Obwohl Ursula von der Leyen der CDU angehört, habe ich das Gefühl, dass Ihre Politik in der EU unter anderem Themen umsetzt, die die Ampel versprochen hat.
Zeitenwende
Mit der Zeitenwende hat Scholz eingentlich angekündigt klare Linie im Fall des russischen Kriegs in der Ukraine zu zeigen. Aber gerade bei Waffenlieferungen wird häufig doch gezögert. Dagegen scheint Ursula auf EU-Ebene keine Wackelpolitik zu führen und spricht sich durchgängig für die Unterstützung der Ukraine aus.
Grüne Politik
Trotz der Partei der Grünen in der aktuellen Bundesregierung gab es in hinsicht auf die Klimakrise Schritte zurück, z.B. beim Verbrenneraus. Auf EU-Ebene dagegen macht Ursula für eine CDU-Politikerin mit dem Green Deal eine ziemlich grüne Politik.
von der Leyen hat den European Green Deal vor der Europawahl in zentralen Punkten geopfert, unter anderem um diverse Bauernverbände in Europa zu besänftigen.
Das Verbot des Verkaufs von CO2-emittierenden Autos (nicht „Verbrenneraus“) ist europäische Politik. Dass sich die FDP in Brüssel durchsetzen konnte, dass es hier Einschränkungen zugunsten blödsinniger E-Fuels gibt ist nicht auf dem Mist der Grünen in Berlin, sondern auf dem von Ursula in Brüssel und der Führungsschwäche von Scholz als Kanzler gewachsen.
Ich finde es extrem seltsam, dass immer wieder die Grünen für die absolut idiotische Politik der FDP verantwortlich gemacht werden. Das einzige, was man den Grünen in dieser Hinsicht vorwerfen kann ist eine unzulängliche Kommunikation der eigenen Standpunkte und dass sie die Koalition nicht aus Prinzip längst aufgekündigt haben. Dadurch wäre aber keine einzige politische Entscheidung in Deutschland „grüner“ geworden, denn ohne Minister hat man eben keinen Einfluss.
Es gibt eine alternative Realität in der PolitikerInnen wie Röttgen und von der Leyen in der CDU noch eine tonangebende Rolle spielen würden und Umwelt- und Klimaschutz aus konservativer Perspektive betrieben werden kann. Diese Tür hat die Union aber mit der konservativ-libertäre Wende zu Merz und Linnemann zugeschlagen.
Die Grünen haben mit Greens/Efa auf EU-Ebene gerade durch ihre Unterstützung von U.v.d.Leyen dafür gesorgt, dass diese sich ihre Mehrheiten nicht ganz weit rechts suchen musste.
Von der Leyen ist sicher unter den Konservativen eines der geringsten Übel, aber dass sie nun besonders progressive Politik machen würde, kann nun wirklich niemand ernsthaft behaupten.
Den Green Deal wesentlich auf den Weg gebracht hat der niederländische Sozialdemokrat - zuletzt Spitzenkandidat von GroenLinks-PvdA - Frans Timmermans, der noch bis August geschäftsführend Kommissar für Klimaschutz ist.
Unter von der Leyen wurde das sogenannte Verbrenner-Verbot ebenso aufgeweicht wie das auch für den Klimaschutz sehr wichtige EU-Renaturierungsgesetz.
Im Übrigen ist der Vergleich mindestens schräg. Die Grünen sind mittlerer Koalitionspartner der deutschen Regierung. Sie stellen 28 % der Abgeordneten der Regierungsfraktionen, also noch nicht einmal ein Drittel. Von der Leyen ist Kommissionschefin des mächtigsten Staatenverbundes der Welt und vertritt gleichzeitig die größte Fraktion im EU-Parlament. Ihre Möglichkeiten sind daher natürlich weitreichender als die grüne Regierungsbeteiligung in Deutschland.
Was die „Zeitenwende“ anbelangt, ist erst einmal festzuhalten, dass diese ein verteidigungspolitisches Umsteuern im Sinne der Aufstockung der Bundeswehr (Stichwort: Sondervermögen) und der Stärkung des NATO-Bündnisses (u. a. 2%-Ziel) meint. Dass Bundeskanzler Scholz immer wieder unnötig zögerlich bei der Waffenfreigabe für die ukrainischen Verbündeten war, ist auf jeden Fall kritikwürdig, geschenkt. Von der Leyen hingegen hat überhaupt keine Verfügungsmacht über Militär und Waffenlieferungen. Sie kann nur dem EU-Parlament und mithin dem Europäischen Rat Sanktionspakete vorschlagen. Auch in diesen finden sich aber bei genauem Hinschauen allerlei Hintertürchen, was u. a. daran liegt, dass von der Leyens amtliche Position hier eine moderierende ist. Sie muss schließlich den Staatenbund EU zusammenhalten.
Auch in diesem Fall ist beides - Handeln der Bundesregierung vs. Handeln der Kommission - nicht vergleichbar, weil die Ebenen, Aufgaben und Befugnisse unterschiedlich sind.
Von der Leyen mag hier und dort rhetorisch deutlicher sein als andere, aber das hängt eben auch mit verschiedenen Rollen zusammen.