LdN 361
Hallo Ulf, hallo Philip! Herzliche Neujahrsgrüße an Alle! Ich liebe Euren Podcast, das kann ich ohne Reue sagen. Danke für die gute Arbeit. Und deswegen hier der Kommentar einer sowohl deutschen als auch polnischen Staatsbürgerin: zu den Wahlen in Polen. Für mich habt ihr darüber etwas verkürzt berichtet:
a) vor dem Hintergrund des des allgegenwärtigen Rechtsrucks ist die polnische Situation ein nicht zu unterschätzender Wind (wirklich kein Hauch) von Hoffnung.
b) ihr habt euch aufgehangen an einer Formulierung - dass Polen eine Führungskraft in der EU werden möchte.
Ulf meinte - das sind ja Deutschland und Frankreich, das klang wie - auf dem Sockel sitzen ja schon wir, was maßen die sich denn an? Ich bin mir sicher, das war nicht so gemeint. Trotzdem hat es mich beschäftigt. Eine Führungskraft in der EU ist man ja erstmal nicht selbsternannt, sondern das rührt aus einer starken Wirtschaft, zuverlässig demokratischen Werten und einer Zukunftsorientierung aufgebaut auf Nachhaltigkeit, Umweltfreundlichkeit, Demokratie und Menschenwürde. Das wäre doch für Alle zu wünschen, oder?
Das Ding ist - genau das ist die Verwandlung, die dort gerade passiert ist. Im Munde der PiS würde so eine Aussage Größenwahn, verdrehte Komplexe und undemokratische Grundorientierung bedeuten. Im Munde der jetzigen Regierung - bedeutet Sie den Willen, ein ernstzunehmender Partner auf EU Ebene zu sein. Das versteht ihr doch, oder?
Wenn man genau hinschaut, und vielleicht könnt ihr das noch einmal tun - zeigt sich ein unsäglicher Optimismus, eine tiefe und gute Hoffnung in der Gesellschaft und eine Selbstermächtigung der Bürgerinnen und Bürger. Seit den Wahlen im September haben etwa 54% der Pol*innen ein Gefühl der Wirksamkeit ihrer eigenen Stimme. Vor einigen Jahren unter der PiS Regierung waren es etwa 21%. Dass die PiS etwa 30% Unterstützung hat mag sein, das ist ja vergleichbar mit der Unterstützung der AfD in manchen Bundesländern. Das wandelt sich mit dem Angebot und der Organisation der Parteien.
Wenn ihr eine kompetente Stimme dazu braucht, vermittle ich gerne den Kontakt zu der Korrespondentin des ARD in Warschau.
Und - diese Anfangsgespräche im Sejm wurden in Warschau in den Kinos gezeigt(!). Die Leute sind in die Kinos gegangen, um das Exposé von Donald Tusk und die ersten Gespräche mitzuverfolgen. Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Es lohnt sich auch zu schauen, was diese Regierung binnen weniger Tage alles gemacht hat z.B. mit den Medien. Ein Beispiel dafür, wie gewissenlos und weitreichend die PiS ihre Tentakel ausgestreckt hat war ja die Pferdezuchtanstalt in Janów. Das war ein wichtiger Player auf dem Weltmarkt für Pferde, der von der PiS vernichtet wurde, weil sie das gesamte Kader mit ihren Leuten ausgetauscht hat. Das Kader wurde zurück geholt, es wird natürlich dauern, aber es ist ein guter Schritt und nur ein kleines Beispiel von vielen.
Viele Grüße! Ich hoffe dass Philip etwas schlafen kann!
Natalia F
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Hier auch ein sehr gutes Interview für alle, die mehr über Polen wissen möchten:
Interview Joanna Maria Stolarek
Sie ist Direktorin der Heinrich-Böll-Stiftung in Warschau.
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