Wie genau funktioniert Aufrüstung eigentlich?

Aber es geht ja bei Aufrüstung nicht primär darum, wer mehr Geld ausgibt. (Es ist nur eine verlockend einfache Größe, um Sachen scheinbar objektiv zu quantifizieren.) Wichtiger ist indessen, was die einzelnen Parteien mit den Moneten machen. Deshalb habe ich ja ganz bewusst den Aspekt der „militärischen Einsatzfähigkeit“ zitiert, weil das aus meiner Sicht ein viel entscheidender Parameter ist: Wer ist wie in der Lage, seine Rüstung (seine „Geldausgabe“) in militärische Einsatzfähigkeit umzuwandeln. Und da ist Russland eben aus ganz unterschiedlichen Gründen befähigt, mit geringeren Mitteln eine gewisse militärische Einsatzfähigkeit herzustellen, die Europa ohne NATO völlig abgeht. (Ohne Frontzuschläge liegt der Sold eines russischen Soldaten bei ~ 412€ pro Monat, der geringste Dienstgrad in der Bundeswehr verdient ~ 2700€ pro Monat.) Die Mehrausgaben allein sagen eben erstmal überhaupt nichts über den militärischen Wert aus.
Ganz Wesentlich ist mMn übrigens auch die militärische Aufklärung / Military intelligence, zu der die Studie fast stumm bleibt. Da hat sich ja gezeigt, dass die Ukraine völlig blind waren, wenn die Amerikaner die Daten nicht liefern, weil Europa nicht über annähernd ausreichende Kapazitäten verfügt. Das ist also ebenfalls ein Punkt der dafür sorgt, dass die Einsatzfähigkeit Europas / Deutschlands ohne USA massiv abfällt.

Per se spricht selbstverständlich nichts gegen die Studie und ihre Perspektivität. Aber deine ursprüngliche Frage wurzelte ja in deiner Verwunderung darüber, warum die Studie noch nicht rezipiert wurde. Und da sind die angesprochene Problematik des grundlegenden Zuschnitts auf die gesamte NATO und ihre Perspektivität eben recht plausible Gründe, die sich schon beim oberflächlichen reinlesen in die Studie offenbaren. Zumindest wird nicht ersichtlich, was diese Studie zu einem besonders geeigneten Debattenbeitrag macht.

Du hast aber selbstverständlich Recht, dass so ein quellenkritische Betrachtung auch bei rüstungsfreundlichen Publikationen angebracht ist. Da werden gerade in der medialen Berichterstattung (also allgemein, nicht LDN) tatsächlich auch viel zu oft unkritisch irgendwelche Positionen übernommen.

Wichtiger Punkt. Geld kämpft nicht.

Beispiel: Russland hat jetzt 100 Kampfpanzer zum Stückpreis von 500.000€, dazu ausreichend Personal, Munition und kampferfahrene Besatzungen.

Deutschland hat jetzt 10 Kampfpanzer zum Stückpreis von 5 Millionen €, dazu nur begrenzt Munition und nur in Friedenszeiten ausgebildete Besatzungen.

Auf dem Papier ebenbürtig, auf dem Gefechtsfeld könnte das sehr einseitig zugunsten von Russland ausfallen.

Also reine Geldwerte sind wenig aussagekräftig.

Thema ausdiskutiert?