Wenn wir schon mal weit vom Thema abgekommen sind,
hier ein sehr interessanter Podcast zum Thema Pazifismus
Ich hatte körperliche Schmerzen bei den „Thesen“ dieses fragwürdigen Wissenschaftlern. Der hat völlig unreflektiert und wissenschaftsfern die militärische Front mit Zivilbevölkerung gleichgesetzt. Laut seinen Thesen hätte sich die Ukraine lächelnd den Russen ergeben sollen. Selbst die Aussage wie viel brutale Gewalt die friedlichen Proteste auf der Krim erfahren habe tut er ab mit dass es ja mehr tote Soldaten gäbe. Können wir bitte aufhören diesen Pseudowissenschaftlern aus der Philosophie oder anderen Militärfremden Disziplinen so viel Bühne zur Selbstinszenierung zu geben.
Ich stimme deinem Beitrag inhaltlich zu, aber den letzten Satz lehne ich ab.
Philosophie ist letztlich auch die Kernwissenschaft von Ethik und Moral und deshalb natürlich in solchen Fragen eine wichtige Expertise. Und die Frage, wie man auf einen sich hochrüstenden Aggressor wie Russland reagieren soll wird in der Philosophie auch sehr differenziert beantwortet, es ist die ganze Bandbreite von „maximaler Abschreckung durch Gegenaufrüstung“ bis zu „kompletter Pazifismus, wenn wir uns einfach ergeben gibt es am wenigsten Leid“ vertreten.
Carlo Masala als studierte Politologe ist auch nicht so weit vom Philosophen entfernt, Frank Sauer und Ulrike Franke, die anderen beiden Hosts von „Sicherheitshalber“, haben beide unter anderem auch Philosophie studiert.
Das Problem ist eher, dass gerade im sozial-progressiven Lager vor allem jene Philosophen gehört werden, die den klassischen Pazifismus hoch halten, unter anderem vermutlich aus Gründen der false balance (nach dem Motto: Wir haben Militärexperten, die für Aufrüstung sind, nun müssen wir auch die Gegenseite bedienen - wo finden wir dafür Leute? In der Philosophie natürlich…).
Grundsätzlich sind Philosophen bestens geeignet für diesen Diskurs und man sollten ihnen nicht pauschal die Qualifikation absprechen.
Vorab sage ich dir jetzt schon: Agree to Disagree. Mein Problem ist, dass es eine fachfremde Wissenschaft ist. Politikwissenschaft, ausgebildete Militärs, Diplomaten sind Fachleute, aber doch nicht jeder der in der Wissenschaft mal irgendwas gesagt hat. Nut weil sich jemand aus einer Geisteswissenschaft bemüßigt sah sich über Krieg und Frieden und das Leben der Ukrainer auszulassen muss man diesen Personen doch bitte nicht noch Bühnen geben. Diese sollten echten Experten gehören, die wirklich wissen wovon sie reden und nicht auch noch indirekt die kämpfenden und bereits toten Ukrainer verhöhnen mit ihren Gedanken.
Hat Weimer jetzt eine Plagiatsaffäre an der Backe?
Ich glaube wir haben einfach hier eine massiv unterschiedliche Sicht darauf, was Philosophie ist und was nicht. Also zu welchem Themenbereich sind Philosophen deiner Meinung nach befähigt, als Experten zu agieren?
Der Hauptpunkt meiner Kritik richtet sich im Übrigen gegen deine Formulierung „diesen Pseudowissenschaftlern aus der Philosophie“. Die Philosophie ist die Mutter aller Wissenschaften (einschließlich der Naturwissenschaften und der Medizin!) und man kann ihr allenfalls vorwerfen, zu generalistisch zu sein. Man kann dem Generalisten vorwerfen, sich nicht in’s letzte Detail mit einer Frage zu befassen, aber das Thema „Ukriane-Krieg“ ist im Generellen nicht so spezifisch, dass Philosophen hier nichts beizutragen hätten. Also für die spezifische Frage „Sollte die Ukraine noch 200 Mann nach Cherson oder lieber nach Kursk schicken“ kann man sagen, dass ein Philosoph kein Experte ist, sondern ein General der bessere Experte sei, aber für die generelle Frage, wie man auf einen Aggressor wie Putin reagieren sollte eben nicht.
Und wie gesagt, ich teile deinen Unmut über den naiven Pazifismus, der leider öfter von Philosophen vertreten wird. Ich sage nur, dass das Problem bei der Auswahl der Philosophen liegt, die von den Medien befragt werden, nicht darin, dass Philosophie grundsätzlich „fachfremd“ oder „ahnungslos“ sei.
Natürlich ist auch hier der Militärexperte ganz eindeutig jedem Philosophen vorzuziehen. Auch Diplomaten und gerne auch Historiker wären hier sinnvoller eingesetzt. Grundsätzlich halte ich eben gerade dieses generelle gefährliche Halbwissen zu vielen Themen bei Philosophen für extrem gefährlich.
Man kann sich bei der Philosophie wie auch bei der Mathematik darüber streiten, ob es Wissenschaften sind.
Uff, also im Hinblick auf die Tatsache, dass die Wissenschaftstheorie (also die Grundlage aller Wissenschaften) nach allgemeinem Verständnis ein Teilgebiet der Philosophie ist, halte ich das für ein sehr gewagtes Statement.
Wie gesagt, ich glaube, wir haben hier in dieser Unterdiskussion (die sich leider sehr weit vom ursprünglichen Thema entfernt hat) sehr unterschiedliche Sichtweisen darauf, was Philosophie ist. Wer Philosophie als „Laberfach“ versteht, das nur „Taxifahrer“ produziert, hat hier eine ganz andere Sichtweise als derjenige, der Philosophie studiert hat und tatsächlich weiß, worum es geht, z.B. formale (Argumentations)Logik, aber eben auch Wissenschaftsgeschichte (denn die ist quasi zu 100% Philosophie…). Man könnte jedoch behaupten, Philosophie sei eine Meta-Wissenschaft, weil sie sich vor allem damit beschäftigt, wie Wissenschaft (bzw. Erkenntnisgewinn) überhaupt funktioniert, aber i.d.R. nicht selbst empirisch arbeitet (das überlassen die Philosophen eben den Soziologen, die sich, wie alle Wissenschaften, irgendwann von den Philosophen abgespalten haben). Das Schicksal der Philosophie ist genau das: Jede Wissenschaft war ursprünglich Philosophie. Aber sobald sie von der Philosophie hinreichend beackert wurde, um eine gewisse Komplexität zu erreichen, wird sie zu einer selbständigen Wissenschaft und die Philosophen überlassen das Feld jenen, die sich darauf spezialisiert haben. So war es mit der Medizin, Jura, den Naturwissenschaften, der Soziologie, der Politologie - wie gesagt, eigentlich absolut allen Wissenschaften. Man sollte daher ein wenig Respekt vor der Philosophie haben, denn sie bildet bis Heute wichtige Grundlagen für alle Wissenschaften.
Ernsthaft, von allen Studiengängen, die ich studiert habe (einschließlich Jura und Wirtschaftsingenieurwesen) war Philosophie das mit Abstand anspruchsvollste. Leider sind Philosophen nicht von unserem Wirtschaftssystem verwertbar und alle Stellen, die ideal für Philosophen wären, werden traditionell mit Juristen besetzt, weil die ein höheres Ansehen haben, weshalb sich dieses unerträgliche Bild in vielen Köpfen festgesetzt hat, dass Philosophie irgendwie ja nichts „handfestes“ sei, nichts „richtiges“, vielleicht nicht mal eine „Wissenschaft“. Das ist schade.
Aber genug zum Exkurs zur Philosophie. Wie gesagt, es ist letztlich vor allem eine Frage, welche Philosophen man anhört. Würde Kant noch leben, wage ich zu behaupten, dass er unbedingt für Waffenlieferungen an die Ukraine wäre… Alle Professoren für politische Philosophie, mit denen ich die letzten Jahre das Vergnügen hatte, waren im Übrigen auch recht deutlich für die Ausübung des kollektiven Selbstverteidigungsrechts (a.k.a. Waffenlieferungen). Die Philosophie ist bei dem Thema bei weitem nicht so einseitig, wie es scheint.