Wärmepumpe eingebaut, Gasanschluss kündigen - schwerer als gedacht

Was war ich froh, als die neue Wärmepumpe eingebaut war. Jetzt nur noch den Gasanschluss kündigen. Denkste. Noch letztes Jahr sagte der Netzbetreiber kein Problem, formlos, wir machen dann den Rest. Jetzt fast tausend Euro. Aber das ist nicht mal das Schlimmste. Die wollen die olle Leitung im Boden lassen (damit komme ich klar) und mir das Eigentum daran aufs Auge drücken. Ist doch so praktisch, kann man als Leerrohr nutzen.

Leider ist das in jeder Hinsicht Quatsch. Erstens verstößt es gegen die Niederdruckanschlussverordnung und ich bin Deutscher, das geht so nicht. Zweitens gehört mir dann ein Stück Rohr unter der öffentlichen Straße und ich habe keinen Wegenutzungsvertrag. Was soll ich damit? Das mit dem Leerrohr hat das Umweltbundesamt schon vor Jahren widerlegt in einem Gutachten. Klappt nicht, zu scharfe Ecken.

Also ich bin kompromissbereit, erst mal drei Jahre warten, bis das alles gesetzlich geklärt ist. Das Bundeswirtschaftsministerium bastelt gerade an einer Neuregelung. Aber der Netzbetreiber verknüpft die Meldung der Stilllegung mit einem kostenpflichtigen Auftrag mit den vorgenannten Bedingungen. Nicht mit mir, echt nicht.

Einen Link kann ich nicht bieten, denn den ganzen Text gibt es nicht zum Download, sondern erst nach Anlage eines Kundenkontos, Angabe der Objektanschrift und Eingabe der Zählernummer.

Mich interessiert auch, ob Menschen in anderen Teilen der Republik neuerdings auch sowas erleben. Ich ganz im Nordwesten der Republik in EWE-Land. Aber wie ist es in Berlin-Brandenburg, bei Westnetz in Recklinghausen, bei Avacon oder Netze BW. Freue mich auf aktuelle Erfahrungsberichte aus 2024.

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Brandenburg hier. Kein Problem gehabt:

Erdwärme-WP eingebaut, der Heizungsbauer hat nach Demontage der alten und kaputten Gastherme die Gasleitung geschlossen und den Gaszähler demontiert. Heizungsbauer hat den Zähler für mich bei der Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg NBB abgegeben. Seitdem Ruhe.

Irgendwelche weiteren Rechnungen für die Gasleitung habe ich nicht erhalten, es gab außerdem keine Diskussionen über deren Eigentumsverhältnis oder Weiternutzung als Leerrohr.

Bawü ebenfalls. Leitungen im Haus bis Anschluss zurückgebaut. Hahn zu, Zähler zurückgegeben. Fertig.

Das funktioniert hier ja toll in dem Forum, vielen Dank für die Rückmeldungen. Und das war bei Euch auch dieses Jahr oder schon früher? Letztes Jahr war es hier auch noch entspannt.

Der Zähler ist bei uns schon vom Handwerker ausgebaut, nur der Regler ist noch zu entfernen. Den Zähler habe ich zur Bezirksmeisterei gebracht, wollte man dort aber nicht quittieren, also habe ich ihn wieder mitgenommen. Das Absperren des Kugelhahns in der Straße, Abbau des Reglers und leeren der Leitung dauert vielleicht eine Stunde plus Anfahrt (zehn Minuten), Das soll zusammen 965 € kosten.

Ich füge noch einen Ausschnitt vom Kündigungsformular (das man unter Hausanschluss beantragen findet) als Screenshot bei. Dieses Formular dient bei uns der Stilllegungsmeldung.

Hier nochmal der Brandenburger. Ich habe keine solche Stilllegung beantragt, sondern nur den Zähler demontieren und abgeben lassen.

Wenn man aber bei der Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg NBB nachsieht, findet man dort im Formular:

Mit der Beauftragung zur Trennung des Netzanschlusses kündigt, ggf. Vollmacht beifügen,
der Anschlussnehmer nach § 25 NDAV das bestehende Netzanschlussverhältnis. Die Trennung ist kostenfrei und beinhaltet die Stilllegung durch Abtrennung des Netzanschlusses an der Versorgungsleitung, verbunden mit einer Tiefbaumaßnahme, einschließlich der Demontage der Messeinrichtung und des Ausbaus aller innenliegenden Teile des Netzanschlusses. Der Netzanschluss ist anschließend endgültig nicht mehr nutzbar.

Bei der Bundesnetzagentur findet man dies hier dazu:

Es gibt keinen Festbetrag für die Kosten zur Herstellung oder Änderung des Netzanschlusses an das Gas- oder Stromnetz. In jedem Fall müssen die Anschlusskosten und Baukosten vom Netzbetreiber getrennt errechnet und den anschlussnehmenden Personen im Detail ausgewiesen werden.

Anschlusskosten

Der Netzbetreiber kann vom Anschlussnehmer die Erstattung der bei wirtschaftlich effizienter Betriebsführung notwendigen Kosten verlangen, wenn er den Netzanschluss herstellt oder ändert (z.B. wegen einer Erweiterung der Kundenanlage durch den Anschlussnehmer).

Gesetzliche Grundlage: § 9 NAV bzw. § 9 NDAV

Baukosten

Der Netzbetreiber kann darüber hinaus einen angemessenen Baukostenzuschuss vom Anschlussnehmer verlangen, um die notwendigen Kosten für die Erstellung oder Verstärkung der örtlichen Verteileranlagen des Niederspannungs-/Niederdrucknetzes zu decken. Der Baukostenzuschuss darf allerdings maximal die Hälfte der Kosten betragen, die für die Erstellung oder Verstärkung des Netzes anfallen.

Strom-Hausanschluss
Ein Baukostenzuschuss darf bei Strom-Anschlüssen nur bei einer Leistungsanforderung von über 30 Kilowatt erhoben werden. Daher ist der normale Strom-Hausanschluss in der Regel davon nicht betroffen.

Gas-Hausanschluss
Bei Gas-Anschlüssen kann in jedem Fall ein Baukostenzuschuss erhoben werden, weil es keine Leistungsgrenze wie bei einem Stromanschluss gibt.

Weitere Informationen zum Baukostenzuschuss finden Sie hier.

Gesetzliche Grundlage: § 11 NAV bzw. § 11 NDAV

Ich würde aber mal sagen, dass bei Deinem Gasnetzbetreiber das beginnt, was an anderer Stelle im Forum schon mehrmals vorhergesagt wurde: Mit dem Rückbau der fossilen Infrastruktur wird es für die schwindende Zahl der übrigen Nutzer immer teurer, an ihr festzuhalten. Wenn ich Dich richtig verstehe, fängt Dein Gasnetzbetreiber nun an, die Rückbaukosten auf die Nutzer umzulegen.

Bingo. Deshalb betone ich auch das Jahr 2024. Und Claudia Kemfert greift in der neuen Ausgabe ihres Podcasts auch das „Green Paper“ des Bundeswirtschaftsministeriums von Mitte März zu diesem Thema auf.

Die Bundesnetzagentur hat mir jedenfalls meine Vermutung bestätigt, zu der ich mich als juristischer Laie aufgeschwungen habe:

Eine höchstgerichtliche Entscheidung zu der Frage, ob auch eine Kündigung oder eine Stilllegung eines Anschlusses eine Änderung im Sinne des § 9 NDAV sind, ist der Bundesnetzagentur nicht bekannt.

Der pauschlierte Kostenansatz müßte also nicht nur durch Angabe von Berechnungsbestandteilen nachvollziehbar dargestellt werden und Eigenleistungen wie die Demontage des Zählers durch meinen Handwerker berücksichtigt werden, es steht nach aktueller Gesetzeslage insgesamt in Frage, ob bei Vertragsende noch Kosten geltend gemacht werden können. Die Rede ist ja immer nur von Baukostenzuschuss oder Änderung (z.B. ein zweites Haus hinten auf dem Grundstück).

Mein Ansatz ist, daß ich auf einen teuren Rechtsstreit vor Gericht garkeine Lust habe. Wem nutzt schon eine höchstrichterliche Klärung, wenn das Gesetz gerade geändert und präzisiert werden soll? Nach §10 Absatz 2 der NDAV muß ich ja den Anschluss sowieso noch drei Jahre auf dem Grundstück dulden. Bis dahin sollte ja geklärt sein, wie der Hase läuft. Jetzt muß ich nur noch die EWE überzeugen. Und das wird spannend. Sie sind mit 900.000 Anschlussnehmern der größte Verteilnetzbetreiber in Deutschland. Eure NBB liegt mit 770.000 auf Platz 2. Solche Marktteilnehmer setzen de facto Standards (bis die Richter kommen).

Zumindest hast Du mich inspiriert, heute die Stilllegung / Leitungstrennung bei NBB zu beantragen.

Bei NBB sind sie fix. Noch am gleichen Tag kam eben die Meldung, dass die Stilllegung von der Planungsabteilung überprüft und an die Bauabteilung zur Realisierung übergeben wurde.

Update: Ich habe jetzt einen Rückbautermin erhalten, Ende Mai bin ich den Gasanschluss komplett los. Der Termin ist nur deshalb so spät, weil ich keinen Termindruck angemeldet habe. Für eine aktive Baustelle auf meinem Grundstück hätten sie es auch schneller erledigt.

Nochmals danke für die Anregung.

Hat einer von Euch vielleicht Lust zu erklären was es für einen Unterschied macht ob die Leitung zurückgebaut wird oder nicht?

Wenn keine Gasleitung mehr auf meinem Grundstück anliegt, kann ich als Grundstücksbesitzer auch nicht mehr für weitere Kosten des regionalen Gasnetzes belangt werden.

Und abgesehen davon: Wenn man wie ich will, dass die fossile Infrastruktur zurückgebaut und langfristig wertlos wird, steuere ich gerne meinen kleinen Anteil dazu bei.

Das war die politische Antwort, die ich auch so unterschreiben würde. Aber vielleicht war die Frage eher technisch gemeint.

Stilllegung versus Rückbau macht einen riesigen Unterschied mit Blick auf die Kosten. Der Rückbau bedeutet, daß aufgegraben werden muss. Für den Einbau gibt es ja grabenlose Verfahren, aber für den Rückbau kenne ich das nicht, daß man einfach dran ziehen kann. Und dann braucht man ja doch noch eine Grube am Anfang und wohl auch am Ende. Und die Wanddurchführung muß wieder dicht gemacht werden und gesichert gegen drückendes Grundwasser.

Bisher brauchte man das fast nicht. Also an sich nur bei Abriß. Wer einmal Gas hatte, der blieb auch dabei. Und so hat man sich auch nichts Böses dabei gedacht, als man Gesetz und Verordnung so gestrickt hat, daß (mit einer Karenz von drei Jahren) ein gekündigter Anschluss zwingend zurückzubauen war.

Das wird jetzt zum Problem. Für die Betreiber und volkswirtschaftlich gesehen. Und weil wir die Tiefbauer für was Anderes brauchen, für Fernwärmenetze, für Stromnetze, auch Glasfaser, für die Reparatur von Abwasserkanälen, die hundert Jahre alt sind. Und es gibt sowieso zu Wenige. Stromnetz Hamburg hat nach der Rekommunalisierung die Investitionen in die Instandhaltung massiv erhöht. Sie hätten gern noch mehr gemacht, aber irgendwann hatten sie praktisch alle Tiefbaufirmen in Norddeutschland unter Vertrag. Die Info ist etwa fünf, sechs Jahre alt, aber wenn ich den Geschäftsbericht ansehe ist das wohl weiterhin so.

Die rund 500.000 km Gasverteilnetz sind zu 95% Rohre mit einem Querschnitt von 10 bis 20 cm und aus PE oder bis etwa zur Jahrtausendwende auch aus Stahl. Die Hausanschlüsse haben so 4 bis 6 cm, auch mal 10 cm. Die Rohre sind ziemlich schadstofffrei. Rohre von vor 1960 wurden noch mit Stadtgas benutzt und da könnte je nach Ausgangsstoff im örtlichen Gaswerk Dreck drin gewesen sein, der noch in den Rohren steckt, aber das sind nicht mehr viele.

Wenn ein Rohr einfach nur stillgelegt wird, vom Gasnetz sicher getrennt wird (Kugelhahn oder aufgraben), am besten einmal mit Stickstoff gefüllt wird, dann kann das hundert Jahre liegen bleiben. Im schlimmsten Fall bricht es ein. Dann ist eine Delle im Fußweg. Diskutiert wird auch, die Rohre mit Sand zu füllen oder sowas. Wahrscheinlich gibt es Tiefbauarbeiten bevor hundert Jahre rum sind und dann kann man sie raus holen.

Wenn die Netzbetreiber aus diesem Anlass noch mal die Entsorgungskosten übernehmen müßten, dann gäbe es wohl kaum Streit darum. Wenn man den Tiefbau spart und die Wiederherstellung der Gehwegpflasterung, dann hat man gewonnen. Der Wert des Netzes sind letztendlich nicht die Rohre, sondern der Aufwand für den Tiefbau. Und da gibt es auch kaum Skaleneffekte. Meter für Meter graben.

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