Abtreibung: Sichtweise von Christen und religiösen Menschen

Ein persönlicher Blick (männlich gelesen, weiss, deutsch, Regenbogenkind mit mehreren Sternengeschwistern, Vater von einem Kind und drei gestorbener frühest Leben) auf die Abtreibungsdebatte in den USA und anderswo. Meine persönliche, sehr katholisch geprägte Definition von beginnendem Leben ist in der Tat sehr traditionell: Leben beginnt für mich im Moment wo Ei und Samenzelle erfolgreich miteinander verschmolzen ist. Deswegen geht es für mich nicht um die Frage „kann ich mit meinem Körper machen was ich will“, denn nach dem Moment der Empfängnis ist es nicht mehr ein Körper, nicht mehr ein Leben, um das es geht, sondern um zwei.

ABER: das macht Freedom of Choice um so wichtiger. Das Leben ist wie es ist: Menschen treffen immer Entscheidungen, auch zwischen zwei Leben. Jeder Ärztin, jeder Krankenpfleger, jede Soldatin, jeder Polizist. Und im kleineren Maßstab wir alle. Sterben und entscheiden wer gehört dazu, ist menschlich.

So ist es unsere Verantwortung als Gemeinschaft, ja, insbesondere als christliche Gemeinschaft, das diese Entscheidung so angstfrei, so emotional stabil und gut und unterstützt wie möglich getroffen werden kann. Da Ende die Verantwortung der Gruppe.

Und es ist unsere Verantwortung, nicht die individuelle Entscheidung gegen das ungeborene Leben zu erschweren, sondern klar dafür aktiv zu sorgen, dass das sich entwickelnde Leben sich entwicklen kann und zB soziale und wirtschaftliche Zwänge keine Entscheidung gegen ein Kind mehr motivieren müssen.

Dazu gehört auch der Kampf um sichere, unterstützende Umgebung (egal bei welcher Entscheidung), Beratung, kostenlose Care Unterstützung, entspannte Adoptionsmöglichkeiten, kostenlose Kita, Schule, Daycare etc. etc.

Schutz von Leben fängt genau da an: Entscheidungen dafür zu ermöglichen. Und Vertrauen, Liebe und Unterstützung für die Entscheidungen der Frauen* zu stärken. Wege die das verhindern sind für mich untragbar.

Denn wenn Leben heilig und Seele unsterblich ist, dann ist es das vollständig, inkl. des Endes, oder wie ich eher sagen würde inkl. des Wechsels der Daseinsebene.

Und das einzige was wirklich zählt ist das liebevolle Begleiten und erleichtern des Weges durchs Leben und die Lektionen die es bietet. Lernen muss jede*r in Freiheit selbst. Aber wir können staerkend begleiten. Auch das spricht auch gegen pränatales Leben absolut zu setzen. Aber es spricht für mich auch dagegen zu sagen „ach ist nur nenn zuckender Zellklumpen“.

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Lieber Philip,
lieber Ulf,

ich würde mich freuen, wenn das Thema „Abtreibung“ nach der Sommerpause noch einmal aufgegriffen wird. Ich wünschte mir, dass ihr einmal stärker die Sichtweise von Christen und religiösen Menschen einnehmen würdet (großes Thema übrigens auch in der USA und deren Wahlverhalten). Ich bin für einen liberalen Staat, der sich für die Rechte aller Menschen einsetzt! Aber selbstverständlich muss bei allen Werten abgewogen werden. Ein Denkmodell: Aus welchen Gründen sollte es nicht erlaubt sein, ein Kind auch im 7. Monat abzutreiben? Das Argument ist natürlich, dass es um den Schutz und das Wohl des Kindes geht und das Baby zu diesem Zeitpunkt bereits „voll“ lebt. Aber ist es nicht immer noch der Körper der Frau und ihr gutes Recht, darüber selbst bestimmen zu können? Der Wert der Selbstbestimmung ist selbst für viele „Liberale“ vermutlich kein absoluter. Ich als Christ, der für eine liberale Gesellschaft ist, muss hier sorgfältig abwägen und das ist nicht immer leicht… Für Christen gibt es nämlich durchaus absolute Werte. Daran ist erst einmal nichts fundamentalistisch, per se konservativ oder irrational. Nun gibt es dankenswerterweise kaum Widersprüche zwischen christlichen Werten und dem Rechtsstaat (weil christliche Nächstenliebe immer was Gutes ist und mit den Gesetzen unseres Rechtsstaats in der Regel gut zu vereinbaren ist)… doch bei einigen moralischen Fragen ist es nicht so leicht.
Ich kann verstehen, dass christliche Werte nicht der Maßstab für eine liberale Gesellschaft und die darauf aufbauenden Gesetze sein sollten (bzw. dass das viele Menschen nicht wollen). Aber die Position, das Abtreibungsrecht zumindest verschärfen zu wollen und Abtreibungen moralisch für falsch zu halten, sollte legitim sein. Ich denke, dass es viele konstruktive Lösungen gibt, die für beide Positionen befriedigend wären. Mehr und bessere Aufklärung, Verantwortungsübernahme bereits vor dem Sex!, gute Beratungsstellen, mehr Unterstützung bei der Erziehung und den finanziellen Mitteln, und möglicherweise auch Ausnahmeregelungen für Abtreibungen. Wer prinzipiell (ausgeschlossen sexuelle Übergriffe!) gegen Abtreibungen ist, hat häufig bestimmte moralische Werte und diese sollten nicht per se als konservativ und/oder altmodisch abgestempelt werden. Es braucht Diskussion, gegenseitige Toleranz und Verständnis.
In diesem Sinne, Gottes Segen. :blush:
Mit freundlichen Grüßen
Hauke

Richtig. Es wird ja auch keine Christin gezwungen abzutreiben. Meiner Meinung nach fängt Fundamentalismus aber dort an, wo man versucht seine religiösen Werte der übrigen Gesellschaft aufzuzwingen, und das ist der Fall, wenn man religiös motivierte Abtreibungsverhinderungsgesetze einführt.

Und das ist es, worum es geht. Wenn bspw. eine Fristenlösung bis zur 24. Woche geregelt wird, dann geht es nicht darum, Frauen daran zu hindern Schwangerschaftsabbrüche vornehmen zu lassen, sondern dass sie das wenn, dann bis zu einem gewissen Zeitpunkt durchführen lassen. Damit dürften die wenigsten ein Problem haben.

Wenn die Fristen aber so weit verkürzt werden, dass Frauen nach der Feststellung einer Schwangerschaft die Zeit knapp wird, sich zu entscheiden und diese Entscheidung dann zu realisieren, oder wenn irgendwelche Zwangsberatungen verpflichtend sind, wo Frauen sich dann teilweise von ebenfalls religiös motivierten Beraterinnen ein schlechtes Gewissen einreden lassen müssen, oder wenn einfach nur dieses Konstrukt „straffrei, aber eigentlich doch verboten“ aufrechterhalten wird, dann geht es darum den Frauen gegen ihren eigentlichen Willen ihr Recht auf körperliche Autonomie einzuschränken mit dem Ziel, dass möglichst viele dann doch von einem Abbruch abgehalten werden.

Und das ist meiner Meinung nach religiös übergriffig und nicht Ausdruck eines liberalen Rechtsstaats.

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Religion hat in dieser Debatte einfach nichts zu suchen. Sie passt nicht in einen Rechtsstaat in dem der Einfluss der Religion erfreulicherweise immer mehr sinkt.

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In sich ist das schlüssig argumentiert, nur: die Auffassungen innerhalb egal welchen „belief systems“ lassen sich aus meiner Sicht nur innerhalb der systemimmanenten Logik begreifen und debatieren und ggf widerlegen. Das kann Mensch zwar anders machen, führt nur zu nix, wenn die Grundannahmen zu unterschiedlich sind. Deswegen bei meinem Beitrag auch das offenlegen der Grundannahmen und Setzungen und beeinflussenden Faktoren. Ohne diese Transparenz wird es schwierig mit der Debatte, weil natürlich ein atheistischer Naturwissenschaftler die Debatte unter anderen Grundannahmen führt als ein an Wiedergeburt glaubender, ein Katholik oder ein amerikanischer Freikirchler. Da hat Verständigung Grenzen, weil es für jede*n unverhandelbare Grundannahmen gibt ohne die die jew. Position wenig Sinn ergibt. Den gemeinsamen Grund zu identifizieren, ein Verständnis bzgl der aus den Annahmen abgeleiteten Handlungsempfehlungen zu entwickeln und diese dann demokratisch zu verhandeln ist glaube ich die Königsdisziplin in der Debatte „wie gehen wir juristisch und gesellschaftlich mit Abtreibung um“.
Was halt unrealistisch ist, ist die Anforderung"mischt euch nicht ein, da eure Gründe religiös motiviert sind". Jede Religion wirkt direkt oder indirekt vor dem Hintergrund „die Welt ist nicht gut wie sie ist und muss sich anhand von Wert XYZ weiterentwickeln“. Das verbietet ein „sich nicht einmischen“ von selbst. Religion ist Einmischung per se. Wie die meisten Wertesysteme übrigens.

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Weil das keine Abtreibung mehr ist, sondern eine… eingeleitete Stillgeburt? Im 7. Monat wiegt der Fötus fast zwei Kilo. Mir ist völlig unklar, wie das funktionierten sollte.

Aber das ist nur ein medizinisches Argument. Ethisch hast du recht. Philosoph Peter Singer argumentiert auch, dass das Recht auf Abtreibung auch nahelegt, dass man das Recht auf Infantizid hat. Er unterscheidet nicht zwischen einem „Zellklumpen“ und einem Menschen, sondern zwischen lebendigen Wesen und Personen - Fötusse und aber auch Neugeborene sind noch keine Personen.

Und ich finde es selbst auch traurig, dass Pro-Choice-Leute oft sagen, „das sind nur ein paar Zellen“. Das sehe ich nicht so, das sehen viele Frauen, die sich für eine Abtreibung entscheiden, auch nicht so. Für mich zählt trotzdem die Freiheit von Eltern, zu entscheiden, wann sie für Nachwuchs bereit sind.

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Der Grund ist relativ simpel:
Absolut unbestritten gibt es irgendwann einen Punkt, ab dem ein Leben „schützenswert“ ist. Umstritten ist lediglich, wo genau dieser Zeitpunkt liegt. Das eine Extrem sagt, der Punkt sei schon bei der Befruchtung der Eizelle gegeben, das andere Extrem sagt, der Punkt sei erst bei Vollendung der Geburt. Genau genommen gibt es sogar noch extremere Positionen, aber die sind in der Debatte kaum relevant (Verbot von Onanie und Straffreiheit von postnataler Tötung fordert denke ich niemand, der bei Verstand ist…).

Der Zeitpunkt, bis zu dem Abtreibung erlaubt ist, ist daher der Kern der Debatte. Die Positionen wären hier:

  1. Gar nicht erlaubt (vertreten eigentlich nur von Fundamentalisten)
  2. Vor dem Einnisten der Eizelle erlaubt („Pille danach“ straffrei, sonst nichts, so vertritt es z.B. die deutsche Bischofskonferenz und die meisten nicht völlig extremen Christen, u.a. auch Polen)
  3. Bis zum Ende des ersten Trimenon (dritten Monan / 12 Wochen) straffrei (wie in Deutschland).
  4. Bis zum Ende des zweiten Trimenon (sechster Monat / 24 Wochen) straffrei (Niederlande, Dänemark, USA mit Roe vs. Wade).
  5. Bis zur Geburt straffrei (so weit ich weiß in keinem Staat angewendet)

Der Hintergrund ist, wie auch bei „Roe vs. Wade“ damals, dass die 24ste Woche der Zeitpunkt ist, ab dem ein Kind außerhalb des Mutterleibes in der Regel (beschränkt) lebensfähig ist. Daher: Ab der 24sten Woche kann das Kind i.d.R. mit medizinischer Hilfe zur Welt gebracht und am Leben gehalten werden. Deshalb gehen die meisten Rechtsordnungen davon aus, dass jedenfalls ab der 24sten Woche keine straffreie Abtreibung mehr möglich sein soll - und das finde ich auch überzeugend.

Selbstverständlich gibt es dazu auch Ausnahmen, wenn andere extrem gewichtige Gründe eine Rolle spielen, wobei hier eigentlich nur das Leben der Mutter in Betracht kommt. Natürlich kann man von einer werdenden Mutter nicht verlangen, ihr eigenes Leben aufzugeben, um die Geburt zu Ende zu führen. Das ist halt eine Güterabwägung, bei der das Leben der Frau i.d.R. höher gesetzt wird als das noch unvollständige Leben des Kindes, zumal bei der Geburt auch Mutter und Kind sterben könnten. Verfassungsmäßig ist das auch schwierig, weil wir ja eigentlich im Rahmen der Menschenwürde keine Leben gegeneinander aufwiegen dürfen…

Dennoch ist völlig unbestritten, dass irgendwo eine Grenze gesetzt werden muss, die auch in der medizinisch-juristischen Praxis anwendbar ist. Natürlich könnte man für jeden Fall eine genaue medizinische Prognose verlangen, ob der Fötus außerhalb des Mutterleibs schon lebensfähig wäre, aber das ist offensichtlich nicht praktikabel. Deshalb gibt es halt die 12- oder 24-Wochen-Fristenlösung.

Klar, jeder Mensch und jede Gruppe von Menschen, darf aus jeder beliebigen Motivationslage heraus versuchen, auf die Politik einzuwirken. Aber die Rechtstaatlichkeit und die Demokratie, wie wir sie heute kennen, ist eine Errungenschaft der Aufklärung gegen eben jene religiös motivierten Gruppen - und es ist weltweit eigentlich zu beobachten, dass dort, wo die Religion besonders viel Macht hat, es um Rechtstaatlichkeit und Demokratie oft nicht gut bestellt ist. (Islamistische Länder und der Vatikan sind da Extrembeispiele, Polen und Ungarn sind etwas gemäßigtere Beispiele…).

Daher bin ich auch ganz klar dafür, jeden Einfluss religiöser Gruppen auf die Legislative zu bekämpfen. Sie dürfen im Rahmen der Demokratie gerne versuchen, Einfluss zu nehmen - aber ebenso dürfen sie dafür kritisiert werden.

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Sorry, aber diese Forderung halte ich für weltfremd. Die moralischen Überzeugungen von Millionen Menschen werden hierzulande mehr oder weniger von religiösen (nicht nur christlichen) Werten geformt. Dazu zähle ich mich auch und das schließt die Frage der Abtreibung ein.
Als Staatsbürger eines säkularen Rechtsstaates weiß ich, dass es grundsätzlich einen gesicherten Zugang für Schwangerschaftsabbrüche geben muss und dass es auch gute Gründe für eine Frau gibt, einen solchen durchführen zu lassen. Das ändert aber nichts daran, dass ich Abtreibungen als etwas negatives sehe, was so selten wie möglich vorkommen sollte.

Klar, Kritik ist gegenüber jeder Position erlaubt, mir ging es um die Erwartenshaltung „Religion, also kein Mitsprache oder Einflussrecht.“. Die ist einfach unrealistisch, weil der Sache nach wesensfremd. Denn entgegen der verbreiteten Meinung ist in einer liberalen Demokratie auch das erlaubt und gewünscht. Liberal heisst nicht areligiös. Zumal es auch in der Demokratie absolute Werte gibt, die wir ganz bewusst als nicht verhandelbar gesetzt haben. Abwägbar, aber nicht verhandelbar.

Lieber Ulf,
lieber Philip,

auch ich möchte mich der Bitte anschließen, das Thema erneut aufzugreifen. Mich würde aber, abweichend vom Themenvorschlag, nicht die religiöse Sichtweise interessieren, sondern rein die verfassungsrechtliche.

Nach meinem Geschmack sind in Euren Beiträgen zu einseitig die Argumente der Gegner der aktuellen Rechtslage vorgekommen. Wenn Ihr das Thema wirklich etwas umfassender und neutraler aufarbeiten möchtet, wäre es aus aus meiner Sicht notwendig, auch die andere Seite stärker zu beleuchten.

Was mir bisher beispielsweise zu kurz gekommen ist:
-Ihr seid nach meinem Geschmack zu einseitig und unkritisch mit dem Argument des Selbstbestimmungsrechts der Frau umgegangen. Was ist denn mit dem werdenden Leben? Hier findet doch eine Guterabwägung statt. Ihr seid sonst eigentlich immer sehr gut darin Situationen der Güterabwägung darzustellen, hier bisher nicht. Keiner möchte doch willkürlich Frauen Ihr Recht der Selbstbestimmung nehmen. Es geht hier aber eben nicht mehr nur um den Körper der Frau, es geht auch um ein werdendes Leben. Ich finde es schwer erträglich, wenn Befürworter einer liberaleren Regelung sich darüber beschweren, dass sie eine Beratung in Anspruch nehmen müssen, bevor sie ein werdendes Leben beenden. Das ist aus meiner Sicht das mindeste, was ich über mich ergehen lassen sollte. Vielleicht sollte man bei dieser Diskussion auch nicht vergessen, dass in den meisten Fällen eine Schwangerschaft ja nicht wie ein Schicksalsschlag vom Himmel fällt. Wer auf eine solche Art Sex hat, dass er dabei schwanger wird, muss, finde ich, für das eigene Handeln auch Verantwortung tragen.
-Bisher nicht erwähnt habt Ihr, dass Par. 218 StGB auch Frauen schützt, die ihr Kind gerne behalten möchten. Einmal vor anderen Personen in ihrem Umfeld (v.a. dem werdenden Vater), die Druck ausüben, damit das Kind nicht geboren wird. Und dann dürfte ein Wegfall vermutlich zu Strafbarkeitslücken bzw. Defiziten führen, wenn eine Schwangerschaft etwa durch Gewalteinwirkung beendet wird (Stichwort häusliche Gewalt). Es bliebe dann nur bei einer Körperverletzung, wo ein Täter, der durch körperliche Gewalt eine Schwangerschaft beendet, heute auch nach Para 218 StGB dran wäre.
-Mir fehlt gerade auch die Fantasie, wie man Para 218 StGB ersatzlos streichen können sollte. Wollt ihr wirklich Schwangerschaftsabbrüche, egal in welcher Woche, straflos stellen? Wie soll ein Verbot denn sonst sanktioniert werden? Nur ein Bußgeld? Oder gar nicht? Ich gehe Mal nicht davon aus, dass Ihr Schwangerschaftsabbrüche im 9. Monat befürwortet. Also muss das doch noch irgendwie sanktioniert werden.

Letzte Anmerkungen: Ich denke über dieses Thema anders, seitdem ich selbst Vater bin und meinen Sohn ab den ersten Ultraschallbildern in seiner Entwicklung begleitet habe. Für mich ist es deshalb nicht bloß ein Zellhaufen, sondern ganz real ein werdender Mensch. Und bevor mir hier jemand vorwirft als Mann Frauen zu erklären, was sie zu verantworten haben: meine Frau und meine Schwester sind derselben Ansicht, stellt Euch einfach vor, sie hätten das jetzt hier an meiner Stelle geschrieben.

Vielen Dank für Eure tolle Arbeit, ich bin sehr froh, dass es die LdN gibt und viele Grüße!

Philipp

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Da sich bisher soweit ich das gesehen habe nur Christen ihre Sichtweise geschildert haben, hier mal ein Beitrag aus jüdischer Sicht (vom 12.05.2022): Recht auf Abtreibung? | Jüdische Allgemeine Darin tauchen Zitate auf wie „Ein Ende des Rechts auf Abtreibung widerspricht jüdischem Recht und jüdischer Ethik.“ und „Kippt der Supreme Court das Abtreibungsrecht, ist dies ein Angriff auf die Religionsfreiheit von Juden.“

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Komplett anderer Meinung. Trennung zwischen Kirche und Staat! Wo es hinführt, wenn man das nicht macht, kann man ja in den USA, teilen Osteuropas, in vielen islamischen Staaten, in Isreal und auch z.B. Indien sehen.
Ansonsten lass uns doch gleich auch mal Alkohol verbieten und zur Sicherheit den Fleischkonsum, um ja nicht die Moralvorstellung von irgendeiner Religionen zu verletzen.
Man kann zu so absurden Moralvorstellungen kommen basierend auf der Bibel, die haben bei der Bildung von Gesetzen in einem sekulären Staat nichts zu suchen. Einfaches Beispiel, die Bibel ist offenkundig homophob (siehe dazu Haltung der katholischen Kirche), jetzt kann man natürlich versuchen mit „Jesus redet aber von Nächstenliebe“, das irgendwie zu relativieren, aber wenn man die komplette Bibel nur noch auf Nächstenliebe runterdampft, dann steht da auch nichts mehr über Abtreibung drin.
Du kannst ja gerne argumentieren, dass du Abtreibung nicht in Ordnung findest, weil du es als Mord ansiehst. Aber bitte versuche nicht über den Körper anderer Menschen zu entscheiden, weil du glaubst, dass du der Auserwählte bist, der es geschafft hat die exakt eine richtige Interpretation der Bibel gefunden zu haben und andere gefälligst deiner Interpretation zu folgen haben.

Natürlich kann ich dir nicht vorschreiben, was du denkst. Aber ich kann dazu aufrufen, jede Argumentation für Gesetze baseierend auf Religion als illegitim zu erklären. Und auch dich dazu auffordern dir selbst diesen Standard zu setzen, denn was du nicht willst, dass man dir tut, das füg auch keinem anderen zu :wink:

Und Trennung von Kirche und Staat sollte gelten, egal ob wir 99% Christen haben oder nur 1% Christen.

Sorry, dass ich deinen Glauben jetzt so angegangen habe, aber wenn man versucht seinen eigenen Glauben anderen aufzuzwingen hört bei mir das Verständniss auf.

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Das ist ein berechtigter Einwand. Meines Erachtens sollte schlicht § 226 StGB („Schwere Körperverletzung“), der ja bereits den Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit beinhaltet, um den Verlust eines ungeborenen Kindes ergänzt werden.

Der Strafrahmen des § 226 StGB ist letztlich sogar höher als der des § 218 StGB, was bei einem gewaltsam gegen den Willen der Mutter vorgenommenen Tod des ungeborenen Kindes z.B. durch Gewalteinwirkung oder eine erzwungene Abtreibung durchaus angemessen erscheint. Der Schwangerschaftsabbruch gegen den Willen der Frau durch Gewalt wäre somit kein Vergehen (wie aktuell der besonders schwere Fall des Schwangerschaftsabbruchs i.S.d. § 218 Abs. 2 Nr. 1 StGB), wie bisher, sondern ein Verbrechen. Wie gesagt, das würde ich auch für angemessen halten.

Ich denke gemeint ist vor allem, dass die aktuelle Situation, dass generell alle Schwangerschaftsbrüche durch § 218 StGB pönalisiert und nur durch die Aufhebung der Strafbarkeit durch § 218ff StGB gegeben ist, geändert werden sollte.

Nur Schwangerschaftsabbrüche außerhalb der Fristenlösung sollten Gegenstand des Strafrechts sein, Schwangerschaftsabbrüche innerhalb der Fristenlösung sollten direkt vom Strafrecht ausgenommen werden und nicht erst durch einen unnötig komplizierten Tatbestandsausschluss, wie aktuell im § 218a Abs. 1 StGB, oder einen Rechtfertigungsgrund wie in § 218a Abs. 2 StGB.

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Finde deinen Tonfall ziemlich rüde. Da sind mir die Christen hier im Thread, die sagen, dass sie für ein Recht auf Abtreibung sind, obwohl sie Abtreibungen schlimm finden, sympathischer. Ich bin zwar nicht ihrer Meinung, aber es wirkt, als ob ich von dir bei einer Meinungsverschiedenheit schneller gebrandmarkt würde, als von ihnen.

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Ich finde eigentlich, dass Schwangerschaftsabbrüche gar nicht durch das Strafgesetz bedroht sein sollten.

Wie gesagt, irgendwo muss man die Grenze ziehen, ab wann das ungeborene Leben rechtlich „schützenswert“ ist. Das macht die Fristenlösung. Nach dieser Grenze muss konsequenterweise auch der Schutz durch das Strafrecht gelten, weil der Schutz des ungeborenen Lebens sonst eben nicht ansatzweise effektiv durchgesetzt werden kann.

Was wäre dein Gegenvorschlag? Angenommen, eine werdende Mutter findet einen Arzt, der bereit ist, den im 8ten Monat zweifellos bereits außerhalb des Mutterleibs lebensfähigen Fötus abzutöten und operativ zu entfernen (obwohl kein Sondertatbestand vorliegt, der das rechtfertigen könnte, wie z.B. eine Gefahr für die Mutter bei der Geburt). Soll das dann wirklich deiner Meinung nach nur ordnungsrechtlich oder gar zivilrechtlich (falls ja, durch wen?) verfolgt werden können, obwohl es den gesellschaftlichen Konsens gibt, dass eine Abtreibung im Normalfall nur bis zur 12ten oder 24sten Woche möglich sein soll?

Die Konsequenz wäre, dass die Frau bis zur Einleitung der Geburt noch bestimmen könnte, ob das Kind leben soll oder nicht. Sie könnte quasi im Kreißsaal noch sagen „Holt es raus, aber tötet es bitte vorher!“. Würde man es nach dem Rausholen töten, wäre es ein Verbrechen, tötet man es noch eine Sekunde vor der Geburt im Mutterleib, wäre es straffrei. Das wäre die Konsequenz, wenn Abtreibung gar nicht strafrechtlich erfasst würde.

Also ich bin denkbar weit weg von jeder Religion und setze mich aktiv für einen säkularen Staat ein, daher ist meine Argumentation in keiner Weise von Religion beeinflusst. Es geht mir rein um die juristischen Aspekte und die Konsequenzen, die z.B. eine völlige Straffreiheit hätten. Denn eine völlige Straffreiheit ist letztlich eine quasi-Legalisierung. Und ich glaube wirklich weder, dass es eine gute Idee ist, Schwangerschaftsabbrüche bis zur Vollendung der Geburt zu legalisieren, noch glaube ich, dass sich dafür eine gesellschaftliche Mehrheit finden würde - nicht einmal unter Feministen und Atheisten, die strikt pro choice sind. Einfach weil die Position zu extrem ist.

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Das hab ich weder geschrieben noch gemeint.

In der Bibel steht nichts über Abtreibung drin. Und der Auserwählte bin ich sicher nicht…

Lies am besten nochmal was ich geschrieben habe. Dann siehst du wahrscheinlich dass ich niemandem etwas aufzwingen will, ich habe allein meine Position dargestellt.

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Ein bischen ist es vergleichbar mit der Sterbehilfe-Debatte: es bleibt eine aktive Setzung, mehr oder minder gut begründete Willkür wo und wann Leben beginnt oder endet. Ja, es gibt Hilfskonstrukte „komplettes genetisches Set“, „Nervenzellen vorhanden“, „Hirnströme messbar“, „selbständig außerhalb des Körpers lebensfähig“," den Körper verlassen haben". Und dafür braucht es irgendeine rechtliche Lösung um die damit zusammenhängenden Fragen zu lösen. Aber selbst wenn wir da eine gemeinsame Variante fänden, bleibt die Frage „und welche Konsequenzen hat das“.

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Du hattest geschrieben, dass @Tris statement, dass Religion in der Debatte nichts zu suchen hat, weltfremd sei. Dies hatte ich dann wiederum so interpretiert, dass es für dich in Ordnung sei, die Abtreibungsdebatte basierend auf Religion, also dem was in der Bibel oder sonst einem Buch steht zu führen. Und dagegen habe ich argumentiert.

Du hast aber Recht, dass ich teilweise deine Sichtweise nicht richtig dargestellt habe und lieber ein generisches ‚man‘ statt ‚du‘ hätte verwenden sollen

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Wenn du als Basis deiner Argumentation von einer christlichen Gemeinschaft für Deutschland ausgehst, liegst du aus meiner Sicht falsch.
Die Gesellschaft und ihre Regeln sind aus meiner Sicht nicht christlich geprägt, sofern humanistisch. Die Aufklärung hat die Basis der heutigen Gesellschaft gelegt, sich von kirchlichen Dogmen emanzipiert und dieser Weg würde von der Gesellschaft in Gänze bis heute weiter beschritten.

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