Konstruktiver Dialog zum Pazifismus

machen wir dazu am besten einen neuen Thread auf.

Entsprechend ist es doch zu begrüßen, dass in diesem Podcast eben nicht ein „klassischer“, oder wie man es etwas negativer framen würde „dogmatisch“ „ideologischer“ Pazifist, sondern ein Anhänger des „pragmatischen Pazifismus“ interviewt wurde.
Ich finde dabei eine Sache, die Müller vorweg schickt, sehr richtig: nämlich die Tatsache, dass all unsere Strategien zur Sicherheit in Europa auf relativ wackeligen Annahmen basieren und dass zu einem vernünftigen Dialog eine ordentliche Portion Demut gehört, sich einzugestehen, dass man sich hier mit seinen Annahmen auch täuschen kann.
Diese Demut vermisse ich leider bei Auseinandersetzungen, in denen die eine Seite der anderen vorwirft, Putins Agenda zu unterstützen und die andere Seite der einen vorwirft, ihre Söhne in den Tod zu schicken. Müller sagt hingegen ganz offen, dass ihm bewusst ist, dass er sich irren kann und diese Tatsache Putin in die Hände spielen würde.
Ich teile Müllers Einschätzungen nicht, komme daher zu anderen Schlüssen, aber ich finde die grundsätzliche Herangehensweise sehr schlüssig.

Man kann das so sehen, dass tote Zivilisten anders einzuschätzen sind als tote Soldaten. Mit ist aber unklar, warum eine andere Denke „wissenschaftsfern“ sein soll - z.B. eine die sagt: ein Menschenleben ist ein Menschenleben. Spätestens wenn ich beurteilen soll, wie viele tote Soldaten denn jetzt genau so schlimm sind wie ein toter Zivilist, werde ich merken, dass das so einfach nicht ist.

Aus dem Gespräch kommt für mich eigentlich sehr klar heraus, wie sich Militärwissenschaft und Philosophie ergänzen können.
Ich würde also ganz im Gegenteil sagen: Müller wäre ein super Gesprächspartner für die Lage. Ggf ein viel besserer als z.B. die neuen Zwanziger. Ich hätte zumindest ein viel besseres Gefühl, dass bei einem solchen Gespräch wirklich etwas konstruktives heraus kommen könnte, bzw. Positionen besser verstanden würden.

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Der Podcast ist Teil des Deutschlandfunk-Podcasts „Der Tag“. Er war der letzte Teil der Reihe „Der neue Westen“.

Zitat:
Die Welt scheint aus den Fugen geraten. Sind die USA noch ein zuverlässiger Bündnispartner? Wird Russland weitere Länder angreifen? Und hat der Pazifismus noch eine Zukunft? Angesichts der sich rasant verändernden Weltlage haben viele Menschen große Fragen. Einordnungen und Antworten darauf gibt es ab dem 29. März im Deutschlandfunk-Podcast „Der neue Westen“.
In ausführlichen Gesprächen gehen Kennerinnen und Erklärer aus verschiedenen Disziplinen den aktuellen weltpolitischen Veränderungen auf den Grund. Die wöchentlich wechselnden Podcast-Hosts sprechen mit Historikern, Politikwissenschaftlern oder Philosophen und weiten den Blick über Tag und Tellerrand hinaus.
Es wurden bewußt Menschen eingeladen, die die Welt aus anderer Sicht betrachten. Diesen fand ich gerade passend zur hiesigen Diskussion. Müller vertrat eine Meinung, von der ich noch nie gehört hatte. Ich möchte ihn auch unbewertet lassen, jeder kann sich seine eigene Meinung bilden.
Allerdings bin ich der Meinung, dass sich zu Militär und Pazifismus nicht nur (Militär) Fachleute äußern dürfen. Jeder, der einen Ausweg aus dem „Pazifismusdilemma“ findet, kann es gerne äußern. Ich als Pazifistin fühle mich in einem Dilemma. Nie möchte ich eine Knarre in der Hand halten und jemanden erschießen müssen. Im Krieg steht oft ein ebenso armer, eingezogener Tropf gegenüber, dem es vielleicht genauso geht. Die Urheber des Krieges sitzen in ihren Palästen.
Aber die Wange hinhalten, wenn man angegriffen wird, möchte ich auch nicht.
Nun bin ich schon zu alt, um eingezogen zu werden, ich spreche also im Namen meiner Enkelsöhne.
Die Idee, die Menschen im wehrpflichtigen Alter vor die Wahl zu stellen, ob sie mit Waffe oder alternativ im Zivilschutz ausgebildet werden möchten, fand ich nicht schlecht. Mir ist es lieber, meine Enkelsöhne sind ausgebildet und können sich wehren, als blanko dazustehen.
Ich würde sogar noch weiter gehen und auch die Älteren in Zivilschutz zu unterrichten. Wer weiß denn schon, wie man sich im Ernstfall zu verhalten hat. Wie organisiere ich schnelle Hilfe, wie vermeide ich Chaos und Panik, und und und? So hätten die Jungen nicht das Gefühl, alles alleine tragen zu müssen. Zivilschutz nützt auch bei Umweltkatstrophen.
Ich bin eher für eine Berufsarmee, die für den Staat perse günstiger wäre. Man müsste sie nur attraktiver machen, (z.B. Führerschein) und die rechten Honks rausschmeißen, dann würden sich sicher mehr melden.
Falls aber eine Wehrpflicht käme, könnte man doch, wie bisher, immer noch verweigern, oder?

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Ich glaube Müllers Position zur langfristigen Sicherheitsarchitektur Europas ist gar nicht so umstritten. Ausbildung zum zivilen Widerstand schlägt er ja als Ergänzung zum militärischen vor. Auch er plädiert für Aufrüstung und seine Ablehnung der Ausweitung nuklearer Aufrüstung ist in Übereinstimmung mit den jüngsten Friedensgutachten.
Kontrovers dürfte dagegen seine Position zur Unterstützung der Ukraine sein, denn er plädiert ja gegen eine militärische Unterstützung, weil er einen Atomkrieg fürchtet. Zu dieser Thematik gab es ja schon einige Diskussionen und da würde mich interessieren wie er da zu den Einschätzungen sowohl von Militärexperten wie Carlo Masala oder Claudia Major als auch von Konfliktforschern wie Nicole Deitelhoff steht, die durchaus plausibel argumentieren, dass eine Unterstützung der Ukraine die Gefahr eines Atomkriegs zumindest nicht erhöht. An der Stelle hat m.E. der Moderator auch nicht gut genug nachgehakt.

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Ja - das ist ein ganz wichtiger Hinweis. Ganz unabhängig von der Diskussion um die Wehrpflicht wird niemand zum Dienst mit der Waffe gezwungen.

Das würden vermutlich viele so sehen, wenn es eine realistische Möglichkeit gäbe, auf vollständig freiwilliger Basis die Zahl der Rekruten zu erhöhen. Die Preisfrage ist tatsächlich, ob es diese Möglichkeit gibt.

Noch nicht

Naja, die Kriegsdienstverweigerung im Grundgesetz (Art. 4 Abs. 3 S.1 GG: „Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“) von 1949 ist tatsächlich älter als die Bundeswehr (die 1955 gegründet wurde). Hinter diesen Standard würden wir wohl nur im Falle eines massiven Verteidigungsfalles zurückgehen, daher wenn der Bestand des Staates tatsächlich akut gefährdet ist, wie es in der Ukraine aktuell der Fall ist (und davon musste man schon immer ausgehen; keine Regierung eines Landes wird vor dem eigenen Untergang untätig bleiben… im Anbetracht der eigenen Existenzvernichtung wird natürlich die Moral ganz schnell geopfert…). Ich sehe daher hier keinen Grund für Alarmismus, niemand will das Recht auf Kriegsdienstverweigerung abschaffen, vor allem im Hinblick auf die Einführung einer neuen Wehrpflicht (die ich wie gesagt auch ablehne) ist der Alarmismus einfach verfehlt, weil niemand eine „schärfere“ Wehrpflicht fordert, als sie während des Kalten Krieges bestand, sondern ganz im Gegenteil jedem klar ist, dass wir nichts gewinnen, wenn wir Menschen in Uniform zwingen, die das wirklich vollständig ablehnen. Die Bundeswehr hat aktuell nicht mal die Kapazität, die 10% „wehrwilligsten“ eines jeden Jahrgangs einzuziehen, sie wird vermutlich nie die Kapazitäten haben, die 30% „wehrunwilligsten“ einzuziehen, selbst wenn man das wollte. Also bei aller berechtigten Ablehnung des Konzeptes einer Wehrpflicht, für die Befürchtung, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung könnte hinter dem bis zur Aussetzung der Wehrpflicht geltenden Stand zurückfallen, fehlt einfach jede Grundlage, selbst mit viel Fantasie.

Wie schon so oft gesagt, müsste man erstmal die Reserve komplett neu aufstellen. Hier gibt es so viel Potenzial und es ist im Hinblick auf die Komplexität moderner Wehrtechnik so viel sinnvoller, Menschen langfristig an die Bundeswehr zu binden, um sie über Jahre hinweg in der Tiefe ausbilden zu können. Die Wehrpflicht einfach nur als „Anwerbemaßnahme“ für die Bundeswehr (nach dem Motto: Einige bleiben nach dem Wehrdienst dort) reicht mir nicht aus, um die Rechte junger Menschen dermaßen einzuschränken. Vor allem nicht, wenn die Wehrpflicht, wie die letzten Jahr vor der Aussetzung, bedeutet: Drei Monate lang eine sinnvolle Grundausbildung zu bekommen, um dann 6 Monate sinnlos rumzusitzen. Schon damals fehlte der Bundeswehr das Personal, die Wehrdienstleistenden nach der AGA richtig auszubilden, das ist jetzt noch viel schlimmer. Eine wie auch immer geartete Wehrpflicht wäre daher extrem ineffizient.

Ja, im Verteidigungsfall, aber das ist halt auch der Fall, in dem man auf andere schießen oder sich erschießen lassen muss…

Aber das ist ja der Punkt:
Durch eine Wehrpflicht wird der Verteidigungsfall nicht wahrscheinlicher (allenfalls unwahrscheinlicher), daher ist der Verteidigungsfall kein Argument gegen eine Wehrpflicht, denn im Verteidigungsfall wird jeder junge Mensch im Zweifel an die Front geschickt, siehe Ukraine. Daher macht es mMn wenig Sinn, diese Diskussionen zu vermischen.

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Ich finde nicht, dass eine Wehrpflicht einen Sinn ergibt. Aber egal.

Wie gesagt, das kann man ja durchaus vertreten, ich bin auch gegen die Wehrpflicht.

Aber die Argumentationsstruktur, warum man gegen die Wehrpflicht ist, sollte logisch konsistent sein. „Ich bin gegen die Wehrpflicht, weil man im Verteidigungsfall zum Dienst an der Waffe gezwungen werden könnte“ ist eben kein logisch konsistentes Argument, weil das Sukzedenz („Im Verteidigungsfall könnte man gezwungen werden, Dienst an der Waffe zu leisten“) nicht von dem Wahrheitsgehalt des Antecedenz („Wenn eine Wehrpflicht besteht“) abhängt, sondern unabhängig davon wahr ist (also egal ob es eine Wehrpflicht gibt oder nicht: Im Verteidigungsfall könnten Menschen zum Kriegsdienst gezwungen werden, wenn die Not groß genug ist…)

Da sind wir übrigens im Kern der Argumentenlogik der Philosophie…

Zulässige, zumindest logisch vertretbare Argumente gegen die Wehrpflicht gibt es hingegen viele:

  • Wehrpflicht führt zu einer Militarisierung der Gesellschaft
  • Wehrpflicht ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheit junger Menschen
  • Wehrpflicht ist nicht das beste Mittel, um das gewünschte Ziel („Verteidigungsfähigkeit erhöhen“) zu erreichen
  • Wehrpflicht kostet sowohl direkt als auch indirekt (volkswirtschaftliche Schäden durch den späteren Eintritt in den Arbeitsmarkt) viel Geld, das anderswo auch verteidigungspolitisch sinnvoller eingesetzt werden könnte (z.B. Erhöhung der Besoldung der Berufssoldaten)
  • und vieles, vieles mehr.

Ich will dich wirklich nicht davon überzeugen, dass die Wehrpflicht sinnvoll oder gut wäre. Ich will nur verdeutlichen, dass manche Argumente, die gegen eine Wehrpflicht in’s Feld geführt werden, schlicht unlogisch sind (alá „Ich will nicht für mein Land sterben“ oder „Ich will nicht für mein Land töten müssen“; das sind valide moralische Standpunkte und Gründe für eine Kriegsdienstverweigerung, aber keine Argumente gegen eine Wehrpflicht)

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Sehr unwahrscheinlich da es dazu einer Zweidrittel Mehrheit bedarf. Von daher ist deine sehr verkürzte Aussage einfach nicht nötig.

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Schwierige Diskussion und eventuell besser geeignet für ein Thema wie „Warum wir die Wehrpflicht brauchen“.
Ich glaube wir müssten da mal in der Realität ankommen. Es wird ohne Wehrpflicht nicht gehen, die Bundeswehr wieder als Verteidigungsarmee aufzustellen. Das ist völlig utopisch. Nur um mal klarzumachen wo wir als BRD gerade stehen und was das bedeutet.
Die Bundeswehr schafft es derzeit gerade mal so die notwendige Anzahl an Soldat*innen zu halten und das ist in Zeiten, wo wir als Deutschland generell Personalprobleme durch das „Altern der Boomergeneration“ haben.
Für eine Wehrpflicht fehlt es allerdings an Allem. Wir haben weder die Kasernen, noch die Kreiswehrersatzämter, noch das Material und erst recht nicht die notwendigen Ausbilder in der BW, um eine Wehrpflicht „schnell“ wieder einzuführen. Da müsste massiv investiert werden und dann bleibt trotzdem das Problem der Attraktivität bzw. auch dann wird Personal fehlen.
Die Bundeswehr zahlt, selbst für Menschen mit extrem niedriger Qualifikation sehr gut und trotzdem hat das nicht dazu geführt, dass mehr Menschen zur Bundeswehr gehen. Das heißt wir haben nicht sehr viele Optionen, die man da einfach nutzen könnte - außer die ausgesetzte Wehrpflicht wieder zu aktivieren und dann auf die oben genannten Probleme zu stoßen.
Eine überarbeitete Wehrpflicht ist übrigens noch unwahrscheinlicher. Dazu braucht man eine 2/3 Mehrheit im Bundestag, die auf absehbare Zeit sehr schwer zu erringen sein dürfte (also beispielsweise um auch Frauen zum „Dienst“ verpflichten zu können)
Dennoch brauchen wir eine Wehrpflicht, nicht nur um die Personalzahlen der BW zu halten (und aufzustocken, was absolut notwendig ist), sondern auch um den Personalfluss in den „Blaulicht-Organisationen“ zu sichern, denn auch da haben wir bereits Personalmangel.
Da werden hohe Milliardenbeiträge in den kommenden Jahren fließen müssen, besonders wenn man „Sicherheit“ nicht nur auf die Nato-Ostgrenze begrenzt sieht, sondern auch in Sachen Klimawandel, sprich mehr Katastrophenlagen in Europa, europäische Sicherheit in eventuell bald eisfreien Gegenden Europas, usw.

Eine Berufsarmee ist per se nicht günstiger. Ein Grund dafür, dass wir die höchsten Personalkosten in den Streitkräften Europas haben liegt daran, dass man die Wehrpflicht (und damit den großen Rekrutierungspool abgeschafft hat) und seitdem unaufhörlich an der Gehaltsschraube dreht und den Laden dennoch nicht voll bekommt. Die Kosteneffizienz der Berufsarmee ist ein Mythos, der von den Menschen verbreitet wurde, welche die Wehrpflicht damals aussetzten sollte. Bewahrheitet hat sich die Prognose in Deutschland nicht.
Auch der Einschätzung, dass sich mehr Menschen melden würden, wenn man die „rechten Honks“ rausschmeisst teile ich nicht. Sofern damit rechtsradikale und rechtsextremistische Elemente gemeint sind, haben die in der BW selbstverständlich nichts zu suchen. Aber auch ohne die, bleibt so eine Bundeswehr in der Tendenz eine Veranstaltung für Mitte bis Mitte rechts Menschen, von denen Wohl kaum Heerscharen zur BW gehen, weil ein paar „rechte Honks“ rausgeflogen sind. Menschen links der Mitte ist die BW auch mit konservativen Menschen noch zu gruselig rechts. Wie gesagt, dass ist kein Appell für den Verbleib von Extremisten in der BW, aber ich glaube nicht, dass deren Abwesenheit der Schlüssel für die Rekrutierungsdefizite der Truppe sein dürfte. Da sind die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dauernde Versetzungen, gesellschaftliches Ansehen etc. viel bedeutsamere Faktoren.

Eine Verständnisfrage: wie definieren wir in dieser Diskussion „Pazifismus“?

Also ist die Forderung, nicht weiter aufzurüsten und davon auszugehen, das der Status Quo schon ausreichend abschreckend ist, schon eine pazifistische Haltung?

Oder streng genommen die völlige Abwesenheit von Militär und Waffen in Deutschland? (Polizei?)

Also in welchen Definitionsraum diskutieren wir hier?

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So sicher, dass das im Kriegsfall noch gilt…?
Dann ist ja gut.

Das höre ich immer wieder, aber ich sehe wenige starke Argumente hinter diesen Aussagen.

Also warum genau soll eine Wehrpflicht die einzige Möglichkeit sein, die Bundeswehr zu stärken? Das Argument ist wie oben schon angerissen, dass man dadurch viele Menschen in Kontakt zur Bundeswehr bringt und einige dann vielleicht dort „hängen bleiben“. Aber dafür braucht es keine Wehrpflicht. Wir können auch auf andere Weise mehr Kontakt zwischen Bundeswehr und Bevölkerung herstellen - ich bin weiterhin dafür, einfach mal die Reserve richtig zu organisieren, auch mit dem Ziel der Nachwuchsgewinnung.

Es muss kein 9-Monatiger Wehrdienst für alle sein. Stattdessen könnte man jungen Menschen nach dem Abi auch erstmal nur eine militärische Grundausbildung anbieten, daher: Drei Monate reinschnuppern. Keine Verpflichtungen danach. Für drei Monate werden sich weit mehr Männer und Frauen bereit erklären, das freiwillig zu tun, vor allem, wenn wir es angemessen bezahlen (zumindest mal auf Mindestlohn-Basis, das kann doch wohl nicht zu viel verlangt sein…). Wenn wir es schaffen, dort eine hochwertige, anspruchsvolle dreimonatige Grundausbildung sicherzustellen und es den Leuten dort gefällt, werden definitiv mehr Leute beim Bund hängenbleiben als bei einer Wehrpflicht, die immer dadurch definiert war, dass man nach der AGA sechs (oder gar noch mehr) Monate sinnlos rumsaß.

Daher wäre mein Vorschlag ganz klar:
Jedem Menschen soll eine dreimonatige Grundausbildung mit Vergütung zum Mindestlohn angeboten werden. Und ja, wer das jetzt mit 40 noch machen möchte, dem sollte das auch ermöglicht werden. Jedem, der diese Ausbildung durchläuft und der nicht für völlig unbrauchbar erklärt wird, soll angeboten werden, dauerhaft an Reserveübungen teilzunehmen, um über den Zeitraum von Jahren Fachkompetenzen aufzubauen. Und natürlich soll auch versucht werden, geeignete Kandidaten dauerhaft zu rekrutieren.

Jeden jungen Menschen zu 9 größtenteils sinnlosen Monaten Wehrpflicht zu zwingen, nur, weil dann vielleicht 1% bei der bundeswehr oder den Blaulicht-Organisationen hängen bleibt, ist hingegen einfach grob unverhältnismäßig.

Ich teile daher deine Einschätzung, dass es „ohne Wehrpflicht nicht gehen“ könne, absolut nicht. Wir haben nahezu nichts versucht, vor allem nichts, was in die Richtung „höherer Flexibilität“ geht, was das Gegenteil von einer Wehrpflicht ist. Wir brauchen mehr Flexibilität, nicht weniger.

Da habe ich meine Informationen her:

Es geht um Stand jetzt und da geht es um Abschreckung. Im Kriegsfall hoffe ich doch sehr dass einige Aufrüstungsgegner und vor allem die Pazifisten mit egoistischen Motiven die jetzt Ukrainer sterben lassen würden Vernunft annehmen. Frieden schaffen ohne Waffen ist nun mal Stand jetzt leider gescheitert.

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Verteidungsfähigkeit entsteht mmn in erster Linie nicht durch Wehrpflicht, sondern einer Gesellschaft, die gemeinsam etwas verteidigen will. Deutschland ist ein vielfach gespaltenes Land und deshalb nicht kriegsfähig.

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Ist Russland kein „gespaltenes Land“, weil ein Autokrat jeden Widerstand unterdrückt?

Die USA sind zudem hochgradig kriegsfähig und zeitgleich hochgradig gespalten.

Also mir fällt es schwer, das nachzuvollziehen. Und dass Demokratie wegen der Meinungspluralität eher weniger „kriegsfähig“ sind als Autokratien sehe ich nicht als Nachteil an. Aber ich sehe nicht, wie das ein Argument gegen Aufrüstung oder gegen eine Wehrpflicht sein kann.

Und es geht wie so oft betont weniger um „kriegsfähigkeit“ als mehr um „Abschreckung“, wenngleich „Kriegsfähigkeit“ natürlich ein Element von „Abschreckung“ ist. Abgesehen davon lehne ich das Narrativ des „gespaltenen Landes“ ab, aber das hatten wir schon in so vielen anderen Threads.

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