Wehrpflicht - Sinn oder Unsinn?

Das Thema Wehrpflicht schwirrt aufgrund der aktuell bedrohlichen Sicherheitslage in verschiedenen Varianten (u.a. schwedisches Modell) durch Medien und Politik.

Aktuell Markus Söder dazu bei Lanz:

Klingt noch rechts unausgegoren und naiv.

Deutlich fundierter und kritischer hier:

Ich kann tatsächlich nur schwer einschätzen, welchen Mehrwert eine Wehrpflicht heute hätte.

Zu meiner Dienstzeit in den 90ern bis frühe 2000er war die Wehrpflicht durchaus schon sehr umstritten.

Meinungen?,

Frage zu Beginn der Diskussion:

Besteht die Gefahr, das Deutschland ist das NATO Bündnisgebiet durch einen anderen Staat mit großen konventionellen Einheiten angegriffen wird?

Sind wir uns einig, dass eine Verteidigung nicht durch eine nukleare Reaktion erfolgt?

Erst wenn beide beantwortet sind, lohnt sich eine Diskussion darüber bzw. hat sich direkt erledigt, da man die Situation unterschiedlich bewertet.

Ich würde die erste mit JA und die zweite mit NEIN beantworten.
Aus meiner Sicht sind wir mit der Größenordnung der Bundeswehr nicht verteidigungsfähig. Es fehlt zum Durchhalten an Soldatinnen und Soldaten, aber auch Feuerwehr, technisches Hilfswerk und Katastrophenschutz (Polizei ebenso).
Daher sollte es aus meiner Sicht für solche Bereiche eine Dienstpflicht eingeführt werden.
Ausgestaltung - bin ich noch nicht schlüssig.

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Die Wehrpflicht hat seinerzeit vielen Menschen geholfen, eine Arbeit, ein geregeltes Leben und eine Aufgabe zu finden. Ich saß während meiner Wehrdienstzeit im Geschäftszimmer einer Kaserne, weil ich einer der wenigen war, die mit Excel umgehen konnten. Hatte dort Zugang zu Personalakten. Ich habe nicht wenige Lebensläufe von jungen und nicht mehr ganz so jungen Männern gelesen, in denen keine Qualifikation irgendeiner Art zu finden war. Das Beste, was die Leute manchmal hatten, war ein Kfz-Führerschein. In der Bundeswehr gab es aber genug Dinge zu tun, für die sie wie geschaffen waren.

Seit es die Wehrpflicht nicht mehr gibt, gibt es für Geringqualifizierte eine Karrierechance weniger.

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Zunächst einmal müsste ein solcher Dienst ausnahmslos für jeden gelten. Wer aus (zu meiner Zeit leider oft blödsinnigen) Gründen ausgemustert wird, muss einen Ersatzdienst tun. Es war eine riesengroße Sauerei, dass in meinem Abi Jahrgang 2006 nur ca 10% etwas ableisten und 1Jahr Lebenszeit wegwerfen mussten. Vorteile hatte ich keine davon. Eine neue Wehrpflicht müsste natürlich auch für jedes Geschlecht gelten und ohne Altersgrenze gelten.

Ich bin aber prinzipiell gegen eine Wehrpflicht, da die unnötig Ressourcen für die Ausbildung echter Soldaten frisst. Die Bundeswehr leidet eben unter dem selben Fachkräftemangel wie jede Branche. Das wird eine Wehrpflicht nicht lösen und sicher such auf viel Ablehnung stoßen. Ich wüsste auch nicht ob man sie ohne echten akuten Anlass wieder einführen könnte. Ich hoffe nicht.

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Ausserdem blieben dank der Wehrpflicht bzw. der alternative in sozialen Berufen Leute dort hängen die diese Bereiche nicht in ihrem Umfeld kennengelernt haben und somit nicht als Option auf dem Schirm hatten. Insofern war der Bürger in Uniform ein wichtiger Grundpfeiler um eine politisch einseitige Bundeswehr zu verhindern. Der Beruf zieht halt ein gewisses Klientel an.

Ich finde das einen wichtigen Punkt, denn das können wir besser als andere. Auch mit den Amerikanern funktionierte das immer gut: sie haben es zusammengebombt, wir haben es wieder aufgebaut (etwas vereinfacht dargestellt).
Ich denke, wir sind uns einig, dass Verteidigung in Zukunft EU-weit gedacht werden muss. Wir sollten also uns gar nicht mehr um die Bundeswehr kümmern und sie zukunftsfähig machen, sondern ein EU-Heer vorantreiben und die Bundeswehr dort integrieren. Und dann jeder anhand seiner Fähigkeiten seinen Beitrag leisten.
Eine Wehrpflicht braucht es dann vielleicht nicht mehr, sehr wohl sehe ich aber Potential dafür die viel diskutierte Verkürzung der Arbeitszeit mit ehrenamtlichen Pflichtstunden zu flankierenden. Wer Ersatzleistungen erhält, könnte ein paar Stunden mehr leisten, wird ja immerhin von der Gesellschaft bezahlt. Und dann müsste man Gruppen schaffen, die bei Notfällen von der Arbeit freigestellt werden und in Hochwassergebiete o. ä. fahren (europaweit?) und mit anpacken. Und in ihren Ehrenamtsstunden dafür trainieren.

Die Wehrpflicht ist ja nicht abgeschafft worden, sondern sie ist nur ausgesetzt. Daher kann man sie formal ohne große Probleme mit einer einfachen Mehrheit im Bundestag wieder aktivieren.
Das wirkliche Thema wären die fehlenden materiellen, personellen und organisatorischen Ressourcen, um ganze Jahrgänge zu mustern, einzuziehen und auszubilden.
Ich halte es auch für eher unwahrscheinlich, dass es so kommt, sondern eher eine Form des schwedischen Modells.
Eine allgemeine Dienstpflicht für alle Geschlechter hielte ich für sinnvoll - ein entsprechendes zugrunde liegendes Konzept vorausgesetzt. Wir müssen als Gesellschaft deutlich resilienter werden. Das entsprechende Mindset und Wissen könnte in dieser Zeit auf unterschiedlichste Weise vermittelt werden.

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Ist das nicht etwas kurz gedacht, unabhängig von der Wehrpflicht?
Auch für eine europäische Armee brauchen wir ja einsatzbereite, moderne und gut ausgebildete/ausgerüstete Truppenteile.

Das unser ruhendes Modell der Wehrpflicht aus Zeiten des Kalten Krieges wohl nicht mehr ganz zeitgemäß ist, scheint schon Konsens zu sein.

Tatsächlich ist es eher der Kampf um Fachkräfte, die wir brauchen.
Kein „Kanonenfutter“, wie es Söder an einer Stelle subtil andeutet.

Und Ja, man muss das Thema wohl im Sinne gesamtgesellschaftlicher Resilienz denken, mit allen Hilfs- und Rettungsdiensten.
Gibt ja nicht nur Krieg, auch andere Katastrophen.

Da müssen wir aber noch gesellschaftlich am Mindset arbeiten, befürchte ich

Dazu fallen mir gleich mehrer Argumente dagegen ein, einige anekdotisch, andere wirtschaftlich:

  1. Ich habe mich damals entschieden meinen Wehrdienst zu leisten, weil ich sonst ein ganzes Jahr „verloren“ hätte hin zu meinem Studium. Also keineswegs aus Überzeugung. Nun habe ich dort viele andere Wehrdienstpflichtige kennengelernt, kenne natürlich auch sonst im privaten Umfeld einige. Und sagen wir mal so: Ich kann mich an niemanden erinnern, der die Zeit nicht zumindest als vergeudet angesehen hat. Andere haben die Zeit regelrecht gehasst. Der Umgangston, die Tätigkeiten, das Essen, die Liste wird sehr lang. Und keiner hatte ernsthaft das Gefühl nach der „Ausbildung“ in einem Krieg mehr als nur Kannonenfutter zu sein.
    Das wird auch heute nicht großartig anders sein. Insbesondere weil auch Waffenarten nicht eben mal so gelernt werden können und bereits nach wenigen Jahren schon wieder veraltet sind und neu erlernt werden müssen. Und über den Umgangston kann ich nur mutmaßen, aber ich habe wenig Hoffnung dass sich dort etwas geändert hat.

  2. Wir bekommen in den nächsten 15 Jahren ein enormes Problem mit den in Rente gehenden Boomer-Generationen. Und genau in diesen Jahren wollen wir also alle Menschen im Wehrpflichtign Alter der Rentenkasse entziehen und ein Jahr später einzahlen lassen (wann auch immer das dann ist)?

  3. Mir kommt es ja so vor dass für nichts Geld da ist außer für das Militär, aber auch hier muss man mal durchrechnen, was ein Wehrdienst kosten würde. Die Strukturen wurden ja abgebaut, Kasernen verkleinert und/oder aufgegeben, es gibt vermutlich zu wenig Ausbilder, Sold, Kost, Logis. Das kostet auch alles. Und was wird es dann bringen? Menschen, die ein G-irgendwas dem Feind entgegenhalten können?

Wer gerne freiwillig zur Bundeswehr gehen will, sei’s drum (auch hier bin ich sehr gegen das sehr frühe Rekruiting an Schulen), aber Wehrpflicht halte ich für den komplett falschen Ansatz.

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Ich habe meinen Wehrdienst 2001/2002 auch abgeleistet und es war für mich auch verschwendete Lebenszeit, einzig, gezwungen zu werden, „körperlich an die Grenzen gehen“, war langfristig definitiv hilfreich im Hinblick auf alle späteren sportlichen Aktivitäten und einen gesunden Lebenswandel.

Ich vertrete weiterhin die Position, dass eine Wehrpflicht die Probleme nicht lösen wird. Eine Wehrpflicht führt primär zu vielen, mäßig ausgebildeten Soldaten. Zu Leuten, denen man im Verteidigungsfall ein Gewehr in die Hand drücken und sie in den Schützengraben schicken kann. Diese Leute brauchen wir aber mMn im Rahmen von NATO und europäischer Verteidigungspolitik nicht. Wenn Russland einen NATO- oder EU-Staat angreift ist die Reaktion, dass alle NATO- und EU-Staaten ihre Experten schicken, dh. die Berufssoldaten und das High-Tech-Equipment. Wir werden, wenn Russland z.B. das Baltikum angreift, keine Fußsoldaten mit mäßiger Erfahrung in den Krieg schicken. Und die Situation, dass wir in Deutschland Schützengräben besetzen müssen, sehe ich beim besten Willen nicht.

Das Argument, dass die Wehrpflicht der Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr dient, sehe ich nicht als sehr schlagkräftig. Es wäre sehr viel effektiver, hier die Reservewerbung massiv zu fördern, daher gerade junge Menschen gezielt in die Reserve zu bekommen. Denn Reservisten sind diejenigen, die wir im Bündnisfall wirklich brauchen, Reservisten die regelmäßig über viele Jahre hinweg neben Ausbildung, Studium und Arbeit an Übungen teilnehmen und zu Spezialisten an der modernen Ausrüstung ausgebildet werden können.

Die Reserve ist daher mMn auch das Haupt-Problem an der aktuellen Bundeswehr.

Maßnahmen, die ich unterstützen würde:

  • Eine Musterung aller jungen Leute wie in Schweden. Kein Wehrdienst, aber der Staat checkt die Leute medizinisch durch und führt Gespräche, in denen erörtert wird, wo sie im Bereich der Bundeswehr arbeiten könnten - und macht entsprechende Angebote. Also kein Wehrdienst, sondern quasi ein „Vorstellungsgespräch“, bei der die Bundeswehr in der Rolle des Bewerbers um die Gunst der Menschen ist.
  • Es sollte viel mehr unverbindliche Möglichkeiten geben, bei der Bundeswehr reinzuschauen - ohne vorher Verpflichtungen einzugehen. Warum haben wir keine Reserve-Übungen für Interessierte, daher: Jeder kann sich anmelden, vor der Übung gibt es einen kurzen Hintergrundcheck und dann gibt’s einfach mal zwei Wochen militärische Grundausbildung zum Reinschnuppern.

Solche Konzepte sind mir einfach unendlich lieber als dieses aus der Zeit gefallene Konzept der Wehrpflicht.

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Ich bin damals freiwillig zur Bundeswehr und hab da selbst Wehrpflichtige ausgebildet.

Dort gab es zwei Arten von Rückmeldungen.

Einerseits Wehrpflichtige, zu denen ich heute noch Kontakt habe und die ihre Wehrdienstzeit rückblickend positiv bewerten. Einige sind immer noch als Reservisten aktiv.

Andere die speziell in den „Auflösungszeiten“ der späten 90er bis zum Ende/Aussetzen der Wehrpflicht tatsächlich irgendwie über waren. Ihre Zeit dort dann logischerweise als Verschwendung empfanden.

Was, so Rückmeldungen die ich vereinzelt bekomme, positiv wahrgenommen waren die Kameradschaft, ein gewisses Pflichtbewusstsein sowie das Jennenlernen eigener Grenzen, was positiv für das eigene Selbstbewusstsein empfunden wurde. Wie gesagt, Einzelmeinungen.

Aber auch Aspekte, die in der heutigen eher egozentrierten freitheitsorientierten Gesellschaft aber sicher niemanden mehr begeistern würden.

Eine „klassische“ Wehrpflicht sehe ich da auch nicht mehr.

Zudem nehme ich schon einiges gesellschaftliches und ehrenamtliches Engagement der heutigen Jugend wahr. Evt sollte man eher Vereine, freiwillige Feuerwehr, THW mehr in Richtung Jugendarbeit fördern, aber die Bundeswehr mit spezifischen Tätigkeiten mit einbeziehen. Als gesellschaftliches Gesamtoaket zur Resilienz und sozialem Bewusstsein.

Ganz auf militärische Fähigkeiten zu verzichten sehe ich in der heutigen Welt leider noch nicht.
So weit entwickelt ist die Menschheit noch lange nicht.

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Wehrpflicht oder soziales Engagement für eine gewisse Zeit (Zivildienst) wäre auf jeden Fall sinnvoll und hat auch niemanden geschadet. Die, welche ihren Wehrdienst als sinnlos betrachteten. Wieso habt ihr keinen Zivildienst gemacht? Was spricht dagegen? Die Finanzierung der Rente kann es wohl nicht sein weil die existiert in Zukunft so oder so nicht und muss umstrukturiert werden.

Habe ich geschrieben, mit Zivildienst hätte ich mein Studium erst ein Jahr später antreten können.

Da musst Du schon differenzieren. Ich habe natürlich in der Zeit des Wehrdienstes Rentenpunkte gesammelt, also habe ich meine Rente schon „finanziert“. Natürlich gilt das nicht für den Staat in dem Jahr oder wenn ich in Rente gehe.

Tut mir leid, aber so eine Aussage ist erstens rein subjektiv und je nach Einzelfall auch komplett falsch. Ich habe einige wenige Leute nahe an emotionalem Zusammenbruch erlebt.

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Ein „Zwangsdienst“ wäre sicher nicht zielführend.

Einerseits haben die Betreffenden möglicherweise kaum oder keine Motivation für die zugewiesene Tätigkeit, andererseits müssen sich die Institutionen mit eher Unwilligen herumquälen.

Das schwedische Modell in ähnlicher Form hätte den Charme, das man erstmal eine Übersicht über alle geeigneten Kandidaten hätte, das kostet denen maximal 1-2 Tage ihrer Lebenszeit. Zudem könnte man die Interessierten vernünftig beraten, ggf. alternative Optionen aufzeigen, von THW bis Rettungsdienst.

Von staatlicher Seite könnte man Freiwilligen zum einen Boni anbieten (für alle Arten freiwilliger Dienste) wie Pluspunkte bei Ausbildung, Studium, BaFög etc.
Dazu müssen die Tätigkeiten für Freiwillige auch sinnvoll und für alle Beteiligten wertvoll sein, zumindest überwiegend.

Also eher fördern als fordern, aber einmal Status Quo abgeben

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Das kann man so pauschal nicht sagen, denn das Thema wird leider einfach nicht erforscht. Welche Auswirkungen ein Zwangsdienst auf die Biografie eines Menschen haben kann und wie viele Menschen traumatisiert (oder als Alkoholiker :wink: ) aus dem Wehrdienst gekommen sind kann man maximal schätzen. Als ich 2001/2002 beim Bund war wurden gerade die ganzen Rücksäcke und ABC-Schutzponchos wegen ihrer Asbestbelastung eingesammelt (nachdem wir sie in der Grundausbildung lange genutzt haben…) und der Keller war voll von asbestbelasteten Tarnnetzen. Ich will nicht wissen, wie viele Leute asbest-bedingte Gesundheitsprobleme davongetragen haben, die im Nachhinein aber nie auf den Wehrdienst zurückzuführen sein werden…

Viele haben sicherlich höhere Erwartungen an den Wehrdienst gehabt. Ich persönlich sage: Die ersten drei Monate Grundausbildung waren interessant, die sechs Monate in der Stammeinheit waren literally „Setzt euch von 8-16 in den Keller und lest die Bild-Zeitung“ (während alle rauchen, was 2002 leider noch erlaubt war). Diese sechs Monate waren für mich die Hölle, ich habe mich für jeden Mist freiwillig gemeldet und war deshalb einige Wochen „Spenden sammeln für den Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge“ (im Stil einer Drückerkolonne, morgens in einem Vorstadtbezirk in Ausgehuniform ausgesetzt und dann den ganzen Tag von Tür zu Tür betteln gehen) und einige Wochen im Wachdienst in der NATO-Airbase Geilenkirchen (was auf eine andere Art langweilig war, aber eine Million mal besser als mit den Rauchern im Keller zu sitzen…).

Im Nachhinein hätte ich mich sicherlich für den Zivildienst entschieden, aber diese Entscheidung kann man eben nur auf Grundlage von Vorurteilen und sehr subjektiven Erfahrungsberichten treffen…

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Ich finde man sollte das soziale Engagement und die Wehrpflicht trennen.

Ich könnte mich schon mit einer Wehrpflicht, oder einer Dienstpflicht für jeden anfreunden. Halte es aber für die schlechteste Möglichkeit und eine Rückkehr zu einem System, dass schon in den 90ern nicht mehr funktioniert hat.

Sich darauf zu verlassen, dass jährlich ein paar von den Gemusterten hängen bleiben, weil ihnen nichts besseres einfällt, scheint mir ein sehr faules Bewerbungsverfahren zu sein. Und der Rest geht dann als Lohndrücker in die Pflege, wo er vielleicht auch hängen bleibt? Toll…

Wer geht schon freiwillig zu einem Arbeitgeber um sich von früh bis spät anschreien zu lassen und wohnt dazu auch noch in Mehrbettzimmern ohne WLAN?

Andererseits muss man auch realistisch sein. Gibt es überhaupt eine Armee in der Welt, die ohne Befehl, Gehorsam und Demütigung auskommt?

Kern des Problems ist doch die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands, sowie der Bündnispartner wie kriegen wir das möglichst schnell wieder gewährleistet?

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Aus Erfahrung: Eher nein. Bedingt durch die Besonderheit der Aufgabenstellung. Wobei ich Demütigung da rausnehmen würde, das ist sehr subjektiv.

Befehl und Gehorsam in dem Sinne, dass es eine hierarchische Organisation ist und der Soldat im Einsatz der Einschätzung des Stabes (und seiner fachlich deutlich besser ausgebildeten direkten Vorgesetzten) vertrauen muss ist aus der Armee tatsächlich nicht wegzudenken. Aber ich denke gemeint ist eher der übertriebene „Befehl und Gehorsam“ im Sinne von Kadavergehorsam, Hierarchie um der Hierarchie Willen (dh. vor allem Männer, die einfach über andere Männer Befehlsgewalt ausüben wollen und andere Leute „klein machen“ wollen) und ähnlicher Unsinn, der in einer modernen Armee tatsächlich keinen Platz haben sollte (in meiner Wehrdienstzeit kamen gerade Konzepte der „Menschenführung 2000“ bzw. „Innere Führung 2000“ auf, die genau solche Unsitten abschaffen sollten)

Aspekte wie die strikte Uniformierung mit dem Ziel der Reduzierung der Individualität (also über die eigentliche Uniform hinaus im Hinblick auf z.B. Haar- und Barttracht, Tätowierungen usw.), blinder Gehorsam außerhalb von Gefahrensituationen, Abhärtung durch Entmenschlichung und viele andere historische Unarten nehmen zum Glück mehr und mehr ab. Tatsächlich muss man gerade in sehr konservativen Bereichen wie dem Militär immer wieder die Frage stellen, ob eine Tradition noch Zeitgemäß ist - das wird in der Tat zu selten getan.

Demütigung ist dabei ohne jede Frage nicht tolerierbar - in Deutschland zumindest. Naja, offiziell zumindest. Der Vorgesetzte hat seine Untergebenen mit dem gleichen Respekt zu behandeln, den er von ihnen auch erwartet. Diese „Boot Camp“-Szenen, wie man sie aus amerikanischen Kriegsfilmen kennt, waren in Deutschland nie so stark vertreten und sind seit mindestens 20 Jahren zum Glück auch völlig undenkbar. Die Bundeswehr arbeitet - zum Glück - nicht mehr nach dem Prinzip, dass man Menschen erst brechen müsse, um sie dann als Soldaten wieder aufzubauen. Sowas machen nur Diktaturen und die USA :wink:

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Absolut.
Die Innere Führung der Bundeswehr ist da schon auf dem richtigen Wege, was ich auchvaus meiner Zeit an der Offizierschule bestätigen kann.
Leider gilt immer noch, das nicht jeder Mensch mit Macht über andere Menschen umgehen kann, da ist sicher noch Handlungsbedarf in Ausbildung und Kontrolle. (Gilt aber auch im zivilen Bereich, zum Vorgesetzten wird man nicht „gemacht“, das muss man lernen).

In einer heutzutage hochtechnisierten Armee ist tatsächlich ein anderer Führungsstil nötig. Da arbeiten eher Profis verschiedener Professionen zusammen, „Kadavergehorsam“ und „Kanonenfutter“ gehören da aus dem Sprachschatz (und Gedankengut) verbannt.

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