"Willkommen im Kapitalismus"

Ich zumindest habe Deine Aussage zunächst auch als ein wenig despektierlich empfunden, das nur als Feedback. Ich denke die Texte versuchen nicht zu erklären was Kapitalismus oder Sozialismus ist, sondern was die Forumsteilnehmer darunter verstehen, wenn die Begriffe denn schon nicht brauchbar definiert sind.
Danke für das Feedback zur CO2 Steuer, da konnte ich ja fast einen sozialistischen Punkt machen. Allerdings möchte ich 3 Gegenhaltungen vorbringen:

  • „Nur im Kapitalismus gilt“ klingt irgendwie nach: Eine CO2 Steuer passt nicht zum Kapitalismus. Ich finde eine CO2 Steuer passt sehr gut zum Kapitalismus, denn ohne Preis kann der Kapitalismus das CO2 nicht einsparen bzw. CO2-effizient werden.
  • „Es gibt transnationale Konkurrenz“ Dem versucht die EU mit einem entsprechenden Zoll entgegen zu wirken.
  • „Kapital und Arbeit kann abfließen …“ Zumindest beim Kapital versucht die EU mit der „grünen“ Taxonomie gegenzusteuern.

Bitte erlaube noch eine Klarstellung über die CO2 Steuer selbst. Ich denke nicht, dass diese Einnahmen der Staat bekommen sollte, sondern er soll sie umverteilen. An jeden Einzelnen und zu gleichen Teilen. Das wäre meiner Meinung nach eine soziale Großtat weil ein begrenztes Gut an alle gleichmäßig verteilt wird. Mir fällt zumindest kein Beispiel aus der Geschichte ein wo das schon mal gelungen wäre.

Hat hier eigentlich irgendwer eine bessere Lösung als den Kapitalismus?

Ich verdamme Neoliberalismus muss aber auch anerkennen was er uns in der westlichen Welt für einen unglaublichen Materiellen Wohlstand gebracht hat und freue mich auf Gemeinwohlökonomie, aber kapitalistisch ist letztere ja wohl auch.

Ich habe auch vollstes Verständnis wenn die EU jetzt regelnd im Rahmen des Ordoliberalismus eingreift um die allergrößten Emissionssauerein zu unterbinden.

Wir müssen in die Zukunft blicken und lösungen sehen und annehmen und suchen, dafür benötigen wir unsere ganze Kraft und Kreativität.

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Ich wünsche mir einen Mittelweg zwischen Sozialismus und Kapitalismus.

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Mein Standpunkt derzeit, den ich gerne revidiere: Der Kapitalismus ist kaputt, weil die Ärmeren zu wenig Geld haben und der Staat deshalb keine Preissignale setzen kann. Deshalb weicht er auf das Ordnungsrecht aus. Das hebelt dann den Kapitalismus aus.
Und ja, ich gebe Dir recht, Ordnungsrecht ist besser als gar nichts, aber oft sind Preissignale meiner Erfahrung nach effizienter.

Wir haben die letzten zwei Jahrhunderte über die ökologischen Verhältnisse unseres Planeten gelebt. Es geht hier nicht um Sauereien, es geht um ein systemisches Problem des Liberalismus: Er kennt kein Maß. Höher, schneller, weiter. Wir haben uns unseren Wohlstand teuer erkauft und die Rechnung kommt.

Die Marktwirtschaft ist nicht das Problem. Der Wohlstand, der Fortschritt, die Lebenserwartung, ausgerottete Krankheiten und so vieles mehr sind der Beweis für ein in seinem Grundgedanken doch ganz gut funktionierendes System. Die Marktwirtschaft hat die Eigenschaft zur Optimierung durch Konkurrenz. Die Natur macht es mit der Evolution, wenn ich den Vergleich wagen darf, im Grunde auch nicht anders. So weit, so gut.

Das Problem ist das Ungezügelte, das unverhältnismäßige. Es gibt keinen Grund und keine Notwendigkeit, Menschen verhungern zu lassen. Und ja, ich verwende die Phrase „verhungern lassen“ bewusst, denn genau so ist es. Wir haben kein Ressourcenproblem, wir haben ein Verteilungsproblem. Und das auf ganzer Linie. Und wir haben ein Verhaltensproblem. Jeden Tag neue Klamotten (überspitzt formuliert) kann sich nur eine Gesellschaft leisten, die 1. andere ausbeutet und 2. den Sinn für Verhältnismäßigkeit verloren hat. Doch wirklich leisten können wir es uns nicht, denn das geht nicht nur auf Kosten unserer Mitmenschen, sondern auch auf Kosten unserer Ökosysteme.

Ich würde mal sagen, wir haben ein recht gut funktionierendes System zum Wirtschaften gefunden, versagen aber dabei, die Früchte dieses Systems allen zuteil werden zu lassen. Und in diesem Versagen steckt die Wurzel der Idee des Sozialismus. So würde ich das sehen.

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Ja, kann ich verstehen, aber das ist nunmal der Punkt, der meinen aktuellen Stand nach längerem Studium des Themas widerspiegelt. Und tatsächlich hat es nachvollziehbare Gründe, warum es bisher nicht funktioniert hat und warum es in absehbarer Zeit nicht funktionieren wird. Dafür müsste man jetzt aber Punkt für Punkt durchgehen. Zwei Hauptpunkte habe ich ja versucht anzureissen.
Jeder der sich Sozialismus wünscht, nur weil er den Kapitalismus doof findet, sollte sich erstmal damit beschäftigen, was das wirklich bedeuten würde. Das ist etwas mehr als nur ein hochgezogenes Sozialsystem, wie wir es heute kennen!

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Wie würdest du denn die folgenden beiden Begriffe erklären, bzw. einordnen?

  • Sozialdemokratie
  • Sozialistische Demokratie

Danke :slight_smile:

„Nur im Kapitalismus gilt“ klingt irgendwie nach: Eine CO2 Steuer passt nicht zum Kapitalismus. Ich finde eine CO2 Steuer passt sehr gut zum Kapitalismus, denn ohne Preis kann der Kapitalismus das CO2 nicht einsparen bzw. CO2-effizient werden.

Hier ist ein häufiger entscheidener Irrtum. Aus kapitalismuskritischer Sicht sind Kapitalismus und Markwirtschaft essentielle Unterschiede. Das eine betrifft die Produktionsweise und das andere die Zirkulation von Waren. Es kann auch im Sozialismus einen Markt geben. Entsprechend sind alle die schreiben „ich bin für eine Marktwirtschaft“ schon am Thema vorbei. Aber du hast natürlich recht, dass Kapitalismus ausschließlich auf Marktmechanismen setzt und es deshalb sehr gut zusammen passt.

Das wäre meiner Meinung nach eine soziale Großtat weil ein begrenztes Gut an alle gleichmäßig verteilt wird.

Genau so ist es und deshalb handelt es sich auch um ein „sozialistisches Projekt“. Alles gehört allen und soll fair verteilt werden. Was fair ist, handeln nicht Märkte aus (Preis), sondern demokratische Prozesse (festgelegte Verteilung).

Wenn sich Krankenschwestern wundern, warum ihre Arbeit ein Bruchteil meines Informatikerlohns einbringt oder junge Menschen sich wundern, warum Mieten ins endlose steigen, dann hätte man die nächsten Ansatzpunkte. Denke mal an die begrenzte Baufläche in Städten. Die gehören in die öffentliche Hand, damit wir gemeinsam darüber entscheiden können was damit geschieht.

Ich verdamme Neoliberalismus […] Ich habe auch vollstes Verständnis wenn die EU jetzt regelnd im Rahmen des Ordoliberalismus eingreift um die allergrößten Emissionssauerein zu unterbinden.

Der Ordoliberalismus setzt auf den Markt = Neoliberalismus. Wenn ihr euch beschwert, dass etwas nicht richtig definiert ist, dann schaut euch mal Neoliberalismus an.

Ich wünsche mir einen Mittelweg zwischen Sozialismus und Kapitalismus.

Da kann ich dich beruhigen. Das macht mittlerweile so gut wie jeder. Gewissen Spielraum für privatwirtschaftliche Innovation beschreibt auch Klaus Dörre in „Die Utopie Sozialismus“.

Ich würde mal sagen, wir haben ein recht gut funktionierendes System zum Wirtschaften gefunden, versagen aber dabei, die Früchte dieses Systems allen zuteil werden zu lassen. Und in diesem Versagen steckt die Wurzel der Idee des Sozialismus. So würde ich das sehen.

@pero.s gut zusammen gefasst. Sozialisten kommen jetzt zu dem Schluss, dass dies keine „behebbaren Symptome“ sind, sondern systemische Eigenschaften. Sie können also nicht aus dem System heraus genommen werden. Das hat bereits Marx in Teilen beschrieben und ist bis heute empirisch nachweisbar.

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Garnicht :wink:

Ich würde folgende grobe Punkte anmerken.
Das laut Definition Hauptargument für den Sozialismus ist die Tatsache, dass es für die Produktionsmittel kein Privateigentum mehr gäbe, sondern diese der Gemeinschaft gehören, welche diese dann auch verwaltet. Es darf also keiner private Gewinne daraus ziehen, die höher sind als die von allen anderen.

Ich würde behaupten, dass die meisten Leute deine Frage wie folgt beantworten würden:

Sozialdemokratie = Umverteilung von oben nach unten
Sozialistische Demokratie = verschärfte Umverteilung von oben nach unten über Enteignungen, Preisdeckelungen, Vermögenssteuer und co.

Das hat aber mit Sozialismus nichts zu tun, auch wenn die CSU/CDU, sowie FDP das gern so darstellt.
Denn eine Umverteilung dieser Art setzt ja voraus, dass ein Ungleichgewicht herrscht, welches ja angeblich im Sozialismus garnicht erst vorkommen sollte.

Wer sich mit der marxschen Sichtweise ein wenig vertraut machen möchte (und sei es nur um zu wissen, was man da eigentlich ablehnt), der findet vielleicht Gefallen hier dran. In dieser Artikelserie stellt der Autor einige Kernthesen aus „Das Kapital“ vor, und geht teilweise auf gängige Kritik aus den Kommentaren ein.

Was mir dem Geld passiert ist irrelevant, da der Mechanismus anders funktioniert.
Das Gut (CO2 Budget) wird ja bei vernünftiger Ausplanung auf 0 reduziert. Das heißt, jemand muss negative Emissionen erzeugen, damit ein anderer verschmutzen darf. Das Ziel der Nullemissionen ist erreicht, egal was mit dem Geld gemacht wurde.

Bedeutetet das, dass Kapitalismuskritiker daher zum Feudalismus zurück wollen?

Naja, es gibt ja bei der Kritik eines Zustandes und der Suche nach Auswegen / Lösungsmöglichkeiten nicht immer nur die eine Richtung: „Zurück“. Mir fielen in unserer (zumindest) dreidimensionalen Welt auch noch das „vorwärts“, „oben“ und auch „unten“, sowie alle möglichen anderen Mischrichtungen ein – um mal als erstem Ansatz nur bei vektorisierten Bewegungen zu bleiben…
Eine, die schon seit geraumer Zeit von diversen Parteien und Regierungen „erfolgreich“ praktiziert wird, wäre aber auch die populistische Rumeierei…
Soweit erst einmal :joy:

Ich finde, das geht durchaus. Und ich finde, das wäre auch mal nötig. Nur bin ich leider zu diesem Thema kaum bis garnicht belesen. Dennoch sagt mir mein Bauchgefühl, dass wir zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus unterscheiden sollten.

Wenn ich nach der Definition von Kapitalismus google, kommt folgender Satz dabei raus:

Eine Form der Wirtschaft und Gesellschaft auf der Grundlage des freien Wettbewerbs und des Strebens nach Kapitalbesitz des Einzelnen.

Das Googeln nach der Definition von Marktwirtschaft hingegen ergibt:

Wirtschaftssystem, in dem die Produktion und Verteilung von Gütern durch den Markt gesteuert wird.

Bezeichnend finde ich bei der Definition des Kapitalismus das Streben nach Kapitalbesitz des einzelnen. Das ist sein wahres Wesen. Was mir hier fehlt, ist eine Definition von Kapital. Ist das Geld? Oder sind das Güter? Oder was ist das? Interessant finde ich die Verknüpfung der Worte Wirtschaft und Gesellschaft. Und bemerkenswert finde ich, dass in der Definition von Kapitalismus der freie Wettbewerb erwähnt wird. Hier wäre ich mir erst einmal nicht so sicher. Das Streben nach Kapitalbesitz des Einzelnen funktioniert auch in Systemen, die keinen freien Wettbewerb haben.

Dahingegen finde ich die Definition von Marktwirtschaft viel ausgewogener. Kein Wort von Besitz, nur Produktion und Güter werden erwähnt. Leuchtet erst einmal ein, denn es wäre theoretisch auch eine Marktwirtschaft vorstellbar, bei denen die Besitztümer nicht in Händen Einzelner liegen.

Auf der anderen Seite die Definition von Sozialismus nach kurzem Googeln:

(Nach Karl Marx die dem Kommunismus vorausgehende) Entwicklungsstufe, die auf gesellschaftlichen oder staatlichen Besitz der Produktionsmittel und eine gerechte Verteilung der Güter an alle Mitglieder der Gemeinschaft hinzielt

Und hier noch die Definition der Planwirtschaft:

Bezeichnung für eine Wirtschaftsordnung, in der das gesamte wirtschaftliche Geschehen von einer zentralen Stelle nach politischen und wirtschaftlichen Zielvorstellungen geplant, gelenkt und verwaltet wird.

An dieser Stelle stellt sich mir die Frage, ob Marx nicht genau hierbei irrte. Eine Vergemeinschaftung (Verstaatlichung) der Produktionselemente im Sinne des Eigentums muss nicht zwangsläufig zu einer Planwirtschaft führen.

Auffällig ist, dass, wenn man sich die Definitionen vergegenwärtigt, die Marktwirtschaft und die Planwirtschaft Gegenpole bilden, ebenso wie der Kapitalismus und der Sozialismus Gegenpole bilden. Die Planwirtschaft und die Marktwirtschaft sind Wirtschaftsmodelle, wohingegen der Kapitalismus und der Sozialismus eher Gesellschaftsmodelle sind. Doch wenn ich so drüber nachdenke, sehe ich keinen Grund wieso man die Gesellschaftsmodelle und die Wirtschaftsmodelle nicht beliebig mischen kann. Also eine kapitalistische Planwirtschaft oder eine sozialistische Marktwirtschaft, wenn man so will.

Oh jeh, der Threadersteller wird mich hauen wollen, weil ich so häufig das Wort Kapitalismus verwendet habe. :grin: Aber jetzt, wo ich das schreibe, komme ich zu dem Schluss, dass der Kapitalismus definitiv kein Wirtschaftsmodell ist.

Was mir dazu so durch den Kopf schießt ist, dass Wirtschaftsmodelle erst einmal nach nichts streben. Sie sind einfach Formen der Organisation des Umgangs mit Gütern. Die Gesellschaftsmodelle, welche die Wirtschaftsmodelle anwenden, scheinen nach einem Ziel zu streben.

Hierzu fällt mir ein Satz des Soziologen Max Weber ein, der mal geschrieben hat, das sich Kapitalismus und Zufriedenheit kategorisch ausschließen. Nichts sei für den Kapitalismus schlimmer, als eine zufriedene Gesellschaft, denn zufriedene Menschen konsumieren nicht, bzw. nicht übermäßig, sondern nur das, was sie brauchen.

Die Aussage von Richard David Precht, dass wir in einer Bedarfsweckungsgesellschaft leben, passt hier auch ganz gut. Mir erschließt sich das durchaus, hat doch unsere Gesellschaft das Marketing als eigenen Forschungszweig und Studiengang hervorgebracht.

Das Streben nach mehr scheint mir einzig dem Kapitalismus inhärent zu sein.

(P.S.: Bitte zerreißt mich nicht gleich, weil ich die Definitionen oben nur kurz gegoogelt habe. Wie gesagt, das ist nicht unbedingt mein angestammtes Thema.)

Ich bin hier mit der These gestartet, dass jeder etwas anderes unter „Kapitalismus“ versteht (und selbiges gilt wohl auch für den „Sozialismus“) und daher die Verwendung dieser Wörter nur bedingt sinnvoll ist. Die Diskussion hat dies nochmal eindrücklich unterstrichen. :slight_smile:

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