LdN379 - Migration UK-Ruanda

Habe ich mich verrechnet, oder sind 500 Mio. Pfund (ca. 583 Mio.€) aufgeteilt auf 16.000 Personen ca. 36.000€ und nicht 2 Mio.€?

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Hab ich mir auch gerade gedacht, allerdings steht hier:

das auch noch 100-tausende an Pfund pro geflüchtete Person dazu kommen können. Was das jetzt am Ende heißt weiß ich auch nicht, aber mir kommen die 2 mio pro Kopf schon viel vor.

Ist mir auch aufgefallen… Allerdings gibt es noch andere Quellen, die noch von zusätzlichen Zahlungen pro Mensch sprechen. Vielleicht wurde da etwas verwechselt.

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Ist richtig und die Zahlen aus dem Podcast konnte ich daher auch nicht nachvollziehen. Auf die ca. 2 Mio Euro kommt man, wenn man die 584 Mio Euro (die im ersten Jahr fällig werden) durch die 300 Flüchtlinge teilt, die Ruanda im ersten Jahr bereit wäre aufzunehmen (siehe z.B. unten).

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Ich denke zu den Zahlen muss man ein paar erklärende Worte ergänzen. Tatsächlich rechnen Regierung und Opposition unterschiedliche Kosten pro Flüchtling vor, was daran liegt, dass Fixkosten und Kosten pro Flüchtling anfallen, die Anzahl der tatsächlich nach Ruanda gebrachten Flüchtlinge aber natürlich unklar ist. Je nachdem wie man diese Anzahl einschätzt, kommt man daher natürlich zu unterschiedlichen Zahlen. So rechnet die Regierung mit Kosten von 174.000 und die Opposition mit 2.320.000 Euro pro Flüchtling [1]. Vermutlich ein best bzw. worst Case Szenario und insofern beides nicht realistisch/ belastbar.
Die Schlussfolgerung dass der Deal teuer ist stimmt aber natürlich trotzdem. Mit 174.000 Euro könnte ich jemanden zu einer studierten Fachkraft mit guten Sprachkenntnissen ausbilden und würde danach idealerweise noch jahrelang davon profitieren. Also rein ökonomisch ziemlich fragwürdig.

[1]

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Im der Theorie oder in der Praxis?

Ich sehe z.B. bei uns, dass kaum einer der als Jugendlicher Flüchtling nach Deutschland kam in der Realität eine Ausbildung auch erfolgreich abschließt und dass selbst wenn, wie bei uns im Unternehmen ein vorbereitendes Jahr (Berufsschule ohne Noten), Sprachunterricht und individuelle Nachhilfe (Grundlagen, aber auch fachspezifisch) angeboten werden. Und in anderen uns bekannten Betrieben ist die Quote ähnlich mau.

(Die meisten arbeiten dann einfach als zuverlässige angelernte Kräfte weiter wenn das mit der Ausbildung nicht erfolgreich klappt, haben aber ja doch ein wenig wissen aus der Zeit die sie an der Berufsschule waren mitgenommen)

Für ein Studium braucht es aber ja noch viel mehr und wenn du von Durchschnitt pro Kopf redest, dann erscheint mir das nicht realistisch.

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Was man auch erwähnen sollte: Ulf sagt im Zusammenhang mit den Zahlen, das UK die Flüchtlinge in Ruanda „zwischeparkt“. Das ist aber falsch: Es gibt keinen Pfad für diese Menschen nach UK. Das Asylverfahren ist für Asyl in Ruanda!

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Mir scheint, dass diese Diskussion die Motivation der Briten im Kern nicht erfasst: es geht doch schlicht um Abschreckung und die Erwartung, dass sich rumspricht, dass illegale Migration nach UK sich nicht lohnt. Ob dann 20 oder 500 Flüchtlinge, die es anders eingeschätzt haben und erwischt wurden tatsächlich nach Ruanda geschickt werden, ist doch völlig unerheblich. Sollten die Zahlen wirklich entgegen der Erwartungen dauerhaft auf dem aktuellen Niveau bleiben, wäre das Konzept gescheitert. Die Briten wären wohl ziemlich zufrieden (auch ökonomisch), wenn sie 500 Mio. zahlen und kein einziger Flüchtling von der Regel betroffen ist.

Man kann das natürlich in der in Deutschland mittlerweile üblichen Art der Argumentation als böse, unmenschlich, moralisch verwerflich etc. bezeichnen, aber letztlich versuchen die Briten ein Problem zu lösen, das viele Staaten in Europa haben, und für das sonst niemand eine funktionierende Lösung gefunden hat. Es bleibt abzuwarten, ob es funktioniert - wenn ja, bin ich auf die Debatten bei uns gespannt…

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Laut Migrationsforschung gibt es mit Australien eine Blaupause für dieses Vorgehen. Australien hat Anfang der 2000er Boots-Flüchtlinge in andere, weniger attraktive Länder gebracht, womit die Flüchtlingszahlen nach Australien deutlich reduziert werden konnten. Mit den frei gewordenen Kapazitäten nimmt man heute Flüchtlinge aus zentralen UN-Programmen auf.

Das zeigt, dieses Vorgehen kann funktionieren. Ob es ethisch ist, darüber kann man dennoch streiten.

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Für den Nutzen der Aktion macht es doch einen gewaltigen Unterschied, ob 20, 100 oder 500 von jährlich 46.000 Flüchtlingen nach Ruanda abgeschoben werden können. Von 46.000 Flüchtlingen ertrinken wahrscheinlich auch (statistisch) ein paar im Mittelmeer. Trotzdem hat das nicht (bis auf 0 runter) abgeschreckt.

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Bin nicht ganz sicher, was du meinst. Dass die Kosten für das Studium zu gering angesetzt sind? Im Schnitt geben Unis rund 10.000 € pro Student und Jahr aus. Das wären bei 5 Jahren ca. 50.000 €. Und natürlich würde nicht jeder Flüchtling studieren sondern manche machen vielleicht eine Berufsausbildung o.ä. In jedem Fall hätte man mit 175.000 € eine solide Anschubfinanzierung.

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Vielleicht ist das Problem hier schlicht die Sichtweise.

Wenn man Migration als Problem begreift, das gelöst werden musst, hast du natürlich Recht.
Man könnte aber - wie @MarkusS z.B. fordert - die massiven Geldsummen, die für diese „Ruanda-Lösung“ pro Flüchtling ausgegeben wird, auch verwenden, um die Flüchtlinge besser zu integrieren und Nachteile für die Gesellschaft, die entstehen können, auszugleichen.

Und letztlich handelt es sich beim Ruanda-Plan auch nicht um eine Lösung, da das Problem weiter besteht - nur halt nicht für UK, sondern für Ruanda (und andere betroffene Staaten). Das Leid der Flüchtlinge in diesen Staaten wird vermutlich ziemlich groß werden, was wiederum den Druck zur Migration erhöht. Dann vielleicht nicht nach UK, sondern in ein humaneres europäisches Land. Das Problem bleibt aber. Und wenn dann alle europäischen Länder so eine menschenfeindliche Politik fahren haben wir es geschafft und die „Festung Europa“ steht.

Wer vor einem Bürgerkrieg oder aus einem Flüchtlingslager mit schlechten humanitären Bedingungen flieht wird das nur dann unterlassen, wenn das, was ihn in Europa erwartet, noch schlimmer ist, als das, wovor er flieht. Das wäre diese so viel zitierte Abschreckung. Ist das wirklich unser Ziel? Meines jedenfalls nicht, weshalb ich diese ganze Zielsetzung falsch finde. Vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels brauchen wir Migration und wenn jeder Staat - wie Kanada - nur Cherry Picking betreibt, verschlimmern wir damit nur die Situation in den Herkunftsstaaten (die „Guten“ dürfen migrieren, die „Schlechten“ müssen bleiben) und die Elendsspirale dreht sich weiter.

Ich bin daher klar gegen solche Programme, die viel Geld dafür ausgeben, fragwürdige Staaten zu bezahlen, Flüchtlinge zu „verwahren“. Dieses Geld gehört in die Integration von Flüchtlingen investiert.

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Ich meine, dass der Großteil der geflüchteten ja nicht die schulischen Grundlagen hätte ein Studium zu bestehen, meist reicht es noch nicht mal für eine ambitioniertere Ausbildung (im deutschen dualen System zumindest).
Es muss also erstmal geschaut werden auf welchem Bildungstand jeder ist, dann müssten fehlende Elemente nachgeholt werden und die Sprache muss erlernt werden. Und erst dann ist das Bestehen eines Studiums oder einer Ausbildung für eine größere Breite machbar. Und in der Zwischenzeit braucht man ja nicht nur Geld für die Kosten die diese Qualifikation verursacht, sondern auch Geld für die Lebenshaltung. Wenn wir also sagen man könne mit intensiver Förderung einen Flüchtling in 5 bis 7 Jahren zum Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Studiums bringen, dann dürften die Kosten auf eine Person gerechnet höher sein als diese Summe. Wenn man dann noch die Kosten für diejenigen, bei denen das nicht gelingt auf die erfolgreichen Fälle umlegt, dann sind die Kosten erheblich höher.

Ich möchte mit dieser Rechnung keineswegs gegen die Qualifizierung von Geflüchteten argumentieren. Gerade in Deutschland wäre das für all diejenigen die hier sind und auch nicht so schnell weg können sicher ein geeigneter Weg. Ob dafür aber die hier üblichen Ausbildungen passend sind, oder ob es nicht abgespeckte Varianten geben sollte (auch für viele Deutsche, die aktuell an üblichen Ausbildungen scheitern, weswegen viele Firmen Realschule als Eingangsvorraussetzung haben) ist dann nochmal eine Frage.

Die Aussage, dass man jeden Flüchtling einfach zur Fachkraft machen kann halte ich aber dennoch für Realitätsfern.

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Das ist aus meiner Sicht der typische Fehlschluss - denn in dem Moment werden Anreize gesetzt, sich auf den Weg zu machen, und es gibt Millionen von Menschen auf der Welt, die gerne nach Europa kommen möchten.

Ohne glaubhafte Abschreckung wird man das nicht beherrschen können. Es war und ist ein riesiger Fehler, dass diese simple Tatsache insbesondere von den Grünen nicht zur Kenntnis genommen werden konnte (die diesbezügliche Diskussion zu Pull-Faktoren war unsäglich).

Es geht doch darum, dass die 46.000 sich gar keine Hoffnung mehr machen sollen, Fakten schaffen zu können und einen Weg zum Aufenthalt in Großbritannien zu finden - das Ziel ist nicht, 100 von 46.000 nach Runada zu bringen, sondern 100 von 150. Wenn dieser Effekt nicht eintreten würde, wäre die Idee gescheitert.

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Sprichst du von den Grünen, die die massivste Asyleinschränkung durch die EU mitgetragen haben? Und von der unsäglichen Pull-Faktor-Diskussion die sich darum dreht, dass wissenschaftlich betrachtet für Dinge wie „Bezahlkarte“ keine Pull-Faktoren nachgewiesen werden können?

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Das ist eben wieder so eine ideologische Diskussion, bei der du mich nicht überzeugen können wirst und ich dich auch nicht. Du stellst etwaige Pull-Faktoren in den Vordergrund, ich sehe das sehr skeptisch, für mich sind es vor allem Push-Faktoren ((Bürger-)Kriege, Armut, Unterdrückung…), weshalb ein Mensch das Risiko einer Mittelmeer-Überquerung auf sich nimmt.

Wenn man - wie du - Pull-Faktoren als maßgeblich erachtet, ist deine Position nachvollziehbar. Wenn man jedoch wie ich Push-Faktoren als maßgeblich erachtet, ist sie das nicht, denn dann trifft das von mir aufgeführte Szenario zu.

Natürlich könnte jetzt jeder europäische Staat Milliarden ausgeben, um etwas „gegen Flüchtlinge“ zu tun. Ich hingegen sagen eben ganz klar, dass wir dieses Geld vielleicht besser verwenden sollten, um damit Push-Faktoren in den Herkunftsstaaten abzumildern und diejenigen, die fliehen, hier zu integrieren.

Wir gehen einfach von unterschiedlichen Menschenbildern aus. Du gehst vom Migranten aus, der nach Glück strebt, der daher nach Europa kommt, weil er hier mehr Chancen hat. Ich gehe vom Migranten aus, der aus Verzweiflung handelt - der wegen Krieg, Hunger und co. nicht mehr in seinem Land leben will und einen anderen Ort sucht, wo er leben kann. Je nachdem, von welchem Migrantenbild wir ausgehen, kommen wir natürlich zu unterschiedlichen Lösungen. Einen nach Glück strebenden Menschen kann man abschrecken, einen verzweifelten Menschen nur, wenn man noch brutaler ist, als das, was ihn in Verzweiflung treibt.

Und natürlich hat das ganze auch die typischen links/rechts-Konflikte. Der Konservative will den Reichtum im eigenen Land halten und gegen neue Teilhaber von Außen zu verteidigen, der Linke hingegen sagt, dass unser Reichtum auf der Ausbeutung jener basiert, die heute fliehen, sodass er bereit ist, den Reichtum zu teilen. Wie gesagt, das ist eine sehr ideologische Diskussion.

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Ich glaube bei Push- und Pull-Faktoren müssen wir unterscheiden welchen Teil der Flucht wir betrachten. Geht es darum sich überhaupt auf den Weg zu machen und seine Heimat zu verlassen, dann dürften Push-Faktoren die weitaus größere Rolle spielen als Pull-Faktoren.

Wenn ein Mensch aber erstmal seine Heimat (inkl. Nachbarländer) bereit ist zu verlassen, dann wird man sich doch sicher auch anhand der Bedingungen vor Ort ein Ziel wählen. Dass bessere Bedingungen im Land A gegenüber dem Land B nicht dafür sorgen, dass mehr Flüchtende Land A zum Ziel wählen erscheint mir dann doch realitätsfern. Dass natürlich auch weitere Faktoren (wo hat man bereits Verwandte, Freunde oder eine Community an Leuten aus dem eigenen Land) ebenso eine rolle spielen darf man auch nicht ignorieren.

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Das ist m. E. das Standardargument für Pullfaktoren, ganz nach dem Motto „Das ist so naheliegend, da braucht’s keine empirischen Belege“. Tatsache ist aber, dass nur ein Bruchteil der Geflüchteten weltweit sich überhaupt auf den Weg in A-Länder macht, obwohl die Attraktivität ja für alle gleich sein dürfte.

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Was meinst du mit Tatsache? Die meisten bleiben ja in den Nachbarländern. Das habe ich ja auch so geschrieben. Wenn aber Leute sich wirklich dafür entscheiden den eigenen Kulturkreis zu verlassen, warum sollten die dann nicht dahin gehen wo die Bedingungen besser sind. Um so weit zu reisen muss man sich ja auch informieren.

Würden die Leute einfach random in irgendein Land reisen, warum sind dann z.B. 2015 nicht mehr Leute in Ländern wie Tschechien oder der Slowakei gelandet obwohl das von der Fluchtroute ja sogar einfacher war als nach Deutschland zu kommen?

Zu behaupten Pull-Faktoren spielen auch bei der Auswahl des Ziels keinerlei Rolle ist für mich einfach überhaupt nicht Nachvollziehbar.

PS:
Ich rede ausdrücklich von denen die sich überhaupt über die ersten möglichen sicheren Ziele hinaus auf den Weg machen. Dass die Mehrheit der Flüchtlinge bereits in diesen Ländern Zuflucht sucht bestreite ich keineswegs.

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Genau so ist es. Pull Faktoren sorgen nicht in signifikantem Maß dafür, dass Menschen flüchten, aber sie steuern die Verteilung der Flüchtenden. Wobei man natürlich ein wirtschaftliches Gefälle sowohl als Push als auch als Pullfaktor interpretieren kann.

Anyway, es ist nicht nachvollziehbar warum der Effekt von Pullfaktoren als sekundärer Faktor negiert wird. Gäbe es diese nicht, warum hat dann das Australienmodell zu einer signifikanten Reduktion der Flüchtlinge nach Australien geführt?

Lag es vielleicht daran, dass diese aus Gründen nach Australien wollten und nicht auf die Philippinen?