LdN375 Faktencheck Technologieoffenheit

Wohlwollender Faktencheck mit bisschen eigener Meinung

Im Forum ist ja schon einiges los in Bezug auf Meinungen und Diskussionen über Lügen und Falschaussagen im Interview.
Ich möchte ein wenig vom aktuellen Diskussionsmuster abweichen und mache hier einen Mini-Faktencheck.
Dabei versuche ich wohlwollend zu interpretieren.
„Wir sind das einzige Land weltweit“ würde ich so beispielsweise als „Wir sind eines der wenigen Länder“ aufnehmen.

Ich möchte mich hier auf Fakten und Zahlen konzentrieren.
Beispielsweise macht „Ich persönlich stehe für eine Politik, die mit gesundem Menschenverstand dafür Sorge trägt, dass wir uns wieder aufs Wesentliche konzentrieren.“ mit einer späteren Verteidigung des Verbots des Genderns für Menschen, die vom Staat bezahlt werden, in meinen Augen nicht so viel Sinn.
Aber das ist jetzt keine Tatsachenbehauptung, die sich irgendwie belegen lassen würde.

Meine Kommentare / Einschätzungen sind kursiv unter den jeweiligen Punkten zu finden.
Das betrifft insbesondere die Einschätzung, ob etwas „gelogen“ ist oder nicht.

Klimaschutz-Technologieoffenheit

„Ein Ziel zu formulieren, das gemeinsam technologieoffen anzugehen, das ist der Weg.
Schauen Sie sich doch nur mal an: Von 1990 bis jetzt haben wir über 40 % unseres CO2 eingespart, und zwar durch Technologieoffenheit.“
Das sind genau genommen zwei Behauptungen:

Erste Behauptung:

Ich komme in Bezug auf die Zahlen entgegen: Es wird hier behauptet, dass in Deutschland seit 1990 ca. 40% Kohlendioxid-Äquivalente eingespart wurden. (Für CO2 wären es bis 2022 36%-37%.)
Das ist soweit korrekt.

Zweite Behauptung

Der Grund für die Einsparung, oder zumindest der treibende Faktor sei die Technologieoffenheit.
Ich wüsste gar nicht, wie man das überhaupt belegen würde.
Wenn hier jemand einen Experten kennt oder Einsicht in verständliche Zahlen hat, würde ich mich sehr freuen.
Ich für meinen Teil würde aber festhalten wollen, dass gewisse Fortschritte explizit durch Gesetze erreicht wurden, die bestehende Technologien verbieten und daher zumindest in Teilen der Technologieoffenheit widersprechen.
Zum Beispiel wurde FCKW sehr effektiv verboten (nicht so relevant für CO2-Äquivalente).
Interessant aber auch im Beitrag vom Umweltbundesamt zu fluorierte Kohlenwasserstoffen, Schwefelhexafluorid und Stickstofftrifluorid (Treibhausgas-Emissionen in Deutschland | Umweltbundesamt):
„Die Emissionen sind von 2003 bis 2017 kontinuierlich gestiegen, zeigen aber nun einen deutlichen Abwärtstrend. Grund dafür sind wirksame gesetzliche Regelungen, welche die Verwendung der F-Gase limitieren.“

FDP lässt grüßen. Ich höre bei „Technologieoffenheit“ immer den Subtext „Ich formuliere ein Ziel und bin nicht verantwortlich, wenn es nicht erreicht wird“

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Beim Begriff „Technologieoffenheit“ will ich immer wieder antworten:

Wir hatten doch jahrzehntelange Technologieoffenheit und heute wissen wir, wer gewonnen hat!

In Jahrzehnten der Technologieoffenheit hat die Verbrennertechnologie statt eines 3l-Autos oder eines funktionierenden Clean Diesel nur ein funktionierendes Defeat Device produziert. Ebenso hat sie keine wirtschaftlich tragfähige E-Fuel-Infrastruktur geschaffen.

In Jahrzehnten der Technologieoffenheit hat die Wasserstofftechnologie kein Auto der Zukunft, keine vernünftige EFH-Heizungsanlage und keine Infrastruktur für den Brennstoff produziert, die abseits von industriellen Spezialanwendungen für den Normalanwender bezahlbar wäre.

Nach Jahrzehnten der Technologieoffenheit gibt es immer noch keine modernere AKW-Technologie, die ohne massive staatliche Subventionen wirtschaftlich zu betreiben wäre. Und selbstverständlich gibt es immer noch keine Antwort auf die Frage nach dem Endlager für den entstehenden Atommüll.

Und wer hat gewonnen?

Strom! Erneuerbare Energieproduktion aus Sonne und Wind. Die Wärmepumpe. Das vollelektrische Auto.

Wie gesagt, wir hatten jahrzehntelange Technologieoffenheit, wir können jetzt die Gewinner küren und wir können als Gesellschaft auf diese Gewinner setzen, so wie wir in den Jahrzehnten davor auf fossile Technologien gesetzt haben.

Je länger wir als Gesellschaft und als Volkswirtschaft auf die Verlierer-Technologien setzen, desto teurer kommt es uns, die Verlierer-Infrastruktur zu betreiben. Mit jedem Anwohner, der technologieoffen seine Gasheizung abschafft, verteuert sich der Betrieb des kommunalen Gasnetzes. Mit jedem Autofahrer, der ein Elektroauto anschafft, verteuert sich die Kraftstoff-Infrastruktur. Eine Volkswirtschaft, die weiter auf eine absehbare tote Technologie setzt, wird industriell abgehängt, mit allen Folgen für die Nation.

Weil es früher keine Alternative gab, subventionieren wir die fossile Infrastruktur seit vielen Jahrzehnten. Künftig werden wir sie nicht mehr brauchen, denn die Alternative ist jetzt da. Und wenn der Staat nicht rechtzeitig die Ansage macht, dass er die Rest-Anwender nach einem zukünftigen Stichtag nicht mehr weiter raushauen wird, wird es umso teurer für uns alle.

Nur deshalb spricht man von einem Verbrennerverbot, nur deshalb fördert man Wärmepumpen. Damit Industrie und Anwender wissen, woran sie sind. Damit man sich nicht noch schnell einen Verbrennerwagen oder eine Gasheizung kauft und in ein paar Jahren jammert, warum Kraftstoffe und Infrastruktur unbezahlbar werden, und nach staatlichen Geldern ruft, sobald man seinen Fehler bemerkt.

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Und wäre der Staat dem technologieoffen begegnet und hätte nicht ständig Steine in den Weg gelegt, wäre der Sieg noch größer gewesen.
Wie hat Bayern sich gegen Windräder gewehrt.
Wie erstaunt war Berlin, als die die ersten Konzessionen für Windparks versteigert hatten uns das alle Erwartungen übertroffen hat.

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