Warum lassen die Grünen in Österreich die Koalition nicht platzen?

Warum lassen die Grünen die Koalition in Österreich nicht platzen? Kurz Rcktritt allein kann die Grünen doch nicht zufrieden stellen, da Kurz so einflussreich bleiben soll und scheinbar so viele einflussreiche ÖVP-Mitglieder in die Skandale verwickelt waren, dass man die ÖVP einfach keinen seriösen Koalitionspartner mehr darstellt. Außerdem besteht doch nun DIE große Chance auf ein progressives Bündnis bei Neuwahlen: Beide Kurz-Regierungen endeten in erschütternden Skandalen. Beide rechte Parteien hatten in den letzten zwei Jahren zentrale Figuren, die eindeutig antidemokratisch eingestellt waren. Deutschland liefert ein Vorbild, wie schnell tief manifestierte konservative Macht durch unseriöse Arbeit in kürzester Zeit dahinschmelzen kann (und die Korruptionsskandale der CDU waren verglichen mit denen von ÖVP und FPÖ noch harmlos). Weshalb also hält die österreichische Grüne noch an einer Koalition fest? Hat da jemand Erklärungen?

Die Grünen sind in Österreich nicht so selbstbewusst und so breit im Politikbetrieb verankert wie ihre Schwesterpartei in Deutschland. Auch deuten die jüngsten Umfragen (wohl nicht von Herrn Kurz gekauft) nicht auf einen Erdrutsch bei der Parteienpräferenz hin: https://www.vienna.at/nach-ermittlungen-stuerzt-die-oevp-in-umfragen-ab/7156523

Soweit ich gelesen habe, stehen die Abstimmungen über Projekte der Grünen erst noch an. Sie würden die Regierung also vermutlich erstmal mit leeren Händen verlassen. Und müssten darauf hoffen, später durch den Wähler belohnt zu werden.

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Weil

  • die österreichischen Grünen in allen Umfragen deutlich hinter ihrem Ergebnis bei der letzten Nationalratswahl liegen und es bisher nicht so aussieht, als würden sie von den Verlusten der ÖVP wesentlich profitieren.

  • die einzige Möglichkeit, ohne Neuwahlen eine Koalition gegen die ÖVP zu schmieden zumindest auf eine Duldung der FPÖ angewiesen wäre, was aber einerseits der Grünen Basis nicht zu vermitteln wäre, andererseits der ÖVP den perfekten Spin liefern würde, um gegen die Grünen bzw. die neue Koalition zu agieren.

  • die Grünen in der gegenwärtigen Koalition noch für jede Ungeheuerlichkeit der ÖVP das grüne Feigenblatt abgegeben haben. Dies hat ja mit dazu beigetragen, dass prominente Mitglieder wie etwa Birgit Hebein bereits aus der Partei ausgetreten sind.

  • für die Grünen wichtige Gesetzesvorhaben wie z.B. die sog. ökosoziale Steuerreform kurz vor dem Abschluss stehen und mit einer geschwächten ÖVP möglicherweise leichter im Sinne der Grünen durchzusetzen sind.

  • die Grünen möglicherweise darauf hoffen, dass die weiteren Ermittlungen und eventuelle neue Erkenntnisse der WKStA sowie die neue Rolle von Sebastian Kurz diesen und die ÖVP noch weiter schwächen und sich so auch auf Zeit spielen lässt und die ÖVP keine Möglichkeit hat, die gerade eingenommene Opferrolle zu Wahlkampfzwecken einzusetzen.

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Sind halt Grüne. Die wollen gerne mitregieren. Und wenn es jetzt Neuwahlen gibt, merken die Leute vielleicht sogar, dass Kurz sie nur als Feigenblatt und Mehrheitsbeschafferin benutzt hat. Sprich: sie haben Angst, etwas zu verlieren, deshalb klammern sie sich an das bisschen Macht, das sie haben.

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Ein schwächliches Argument. @less_ink hat ohne Häme die Lage gut beschrieben.

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Versuche es noch einmal. Was haben die Grünen an Sebastiann Kurz überhaupt auszusetzen? Was war rechtswidrig und warum? Hörensagen reicht nicht. Es geht um poolitische Freiheit. Warum soll er keine Zeitungen bezahlen? Kurz hatte ein politische Amt und war keine Behörde.

Erhellend zum System Kurz und zur Rolle der Grünen fand ich dieses Interview mit einem Mitbegründer (und Aussteiger) der österreichischen Grünen: Publizist Pilz zu Österreich - "Kampf um den Rechtsstaat ist noch lange nicht ausgestanden" | deutschlandfunk.de

Er hat wohl mit Steuergeld Umfragen fälschen und publizieren lassen. Das nennt man Unterschlagung und Korruption und leider sind unsere Konservativen in solchen Verhalten nicht besser.

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Er hat eigentlich eine interessante Karriere. Als Einzelkind eines Ingenieurs und einer Gymnasiallehren. Aus dem Plattenbau. Kai aus der Kiste. Der Nachhilfeverein. Die Ubahn faehrt auch Nachts. Das Geilomobil ware auch nicht nur schlecht. Die Verkörperung des Weltgeistes.

Das ist genau die Frage. Das Steuergeld war sein Geld. Und alles andere ist nur ein politisches Problem und kein rechtliches. Der Staat als Zweckvermoegen. Worum geht es? Was ist sein Zweck? Das Gemeinwohl. Und das ist ausschliesslich ein Gegenstand der Politik.

Nachtrag: Falsch adressiert, sollte eigentlich eine Antwort auf den Beitrag von Tris sein.

Eigentlich ist es sogar noch ein bisschen krasser und ich kann nur empfehlen, die Chatprotokolle, die zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung oder der österreichische Standard mittlerweile veröffentlicht haben, komplett zu lesen um einen Eindruck davon zu bekommen.

Der Hauptvorwurf ist in der Tat, dass der Zirkel um Sebastian Kurz, insbesondere der damalige Generalsekretär im Finanzminsterium Thomas Schmid, gelenkte und gefälschte Umfragen bei einem - vermeintlich unabhängigen - Umfrageinstitut in Auftrag gegeben hat und diese Umfragen dann in der - vermeintlich unabhängigen - Boulevardzeitung Österreich und bei dem dazugehörigen Onlinedienst Oe24.at erschienen sind. Bezahlt wurde für die Umfragen mit Scheinrechnungen an das Umfrageinstitut und mit umfangreichen, lukrativen Inseraten für die entsprechenden Anzeigenabteilungen der Medien. Und das Geld kam - wie erwähnt - vor allem aus dem Finanzministerium.

Was beim Lesen der Protokolle aber auch deutlich wird: Die Einflussnahme der Kurz-Getreuen beschränkt sich nicht nur auf die Publikation von Umfragen, sondern es wird - sehr erfolgreich - versucht, die gesamte politische Berichterstattung zu steuern. Es werden Themen gesetzt, deren Veröffentlichungsdatum abgestimmt, Abfolgen von Themen festgelegt und der entsprechende Spin mitgeliefert; unliebsame Themen werden unterdrückt oder es wird mit Mittelentzug gedroht, wenn diese Themen doch mal veröffentlicht werden. Die Willfährigkeit, mit der die Brüder Fellner als Inhaber der Medien sich zu Erfüllungsgehilfen des Kurz-Zirkels machen, ist zwar nicht verwunderlich, aber mindestens der zweite Strang des Skandals.

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Also ich muss einfach fragen ob sie wirklich denken, dass Steuergeld dem entsprechendem Politiker gehört? Falls ja sollten wir nicht mehr diskutieren, denn Steuergelder gehören dem Staat oder eigentlich sogar der gesamten Bevölkerung. Wenn Kurz sich dort bedient ist das hoch kriminell und Diebstahl und Unterschlagung.

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Das Geld wurde doch nicht umsonst verschleiert ausgezahlt. Die Idee, dass Kurz und Kollegen sich ihres Verhaltens und seiner Unrechtmäßigkeit nicht bewusst waren, wird alleine durch diese Tatsache total unglaubwürdig.

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Aber wenn er es als Mitglied der Regierung fuer einen politischen Zweck ausgibt, dann ist das doch keine Privatausgabe. Der Staat gibt es aus. Mehr Staat gibt es nicht.

Herrn Kurz kann man Bestechung und Untreue vorwerfen. Dafür wurden Steuergelder genutzt - mMn spielt es dabei keine Rolle, wie Herr Kurz definiert wird. Weder die Person Kurz noch die Partei /der Staat sind dazu befugt!

Er hat es für Partei interne Zwecke ausgegeben. Bitte erläutern Sie mir genau inwiefern gefälschte Umfragen irgendeinem staatstragenden Zweck für die Allgemeinheit haben. Sollten Sie dies nicht können ist die Diskussion für mich beendet da Sie auf mich ehrlich gesagt nicht den Eindruck machen sich zu informieren.

Ich glaube, du bist dir nicht bewußt, dass ein Regierungschef oder Minister kein kleiner König ist, der in seinem Brreich frei schalten und walten kann. Das Budgetrecht hat für gewöhnlich das Parlament. Die Regierung, die Exekutive, ist lediglich beauftragt, die vom Parlament genehmigten Mittel sachgerecht zu verwenden.

Herr Kurz und seine Mitarbeiter im Ministerium sind also nicht befugt, Mittel des Ministeriums nach Gutdünken zu verwenden. Und natürlich waren sie sich dessen bewußt, sonst wären die bestellten Umfragen ja nicht unter falschen Angaben abgerechnet worden.

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Danke für die Ergänzung, denn das kommt noch erschwerend hinzu. Und ein gutes hat es ja. Durch dieses wie ich finde hochkriminelle Verhalten verschwindet eine der letzten konservativen Regierungen womöglich in der Versenkung. Das alte Konservative ist nämlich meiner Meinung nach nur Gift für die Gesellschaft und dient nur sich selbst. Man muss bei uns nur die Spendenaffairen, Maskendeals und das grundsätzliche Verhalten von Politikern wie Spahn und Amthor sehen.

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Das hatte ich mich auch gefragt und hielt es erst für einen Fehler. Inzwischen sehe ich es aber anders.

Zum einen haben die Grünen das Problem, wie schon gesagt, dass sie bei Neuwahlen momentan wahrscheinlich nicht gut abschneiden würden.

Zum anderen hätte Kurz durch Neuwahlen die Möglichkeit die ÖVP, deren Obmann er mit vielen Vollmachten noch ist, zu disziplinieren und hinter sich zu zwingen. Ohne Neuwahlen zeichnet sich jetzt ab, dass es um Kurz sehr ruhig geworden ist bzw. dass einige ÖVP Landeschefs und Granden Stück für Stück von ihm abrücken. Mit den immer noch nicht voll ausgewerteten 300.000 Chat Nachrichten in der Hand der Staatsanwaltschaft besteht zudem die Wahrscheinlichkeit, dass in den kommenden Wochen und Monaten immer wieder schädliche Details in die Öffentlichkeit geraten und Kurz so Stück für Stück in der ÖVP demontiert wird.

Ein weiteres wichtiges Detail ist, dass die Grünen das Justizministerium besetzen und damit der Wirtschafts- und Korruptionstaatsanwaltschaft den Rücken freihalten können. Diese ermittelt gegen Kurz und seine Getreuen. Die anderen Arme des Rechtsstaats, insbesondere die Polizei, sind so von Kurz bzw. ÖVP Netzwerken durchsetzt, dass von dort keine ernsthaften Ermittlungen gegen Kurz mehr erwartet werden können - so sieht es aus in Österreich.

Man wird sehen, wie sich das entwickelt. Bussi aus Wien.

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