Was ich interessant finde ist, dass hier ja nicht nur unterschiedliche Lösungsansätze aufeinander prallen, sondern offensichtlich auch die Analyse der Probleme, vor denen wir stehen völlig unterschiedlich ist.
Wie aber sollen sich Parteien zu Koalitionen zusammenraufen, die nichtmal in der Problemanalyse übereinstimmen.
Wenn der eine sagt „Spitzensteuersatz runter“ und der andere „Milliardärs-Steuer einführen“ dann sind das ja diametral unterschiedliche Ziele und Politik für unterschiedliche Gruppen.
Das kann man doch überhaupt nicht konsensorientiert auflösen ohne, dass sich jemand völlig verbiegen muss.
Wenn man sich die Umfragen anschaut wollen die Wähler mehrheitlich neoliberale, in Teilen ausländerfeindliche, zumindest aber massiv migrationskritische Politik unter möglichst großer Verdrängung des Phänomens Klimawandel.
Ich seh da überhaupt keine Basis für eine Koalition aus CxU und Grünen/SPD/Linken. Die Frage stellt sich nur, weil die AfD „bürgerliche“ Mehrheiten zu nichte gemacht hat es aber gleichzeitig keine progressiven Mehrheiten gibt.
Die nächste Koalition wird nur deshalb an einem Tisch landen, wenn sich nicht noch richtig was tut, weil die CDU das Brandmäuerchen zu den Rechts-braun-verschissenen noch aufrecht erhält. Die werden noch weniger gemeinsame Ideen haben, als es die Ampel zumindest zu Beginn mal hatte.
Ich geb dir in Teilen Recht, aber ich denke es ist zumindest theoretisch möglich Maßnahmen zu beschließen die auf unterschiedliche Ziele einzahlen.
Tierschutz und Förderung von lokalen mittelständischen Bauernhöfen.
Auch Milliardäre kann man stärker am Gemeinwohl beteiligen und trotzdem den Facharbeiter im Spitzensteuersatz entlasten.
Ein bisschen Pragmatismus würde uns vermutlich allen gut tun. Mehr die Frage stellen „geht’s uns mit der Maßnahme allen insgesamt besser“ und weniger „hilft die Maßnahme einzelnen Gruppen besonders und anderen weniger“.
Ich weiß nicht. Ich glaube in einer ungleichen/ungerechten Gesellschaft geht es eigentlich darum, dass Maßnahmen, die einzelnen Gruppen helfen, getroffen werden und genau das als „uns allen geht’s ingesamt besser“ empfunden wird.
Wenn wir begrenzte Ressourcen anders verteilen, kann es nicht nur Gewinner geben, wenn wir das rein materiell betrachten.
Interessant finde ich bei dieser Thematik die jüngste Einschätzung von Marcel Fratzscher bzgl. der Realisierbarkeit der Wahlprogramme der großen Parteien. Zitat:
„Was mich schockiert, ist, dass die Parteien die Wähler und die Wählerinnen hinters Licht führen wollen“
Interessant ist hierbei, dass er im Prinzip alle Parteien kritisiert nicht gegenfinanzierte Entlastungen zu versprechen:
FDP mit 138 Milliarden Euro Steuerentlastungen vor allem für Spitzenverdiener
CDU/CSU mit 99 Milliarden
SPD mit 30 Milliarden
Grüne mit 48 Milliarden
Niemand legt allerdings nachvollziehbar dar, wie all das im Kontext von Infrastruktur Investitionsrückstau, Bundeswehr Investitionsbedarf, Rentenproblematik, Wirtschaftskrise, Schuldenbremse etc. umgesetzt werden soll.
Als Ergänzung: Habeck formuliert nun im letzen Interview nicht nur die Entlastungen, welche nicht wirklich gegenfinanziert sind, sondern auch kommende Belastungen.
Hier nur als Beispiel die Finanzierung der Bundeswehr, was er mal mit schlanken 3,5% der Wirtschaftleistung ansetzt. Das geht dann nur über neue Schulden, wie er ausführt.
Interessant wäre mal ein Interview mit den jeweiligen Generalsekretären der Parteien zu den jeweiligen Wahlprogrammen .
Dazu die Punkte aus den Programmen wie Steuerentlastungen auflisten, mit den konkreten Kosten beziffern, und die Gegenfinanzierung genau erläutern lassen, für alle wesentlichen Punkte des Wahlprogramms.
Am Schluss die Gesamtsumme der Kosten nennen und abschließend erläutern lassen, woher die Summe im Bundeshaushalt genau herkommt.
Ein Herr vom IW war kürzlich beim Deutschlandfunk und hat deren Studie vorgestellt, die sich zumindest die Steuerseite näher angesehen hat. Das ist zwar nicht dein Punkt (schließlich sehen die Parteien das sicher anders ), aber ich fand’s sehr interessant.
Hinsichtlich der Einsparungen, wird ja stets das Bürgergeld angeführt. Aber selbst wenn man es komplett abschaffen würde, was natürlich nicht geht, reicht das nicht.
Hinsichtlich der schwer zu beziffernden Kosten für Migration gehen die Meinungen stark auseinander (von Kosten an die 6 Bn bis hin zu jährlichen Einsparungen von rund 100 Mrd).