Zerschlagung der Bahn

Das scheint gerade in den Koalitionsverhandlungen ein Thema zu sein. Würde sicher viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn das tatsächlich passieren würde. Möglicherweise ist das im Moment noch zu diffus, aber da mal ein wenig tiefer hineinzublicken, warum das vernünftig oder unvernünftig sein könnte, fänd ich schon interessant. Mir sind die Pro- und Contra-Argumente da auch nicht so geläufig. Das Argument „Trennung von Bahn- und Netzbetreiber, damit andere Bahnbetreiber nicht benachteiligt werden“ kenne ich natürlich, aber da wird es vermutlich noch ein paar andere Dinge geben, die in Betracht zu ziehen sind.

Mir würde bei „Zerschlagung“ der Bahn als erstes einfallen die diversen „nicht-Transport“ Firmen und Beteiligungen der Bahn aus dem Konzern zu entfernen und auch das Auslandsgeschäft abzuwickeln.

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Das Interesse der Deutschen Bahn AG ist als Aktiengesellschaft möglichst viel Gewinn und Umsatz für ihre Aktionäre - in diesem Fall sind die Aktionäre zu 100% der deutsche Staat.
Der höchste Umsatz der deutschen Bahn - und auch der höchste Gewinn - kommt durch die nicht über die Schiene transportierten Güter. Nämlich durch DB Schenker. Also hat die deutsche Bahn AG ein Interesse die über die Schiene transportierten Güter und Dienstleistungen möglichst teuer oder schlecht zu gestalten um ihrer Logistiksparte möglichst hohe Gewinne zu ermöglichen. Da sie ein Monopol auf Netze haben ist dies problemlos möglich. DB Schenker ist übrigens der drittgrößte Luftfracht (!) Transporteur der Welt.

Die deutsche Bahn AG ist also interessiert an lukrativen (LKW-)Transporten in Europa und reiht sich damit ein in die Riege der nur vordergründig den Menschen in Deutschland dem Namen nach dienenden Unternehmen wie z.B. „deutsche Bank“ (mit Handelsplatz in London), „deutsche Glasfaser“ (mit Sitz in Niederlande) oder „deutsche Wohnen“ (zu 25+% in Hand von US-Investmentfonds).

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Vielen Dank!

Mir waren diese Strukturen grob bekannt, aber mir war nicht so recht klar, welches Ausmaß die Konsequenzen mittlerweile angenommen haben.

Eine Privatisierung der Bahn würde wie bei jeder Privatisierung von Infrastruktur laufen: Die privaten Investoren tragen schön 10 - 15 Jahre die Kohle in Form von Dividenden usw. raus weil Sie z.B. die Züge nicht ordentlich warten lassen usw… Und wenn die Bahn dann so marode ist, dass sie tatsächlich nicht mehr funktioniert, dann muss der Staat einspringen und das Ganze mit Steuermitteln retten, da Millionen Menschen auf die Bahn angewiesen sind.

Also wie immer: „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren!“

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Du setzt hier so selbstverständlich Zerschlagung mit Privatisierung gleich. Auf welcher Basis passiert das?

In aktuellen Berichten (zum Beispiel Spiegel) kann ich nur sehen, das Netz und Bahnbetrieb aufgespalten werden sollen. Wer der Eigentümer dieser neuen Unternehmer sein soll, finde ich nicht.

Mich würde sehr überraschen, wenn zum Plan gehören würde, die Infrastruktur selbst zu privatisieren. Das ergibt wenig Sinn. Also was soll wirklich passieren? Schiene bleibt beim Staat, Schenker et al werden verkauft scheint naheliegend, aber was passiert mit dem Zugbetrieb?

Auch beschreibst Du im Wesentlichen den Ist-Zustand der Bahn. Die Bahn hätte ja schon vor 15 Jahren oder was privatisiert werden sollen, was aber daran gescheitert ist, dass sie schon damals völlig marode war und es undenkbar war, dass irgendein Investor da die Geldsäcke raustragen würde können wie Du es darstellst.

Das ist halt einer der Gründe, warum ich nach dem Thema frage. Das wär ein Riesending, wenn es passiert, aber was das konkret heißen soll, hab ich bisher nicht rausgefunden. Auch die Kommentare der einzelnen Parteien zu dem Thema sind so vorhersehbar plattütidenhaft, dass sie einen kein Stück weiterbringen.

Wer wie die Monopolkommission „mehr Wettbewerb“ fordert, der vergisst (oder blendet absichtlich aus), dass es in diesem heißgeliebten Wettbewerb nun mal notwendig auch Verlierer geben muss. Regelmäßig mit exakt den Folgen, die @Matder beschrieben hat.

Auch Lib hat es gut auf den Punkt gebracht:

Gewinninteresse der Unternehmen und Bedürfnisbefriedigung der Bevölkerung gehen manchmal nicht Hand in Hand, vertragen sich u.U. nicht einmal.
Der Privatisierung der Bahn verdankt Deutschland u.a. ein stark zurück gebautes Netz, Streichung der Nachtzüge, und sogar Städte die vom Netz abgehängt werden.

Mich hat am Anfang stutzig gemacht, warum die GDL für die Aufteilung ist. Ihr Argument lautet, dass die zum Netz gehörenden Betriebe der DB (Schienen & Co, Energie, Bahnhöfe) als Kapitalgesellschaften auch gewinnorientiert arbeiten müssen - was natürlich Wahnsinn ist. Aber anstelle einer Aufteilung zwischen Netz und Betrieb könnte man die entsprechenden Gesellschaften doch auch einfach im Rahmen der bisherigen Struktur gemeinnützig machen oder?
Ich fände es sehr spannend, hier mal eine tiefgreifende Analyse der verschiedenen Optionen und der dahinterstehenden Annahmen zu hören.

Lebenserfahrung, politische Allgemeinbildung, Medienkompetenz, such dir was aus :wink:

Wer glaubt, dass eine Regierung mit FDP-Beteiligung die Deutsche Bahn entflechten will, um sie einfach als staatliches Unternehmen effizienter zu machen, der glaubt auch, dass Schweine fliegen.

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