerin auch über 40 Jahre alte Vorfälle Bescheid wissen wollen, damit ich Politiker:innen besser einordnen kann. Ich kann dann sehen, wie er reagiert, was seine aktuellen Reden und Handlungen über ihn aussagen etc. Eine Art Gesamtbild.
Ich wäre auch dafür, niemanden etwas von vor 40 Jahren anzulasten, aber die Frage ist doch: Wie „tickt“ er heute?

Ich glaube kaum, dass der SZ-Bericht dazu führt, dass Aiwanger weniger Stimmen bekommt. Eher im Gegenteil.

Hier ist eine gute Zusammenfassung der bisherigen Entwicklungen, die - unter Verweis auf Stefan Niggemeier - auch noch einmal den Vorwurf der Lüge bekräftigt:

Krass, dass eine in München ansässige Zeitung über Vorwürfe gegen den stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten recherchiert! Zur Sache des Wahltermins ist vielleicht zu ergänzen, dass die Veröffentlichung gute zwei Monate nach der Erdinger Rede geschehen ist, die erst der Auslöser für den Leak der Vorwürfe durch den betreffenden Lehrer war. Früher als in diesem Sommer hätte sie also gar nicht passieren können. Es wäre m.E. journalistisch auch nicht gerade sauber, mit der Publikation bis nach der Wahl zu warten.

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Aus meiner Sicht definitiv ein gutes Thema für die Lage – auch weil es voll im Kompetenzbereich der beiden Hosts liegt.

Für mich gäbe es zwei relevante Fragen (die man vielleicht sogar in zwei separaten Threads behandeln könnte:

  1. Mal angenommen die Vorwürfe gegen Aiwanger stimmen. Ist der Forderung der SZ „Doch wer Pamphlete bei sich trug, in denen die ermordeten Juden verhöhnt werden, kann nicht Vizeministerpräsident bleiben“ dann gerechtfertigt?
  2. Wie professionell ist die Berichterstattung der SZ?

Zu 1: Spannende Frage: einerseits geht es um eine sehr schwere Verfehlung. Andererseits wäre der Betroffene zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen und es ist sehr lange her. Für mich wäre vor allem relevant, was Aiwanger in der Zeit zwischen 1988 und heute gemacht hat. Grundsätzlich würde ich niemanden heute einzig dafür verurteilen, was er in seiner Jugend getan hat. Selbst wenn er eine Neonazi-Vergangenheit hatte. Aber dafür müsste er in der nachfolgenden Zeit einen glaubhaften Sinneswandel an den Tag gelegt haben. Genau das könnte Aiwanger in diesem hypothetischen Fall zum Verhängnis werden.

Zu 2: Da finde ich vor allem diese beiden Quellen interessant [1] [2], die ganz gut das Medienecho und die Kritik an der Berichterstattung zusammenfassen. Hier werden u.a. folgende Vorwürfe gegen die SZ erhoben, denen man m.E. nachgehen sollte:

  • Vorwürfe gegen Aiwanger auf Basis anonymer Quellen, die wie Tatsachen dargestellt werden (NZZ)
  • Berichterstattung zum Verdacht (war zum Zeitpunkt X?) frei zugänglich, während Aiwangers Stellungnahme hinter eine Paywall gesteckt wurde (Carsten Bennecke)
  • Schule sollte für Minderjährige einen geschützten Raum darstellen (Niggemeier)
  • Fakten, Bewertungen, Gerüchte wurden nicht sauber getrennt (Prof. Reinemann)
  • Mangelnde Selbstreflexion (Prof. Reinemann)

Ich selbst habe den SZ-Artikel nicht gelesen. Aus den Nicht-SZ Medien nehme ich mehrheitlich wahr, dass die uns vorliegenden Fakten alles andere als einen klaren Schluss darauf zulassen, wer dieses Pamphlet letztendlich geschrieben hat.

[1]

[2]

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Was ist daran offensichtliche Beeinflussung? Die machen ihren journalistischen Job. Stell dich bitte keine Fakten in den Raum, die ehr uns reich der Verschwörungsmythen gehören.

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