Wohnungsnot

Die SPD regiert nun seit 2013(?) durchgehend. In den Jahren 2011-2020 hatten wir einen beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg und mehr Geld zur Verfügung als wir brauchten.

Die SPD hat die wirklichen Probleme in dieser Zeit nur adressiert, eine brauchbare Politik hat sie bis heute nicht auf die Beine gestellt.

Ich halte es mittlerweile für völlig naiv auf diese echten Lösungen zu hoffen. Das liegt nicht an der FDP, sondern daran dass keine Partei Konzepte für diese Probleme sieht.

Beispiel Wohnungsbau. Da geht man davon aus, dass wer aktuell Wohnungen baut, mindestens 20€/m2 an Kaltmiete, also etwa 24€/m2 warm hinlegen müsste.

„Wer profitabel Mietwohnungen bauen will, müsse 20 Euro oder mehr pro Quadratmeter an Kaltmiete verlangen.“, sagte Dietmar Walberg, Leiter des Kieler Bauforschungsinstituts Arge, am Donnerstag auf dem Wohnungsbau-Tag in Berlin. Er begründete dies mit gestiegenen Baukosten und hohen Zinsen.

Selbst wenn die öffentliche Hand non-profit Sozialwohnungen bauen würde, der m2 müsste wohl sicher trotzdem 15€+ kosten.

Eine 3 Zimmer Wohnung mit 70m2 kostet damit allein 1050€+ pro Monat. Das ist viel zu teuer für den Großteil der Bevölkerung.

Helfen könnten Kredite zum Nullzins, die Ausweisung von Bauland oder das kritische Hinterfragen von Vorschriften.

Aber hier gehen die Programme oft am Thema vorbei, denn die Förderungen können die Differenz zwischen erlaubter und benötiger Miethöhe nicht ausgleichen.

Bspw. hier ein Programm des Landes Berlin

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Zufall, dass du 16 Jahre CDU-Bundeskanzlerin vergessen hast? :wink:

Ähm. Was ist denn die Alternative? Alles auf Migranten zu schieben, wie es gerade immer wieder geschieht (edit), ist jedenfalls noch weniger eine Lösung.

Ja, es müssen Sozialwohnungen im großen Stil gebaut bzw. Genossenschaften unterstützt werden. Es sind einfach viel zu viele Sozialwohnungen aus der Bindung gefallen.

Meiner Meinung nach muss auch dringend das Wohngeld diskutiert werden. Mittlerweile werden Vermieter damit ziemlich subventioniert und es treibt die Preise in die Höhe. Wie man dieses Problem löst? Keine Ahnung. Aber es sollte zumindest als Problem erkannt und diskutiert werden.

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Ich denke es gibt ein paar Maßnahmen, die man recht einfach ergreifen könnte (auch wenn sie politisch sicher sehr umstritten wären).

Wichtiger als die Neubaukosten sind die Mieten für Bestandswohnungen. Im Jahr 2022 gab es 43,3 Millionen Wohnungen in Deutschland. Neu gebaut werden im Jahr 200.000 - 400.000. Den Neuvermietungspreis von Bestandswohnungen kann der Gesetzgeber leicht beeinflussen:

  • Strenge Kontrolle der Mietpreise in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt. Keine Ahnung wo die verfassungsrechtlichen Grenzen liegen, aber warum sollte der Gesetzgeber nicht einfach einen Höchstpreis von 8€/m2 vorgeben, wenn ihm das sozial notwendig erscheint.
  • Das macht natürlich die Investition in Mietwohnungen relativ uninteressant. Damit die Immobilien nicht verkommen könnte der Gesetzgeber klare Vorgaben zur Austattungsniveau und der energetischen Effizienz der Gebäude machen.
  • Damit Vermieter die Wohnungen nicht einfach Lehrstehen lassen oder als Ferienwohnung nutzen, kann der Gesetzgeber eine Nutzungspflicht vorschreiben. Nicht als Wohnung genutzter Wohnraum kann enteignet werden.

Das würde Mietimmobilien als Vermögensanlage in den meisten Fällen uninteressant machen. Die Preise für Wohnimmobilien würden vor allem in Ballungsgebieten stark sinken. Darauf könnte der Staat mit zwei unterschiedlichen (oder parrallelen) Modellen reagieren:

  1. Der Staat schafft die nötigen rechtlichen und finanziellen Bedingungen, dass die meisten Menschen den Wohnraum in dem sie leben auch selbst kaufen können. Selbst bewohntes Eigentum statt Miete wird zum absoluten Normalfall, gefördert durch günstige Kredite der öffentlichen Hand auch an Menschen mit sehr niedrigem Einkommen. Wer umzieht verkauft und kauft am neuen Wohnort neu.
  2. Die Kommunen können im großen Stil den als Vermögensanlage auf einmal uninteressanten Wohnraum günstig aufkaufen und ohne Gewinnabsicht betreiben. Es würden weiterhin viele Menschen mieten, die meisten aber von der Kommune und nicht privaten Vermietern.

Da wir (in manchen Regionen) zu wenig Wohnraum haben, wäre erschwinglicher Neubau natürlich auch weiter wichtig. Da gibt es glaube ich schon ein paar Möglichkeiten:

  • Finanzierung durch den Staat, dadurch keine Zinskosten (hattest du schon erwähnt)
  • Ein Bundesgesetz, dass die Landesbauordnungen aushebelt und eine bestimmte Klasse an Gebäuden in standardisierter Bauform zulässt. Dadurch würden sich die Planungskosten (die einen erheblichen Teil der Gesamtkosten ausmachen) erheblich reduzieren lassen, wenn eine Baufirma mehr oder weniger das selbe Gebäude (idealerweise Mehrparteienhäuser) im ganzen Bundesgebiet errichten kann.
  • Eine Änderung der Bebauungspläne in Ballungsgebieten, und deutliche Nachverdichtung zulässt (die dann durch standardisierte Bauten ausgeführt wird).

Und dann ist da noch ein Aspekt: die Kosten von Bauland. Es wird immer nur über Baukosten gesprochen, aber in den meisten Ballungsgebieten liegen die Kosten für Rohbauland (unerschlossen) deutlich im dreistelligen Bereich, während Ackerboden meist unter 10 Euro gehandelt wird. Die Differenz ist reiner Spekulationsgewinn für den Grundeigentümer und schlägt vollständig auf den Gesamtpreis des Bauprojekts durch. Der Staat könnte auch hier strikte Grenzen ziehen und Höchstpreise festsetzen bzw. Bauland grundsätzlich nur über die Kommunen handeln lassen (machen auch ein paar Kommunen schon so, wenn auch ohne gesetzliche Preiskontrollen).

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Ich bin da ganz bei der Wissenschaft (G. Knaus), der immer wieder Bemühungen fordert Abkommen, wie damals das EU-Türkei-Abkommen, mit Staaten auf stark genutzten Routen zu schließen. Darüber hinaus halte ich Asylzentren an den Außengrenzen zur Prüfung eines Asylstatus und der Personalien für eine pragmatische Lösung. Jeder, der diese Prüfung durchlaufen hat, ist dann aus meiner Sicht herzlich eingeladen.

Die sich dadurch etwas entspannende Lage würde ich dann nutzen, um die aktuell unangemessene Infrastruktur für die Aufnahme auszubauen.

Nein, nicht vergessen. Ich wollte nur auf die Kontinuität in der Politik hinweisen. Und da ist die SPD nun seit über 10 Jahren in Regierungsverantwortung und hat nichts getan. Warum erwarten wir daran jetzt eine Änderung?

Absolut. Ziemlich unbeliebter Vorschlag, aber wenn wir das Wohngeld reduzieren würden mehr Menschen in die Peripherie ziehen, wo Wohnraum günstig ist. In meiner ehemaligen Heimat (Stadt mit 50.000 Einwohnern) kostet der Quadratmeter 5€ kalt und es gibt massig Leerstand. In Berlin eher 15-20€. Trotzdem ermöglichen wir mit dem Wohngeld jedem, der eine übernahmefähige Wohnung findet, auf dem ohnehin angespannten Berliner Wohnungsmarkt zu wohnen.

Ich habe extra eine Nacht über deinen Vorschlag geschlafen, aber so gerecht er auch klingt, sehe ich zwei gravierende Probleme damit.

  1. Dein Vorschlag landet zu 100% vor den deutschen Gerichten und wird dann sehr teuer für den Staat. Du verschlechterst mit deinem Vorschlag sofort die Marktbedingungen für Besitzer. Da du selbst sagst, dass Besitz damit als Wertanlage uninteressant macht (sprich unprofitabel), ist das nichts als eine Enteignung durch die Hintertür. Für die Verluste muss der Staat mindestens teilweise aufkommen.

  2. Dein Vorschlag schafft, wie du selbst zugibst, keinen Wohnraum. Er verteilt ihn nur um. Dafür zerstört er jedes Potenzial für private Initiativen im Wohnungsbau. Das wäre in Ordnung wenn der Staat ausreichend personelle Kapazitäten für die Planung und Umsetzung von Baumaßnahmen hätte. Tatsächlich ist das bekanntlich nicht der Fall und der Aufbau einer solch großen Institution wie sie nötig wäre dauert sicher Jahrzehnte. Ob er das Geld dafür in die Hand nehmen könnte, nachdem er alle privaten Besitzer entschädigen musste, ist mehr als fraglich.

Deine Lösung erinnert mich an Mao, der Stare töten ließ weil sie die Ernte wegfraßen und sich anschließend mit einer umso größeren Insektenplage herumschlagen musste, da denen die Fressfeinde fehlten.

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Das kommt sehr darauf an, wie man das umsetzt. Wenn der Staat ein Gesetz erlässt, dass für Hausbesitzer in Überschwemmungsgebieten eine Pflichtversicherung gegen Hochwasserschäden vorschreibt, dann senkt das den Wert der Immobilie, aber meiner Ansicht nach erwächst daraus kein Anspruch auf Schadenersatz. Genauso wenig glaube ich, dass Vermieter wegen strengerer Vorschriften zu Höchstmieten usw. grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz haben. Solche Gesetze müssen natürlich handwerklich gut gemacht sein. Aber solange sich der Staat in seinen verfassungsrechtlichen Grenzen bewegt, kann er natürlich Gewinner und Verlierer innerhalb einer Volkswirtschaft bestimmen.

Je nachdem, wo eine Kommune die Höchstmiete ansetzt, wird ja zudem nur das Gewinnpotenzial beschnitten. Viele Vermieter haben ihre Immobilien schon längst abgezahlt und investieren nur überschaubar. Mieterhöhungen bei Neuvermietung oder zur Anpassung an den Mietspiegel sind hier reine Gewinnmitnahmen ohne jeden positiven Effekt für den Mietmarkt insgesamt. Solche Gewinne zu limitieren ist ohne Zweifel im zulässigen Bereich staatlichen Handelns.

Dazu hatte ich ja weiter unten einen Vorschlag :wink:

Nicht ganz: Der Bau von selbst genutztem Wohnraum wäre genauso attraktiv wie vorher auch (vielleicht etwas reduziert, weil es für Mieter weniger Anreize gäbe, aus den dann billigeren Mietwohnungen auszuziehen). Außerdem hatte ich ja geschrieben, dass solche Maßnahmen nur in Gegenden mit Wohnungsnot greifen sollen. Dort ist der Markt aber so oder so schon dysfunktional. Wie du selbst geschrieben hast, können private Investoren dort keinen günstigen Wohnraum mehr schaffen:

Das hast du einen Punkt, den man meiner Meinung nach aber mit der richtigen Ausgestaltung umgehen könnte:

  • Die Bundesregierung schafft die gesetzlichen Voraussetzungen, dass private Akteure (große Baufirmen, leistungsfähige Architekturbüros) „Einheitsbauten“ konzipieren können. Also Häuser, die mehr oder weniger identisch im ganzen Bundesgebiet werden können, unabhängig der sehr unterschiedlichen Vorgaben der Landesbauordnungen und der Einschränkungen lokaler B-Pläne.
  • Bauherr ist nicht die Bundesregierung, sondern die Kommune vor Ort. Sie kann in einem vereinfachten Verfahren Grundstücke zur Bebauung designieren, kann zwischen den im Rahmen der Bundesgesetzgebung zulässigen Standardbauten auswählen und den Bauauftrag vergeben.
  • Finanziert wird das aus einer Beteiligungsgesellschaft des Bundes (damit man die Schuldenbremse umgehen kann).

Mir ist klar, dass das zwei radikale Vorschläge sind. Aber ich würde unterstreichen, dass das ich die kritischen Entscheidungen (setze ich tatsächlich eine strenge Mietkontrolle um und wenn ja in welcher Höhe? Nutze ich die Möglichkeiten eines „Bundes-Baurechts“?) auf der kommunalen Ebene belassen würde. Die Bundespolitik würde vor allem als „Ermöglicher“ und Finanzier auftreten.

Wenn man tatsächlich davon ausgeht, dass der private Miet- und Baumarkt systematisch versagt, dann ist es meiner Ansicht nach nur konsequent, wenn der Staat hier mit relativ drastischen (aber natürlich intelligent gestalteten) Maßnahmen regulierend eingreift.

Die Bevölkerung in Deutschland ist in den letzten 30 Jahre gerade einmal um 3.13 Millionen Einwohner gestiegen. Das sind 3,4%, was einem Zuwachs von 0.13% pro Jahr entspricht, das ist quasi nichts, vor allem wenn man das mit der Mietpreisentwicklung vergleicht. Jetzt alles auf die Flüchtlinge zu schieben, halte ich für komplett fehlgeleitet. Das schafft nur wieder das Bild des bösen Flüchtlings, der die Mietpreise in die höhe treibt und dann wird es schwerer die verbliebenen Flüchtlinge zu integrieren, was viel mehr Probleme schafft, vor allem da wir ja so oder so Zuwanderung brauchen.

Steigende Mietpreise sind übrigens nicht ein rein deutsches Problem, wie gerne suggeriert wird, sondern das tritt in vielen kapitalistischen westlichen Ländern auf.

Ich sehe 4 Hauptprobleme für die steigenden Mieten:

  1. Der Flächenverbrauch pro Kopf steigt in Deutschland drastisch an, um knapp 30% zwischen 1994 und 2022. Die Gründe dafür sind glaub ich vor allem, dass der familiäre Zusammenhalt schrumpft, Leute leben häufiger in kleinen Einheiten zusammen, statt in einem Generationenhaus. Die Leute werden älter und leben daher länger alleine und es gibt mehr Singles. So richtig eine Lösung fü dieses Problem kenne ich nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob die politischen Parteien das irgendwie auf dem Schirm haben. Die einzigen, bei denen ich gesehen habe, dass sie was zu dem Thema vorgeschlagen haben war die FDP, aber dann in typischer FDP Marnier der unsozialste Vorschlag von allen, man solle doch den Vermietern erlauben auch alte Mietverträge in die höhe zu treiben, um die alten Leute rauszutreiben. Hat vermutlich einen super Effekt auf die Altersarmut. Außerdem betrifft das nicht die Hausbesitzer (potentielle FDP Wähler, ist das nicht toll, wer die FDP wählt muss nie etwas negatives von ihr fürchten)

  2. Wir verteilen die Menschen(die Wirtschaft) falsch in Deutschland. Ist ebenfalls ein schwer zu lösendes Problem. Hier kenn ich auch keine wirklich großartigen Vorschläge der Parteien. Ich vermute am wenigsten hilfeich wäre es hier die Union zu wählen, da die CSU mit allen Mitteln Bayern verteidigen wollen würde.

  3. NIMBY-Regeln (Not in my Backyard). Wir haben viele Bestandschutzregeln und Autopriviligien (1 Parkplatz pro Wohnung) die alles wirklich unnötig teuer machen. Hier trauen sich vermutlich die wenigsten ran. Vielleicht die Jusos, Teile der Grünen, die bald nicht mehr existierende Linke und BSW ist ne Wildcard.

  4. Der Staat baut keine Wohnung. Das ist ein total verschenktes Potential. Danke Schuldenbremse

Welche Partei sollte man jetzt Wählen, wenn man diese Probleme wiklich gelöst haben will? Keine der im Bundestag vertretenen Parteien.

Die Vorschläge der rechten Parteien (FDP/Union/AFD), sind entweder Scheinlösungen (Flüchtlinge draußen halten), führen zu sozialen Verwerwerfungen (alte Leute aus ihrer Wohnung zwingen) oder sind so dämlich, dass wir uns absehbar in 30 Jahren komplett über die Miserie an Fehlentscheidungen aufregen.

Linke Parteien hätten eine Chance hier wirklich was voranzubringen, sind aber derzeit so sehr mit sich selber beschäftigt oder schon nicht mehr wirklich Links (SPD), dass das einzige was von ihnen kommt, Pflaster auf gebrochene Arme zu kleben (Mietpreisbremse/Deutsche Wohnen enteignen)

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@riodoro du machst ein paar wirklich wichtige Punkte, Danke dafür!

Ironischerweise ist Deutschland Dank Föderalismus und recht gezielter Verteilung wichtiger staatlicher Arbeitgeber, Forschungsinstitute usw. in dieser Disziplin sogar noch besser als stark zentralisierte Staaten wie Frankreich und UK. Aber du hast recht, die Wohnungsnot ist vor allem eine Not einiger Ballungsgebiete. Die Hans-Böckler-Stiftung kam 2018 auf 1,9 Millionen fehlende „bezahlbare“ Wohnungen, davon allein in Berlin 310.000.

Leider verstärkt die Anti-Migrations-Debatte diesen Trend weiter. Ländliche Kreise (wo es noch verhältnismäßig viele Wohnungen gibt) wehren sich wo immer es geht gegen „Überfremdung“. Damit verstärken sie den Drang vieler Migranten in die ohnehin schon ausgelasteten Ballungsgebiete zu ziehen, weil sie dort auf tendenziell weniger Fremdenfeindlichkeit und etablierte kulturelle Communities treffen.

Ich denke der generelle Trend zur Urbanisierung ist schwer aufzuhalten, aber abschwächen könnte man ihn vielleicht mit vielen Maßnahmen, die hier im Forum immer wieder diskutiert werden: Digitalisierung, schnelles Internet, ÖPNV auch im ländlichen Raum, solide Infrastruktur, progressive Entwicklungskonzepte auch für kleine Städte und Dörfer, etc.

Bei uns sind es bei Einfamilienhäusern 2 Stellplätze. Elektroladesäulen werden aber natürlich nicht vorgeschrieben.

So wie ich Sahra Wagenknecht und die Äußerungen ihrer Steigbügelhalter lese basiert der programmatische Kern der Partei in erster Linie darauf, niemandem der zur in-Group gehört irgendeine Form der Veränderung abzuverlangen. Wenn das die Menschenrechte der Migranten oder die Selbstbestimmung der Ukraine (und danach vielleicht anderer Länder) kostet, sei’s drum.

Ich würde dabei bleiben, dass die Grünen zwar regelmäßig kommunikativ und machtpolitisch gezielt in das nächste Fettnäpfchen springen, programmatisch aber die einzige Partei sind die seit vielen Jahren viele dieser Themen angehen will. Aber das ist meine persönliche Meinung :wink:

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Es sind ja auch nicht alle Städte in Deutschland so schlimm wie Berlin oder München. Man könnte ja einfach schonmal mit den anderen Städten anfangen.

In Städten ist teilweise eine Tiefgarage die einzige Chance sowas zu erfüllen und das ist dann nochmal richtig teuer

Den Eindruck habe ich auch.

Da würde mich mal interessieren, wo die Grünen in ihrem Wahlprogramm diese Punkte wirklich angehen wollen. Bis auf das die Grünen Sozialwohnungen bauen wollen, kenne ich da nicht viel von den Grünen. Hab gerade auch mal das Wahlprogramm der Grünen von 2021 überflogen und zu meinen Punkten 1-3 so gut wie nichts gefunden

Aus dem Wahlprogramm:

Wir wollen das Recht auf Wohnen ins Grundgesetz aufnehmen.

(Das ist in erster Linie zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit gedacht, würde aber den Staat zwingen, in Wohnraum zu investieren)

Wir wollen Mieter*innen und Familien wie Lebensgemeinschaften mit selbstgenutztem Wohneigentum entlasten und vor einem krisenbedingten Verlust der eigenen Wohnung bewahren. […] Die Möglichkeit, die Miete oder Kreditrate nachzuzahlen, soll Kündigungen und Zwangsräumungen abwenden. Zwangsräumungen auf die Straße darf es nicht geben.

Wir werden deshalb die Mittel für den sozialen Wohnungsbau deutlich erhöhen und verstetigen, statt sie zu kürzen. Wir werden die Kommunen unterstützen, ihre bestehenden Wohnungsgesellschaften und gemeinwohlorientierten Baugenossenschaften zu stärken und neue zu gründen. Dazu werden wir mit einer neuen Wohngemeinnützigkeit für eine Million zusätzliche Mietwohnungen sorgen, sicher und auf Dauer.

Wir wollen erreichen, dass die öffentliche Hand wieder eine strategische und gerechte Bodenpolitik betreibt. Der Bund soll seine eigenen Immobilien nicht länger meistbietend verkaufen, sondern gezielt die Schaffung von bezahlbarem und nachhaltigem Wohnraum, kulturellen, sozialen und gemeinwohlorientierten Einrichtungen fördern.

Das Leben auf dem Land und im Dorf hat viel zu bieten. Gründer*innen, Familien oder Freischaffende – alle brauchen schnelles und zuverlässiges Internet für ihr Leben. Eine ausreichend schnelle Breitband- und Mobilfunkversorgung gehört zur Daseinsvorsorge.

Dafür muss das Nahverkehrsangebot in den Städten und auf dem Land ausgebaut und intelligent vernetzt sowie mit intelligenten On-Demand-Systemen wie beispielsweise Rufbussen ergänzt werden.

Manches von deinen Punkten ist für ein Bundestagswahlprogramm zu spezifisch. Aber glaub mir, es gibt bei den Grünen zum Beispiel keinerlei Sympathien für die teils recht absurde Bevorzugung von Autos :wink:

Zum Flächenverbrauch spezifisch habe ich auch nichts gefunden. Das ist denke ich ein blinder Fleck.

Keine Partei wird auf alle Fragen die perfekte Antwort haben. Aber die Grünen sind für mich die derzeit einzige (bedeutende) Partei, die bewusst über Lösungen für eine lebenswerte Zukunft (und nicht nur eine möglichst veränderungsfreie Gegenwart) nachdenkt und solche Lösungen auch versucht offensiv umzusetzen, selbst wenn das unter Umständen erstmal bei vielen Menschen unpopulär ist. Leider stehen sie sich dabei mit einer mehr als mäßigen Kommunikationsstrategie oft etwas selbst im Weg.

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Eine ökonomisch recht elegante Lösung für das Problem der zu hohen Mieten ist die Bodenwertsteuer. So eine Steuer beugt Spekulation vor (oder verhindert sie sogar ganz) und könnte viele (wenn nicht sogar alle) anderen Steuern ersetzen bei sehr niedrigem bürokratischen Aufwand und quasi keiner Möglichkeit sie zu umgehen.

Vor ein paar Jahren hat eine Gruppe um den BUND das mal gefordert und Baden-Württemberg hat das ab 2025 (in ganz kleinem Massstab) so implementiert.

Nachtrag: Hier noch ein schöner ausführlicher Artikel zur Bodenwertsteuer von 2018: Warum eine Bodenwertsteuer? (Prof. Dr. Dirk Löhr)

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Klingt zwar nett, hebt die Grünen aber kaum von den anderen Parteien ab. Außerdem der Grund warum Duisburg im Vergleich zu anderen Städten so unbeliebt ist, liegt ja nicht an fehlendem Internet. Wenn wir Leute besser verteilen wollen, müssen wir die Wirtschaft besser verteilen in Deutschland und wir müssen die Städte attraktiver machen, da reicht es nicht ein paar Internetkabel zu verlegen und 2 neue Busverbindungen aufzubauen.

Zu den NIMBY-Regeln gehört ja aber noch viel mehr, z.B. wie hoch Häuser gebaut werden dürfen, dass in EFH-Siedlungen keine MFH gebaut werden dürfen. Gewisse Schrebergärten in zentraler Lage könnte man vermutlich auch hinterfragen. Klar ist vieles davon Kommunalpolitik, aber die Grünen könnten sich auch auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Kommunen ihre Politik ändern, z.B. in dem sie Leitlinien erarbeiten oder zumindest ankündigen Leitlinien erarbeiten zu wollen. Aber auch hier Fehlanzeige bei den Grünen.

Was ich noch vergessen hatte, was aber in anderen Threads diskutiert wurde, man könnte den Neubu von EFHs und unnötigen Bürogebäuden versuchen stark zu reduzieren, um die menschlichen, materiellen und Flächenresourcen für den Bau von Wohnraum freizusetzen. Dazu gibt es auch nichts von den Grünen.

Das heißt ich bleibe dabei, das einzige was die Grünen von meinen genannten Punkten derzeit wirklich angehen wollen ist der Bau von Sozialwohnungen. Das alleine reicht denke ich leider nicht aus. Die anderen Sachen der Grünen wirken eher wie ein Tropfen auf den heißen Stein, der große Wurf fehlt hier leider

Kleines live Update der heute veröffentlichte Zensus von 2022 hat ergeben, dass es anscheinend 1.4 Millionen Menschen weniger in Deutschland gibt als bisher angenommen. Was die Aussage noch absurder macht, dass Flüchtlinge die Mietpreise in die Höhe treiben

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Zumindest gab es da mal eine Schlagzeile Herrn Hofreiter betreffend.

Möglich, dass sie danach von dem Thema genug hatten.

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Das Problem ist, sämtliche anderen Parteien täuschen den Wählern vor, dass ein Eigenheim für alle möglich sei, dadurch ergibt sich der Anspruch der Wähler darau, eine Politik zu bekommen, die ihnen ein Eigenheim verspricht. Wenn jetzt also die Grünen kommen würden und den Neubau von Eigenheimen in Frage stellen würden, hätten die anderen Parteien ein leichtes Spiel darüber herzufallen.

Es reicht aber auf der anderen Seite nicht, wenn die Grünen einfach nur sagen, wir haben es ja mal probiert vorzuschlagen, aber keiner wollte es. So löst man auch keine Probleme

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Das ist ja ein grundsätzliches Problem der Grünen. Natürlich können sie sagen, dass das eigene Haus ein Traum aus vergangenen Zeiten ist, dass Klimaschutz uns nun harte Einschränkungen abverlangen wird und dass, wenn wir wollen, dass der globale Süden seinen Beitrag leistet, wir ihn dabei unterstützen und nicht mehr ausbeuten müssen. Nur: warum soll ich die dann wählen, wenn es bei den anderen Parteien so viel einfacher klingt? Warum sollen wir uns einschränken, wenn das Problem auch Technologie lösen kann? Warum den Traum vom Eigenheim aufgeben, wenn es dazu doch nur weniger Bürokratie und staatliche Förderung braucht?

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Ebenfalls aus dem Wahlprogramm

Für ein gutes, selbstbestimmtes Leben in allen Regionen brauchen wir eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.

Unser Ziel ist es, dass individuelle Entfaltung, demokra-
tische Teilhabe und gesellschaftliches Engagement überall im Land
möglich sind. Wir brauchen gute Infrastruktur und den Zugang zu
öffentlichen Gütern in den Kommunen. Deshalb wollen wir eine neue
Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Daseinsvorsorge“ im Grundgesetz
verankern.

Mit Regionalbudgets geben wir Bürgerinnen und Akteurinnen vor Ort die Möglichkeit, ihre Dörfer und Städte selbstbestimmt zu entwickeln und zu gestalten.

Das sind nur Ausschnitte aus einem ganzen Kapitel „Wir investieren in lebenswerte Dörfer und Städte“

Das stimmt nicht. Der Vorstoß von Hofreiter zu dem Thema wurde hier ja schon gepostet. Aber im Wahlprogramm findet sich auch ein ganzer Abschnitt zur ökologisch ganzheitlichen Betrachtung von Neubauten: „Ressourcenschonendes und kreislaufgerechtes Bauen vorantreiben“

Bei jeder Städtebau- und Gebäudeplanung sind künftig der gesamte Stoff- und Energieverbrauch für Bau, Betrieb und späteren Rückbau umfassend zu berücksichtigen. Eine Lebenszyklusbetrachtung soll verpflichtend für alle Baumaßnahmen werden, Erhalt und Aufbau auf Bestehendem bekommt Vorrang vor Neubau.

Mit entsprechenden rechtlichen Vorgaben und Anreizen realisieren wir den Vorrang der Innenentwicklung und flächensparendes Bauen.

Künftig wird mehr hoch als breit gebaut, Verkehrsflächen werden reduziert.

So steigen wir in eine Flächenkreislaufwirtschaft ein, die letztlich keinen Nettoverbrauch an
Boden mehr benötigt.

Ich sehe das wirklich anders. Ich glaube du unterschätzt, wie sehr die von dir formulierten Probleme bei den Mitgliedern und Mandatsträgern der Grünen Resonanz finden.

Ich denke die Dissonanz kommt auch daher, dass die Grünen über ihre „Fundamental-Idealistische“ Phase hinweg sind. Die Partei ist von (städtischen) Kommunen über die Länder bis zur Bundesregierung in Verantwortung, hat aber praktisch nirgendwo die für die Umsetzung eines radikalen Systemwandels nötige Mehrheit. Und weite Teile der deutschen Bevölkerung sind so einem Wandel gegenüber aktiv feindlich eingestellt.

Das heißt nicht, dass ich mir nicht auch oft ein „aggressiveres“ Eintreten der Grünen für progressive Politik wünschen würde.

Wo werden denn noch in gefragten Gebieten mit lokaler Wohnungsnot EFH gebaut, außer in Baulücken in Gebieten mit lauter EFH?

Ich beobachte das dort wo ich unterwegs bin nirgends. Dafür entstehen teils ganze Stadtteile oder zumindest große Wohnkomplexe wo Flächen frei werden oder freie Flächen entwickelt werden.

Traum vom Eigenheim könnte ja auch eine ETW sein. Ich kenne mehr und mehr Leute die für die zentrale Lage auf den Traum vom Einfamilienhaus im Grünen verzichtet haben.

Das sind dann aber eben auch vernünftige Wohnungen mit ihren ganz eigenen Vorzügen. Von Altbau ganz zentral über 60er Jahre Charme in einem recht weitläufig gestalteten Wohngebiet mit viel grün bis hin zu diversen Neubauten mit großzügigen Terrassen oder Balkons.

Wenig attraktiv ist es vor allem da wo 60er Jahre Bauten eng auf eng, oft noch neben vielbefahrenen Straßen stehen.

Was das Thema Nachverdichtung angeht bin ich auch sehr zwiegespalten und differenziere sehr. Bebauung von Baulücken ist eh klar, Ausbau von Dachgeschossen ebenso, aber wenn in Wohnblocks wo Häuser mit Abstand gebaut wurden um zwischen den Häusern Grünfläche zu haben dann in dieser Grünfläche nochmal Wohnbebauung stattfindet, Randzonen von ohnehin oft lokal schon sehr knapp bemessenen Parks bebaut werden oder mit relativ wenig Abstand hohe Gebäude neben Bestandsgebäude gesetzt werden, dann leidet da die Wohnqualität doch erheblich.

Das mag in den Kerngebieten von Städten noch gut funktionieren, wo die Wohnung vorwiegend wegen der Zentralen Lage gefragt ist. Wenn man jetzt aber in Trabentenstädten wie Marzahn auch noch das Grün reduziert indem man zwischen die hohen Häuser noch niedrigere Häuser baut, dann würde man diesen Stadtteilen quasi den letzten positiven Aspekt rauben.

Am Ende ist die Wohnungsnot doch ein Verteilungsproblem. Vielleicht muss man auch überlegen wie man Städte für Bewohner und Unternehmen unattraktiver macht bzw. im Gegenzug den ländlichen Raum wieder attraktiver. Unser Problem ist doch nicht, dass wir mehr Wohnraum benötigen weil unsere Bevölkerung explodiert, sondern dass alle in den gleichen Regionen leben wollen (und das bitte auch günstig!). Da hilft nur Bauen. Wenn wir das aus ökologischen Gründen aber nicht wollen, müssen wir die Nachfrage dämpfen. Vermutlich geht das primär über finanzielle Anreize.

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Einerseits ist es ein Verteilproblem, oftmals sogar innerhalb gefragter Städte, wo z.B. in Berlin alle in den gefragten zentralen Stadtteilen wohnen wollen und niemand wenige in Marzahn oder Hellersdorf, andererseits hat sich aber natürlich auch die Wohnfläche pro Kopf deutlich verändert.

Einmal natürlich wegen mehr Singlehaushalten. Hier wird aber niemand auf die Idee kommen zu sagen 30-jährige Singles müssten dann halt wieder bei den Eltern wohnen.
Kinderzimmer für jedes Kind sind heute ebenso Standard. Mein Vater musste sich noch mit seinem Bruder ein ziemlich kleines Zimmer teilen.
Aber auch Aspekte wie Homeoffice spielen eine Rolle. Wer regelmäßig im Homeoffice arbeitet braucht dafür einen geeigneten Raum.

Die 4-köpfige Familie die in den 60ern noch in der 65 qm 3-Zimmer Wohnung gewohnt hat braucht so heute halt auch eine 5-Zimmer Wohnung mit 100 qm.

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Es sollte einfach viel weniger Baugebiete mit EFH geben und viel mehr, die ausschließlich oder größtenteils Mehrfamilienhäusern vorbehalten sind (bzw. eine solche Bebauung dort zulässig ist). Ich wohne ländlich (4.000 Einwohner), aber auch hier gibt es einen absoluten Mangel an kleineren und größeren Mietwohnungen. Die Neubaugebiete sind trotzdem immer größtenteils EFH vorbehalten, weil das eben so gemacht wird (und ich vermute, weil die Entscheider im Ortsgemeinderat gerne den dörflichen Charakter erhalten wollen, selber alle im Eigenheim leben und ihre Kontakgruppen auch eher zu den Eigenheimambitionierten gehören).