Kitas in der Krise und vor dem Kollaps – unerhört

Wie bereits hier angesprochen, wünsche auch ich mir, dass das Thema Kita/ frühkindliche Bildung im Podcast einen Platz bekommt.

Diese Leerstelle ist natürlich keine Ausnahme. Wenn es um Bildung in Deutschland geht, hören wir von Lehrermangel, PISA-Schock und maroden Schulgebäuden. Doch was ist mit den Kitas? Dabei sind die Stimmen aus der Praxis scharf, eindeutig und dramatisch: es ist die Rede von Krise, Kollaps und Katastrophe. Wie dramatisch die Zustände sind, zeigt neben den Zahlen der Studie der Bertelsmann-Stiftung auch bspw. eine Umfrage der Investigativjournalist:innen von Correctiv.

**Das Resüme aus der Umfrage mit 6700 TN:

„Die deutschen Kitas stehen vor dem Zusammenbruch: Erzieherinnen vor dem Burnout, Schließungen durch Personalmangel – und Kinder, die nur verwahrt statt gefördert werden.“

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Beispielhafte interessante Einblicke zu Initiativen: Kita-Kollaps in Brandenburg, Kita-Krise in Berlin oder Kitastrophe in Stuttgart.

Wo bleibt das Echo in den Medien?

@Lagedernation: nehmt bitte dieses wichtige Thema auf eure Agenda, führt Interviews mit Verantwortlichen und lasst die Praxis zu Wort kommen!

Tausende von pädagogischen Fachkräften harren aus, gefährden ihre eigene mentale Gesundheit und können doch keinem gerecht werden, nicht den Bedürfnissen und Interessen der Kinder, nicht ihren eigenen hohen Qualitätsansprüchen, nicht den wachsenden gesellschaftlichen Anforderungen an frühkindliche Bildung, nicht den Eltern und Familien und nicht den Erwartungen der Schule zur Vorbereitung der Schulfähigkeit… Es geht hier um eine Systemkrise von der die Familien, die Fachkräfte natürlich die Kinder betroffen sind.

Noch immer ist nicht angekommen in der breiten Öffentlichkeit, wie wichtig die frühkindliche Bildung ist. Es geht hier um das Recht auf Bildung und Betreuung. Vor allem Kinder aus sozial benachteiligten Familien profitieren von guten Bildungsangeboten VOR der Schule. So gesehen, könnte eine gute Kitaqualität auch die Probleme in den Schulen entschärfen, da weniger „nachträglich“ kompensiert werden müsste.

Wenn man Kitafachkräfte fragt, warum „sie sich das antun“, ist eine typische Antwort, dass die Arbeit mit Kindern ihnen am Herzen liegt, wie wichtig und schön diese Arbeit „eigentlich“ ist und sie die Kinder und Familien nicht im Stich lassen können. Hochmotiviert, leidenschaftlich, professionell, aufopfernd - welche andere Berufsgruppe würde man mit diesen Worten beschreiben?!

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Interessanterweise schreibt die Union samt CSU grad Briefe an den Kanzler mit 12 Punkten, um die Wirtschaft zu stärken. Auch Habeck und Lindner sehen hier ja offenbar Handlungsbedarf.

Allerdings betrifft keiner der 12 Punkte oder aktuelle Vorschläge der Ampel die Themen Kita, Bildung oder Kinder.

Liegt es evt daran, das diese Aspekte keinen Gewinn oder Steuereinnahmen erwirtschaften, sondern kurz gedacht erstmal nur Kosten verursachen?

Hat unsere Art der Marktwirtschaft evt doch ein sehr einseitiges Menschenbild? Es zählt nur reine Arbeitskraft? Sofern sie unmittelbar Umsatz und Gewinn erwirtschaftet?

Weil der der vor allem der Bundes- und Landespolitik am Ende des Tages Kinder und Familien einfach egal sind. Das muss man doch nicht mehr relativieren oder schön reden. Bei der Wirtschaft wird sofort gesprungen, selbst wenn sie selbst schuld an ihrem Unglück ist. Kinder und Familien haben da keinen Platz oder Wert.

Unsere Kita klappt nur relativ (im Verhältnis zu sehr schlechten Kitas ist es erträglich, weit weg von gut), weil Eltern wie ich neben Familie und Vollzeitjob im Förderverein, Elternausschuss und Kommunalpolitik um eine halbwegs funktionierende Kita kämpfen. Ergebnis ist dann aber auch gern, dass die Kita anstatt beim Träger beim Förderverein um grundlegende Ausstattung anfragt. Einfach nur noch übel.

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Pflegerinnen, Lehrerinnen fallen mir spontan ein. Im Prinzip alle Berufe, in denen Arbeitszeit in Menschen investiert wird oder? Ein Facharbeiter am Laufband bei VW oder so verdient doch safe mehr als so systemrelevante Berufe wie Erzieher, Lehrer und Pfleger.

Finde es aber absolut richtig, dass du dieses Fass aufmachst. Und ich sehe den Punkt, dass es spätere Kompensation in der Schule massiv entschärfen kann, wenn man früh in Kinder investiert. Das ist doch regelmäßig das Ergebnis beim Bildungsproblem. Alles Kapital in frühkindliche Bildung wie Grundschule und Kita, damit eben die Wahrscheinlichkeit steigt, dass auf weiterführenden Schulen dasselbe Level oder zumindest eine ähnliche Grundlage vorhanden ist.

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Ergänze: In München haben private Treiber der Stadt ca. 7.000 Plätze aufgebaut. Letzte Woche hat der grün-rote Stadtrat ein „Defizitausgleichsmodell“ verabschiedet. Was gerade dazu führt, dass die privaten Kitaträger aus dem System der Stadt aussteigen und die Preise um EUR 800 erhöhen.

Fühlt sich nach einer Hexen Jagd auf die Privatwirtschaft an, zulasten von 7.000 Kindern.

Und gleichzeitig - Hintergrund ist ein Gerichtsurteil aus 2021. Die Stadt hatte drei Jahre Zeit etwas sinnvolles aufzubauen, und setzt jetzt Trägern und Eltern die Pistole auf die Brust.

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Wenn man es nicht um der Kinder Willen tut: Es ist zumindest in sofern sehr kurz gedacht, als das wir in Deutschland gut ausgebildete Menschen brauchen und eben jene Wirtschaft gern beklagt, dass Berufseinsteiger schlecht aus/gebildet sind. Volkswirtschaftlich betrachtet ist gute Bildung für unsere Kinder eine sehr rentable, weil sich auszahlende Investition. Wem kommen denn die durch Familien und Bildungssysteme entwickelten Fach/arbeitskräfte letztlich kostengünstig zu Gute? Vielleicht braucht es neben einem Sondervermögen Bildung auch eine Bildungssteuer o.ä., ggf. mit Entlastungen für Ausbildungsbetriebe? Wenngleich Ausbildung eben auch vernünftig entlohnt werden muss, eine Ausbildungsentlohnung gerade im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge unterhalb von 1200€ netto ist bei den erheblichen Lebensunterhaltskosten schlicht nicht akzeptabel. Zumal die Auszubildenden (PiA in Kitas) häufig genug genauso eingebunden werden, wie die sonstigen Arbeitnehmer.

Die komplexen volkswirtschaftlichen Zusammenhänge und Effekte einer guten und funktionierenden Bildungspolitik (Kita, Schule, Ausbildungsbetriebe, Unis usw.) sind aus meiner Sicht enorm vielfältig. Zuletzt wurde vehement über Mütter in Teilzeit gesprochen, die ein großes Potenzial für höhere Arbeitsvolumina darstellen sollen. Nur leider wird selten im gleichen Atemzug vermittelt, dass dafür erstmal die Bildungssysteme stabilisierend saniert werden müssten. Ich kenne viele Mütter, die gar nicht vor hatten, in Teilzeit zu arbeiten, es aber zwangsläufig tun, weil sie andernfalls die vielen Ausfälle in der Betreuung nicht kompensieren könnten und bspw. keine Großeltern vor Ort sind. Das sich dabei wieder alte Rollenbilder manifestieren (die Situation der Alleinerziehenden würde auch als Themenvorschlag aufgegriffen) ist erschreckend.

Die in den einzelnen Bundesländern verantwortete Bildungspolitik und insbesondere die Länder-uneinheitlichen Standards sind ein enormes Qualitätsproblem. Eine Möglichkeit, die Bildungspolitik in Deutschland zu verbessern, könnte sein, eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern zu fördern, um die Qualität und Einheitlichkeit der Bildung zu erhöhen. Dies könnte durch die Einführung bundesweiter Bildungsstandards, Personalschlüssel, Ausfallpläne und regelmäßiger Evaluierungen der Lehrpläne und Lehrmethoden erreicht werden, um sicherzustellen, dass alle Kitakinder und Schüler unabhängig von ihrem Wohnort Zugang zu einer hochwertigen Bildung haben. Schade nur, dass Bildungspolitik ganz offensichtlich seit Jahren kein sonderlich attraktives „Gebiet“ für PolitikerInnen ist, gerade weil Änderungen womöglich erst nach einer Legislaturperiode positive Effekte zeigen.

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