Urteil Europ. Gerichtshof zur Westsahara / rechtswidrige Praxis der EU / Spannungen zw. EU und Marokko

Erschreckend ist eben auch der EU-interne Umgang mit dem Thema. Eine weitere Kostprobe scheint es im Rahmen der Vergabe des Sakharov Preises - dem EU Preis für Menschenrechte - gerade gegeben zu haben. Spanische EU-Abgeordnete der sozialistischen Partei haben anscheinend für die Kandidatin der rechts-konserativen Vox gestimmt, angeblich aus taktischen Gründen. Sie haben sich damit gegen die Kanditatin der Linken entschieden, der sahrauischen Menschenrechtsaktivistin Sultana Khaya, die sich zur Zeit in Hausarrest befindet und massiven Repressionen durch marokkanische Sicherheitsbehörden ausgesetzt ist. Das hinter diesen taktischen Gründen durchaus auch Druck aus Marokko stehen könnte, würde gut zur bekannten Praxis Marokkos passen und ist im Angesicht der Spannungen zwischen Marokko und Spanien und natürlich des EuGH-Urteils mehr als denkbar.

https://www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/marokko-Sultana-Khaya-willkuerlicher-hausarrest-und-sexualisierte-gewalt-2021-05-26

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Krass, wie Marokko es immer wieder schafft, Druck auszuüben und so weitreichend Einfluss zu haben. In spanischsprachigen Medien wurde jetzt aktuell berichtet, dass Kolumbien anscheinend die Westsahara nun offiziell als Teil Marokkos anerkennt!? Wenn diese Meldung so stimmt, könnte die Anerkennung durch Kolumbien natürlich nichts an den Gerichtsurteilen und der Position der UN ändern (genau wie Trumps Deklaration letztes Jahr). Trotzdem kann sowas natürlich Einfluss auf Diskurse haben und vielleicht auf das Verhalten anderer Länder im Bezug auf den Konflikt… Und das spielt Marokko natürlich direkt in die Hände.

Ok, das war mal wieder ein klassisches Beispiel davon, wie Marokko seine Propaganda auf Lügen aufbaut. Kolumbien hat NICHT Marokkos Souveränität über die Westsahara anerkannt. Marokko hat es anscheinend nur mal wieder geschafft, diese Falschmeldung in den Medien zu verbreiten…

Der Rat der EU hat übrigens wie erwartet Berufung gegen das o.g. Urteil eingelegt, und das obwohl es nun das fünfte Urteil in Folge war, in dem der Gerichtshof im Kern dieselbe Botschaft verbreitet: Abkommen mit Marokko dürfen die Westsahara nicht einschließen.

Auch wenn das leider zu erwarten war, ist es doch erschreckend, wie wenig Wert der eigenen Rechtssprechung beigemessen wird. Es geht nur darum, bloß nicht den wichtigen Partner Marokko, der uns die lästigen Menschen, die vor Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung fliehen, vom Leibe hält, zu verärgern. Die EU lässt sich von Marokko am Ring durch die Manege führen, macht sich auch hier genau so erpressbar wie sie Bezug auf die Situation an der polnisch-belorusischen Grenze/Lukaschenko ist, handelt letztendlich genauso menschenverachtend.

Wie die Bundesregieurng dabei abgestimmt hat im Rat, ist mal wieder öffentlich nicht zugänglich… wie kann es eigentlich sein, dass in einer Demokratie Entscheidungen eines der wichtigsten politischen Organe so intransparent sein dürfen??

Letztlich ist das ganze nur Verzögerung. Für die Dauer der Berufung, die wohl mindestens ein Jahr sein wird, bleiben die alten Verträge - obwohl vom Gerichtshof als illegal eingestuft- weiter in Kraft. Es ist kaum zu erwarten, dass der Gerichtshof seine Einschätzung nach 5 ähnlichen lautenden Urteilen ändern wird, aber immerhin kann das Königreich samt seines Despoten für mindestens diesen Zeitraum weiter die Ressourcen der Westsahara zum eigenen Nutzen ausbeuten und die Rechte der Sahrauis mit Füßen treten - mit freundlicher Unterstützung der EU.

Und was die Sache noch schlimmer macht - es interessiert niemanden…