Verbot Palästina Kongress / Kriminalisierung u.a. von Yanis Varoufakis

Das ist einfach viel zu kurz gegriffen. Die Hamas-Herrschaft ist nicht die monokausale Ursache der Terroranschläge, warum diese Eskalation gerade jetzt kam hat so viele unterschiedliche Ursachen. Dazu kommt, wie in anderen Threads schon ewig breit diskutiert, dass es fraglich ist, ob die Hamas überhaupt militärisch bezwungen werden kann. Die Ideologen der Hamas sitzen in anderen Ländern und die Rekrutierung neuer Kämpfer wird unter den gegenwärtigen Umständen immer ein Kinderspiel sein (leider geradezu wortwörtlich!).

Ein Gaza ohne (herrschenden) Extremismus wird durch das Weiterlaufen der Kriegseinsätze nicht wahrscheinlicher, sondern unwahrscheinlicher. Ob sich in Gaza eine nicht-extremistische Führung etablieren kann, hängt primär davon ab, wie es nach dem Kriegseinsatz weiter geht - und dafür gibt es weiterhin keine sinnvollen Konzepte.

Da sind wir wieder beim seit über 100 Jahre anhaltenden Zyklus der gegenseitigen Eskalation.
Es ist ein wenig absurd, dass jedes Mal, wenn jemand auch nur eine Mitverursachung von Terroranschläge der Hamas durch Israel argumentiert, so getan wird, als sei das direkt Antisemitismus, während Israels Handeln stets mit dem vorherigen Handeln von Hamas und co. gerechtfertigt werden kann. Das ist keine Einbahnstraße - alles, was im nahen Osten passiert, ist eine Reaktion auf etwas, was vorher passiert ist. Das aber immer nur in eine Richtung zu sehen, um das Vorgehen Israels zu rechtfertigen, ist einfach blatant einseitig.

Das ist wieder die Diskussion darüber, wie klar eine Seite „Schuld“ ist. Wenn ein klarer Angriffskrieg vorliegt, wie in der Ukraine, bedeutet Neutralität, dass man die Aggression des Aggressors toleriert. In Nahost hängt es gänzlich von der eigenen Position ab, wer der Aggressor ist - deshalb bin ich stets gegen denjenigen, der konkrete Aggression ausführt, deshalb verurteile ich sowohl die Terroranschläge vom 07.10.23 als auch die völkerrechtswidrigen Teile der israelischen Antwort (nicht: die gesamte israelische Antwort).

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Aber wo sind denn nun die Kämpfer für das Völkerrecht und zerren die aus diesen Ländern nach Den Haag?

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Nicht im Libanon und Katar, so viel ist sicher :wink: Aber die sind auch keine IStGH-Mitgliedsstaaten. Ebenso wie leider niemand Putin nach Den Haag bringt. Sowohl gegen Putin als auch gegen große Teile der (oder gar die gesamte?) Hamas-Führerschaft liegen internationale Haftbefehle vor, aber so lange sie in Staaten leben, in denen sie keine Auslieferung zu befürchten haben, bedeutet das eben nur, dass sie massiv in ihrer Reisefreiheit beschränkt sind. Das ist traurig, aber so ist es leider.

Zu deinen anderen Punkten muss man eben ganz klar sagen, dass ein Verstoß gegen das Völkerrecht - insbesondere durch terroristische oder autoritär-despotische Gruppen wie die Hamas - nicht dazu führen darf, dass demokratische Akteure das Völkerrecht brechen. Wir erwarten von der Ukraine auch, dass sie sich an das Völkerrecht halten und kritisieren die wenigen Fälle, in denen das missachtet wurde. Und ja, das ist ein Nachteil für die sich dem Völkerrecht fügende Partei in einem Konflikt, aber genau deshalb wird diese Partei international dann so stark unterstützt, wie es bei Israel und der Ukraine der Fall ist. Würde die Ukraine nun massiv gegen das Völkerrecht verstoßen und z.B. massive Raketenangriffe auf russische Städte / die Zivilbevölkerung schicken, wäre die Konsequenz ziemlich sicher, dass die Militärhilfe drastisch reduziert würde. Das gleiche muss auch für Israel gelten.

Israel ist - durch die westliche Hilfe - die wirtschaftlich und militärisch deutlich stärkere Partei in diesem Konflikt. Deshalb erwarten wir von Israel als Demokratie, das Völkerrecht zu achten. Von Staaten wie Iran oder Terrororganisationen wie der Hamas erwarten wir das gar nicht erst, deshalb werden diese Staaten / Gruppen international ja auch so stark isoliert.

Uns ist allen klar, dass das Völkerrecht nicht ideal ist, aber in dem Moment, in dem wir sagen „wenn die sich nicht dran halten, müssen wir es auch nicht!“ geben wir das Völkerrecht als Ganzes auf - und das wollen wir (hoffentlich) alle nicht.

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Vielleicht liegt da der Hase im Pfeffer? In moralischen Angelegenheiten gibt es tatsächlich ein (subjektives) Richtig und ein Falsch, wobei folgerichtig ‚richtig‘ verteidigt und ‚falsch‘ verurteilt gehört.
Nun werden Kriege aus vielen Gründen geführt und die begleitenden Gräuel verübt, aber selten aus moralischen. Die Beurteilung mithilfe der Moral ist zwar extrem verbreitet, gerade in Deutschland, aber mMn nicht hilfreich.

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Diese einseitige Erwartung spricht der von dir postulierten Universalität des Völkerrechts natürlich absolut Hohn. Und von einer „Isolierung“ von Regimen und Terrororganisationen wie Iran, Hamas oder Hisbollah zu reden, klingt m. E. recht abstrakt, solange diese beispielsweise massenhaft Raketen auf Israel abfeuern (können) und damit die Zivilbevölkerung systematisch terrorisieren. In diesem Kontext kann die Rede von „Verletzungen des Völkerrechts“ eben auch zu einer Nivellierung kategorischer Unterschiede beitragen - etwa des Unterschieds zwischen systematisch menschenverachtendem Terror und der Inkaufnahme ziviler Opfer bei der Bekämpfung dieses Terrors. Nicht selten wird daraus eine Position der Äquidistanz im Sinne von „die anderen verletzen ja auch das Völkerrecht“, die genau wegen ihrer nivellierenden Wirkung nicht zufällig zum Kern der ideologischen Kriegsführung von Akteuren wie Putin, Hamas oder Iran gehört und die von sehr unterschiedlichen Mileus überall auf der Welt dankbar aufgenommen wird.
Nur ein Beispiel: Vor dem 24. Februar 2022 war es in deutschen Massenmedien keineswegs so eindeutig, dass Russland einseitig und unter Bruch des Völkerrecht und zahlrreicher Verträge die Ukraine angegriffen hat - stattdessen wurden seit 2014 rauf und runter irgendwelche „Experten“ präsentiert, die uns erklärten, dass der Westen ja auch Russlands Sicherheitsinteressen ignoriert habe, dass die Krim ja eigentlich „schon immer russisch“ gewesen sei, dass die Ukraine ja auch gar nicht demokratisch sei und „die Russen“ unterdrücke etc. pp. Das ist zwar keine originär rechtliche Argumentation, aber die Grundidee der Äqudistanz ist dieselbe - und die fatalen politischen Folgen ebenfalls. [Edit: Und Russland war vor 2022 mitnichten „isoliert“ - gerade Deutschland hat sich dem Energielieferanten ja auch nach 2014 noch geradezu an den Hals geschmissen]

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Ich finde ja, dass das in diesem Thread die eigentliche Frage sein sollte.

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Gerne doch!

Wenn du den ersten Teil ernst meinst - also dass du nicht willst, dass auch in Deutschland Juden Angst vor antisemitischen propalästinensischen Veranstaltungen haben müssen (wie derzeit etwa aufgrund von zum Teil gewalttätigen Demos oder Blockaden in USA, UK oder Kanada) und wenn du nicht willst, dass auf Veranstaltungen in Berlin die Massaker vom 7. Oktober bagatellisiert oder gerechtfertigt werden -, dann frage ich mich schon, warum du das staatliche Vorgehen gegen eine Veranstaltung, wo genau das droht, ausschließlich als „gefährlich“, „bedenklich“, „übereilt“ und „leichtfertig“ kritisierst, aber kein Wort darüber verlierst, was die Sicherheitsbehörden denn Deiner Meinung nach stattdessen hätten tun sollen, um sicherzustellen, dass es nicht passiert.
Schließlich war ja bekannt, dass auf dem Kongress etwa Personen sprechen sollen, die sich nicht klar vom 7. Oktober oder von der Hamas abgrenzen wollen oder in Einzelfällen diesen sogar feiern oder mit ihr zusammen auftreten, die ekelhafte Vergleiche mit der Schoa vornehmen etc. Auch das Mileu, das den Kongress organisiert ist u. a. durch unzählige Versammlungen zum Teil polizeibekannt und nicht umsonst gab es ja im Vorfeld des Kongresses zivilgesellschaftlichen Protest. Und so wie ich ihre Statements lese, hatten [Edit: Polizei und Sicherheitsbehörden] die Einschätzung, dass die verhängten Auflagen nicht ungedingt eingehalten werden und sah die Einreise- und Betätigungsverbote als geeignetes Mittel an, um diese sicherzustellen. Ob das so stimmt, kann und soll absolut diskutiert werden, aber eben nicht unter der Prämisse, dass es eigentlich gar keinen Grund zum Eingreifen gab.
Edit: Formulierung präzisiert.

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Ich will einen Haufen Dinge nicht. Zum Beispiel, dass Merz gegen Migrant:innen und Sozialleistungsempfänger:innen hetzt. Das bedeutet noch lange nicht, dass ich der Meinung bin, dass diese Meinungen durch staatliche Gewalt unterdrückt werden sollten.

Ich bin verwirrt. Die Polizei kann wohl kaum selbst Einreise- und Betätigungsverbote verhängen, hoffe ich zumindest. Welche Statements meinst du?

Die Einschätzung, dass etwa eine Verherrlichung der Anschläge vom 7. Oktober lediglich eine „Meinung“ ist, die man halt gut finden kann oder nicht, beschreibt genau die Prämisse, von der ich eben schrieb.

Und danke, dass du Dir meine Formulierungen immer so genau anschaust, ich habe mich entsprechend korrigiert. Ich beziehe mich auf verschiedene Aussagen u. a. der Berliner Polizei und der Innensenatorin, die ebenso wie die Einschätzungen der Organisatoren, der eingeladenen Gäste und der zivilgesellschaftlichen Proteste der Tagespresse zu entnehmen waren.

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Ich habe bisher noch nirgends einen Nachweis gesehen, dass es zu so einer Verherrlichung gekommen wäre. Du kannst hier Prämissen für die Diskussion postulieren, aber solltest nicht erwarten, dass wir uns daran halten, wenn diese Prämissen auf so wackligen Füßen stehen.

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Offenbar bist du nicht immer so genau mit den Formulierungen. Ich habe nur von einer Prämisse geschrieben, die für mich eine sinnvolle Diskussion unmöglich macht. Du weißt natürlich, dass man nicht „nachweisen“ kann, das etwas passiert wäre, wenn es nicht verhindert worden wäre, sondern dass man es nur für mehr oder weniger wahrscheinlich halten kann. Indem du aber einen solchen unmöglichen „Nachweis“ forderst und indem du auf die von mir nun mehrmals angerissenen inhaltlichen Hintergründe der Veranstaltung überhaupt nicht eingehst, erweckst du zumindest bei mir den Eindruck, dass du überhaupt kein Interesse daran hast, die Angemessenheit des staatlichen Vorgehens ernsthaft zu diskutieren.

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Danke für das ad hominem.

Man kann keinen definitiven Beweis führen, das ist wahr. Dennoch werden solche Fälle ja hoffentlich basierend auf Indizien entschieden, und bei der Entscheidung, ob das Verhalten angemessen war, spielt die Schlagkräftigkeit dieser Indizien eben eine entscheidende Rolle.

Interessant, denn diesen Eindruck habe ich von dir. Du lässt die Möglichkeit, dass keinerlei staatliches Eingreifen die angemessene Reaktion gewesen wäre, von vornherein nicht zu. Gleichzeitig vermeidest du, soweit du kannst, Stellung zu beziehen, indem du immer wieder Dinge schreibst wie

ohne jemals selbst zu sagen, ob du denn nun das Vorgehen angemessen fandest oder nicht.

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Diesen impliziten Vorwurf weise ich zurück. Ich habe mich nicht über deine Person geäußert (was ein argumentum ad hominem wäre), sondern darüber wie du liest und begrifflich argumentierst - und das nebenbei bemerkt auch im Positiven.

Nichts anderes habe ich gesagt. Du hast aber explizit von einem „Nachweis“ geschrieben.

Das ist schlicht nicht wahr. Wenn du das behauptest, hast du meine Argumentation entweder nicht verstanden oder willst es nicht. Ich habe mehrmals deutlich gemacht, unter welchen Bedingungen die Diskussion über diese Frage für mich sinnvoll ist und unter welchen nicht. Mir jetzt vorzuwerfen, dass ich die Diskussion nicht trotzdem führe, obwohl ich mehrfach ausgeführt und begründet habe, weshalb diese Bedingungen aus meiner Sicht nicht erfüllt sind, finde ich ehrlich gesagt absurd.

Interessant, weil wenn die Formulierung „Jordanfluss bis zum Mittelmeer“ (from the river to the sea) einen sogenannten „Dog Whistle“ oder „Code“ sein soll, muss man der Likud Partei (Netanjahu’s Partei) auch in Deutschland verbieten, da sie in ihrem Gründungsdokument zu finden ist.

Oder dürfen die israelischen Rechte das Existenzrecht aller Palästiner/innen verweigern, weil sie ein Recht auf Meinungsfreiheit haben (auch wenn es meine/unsere Moralempfindung stört)?

Aber hat Likud mehr Meinungsfreiheit als BDS-Aktivisten? Wenn ja, warum?

Korrekt, in den Gründungsdokumenten der Likud heißt es wörtlich:

Das ist sogar wörtlich „from the river to the sea“ und eine sehr deutliche und unmissverständliche Position, dass kein palästinensischer Staat geduldet werden wird. Diese Partei, die das in ihrem Gründungsakt stehen hat, regiert in Israel fast durchgängig seit 23 Jahren (mit 1,5 Jahren Pause unter Bennet-Lapid).

Das scheint aber irgendwie niemanden zu interessieren - wenn Palästinenser „from the river to the sea“ fordern wird das - mit Recht! - massiv kritisiert, bei rechten Kräften Israels, welche seit Dekaden in Regierungsverantwortung sind und durch illegalen Siedlungsbau die „from the river to the sea“-Politik auch tatsächlich vorantreiben, wird das hingegen kaum thematisiert.

Hier gilt für mich tatsächlich ganz klar:
Wenn wir diesen Spruch als Extremistisch erachten (wofür es sehr gute Argumente gibt!) muss das für beide Seiten gelten, daher sollten wir uns sehr gut überlegen, ob wir diesen Schritt gehen wollen. Verurteilen wir nur die Palästinenser für diesen Spruch, stellen wir uns direkt auf die Seite der illegalen israelischen Siedler und der Parteien, die diese Siedlung schützen und unterstützen (u.a. die Likud, aber andere sind da noch extremer…).

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Naja, der Unterschied ist doch klar: es gibt zwischen River und Sea keinen palästinensischen Staat. Die Likud fordert also den Status Quo.

Wenn zwischen River und Sea jetzt nur noch ein palästinensischer Staat sein soll, fordert man die Abschaffung (Auslöschung) Israels.

Zwischen den zwei Positionen besteht also ein ziemlicher Unterschied.

(Ändert nichts daran, dass die israelische Zivilbevölkerung endlich Likud und Netanyahu abwählen und damit die Chance auf eine Zweistaaten-Lösung schaffen sollte…)

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Da macht man es sich aber zu einfach, weil man den klar völkerrechtswidrigen Status Quo als „gegeben“ bzw. „gerecht“ betrachtet. Das ist er aber nicht. Nach dem immer noch verbindlichen Teilungsplan haben die Palästinenser genau so ein Recht auf einen eigenen Staat wie Israel. Israel hat durch eine gezielte, völkerrechtswidrige Siedlungspolitik planvoll Siedlungen im Westjordanland errichtet, die einen palästinensischen Staat verunmöglichen. Abgesehen davon erkennen 140 der 192 Staaten der UN Palästina als Staat an (darunter auch Polen und Schweden), diese Staaten entsprechen 80% der Weltbevölkerung. Also kann man hier auch ernsthaft diskutieren, ob Palästina wirklich kein Staat ist - nur weil Israel und große Teile der westlichen Welt sich weigern, Palästina anzuerkennen.

Abgesehen davon hat Israel auch im aktuellen Status Quo eben keine Souveränität über das gesamte Gebiet zwischen dem Jordan und dem Meer. Nur, weil diese Gebiete aktuell nicht von allen Staaten als Staat anerkannt werden, heißt das nicht, dass deshalb Israel dort Souveränität hätte. Wenn die Likud klar sagt, dass Israel dort Souveränität hat, heißt das eben nicht nur, dass es keinen palästinensischen Staat geben darf, sondern es heißt auch, dass dieses gesamte Gebiet Israel zusteht, daher Israel das Recht hat, in diesem gesamten Gebiet nach Belieben zu siedeln. Faktisch heißt es, dass Israel das Recht auf das gesamte Gebiet „from the river to the sea“ hat.

Kurzum:
Ich sehe diesen Unterschied nicht.

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Du siehst keinen Unterschied zwischen dem Status Quo und einer Situation in der Israel nicht mehr existiert?

Ich verstehe dich mal so, dass jede Seite, die nur eine Einsstaatenlösung akzeptiert, der Zweistaatenlösung gleichermaßen Wege steht. Egal ob Israeli oder Palästinenser.

Die Frage, ob Palästina ein Staat ist, beantwortet sich nicht dadurch, wer ihn anerkennt oder nicht, sondern dass nach der Drei-Elemente-Lehre ein Staat definiert wird durch ein Staatsvolk, ein Staatsgebiet und die souveräne Ausübung der Staatsgewalt in diesem Gebiet. Insbesondere letzteres würde ich eher nicht als gegeben ansehen, nicht nur weil Israel immer noch im Westjordanland Teile besetzt hält, sondern auch weil die Autonomiebehörde in Gaza keine Macht hat.

Gerade beim Begriff der Staatsgewalt muss man vorsichtig sein. Wenn ein Staat argumentiert, dass ein anderer „Staat“ kein „Staat“ sei, weil er keine volle souveräne Ausübung der Staatsgewalt habe (oder ein Teil des Staatsgebietes umstritten ist) und damit rechtfertigt, Gebiete dieses Staates zu annektieren, obwohl er selbst der Staat ist, der dafür verantwortlich ist, die Souveränität des anderen Staates einzuschränken oder dessen Staatsgebiet beansprucht, kommen wir in sehr merkwürdige Sichtweisen über die Legitimität von Staaten.

Die Legitimität war etwas, über das sich Jellinek (der 1911 starb) einfach noch keine wirklichen Gedanken gemacht hat, was jedoch spätestens mit Ende des zweiten Weltkrieges immer stärker an Bedeutung gewann, weil man eben nicht mehr, wie zu Jellineks Zeiten, akzeptieren wollte, dass Grenzen sich mit Gewalt verschieben lassen.

Die Drei-Elemente-Lehre wird daher zwar weiterhin im Staatsrechts genutzt, aber sobald ein militärischer Konflikt mit einem anderen Staat hinzutritt, wird sie regelmäßig als unzureichend abgelehnt, weil man sonst sehr schnell zu Ergebnissen kommt, die dem Geist der Zeit vor den Weltkriegen entsprechen…

Exakt, der Kampfspruch „From the River to the Sea“ ist generell zu verurteilen, es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum Israelis, die diesen Spruch nutzen und damit ihre Politik begründen, moralisch besser stehen sollten als Palästinenser. Beide Seiten nutzen diesen Spruch um einen völkerrechtswidrigen Gesamtvertretungsanspruch auf das gesamte Gebiet zu erheben. Welcher Staat nun wie akzeptiert ist spielt dabei für mich einfach keine Rolle, ich würde es genau so bewerten, wenn beide Staaten zweifellos existieren würden oder wenn beide Volksgruppen keinen anerkannten Staat hätten.

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