Das eigentlich Tragische an der ganzen Debatte ist, dass das Wahlrecht eigentlich gar nicht das Hauptproblem ist. Es ist nur schon strukturell so, dass die Partei, die zum Tag x (Wahltag) am meisten Stimmen hat, für die nächsten vier Jahre an der Macht ist. Das bedeutet, es geht um reine Stimmzahlen. Da junge Menschen aber eine klare Minderheit sind, haben sie gar keine Chance ihre Themen so vertreten zu bekommen, wie sie sich das wünschen. Nicht einmal, wenn die Kinder wählen dürften.
Der „klassische“ Diskurs ist geprägt von einem Faktor, der m. E. so wichtig ist, dass man ihn nicht aussen vor lassen darf. Der demografische Wandel ist in seiner Struktur derart prägend für unser politisches System, dass es durchaus zu berücksichtigen ist. Die typischen „Boomer“ und Rentner sind - gemessen an der Veränderung der Altersstruktur - Generationen, die immer Entscheider (weil Mehrheit) und werden es auch in den nächsten Jahrzehnten sein. Dabei hatten sie von der Geburt bis hin ins Rentenalter (bestehende Rentner) sehr gute Voraussetzungen, um emanzipiert ihre Gesellschaft zu prägen. Es gab genügend Jobs, man konnte sich das Haus und das Auto leisten, die Gesellschaft war weniger reguliert und alles war einfach irgendwie weniger kompliziert, wenn ich den alten Stories lausche.
Tatsache ist aber, dass die legitimen Forderungen einer ganzen Generation von Teilen dieser Vorgängergenerationen einfach ignoriert - oder gar negiert - werden.
Quelle:
Demografieportal - Fakten - Altersstruktur der Bevölkerung
Die meines Erachtens also problematische Ausgangslage ist, dass „die Jugend“, also beispielsweise mal alle unter 30, die vielleicht noch nicht fest im Sattel der Karriere sitzen, die aber gerne etwas verändern würden, dies gar nicht können. Ihre Positionen sind einfach andere Positionen als die der älteren Generationen.
Beispiel: Wieso sollten Pensionäre jetzt „freiwillig“ auf Teile ihrer Rente verzichten? Dafür, dass kommende Generationen etwas bekommen? Ich denke nicht, dass es so funktionieren wird.
Das bedeutet, dass die grundsätzlichen Positionen schon diametral anders sind. Fakt ist, die heute schon teilweise maroden Systeme werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zunehmend belastet. Spätestens wenn die „Boomer“ in Rente gehen, fliesst einfach zu wenig Geld nach. Eine richtige Lösung gibt es dafür nicht. Lediglich: Als Alternative hört man immer wieder, dass man sich selbst etwas auf die Seite legen soll. Wohlgemerkt, in einer Zeit, in der man im Prinzip für Bankguthaben bezahlt.
Prekäre Beschäftigung hat deutlich zugelegt und sorgt zusätzlich dafür, dass es ganze Bevölkerungsschichten gibt, die in Deutschland weniger als
Deutschland ist was das Thema angeht schon im Verhältnis zu anderen EU Staaten deutlich schlechter gestellt und die Entwicklung wurde ja eher schlimmer als besser.
Es ist also meiner Meinung nach so, dass junge Menschen eben nicht gleich behandelt werden. Ihre Stimmen sind rein theoretisch zahlenmässig ohnehin nicht ausreichend. Sie sind einfach de facto eine Minderheit, die damit nicht in der Lage ist, eine Mehrheit zu bekommen, selbst, wenn ihre Themen berechtigt sind.
Daran ändert übrigens auch ein Wahlrecht für Jugendliche und/oder Kinder nichts. Ich möchte nicht, dass Mama oder Papa bei ihren eigenen Stimmen einfach ein weiteres Kreuz machen dürfen. Ich möchte aber auch nicht, dass dass man plötzlich älteren Menschen die Stimme wegnimmt oder sie durch irgendwelche Mechanismen entwertet. Das wären aber meines Erachtens die einzigen Mechanismen, mit denen man wirklich auch die Stimmen von Kindern mit konkretem Bezug auf das Wahlrecht berücksichtigen könnte. Vermutlich greift das aber alles zu kurz, weil selbst, wenn jeder ab 10 Jahren wählen dürfte einfach keine Mehrheit entsteht.
Die Problematik der jüngeren Generationen wird aber leider immer schlimmer. Die ganze Welt ist einfach zu einer Anderen geworden. Deutschland verliert immer mehr die Vormachtsstellung in verschiedenen Wirtschaftszweigen, die Infrastruktur und die Bildung sind marode und werden nur noch brüchiger. Die Zukunft wird immer steiniger, von Klimawandel bis hin zu gesellschaftlichen Themen - die fetten Jahre sind vorbei.
Was bedeutet das für mich? Ich glaube nicht, dass eine Änderung im Wahlsystem die richtige Lösung ist. Zwar ein richtiger Schritt, dennoch aber nur ein Tropfen auf den heissen Stein, der zu kurz greift. Aus meiner Sicht ist es aber schon Zeit für einen Paradigmenwechsel. Ich habe sehr lange überlegt, was denn fair sein könnte und habe zwar keine Lösungen finden können, aber einige Anregungen…
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Wie wäre es denn, wenn Kinder und Jugendliche in einem speziellen „Junior-Parlament“ ihre Forderungen stellen könnten, die dann in Teilen vom Bundestag aufgenommen werden müssten?
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Das BVG hat doch im Rahmen des Klimaschutzgesetztes im Namen der Generationengerechtigkeit entschieden. Gibt es nicht weitere Aspekte auf die sich das anwenden liesse?
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Wie gehen wir als Gesellschaft in Zukunft damit um, dass alte Menschen teilweise in einer völlig anderen Realität leben als die jungen? Wie damit, dass teilweise Entscheidungsträger:innen nicht wissen, was sie konkret entscheiden, weil sie sich damit nicht auskennen? Ich spreche hier nur von Internet, einer immer komplexeren Welt, Globalisierung und deren Folgen. Dazu kommen sozial-ethische Themen wie Schwangerschaftsabbruch, sexuelle Ausrichtung, Gender, Konsum, Gentechnik, Landwirtschaft, ja nur schon Unterhaltung, Videospiele etc. Für „Alte“ sind diese Themen teilweise gleichbedeutend mit einem Witz oder klar religiös geprägte Themen, für junge Menschen sind sie zum Teil existenziell wichtig, oder eben einfach Teil ihrer Lebensrealität. Wie geht man damit um, dass Menschen regieren, die keine Ahnung davon haben, was grosse Teile der Bevölkerung heute beschäftigt? Andererseits bewegt sich ja auch was, mal davon ausgehend, dass vor 15 Jahren PC Spieler noch potenziell die nächsten Amokläufer waren und jetzt e-Sport Arenen füllen.
Und zuletzt wünsche ich euch viel Spaß mit einem guten Rocksong.