Rentenpaket II Umverteilung von Jung nach Alt?

Offenbar wurden mit dem Rentenpaket II „Haltelinien“ verlängert (bis 2039?). Die Begründung scheint zu sein, dass man aktuellen Rentenzahlern die Rentenhöhe sichern will.
Aber was passiert, ist doch, dass es höhere Rentenausgaben für die Boomer-Generation geben wird.
Könntet ihr das Thema nochmal aufgreifen?
Ich finde es bedenklich, wenn so etwas fast unbeachtet durchgeht. Dass nur über die Aktienrente gesprochen wird, über die Garantie für die Rentenhöhe aber gar nicht. Es ist schwierig, wenn die junge Generation immer weiter belastet wird, denn irgendwer wird die Renten bezahlen müssen, Beitragszahlungen und Bundeshaushalt. Die junge Generation selbst kann ja eigentlich kaum noch auf eine Rente hoffen, überspitzt ausgedrückt.
https://www.zeit.de/wirtschaft/2024-03/rentenpaket-ii-rentenniveau-halten-umverteilung Leider ist der Artikel hinter Paywall und ich kann ihn nicht lesen, aber man findet die Vorgänge z.B. auch hier: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/rente-ampelkoalition-100.html
https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Meldungen/2024/das-rentenpaket-2-im-ueberblick.html

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Unbeachtet war das nicht. Es gab schon einige Gruppen, die das für falsch halten und hielten. Nur fand die Gesellschaft vieles andere halt wichtiger, zum Beispiel Taurus, das Remigrationstreffen, Bauernproteste…

Ich habe in der Vergangenheit auch schon Emails an Abgeordnete geschrieben. Die haben mir dann wahlweise geantwortet, dass ja alles richtig sei, aber angesichts bereits vieler armer Rentner könne man nichts tun. 40 Jahre Lebensleistung sollen später nicht Bürgergeld heißen. Oder sie mussten sich erst beim Fachpolitiker ihrer Partei rückversichern, fanden das Gesetz dann ganz doof, können es jetzt aber nicht mehr ändern, werden in Zukunft aber für mehr Generationengerechtigkeit kämpfen. Wer’s glaubt…

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Stimmt, aber es wäre progressiv (oder regressiv? ) möglich. Je höher die Rente, desto niedriger der Prozentsatz.

Ich werde zu diesem Thema meine ersten Briefe an politische Funktions- und Würdenträger schicken. Eine Partei, die diesem Paket zustimmt, wird keine Stimme mehr von mir bekommen. Diese Rentenreform eine historische Enteignung zukünftiger Generationen, ohne Rücksicht und zu Lasten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, damit die Boomer, die weder vorgesorgt noch genug Kinder bekommen haben, nicht an den Kosten ihrer Lebensführung beteiligt werden. Quasi Klimakrise in grün.

Ich bin gespannt wer darauf reagiert.

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Inwiefern ist in dem Rentenpaket 2 den festgehalten das es keine Änderung der Rentenfinanzierung geben darf? Nur weil ich eine Höhe festlege, sage ich ja nicht automatisch das es durch die zukünftigen Arbeitskraftgeber finanziert werden muss und nicht das System grundsätzlich sich ändert, um dem Rechnung zu tragen.

Was mich dabei fassungslos macht ist die einseitige Belastung der jüngeren Generation. Es wird angenommen, dass der Beitragssatz von derzeit 18,6% auf 22,3% in 2035 ansteigt, das Rentenniveau aber stabil bleiben soll. Solidarisch ist das absolut nicht. Dazu kommt, dass ja schon absehbar ist, dass auch die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge steigen werden, wenn die Boomet älter werden.

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Es ist ja nicht so das die Boomer etwas dafür können geboren worden zu sein und lange Zeit galt die Rente als sicher weswegen auch diese Generation noch nicht eigenständig vorgesorgt hat. Insofern ist es ein versagen auf vielen Ebenen aber jede Generation baut auf dem auf was die Generation davor aufgebaut hat. Ob es das persönliche Eigenheim der Eltern ist, oder der allgemeine Wohlstand der in Deutschland nun mal existiert im Vergleich zu anderen Ländern. Es ist auch nicht so das nach den Boomern die Anzahl älterer Menschen Rückläufig wäre. Zumindest laut Ststista steigt diese weiter bis wir 2070 bei 29,7% sind. Das hier eine andere Form der Finanzierung gefunden werden muss ist klar. Viel Spas beim Versuch das in der Bevölkerung durchzubekommen. Als Teil einer Gesellschaft muss man mit dem Leben was Mehrheitsfähig ist. Übrigens zu sagen die Boomer sind schuld ist genau so richtig wie die Jugend ist faul. Schubladen sind schon was schönes.

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Ich mache ja auch niemanden einen persönlichen Vorwurf, sondern sehe eine kollektives politisches Gesamtversagen. Es ist doch schon seit Jahrzehnten bekannt, was da auf uns zurollt und die einzige Konsequenz die jetzt gezogen wird, ist die Kosten auf die nächste Generation abzuwälzen, die wenig dagegen tun kann, weil sie in der Minderheit ist.

Pauschal ist beides natürlich nicht richtig.
Wenn ich aber merke, dass mir die Finanzierung für einen elementaren Grundbaustein der Gesellschaft in 20 Jahren wegbrechen wird und dann nichts dagegen tue, dann sind wir als Gesellschaft definitiv gewissermaßen „schuld“.
Genauso wie beim Klimawandel aktuell hat man es geschehen lassen, in der stillen Hoffnung, dass es schon irgendwie gut gehen wird.

oder der allgemeine Wohlstand der in Deutschland nun mal existiert im Vergleich zu anderen Ländern

Ein Wohlstand wohlgemerkt, der auf jahrhundertelanger Ausbeutung von Natur und Mensch basiert, aber ich will nicht abschweifen…

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Ich würde es unterstützen, das Thema in der Lage anzusprechen.
Es ist im Lagebuch schön aufgearbeitet, vielleicht könnte man die wichtigsten Punkte dann nochmal nennen und sich fragen, warum nicht die naheliegenden nötigen Reformen gemacht werden (ALLE müssen einzahlen, das Eintrittsalter an die Lebenserwartung koppeln, Begrenzung der Rentenhöhe für Reiche usw.).

Den eigentlichen Hammer finde ich:

Um die Beitragszahler langfristig zu entlasten, wird mit Darlehen aus dem Bundeshaushalt und der Übertragung von Eigenmitteln vom Bund ein dauerhaft bestehender Kapitalstock aufgebaut.

Wir reden ständig über die Schuldenbremse, an der dogmatisch fest gehalten wird, aber wenn es um die Rente geht ist doch plötzlich Geld da - und zwar Geld, für dessen Zinsen dann praktischerweise die zukünftigen Generationen zahlen müssen. Das Aufbauen eines Kapitalstocks kann ich grundsätzlich verstehen, aber:

  1. warum so wenig? Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein
  2. warum nicht gespeist z.B. aus Erben oder einer Reichensteuer?

Und dann wird es noch so verkauft, als ob das ja den zukünftigen Generationen zu Gute kommen würde…

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Die Leute haben sich damals schon über Norbert Blüm lustig gemacht, sie wussten genau, dass er lügt, aber hat natürlich der Bevölkerung gut in den Kram gepasst, dass jemand sie ausspricht und sie sich dahinter verstecken kann

Früher® haben die Eltern ein Zimmer bezogen, ein Kind ist mit seiner Familie und Haus eingezogen, hat das Haus bekommen und dafür die Eltern gepflegt. Heute wollen und können das viele Kinder gar nicht mehr und müssen darum ihr Haus selbst finanzieren. Die Eltern sind aber auch viel länger fit, danach ist die Versorgung von rotem Kreuz etc viel zu gut, als dass die Eltern bereit wären ihren Komfort mit den Kindern zu teilen.

Wir werden zwar nicht bei der Rente aber bei der gesundheitlichen Versorgung sparen. Gut möglich, dass nachfolgende Generationen wieder früher sterben.

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Nachdem ich nun noch ein paar Artikel gelesen habe bin ich bezüglich der Finanzierung des Pakets verwirrter als vorher.
Es wird von Darlehen aus dem Bundeshaushalt gesprochen. Heißt das, dass der Bund der noch zu gründenden Verwaltungsstiftung ein Darlehen gibt? Oder schenkt der Bund der Stiftung das Geld und nimmt dafür ein Darlehen auf? Either way fehlt am Ende Geld in der Kasse, das effektiv Schulden gleich kommt?

(Von Mod gekürzt)

Artikel vom 11.03.2024 im Spiegel:
„Die Jungen lassen sich ausnehmen wie die Weihnachtsgänse“

Hier wird eine Parallele zu dem Urteil des BVG bzgl. der Klimaziele gezogen. Dieses urteilte bekanntermaßen am 24.03.2021, dass die jüngeren Generationen durch die aktuelle Umweltpolitik benachteiligt wird und das verfassungswidrig sei.

Könnte man dieselbe Argumentation auch bei der Rente ins Feld führen?

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  • Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) ("Das Rentenpaket II führt zu noch höheren Beitragsbelastungen, ohne dass ein Sicherungsniveau von 48 Prozent treffsicher vor Armutsrisiken im Alter schützt. Insbesondere für jüngere Arbeitnehmer wird damit der Spielraum für die eigenverantwortliche Vorsorge immer enger. Die bleibt aber notwendig, um den Lebensstandard im Alter sichern zu können. Ob sich weitere Beitragssatzerhöhungen nach 2035 vermeiden lassen, steht dagegen in den Sternen. ")
  • Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier (" dass die Reformbereitschaft in der Regierung bei vielen Politikern nicht hoch ist, man fürchte sich vor dem Risiko: „Die bleiben lieber bei dem Rentensystem, das wir kennen – und das uns in den Abgrund führen wird, weil es einfach nicht finanzierbar sein wird, weil die junge Generation sich für die ältere zu Tode bezahlen wird“.")

Auffällig ist, dass das Wort „Aktienrente“ immer wieder fällt, obwohl es ja an und für sich keine Aktienrente ist. Das Problem sehe ich auch gar nicht darin, dass am Finanzmarkt partizipiert werden soll, sondern wie dieser Kapitalstock finanziert werden soll.

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Herr Blome betreibt da ja schönes Victim-Blaming: „Die jungen sind ja selbst Schuld, wenn sie sich nicht beschweren“. Dabei ist es finde ich überhaupt noch nicht klar, wie die Auswirkungen genau sein werden, die unabhängigen Bewertungen trudeln ja erst langsam rein - deswegen ist auch nicht ganz klar, wofür oder wogegen man protestieren sollte.

Kritische Stimmen vernehme ich bisher von:

  • Wirtschaftsweise Monika Schnitzer (O-Töne: „Dadurch belasten sie vor allem die junge Generation.“, „Sie fordert, die Menschen in Deutschland müssten länger arbeiten und mehr fürs Alter sparen. Gleichzeitig könnten die Renten nicht mehr so stark wie bisher erhöht werden.“)
  • Wirtschaftsweiser Martin Werding („am stärksten die belastet, die jetzt mit dem Arbeiten anfangen.“)
  • Der Paritätische („Notwendig ist nach Ansicht des Verbandes der Umbau des Rentensystems zu einer Bürgerversicherung, in die ohne Ausnahme alle einzahlen – auch Beamte, Politiker und Selbständige“)
  • Bert Rürup, ehem. Wirtschaftsweise (" Rürup plädiert deshalb für eine Reaktivierung des Nachhaltigkeitsfaktors. Dieser berücksichtigt unter anderem die Entwicklung der Lebenserwartung und das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern. So führt eine geringere Zahl von Beitragszahlern im Verhältnis zu Rentnern zu einem geringeren Anstieg der Renten). „Die realen Kosten der Alterung lassen sich nun einmal nicht aus der Welt schaffen, sie können immer nur verteilt werden“, so Rürup.„, " Die angekündigte Aktienrente hält Rürup zwar für richtig, sie komme aber viel zu spät.“)
  • Wirtschaftsweise Veronika Grimm („Letztlich gefährden wir den Standort Deutschland durch eine solche Politik, die das Finanzierungsproblem der gesetzlichen Rentenversicherung nicht wirksam adressiert“)
  • Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest („Wenn die Politik einen erheblichen Anstieg der Beitragssätze oder der Steuerzuschüsse zur Rentenversicherung vermeiden möchte, sollte sie die Lebensarbeitszeit verlängern, orientiert am Anstieg der Lebenserwartung“)

Das Ganze ist insofern auch ein ziemliches Armutszeugnis der Politik, weil es das unumgängliche ja nur ein wenig hinauszögert. Früher oder später ist das aktuelle Rentensystem einfach nicht mehr finanzierbar, wenn nicht die meisten anderen staatlichen Aufgaben eingestellt werden sollen.

Insofern ist doch allen eigentlich klar, wo der Haase hinläuft. Eine Mischung aus:

  • Eine Grundsicherung im Alter unabhängig vom vorherigen Einkommen
  • Ein sehr überschaubarer Aufschlag für geleistete Zahlungen in die Rentenversicherung im Solidarsystem
  • Eine Zuzahlung aus einem kapitalgestützten staatlichen Rentenfond
  • Steuerbegünstigte Modelle zur privaten Altersvorsorge

Politisch gestaltet werden können dabei eine überschaubare Anzahl an Variablen:

  • Höhe der Grundsicherung
  • Höhe der Beiträge in die Rentenversicherung und den daraus resultierenden Aufschlägen auf die Grundsicherung
  • Höhe des Kapitalstocks im staatlichen Rentenfond und den daraus resultierenden Aufschlägen auf die Grundsicherung
  • Modelle der privaten Altersvorsorge (z.B. private Aktienrente in die einkommenssteuerfrei eingezahlt werden kann, ähnlich wie in den USA)
  • Renteneintrittsalter

Die andere Alternative, über die keiner gerne redet: wir könnten einfach massive Zuwanderung (Wanderungssaldo von +1,6 Millionen Menschen/Jahr für die nächsten 15 Jahre) vor allem junger Menschen ermöglichen und damit die Schieflage des aktuellen Rentensystems korrigieren (jedenfalls für die nächsten ca. 30 Jahre).

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