@der_Matti
Das ist mir beides durchaus bewusst… meine These ist aber, dass aufgrund fehlender Sichtbarkeit sich hier die Katze in den Schwanz beißt. Die kleinen/sonstigen Parteien sind nicht sichtbar bei Umfragen (=werden zusammen als Gruppe von 22 sehr unterschiedlichen Parteien als „Sonstige“ dargestellt) und bekommen daher auch keine/sehr wenige Repräsentationsmöglichkeiten bei öffentlich-rechtlichen oder anderen traditionellen Medien, bei lokalen Wahldiskussionsrunden etc. (denn auch dort wird mit den 3% argumentiert, die offenbar nicht erreicht werden, wobei niemand die Werte aufgeschlüsselt bekommt, da keins der Umfrageinstitute die Werte von „Sonstige“ transparent macht). Das führt wiederum dazu, dass Menschen die Partei nicht ausreichend wahrnehmen und daher vermuten, dass ihre Stimme wahrscheinlich „verschwendet“ wäre, da die Partei – so die Vermutung – keine Chance auf Einzug ins Parlament hat. Es gibt also einen Kreislauf, aus dem die Parteien nur schwer ausbrechen können.
Die Umfrageinstitute sprechen von ihrer Fehlergrenze von ca. 2-3,5% als Begründung der ausbleibenden Darstellung der kleinen Parteien.
Beispiel, um es zu untermalen:
Die FDP erscheint aktuell bei meist 4%, genau wie das BSW. +/- 3,5% => könnten das 7,5-0,5% sind innerhalb der Fehlertoleranz.
Bei der Europawahl hatten Linke, Freie Wähler und Volt alle etwa 1 Mio+ Stimmen = 2,6/2,7%, davon ausgehend würden 3 Parteien bei den Umfragen alle (bei idealer Umfragemessung) sehr knapp an den „magischen“ 3% der Wahrnehmbarkeitsgrenze scheitern und bei Umfragen nicht ausgewiesen werden.
Ich nehme einmal an, dass diese Wählergunst bei Volt und den FW auch bei den Bundestagswahlen nicht komplett abwegig ist und ggf. auch noch Zuwächse ggü der Europawahl möglich sind… (Ergebnisse Deutschland - Die Bundeswahlleiterin)
Ausgehend von 2,6/2,7% mit einer +/-3,5% Fehlertoleranz ergäben sich Werte zwischen 6,2-0%, es ist also sehr wohl denkbar, dass bei falscher Messung (unwahrscheinlich aber nicht undenkbar) die Partei Volt und Freie Wähler aktuell in der Wahlgunst oberhalb von Linke, BSW und FDP lägen und wir aber davon nichts mitbekämen, da die Umfrageinstitute diese Werte (nach meinem derzeitigen Erkenntnisstand) zurückhalten/nicht veröffentlichen aus o.g. methodischer Problematik. Damit wären ggf. mehrere Parteien in einer Falle an mangelnder Sichtbarkeit, mangelnder Chancengleichheit und wahrscheinlich auch schlechterer Erfolgsaussicht.
infratest hat mir auf meine Frage diesbezüglich folgendes geantwortet:
„Keine, der unter „andere Parteien“ zusammengefassten Parteien/Wählervereinigungen, erreichen in der bundesweiten Sonntagsfrage 3 Prozent. Das kann sich aber selbstverständlich bis zum Wahltag noch verändern. Vor allem kleinere Parteien gewinnen erst im Laufe des Wahlkampfes an Sichtbarkeit. Bedenken Sie bitte auch, dass die Sonntagsfrage eine aktuelle Messung der politischen Stimmung ist und keine Prognose auf den Wahlausgang.“
Die Macher der Seite dawum.de (sie vergleichen die Ergebnisse der Umfrageinstitute) antworteten mir:
„wir sehen auch nur die in den Medien und Zeitungen veröffentlichten Werte und haben keinen Einblick in die Rohdaten. Ich gehe auch davon aus, dass seitens der Institute kein Interesse daran besteht, diese zu teilen.“
Zusätzlich stelle ich fest, dass die FDP, Linke und BSW durchaus SEHR häufig prominent in leitenden Medien auftreten, während FW und Volt wenig/keine Repräsentationsräume haben. Auch dort wird mit den Umfragewerten von unterhalb von 3% argumentiert.
ZDF schrieb mir bspw.
"vielen Dank für Ihre E-Mail an das ZDF.
Vor der Bundestagswahl im Februar wird das ZDF allen relevanten Parteien ausreichend Gelegenheit geben, ihre politischen Ziele und Perspektiven vorzustellen. Die kleinen Parteien werden dabei nur am Rande zu Wort kommen, weil sie keine Aussicht haben, in den Bundestag einzuziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Zuschauerservice"
Wobei ich einschränken muss, dass offenbar heute im Laufe des Tages beispielsweise zu Volt einige Leitmedien (Spiegel, Freitag, SZ, RP, dlf…) aber auch lokale Zeitungen relevante Artikel veröffentlicht haben.