Vlt hat’s einfach was mit Regierungswahrscheinlichkeit zu tun?
Neben der grundsätzlichen inhaltlichen Nähe.
Vlt hat’s einfach was mit Regierungswahrscheinlichkeit zu tun?
Neben der grundsätzlichen inhaltlichen Nähe.
Meiner Ansicht nach hat sich die aktuelle Lage in Deutschland vor allem aus wahltaktischen Gründen der Union ergeben.
In den letzten Jahren hat die Union nachvollziehbar die Grünen als ihre gefährlichste Konkurrenz erkannt: Besonders in Baden-Württemberg und durch die pragmatische Ausrichtung der sogenannten ‚Grünen Realos‘ haben die Grünen bewiesen, dass sie für pragmatische Lösungen stehen. Sie verfolgen zwar progressive sozialpolitische Ansätze, bewegen sich dabei aber meist innerhalb eines Rahmens, der früher selbst für die Union unter Merkel als vernünftig galt. Auch wirtschaftspolitisch positionieren sich die Grünen nicht links, sondern vielmehr in der Mitte.
Seit dem Ende der Ära Merkel scheint sich die Union schwerzutun, ihr eigenes Profil zu schärfen; die AfD ist zurecht politisch isoliert, die SPD kämpft mit innerparteilichen Problemen, die Linke war zum Start des Grünen-Bashings vorwiegend mit sich selbst beschäftigt und die FDP… ouf, das ist ein eigener Aufsatz.
Die Annahme, dass aufgeschlossene Unionswähler unter Berücksichtigung des Klimawandels durchaus zu den Grünen wechseln könnten, war m.E. treffend analysiert.
Daraufhin hat die Union begonnen, gegen die Grünen und deren Markenkern Umweltschutz zu polemisieren und sie rhetorisch wie medial als linker, woker und idealistischer dargestellt, als sie es tatsächlich sind. Der Erfolg dieser Strategie zeigt sich nicht nur in der aktuellen Gleichsetzung von ‚Klimaschutz‘ mit gesellschaftspolitischem Aktivismus, sondern auch an all den enttäuschten linken Wählern, die in der Ampelregierung auf die Grünen gesetzt haben und nun feststellen mussten, dass die Grünen im Kern der Sozial- und Wirtschaftspolitik eine sozialmarktwirtschaftlich orientierte Mittelstandspartei sind.
Ich denke nicht das der Klimaschutz zwingend links ist, ich denke nur das Thema wird falsch besetzt. Ich habe das Gefühl das der Klimaschutz in Deutschland von links als Vehikel für Degrowth missbraucht wird. Es wird eher dogmatisch nach Mitteln mit Signalwirkung gesucht, statt das Thema global zu denken und effektiv mit der Wirtschaft zu verbinden. Das wird gerade beim Automausstieg deutlich.
Solche Dinge wie das Heizungsgesetz (ja, es heißt eigentlich nicht so), wären doch genau das nicht gewesen. Einige Hersteller kommen aus Deutschland (Viessmann gehörte bis zum Verkauf zu den Weltmarktführern), genauso die Installateure. Das hätte ein Wirtschafts- und Jobmotor werden können, wurde aber von wirtschaftsnahen Medien kaputtgeschrieben.
Ich denke, dass sowohl die Medien als auch die Politik einem Fehlschluss unterliegen: Es geht hier eben nicht um Wirtschaft (also um uns alle), sondern um eine Hand voll Unternehmen.
Die Wirtschaft hätte davon massiv profitieren können.
Das Degrowth-Framing wird vor allem von konservativen, wirtschaftsliberalen und rechten Akteuren gezielt verwendet, um Maßnahmen zum Klimaschutz als wirtschaftsfeindlich darzustellen und damit Widerstand gegen notwendige Regulierungen zu schüren.
Thinktanks wie die Konrad-Adenauer-Stiftung kritisieren Degrowth-Ansätze als unrealistisch und warnen vor möglichen sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Rechtspopulistische Parteien wie die AfD bedienen sich dieses Narrativs, um Ängste vor Wohlstandsverlust zu verstärken und Klimaschutzmaßnahmen abzulehnen. Auch wirtschaftsnahe Medien nutzen das Framing, um Klimapolitik und Wirtschaftswachstum gegeneinander auszuspielen.
Dabei ist Degrowth in Deutschland vor allem ein Konzept, das in wissenschaftlichen, zivilgesellschaftlichen und politischen Nischen diskutiert wird. Es gibt aktuell keine breite politische Mehrheit oder ausdrückliche Forderung nach Degrowth binnen linker oder grüner Parteien, die in der deutschen Klimapolitik maßgeblich sind.
Insbesondere Die Grünen setzen sich für eine nachhaltige Wirtschaft, die Förderung von Zukunftstechnologien und grünes Wachstum zur Finanzierung einer sozialverträglichen Klimatransformation ein. Und auch Die Linke strebt keine Wirtschaftsschrumpfung als politische Leitlinie an, ganz im Gegenteil: Dann gäbe es ja weniger zum Umverteilen.
Was vermehrt Verbreitung im Diskurs findet, ist die gelegendliche Aufforderung, das eigene Mobilitäts- und Konsumverhalten kritisch zu hinterfragen. Das ist aber in keiner Weise das gleiche, wie “Degrowth”.
Man kann Klimaschutz drehen und wenden, es wird am Ende von rechts immer angreifbar sein. Handeln wir lokal, heisst es zu schnell, Wettbewerbsnachteil, ohne den Rest der Welt bringt es nichts. Handeln wir global heisst es, dass deutsche Steuergelder ins Ausland fließen und dort die Weltwirtschaft aufbauen, in der die deutsche Fossilwirtschaft keinen Platz hat.
Ironischerweise führt die Verweigerungshaltung von rechts für Deutschland zu struktureller Verkrustung und Wettbewerbsnachteilen und schon seit Jahren defacto zu “degrowth”. Und genau das wird sich dank kollabierender Ökosysteme und verschlafenen Transformationen in vielen Belangen bald sehr stark und unkontrollierbarer beschleunigen.
Naja, es kommt darauf an, wie man das Ganze politisch angeht. Diese automatische Gleichsetzung „Klimaschutz = wirtschaftliche Kosten“ halte ich für massiv verkürzt. Die hohen Kosten entstehen nicht, weil Klimaschutz teuer wäre, sondern weil wir über Jahrzehnte zu wenige Weichen gestellt haben.
Beispiel Autoindustrie:
Während Tesla den globalen Hype um Elektromobilität auslöste, seine Technologie stetig verbesserte und den eigenen Börsenwert Richtung Mond schickte, war Volkswagen zu dieser Zeit hauptsächlich damit beschäftigt E-Autos zu belächeln und die eigenen Abgaswerte schön zu rechnen.
Auch wenn man das in Deutschland anscheinend nicht gerne hört:
Die restliche Welt interessiert sich nicht für deutsche Dieselromantik!
Beispiel Erneuerbare Energien:
In den frühen 2010ern hat die deutsche Industriepolitik ihre eigene Solarbranche (einst Weltmarktführer) in die Knie gezwungen.
In China dagegen wurde ein klarer Plan verfolgt. Das Ergebnis sehen wir heute:
Nahezu jedes PV-Modul und fast jede Batterie stammt heute von dort. Für Endkunden mag das kurzfristig günstiger sein, aber für die heimische Wertschöpfung ist es ein Totalausfall.
Deshalb mein Appell:
Beim Thema Wasserstoff sollten wir die selben Fehler nicht erneut machen!
Wasserstoff wird der Treibstoff des 22. Jahrhunderts und wäre schon heute essenziell für die saisonale Speicherung erneuerbarer Energien.
Der Weg dorthin ist lang, aber voller Chancen, die wir jetzt besetzen müssen.
Klimapolitik sollte meiner Meinung nach nicht auf der Mikroebene einzelne Verbote oder Regelungen treffen, sondern systemisch die Rahmenbedingungen gestalten. Sie sollte Wandel ermöglichen, nicht nur Verhalten bestrafen.
Natürlich braucht es negative Anreize wie eine CO₂-Bepreisung, aber diese sollten durch positive Mechanismen ergänzt und übertroffen werden. Das Klimageld (
) wäre weiterhin ein solcher Mechanismus, ebenso eine simplere und deutlich höhere Förderung von hier hergestellten Wärmepumpen und E-Autos.
Kurz gesagt:
Wir haben nicht wegen „zu viel Klimaschutz“ ein Kostenproblem,
sondern wegen einer zu wenig vorausschauender Industriepolitik.
Und genau das macht den Kern des Missverständnisses aus:
Klimaschutz ist nicht „links“ → er ist schlicht langfristig gedacht.
Und im Grunde ist er die konservativste Idee überhaupt:
„bewahren, was es zu bewahren gilt.“
Wenn das nicht für den eigenen Planeten gilt, wofür dann?
Ich hab ja nichts gegenteiliges behauptet. Egal was die Ursachen sind, es kostet heute erstmal Geld, Klimaschutz umzusetzen.
Das muss man nur einkalkulieren und kommunizieren
Wir können in Deutschland nur mit Innovationen im Wettbewerb mithalten. Sobald eine Technologie einen Entwicklungsstand erreicht hat, wo Weiterentwicklung nur noch geringe Effizienzgewinne verspricht, bleibt nur doch Lieferzeiten und -resillenz. Daher war die Solarproduktion dem Untergang geweiht. Genauso wie es die Herstellung von Windrädern trifft usw. Am Ende entscheidet der Preis.
Ok, aber das ist doch kein nachhaltiger Wirtschaftsfaktor.
Das sind aber dunkle Prognosen, denn dann hat Deutschland immer nur teure Entwicklungskosten, den Reibach machen aber andere. Denn Patente reißen die Kosten ja nicht raus in einer Welt, in der Patente immer auch Währung im Austausch gegen andere Patente sind, die man für seine Entwicklung gebraucht hat.
Tut es grundsätzlich. Niemand hat ein grundsätzliches Problem mit der Dekarbonisierung der Energieerzeugung. Den Leuten ist es volkommen egal, wir ihre Heizung funktioniert. Das Problem ist der Weg dahin. Der kostet erstmal. Und dann hat mein einfach ein spieltheoretisches Problem. Da Deutschland den Co2-gehalt in der Atmosphäre nicht wirklich beeinflusst, ist man von den anderen Nationen abhängig. D. h. dass man evtl. Kosten unternimmt, die am Ende nichts bringen. Wie man auf dieses Problem antworten soll, da gibt es verschiedene Antworten…Und da Parteien sich unterscheiden wollen, besetzen sie verschiedene Lösungsansätze. Der konservative Ansatz besteht bspw. primär darin, den Wohlstandsverlust so gerin wie möglich zu halten umd langfristige Akzeptanz zu gewährleiste. Der Ansatz kann aus klimawissenschaftlicher Betarchtung falsch sein, aber spieltheoretisch ist er nachvollziehbar.
Klimapoltik ist also reine Spieltheorie und keine Naturwissenschaft. Das versteht die “linke” Klimabewegung m. E. nicht so richtig und macht stattdessen eine Moraldebatte bzw. (wie hier) eine Links/Rechts-Abgrenzung daraus. Das
Das war nicht als Angriff gemeint, aber genau das meinte ich mit meinem Beitrag eigentlich nicht. Wenn die deutsche Industrie in Zukunft wieder besser laufen soll, müssen wir doch verstehen, wo wir falsch abgebogen sind.
Das Thema Klimaschutz ist ja nicht durch, wir können (mit bspw. Wasserstoff) wieder einen Fuß in die Tür bekommen. Bei E-Mobilität und Akkutechnik ist der Zug erstmal abgefahren, aber auch den kann man einholen → wenn man will.
Man kann aber auch weiter auf Seiten der Politik über das Aus vom Verbrenner-Aus diskutieren, obwohl das den Rest der Welt und v.a. den größten Automarkt der Welt in China nicht interessieren wird.
Alles gut, hab ich nicht als Angriff wahrgenommen, sollte nur eine Klarstellung meinerseits sein.
Natürlich können wir vieles aufholen. Aber da wir hinterherlaufen, weil wir es lange verpennt haben, sind die Kosten wohl höher, weil wir schneller sein müssen.
Ist kein Ausschlusskriterium, nur muss man diese höheren Ausgaben bei gleichzeitig höherem Handlungsdruck deutlich überzeugender erklären.
Was gerne vergessen wird: vor der Wahl der Ampel hat die FDP einen stark betonten Klimaschutzwahlkampf gemacht. Das Hauptthema war: Klimaschutz, aber nicht durch Verbote, sondern durch ehrliche Preisbildung. Es trafen damit im Wahlkampf zwei Systeme aufeinander: wer von den jungen Wählern die Grünen wählte, bevorzugte Klimaschutz durch staatliche Vorgaben, wer von den jungen Wählern die FDP wählte, wollte auch Klimaschutz, aber mit größerer Betonung auf unternehmerische Verantwortung.
Sobald die FDP in der Regierung war, hat sie ihr Wahlkampfthema vergessen und sich aktiv gegen Klimaschutz gestellt.
Das betrifft aber ja in erster Linie Unternehmen, die sowieso in die Zukunft investieren sollten - und zwar nicht nur, wenn es um Klimaschutz geht, sondern immer. Und darum ist Klimaschutz „links“. Für Unternehmer (ironischerweise nicht ihre Unternehmen), ist es lohnender, kurzfristige Gewinne zu machen, als in die Zukunft zu investieren. Wenn dann die Kacke am Dampfen ist bleibt der Politik nichts anderes übrig als mit Steuergeldern auszuhelfen.
Keiner wird belohnt, wenn er aus Eigeninitiative bessere Filter in seine Schornsteine baut. Stattdessen profitieren die, die es nicht machen, bis der Staat diese subventioniert. Und das lässt sich in alle Bereiche übertragen.
Wir setzen einfach die falschen Anreize.
Das gilt für ganz wenige Use Cases, wie z.B. Fassadendämmung.
Vieles ist einfach Verhalten oder erfordert die richtige Entscheidung. Bis man in der Industrie zu den heute noch unwirtschaftlichen Maßnahmen kommt ist es ein verdammt langer Weg auf dem es meist darum geht einen Business case zu haben.
In der Breite ist es häufig ein vorgeschobenes Argument oder Unkenntnis.
Womit wir wieder beim Erklären sind. ![]()
So würde ich es nicht nennen. Du sprichst von höheren Ausgaben und implizierst alles wird einfach teurer (so habe ich dich verstanden).
Das ist genau die Art und Weise wie es aktuell in den Medien verkauft wird „man könne sich Klimaschutz gerade nicht leisten“.
Ich meine es ist wirtschaftlich und die falschen Botschaften dürfen nicht verbreitet werden.
Nicht vergessen, dass die FDP dem einen Teil der Wähler:innen Klimaschutz versprochen hat, weil es gerade in Mode war, und dem anderen Teil, ihnen bloß mit Klimaschutz vom Leibe zu bleiben. Also die FDP wollte vermutlich nie Klimaschutz unterstützen.