Liebes Lage Team,
bei der Berichterstattung rund um die Schuldenbremse vermisse ich zwei wesentliche Aspekte:
Finanzielle Transaktionen (vgl. Art. 115 GG) - diese stellen eine (jetzt schon geltende) Ausnahme von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse dar. Vor allem die im Rahmen der #2 Infrastruktur-Folge besprochenen Infrastrukturgesellschaften können mit Kapital ausgestattet werden, ohne eine Notlage im Sinne der Schuldenbremse erklären zu müssen. Auch bestehende bundeseigene Gesellschaften (DB, Autobahn GmbH) könnten statt über den laufenden Haushalt, mit zusätzlichem Eigenkapital ausgestattet werden, was finanziellen Spielraum schafft. Gleiches gilt in ähnlicher Form auch für Subventionen für Neuansiedlungen (z.B. Chipfabriken). Gäbe es hierfür einen Gegenleistung (z.B. Aktien oder Anteile am Unternehmen), die der Bund erhält, handelt es sich um eine finanzielle Transaktion.
Ein Beispiel aus der Praxis: Die 10 Mrd. € für die „Aktien-Rente“ wird an der Schuldenbremse vorbei als finanzielle Transaktion verbucht.
Konjunkturkomponente - die Ausgestaltung der sog. Konjunkturkomponente regelt ein Bundesgesetz und kann damit auch entsprechend mit einer Regierungsmehrheit angepasst werden. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung enthält die Verabredung, die Berechnungsweise zu überprüfen und ggf. anzupassen. Dies ist bis dato noch nicht passiert. Mit anderen Berechnungsmethoden würde sich auch hier neue finanzielle Spielräume eröffnen, wenn auch sicherlich in geringerem Umfang als bei den finanziellen Transaktionen.
Beide Aspekte gehören in meinen Augen zu einer vollständigen Darstellung der Schuldenbremse dazu und eröffnen neue bzw. zusätzliche Möglichkeiten, notwendige Investitionen zu finanzieren.
Zumindest in früheren Folgen wurde das immer wieder beleuchtet. Auch auf die Autobahn GmbH wurde mal im speziellen eingegangen. Ich meine, das war in der Sonderfolge zur Infrastruktur.
@der_Matti
…das ist ja genau mein Kritikpunkt. Auf die Schuldenbremse und einen möglichen progressiveren Umgang damit wird des Öfteren eingegangen. Die beiden Punkte finanzielle Transaktionen und Konjunkturkomponente wurden dabei aber nicht beleuchtet. Dabei ergeben sich hier Spielräume, die auch jetzt schon umzusetzen sind.
…das Thema Schuldenbremse und deren Ausnahmen sind in der letzten Folge wieder am Rande aufgetaucht. Da ging es um die Tatsache, dass die „Aktienrente“ eine finanzielle Transaktion darstellt und deswegen an der Schuldenbremse vorbeiläuft. Ich finde es schade, dass nicht darauf eingegangen wird, dass man diesen Umstand nutzen kann, um auch andere Projekte finanzieren.
Ich kann in diesem Zusammenhang die Folge der Anstalt vom 14.03. empfehlen. Hier wird u.a. darauf eingegangen, das die Konjunkturkomponente mit einer einfachen Mehrheit geändert werden kann.
Wow, wirklich hervorragend erklärt. Diese Anstalt sollte mMn Pflichtprogramm jeder Schulklasse sein.
Schade, dass es die Lage bislang nicht geschafft hat, es so deutlich auf den Punkt zu bringen.
Drei Aussagen halte ich für zentral:
Zuerst wird Geld ausgegeben, erst dann lässt es sich durch Steuern wieder einnehmen, nicht umgekehrt. (21:38)
Ressourcen sind knapp, nicht das Geld. (33:39)
[Allein mit Geld kann sich schliesslich niemand ein Haus bauen.]
Schuldenreduktion = Mehr Steuereinnahmen als Staatsausgaben = Enteignung der Marktwirtschaft (Edit: Privatwirtschaft)(45:21)
Wobei es bei 3. natürlich dann nur logisch ist, dass die Steuern auch noch runter müssen um eben nicht zu enteignen. Leider etwas zu kurz gedacht, denn dann hätten wir auch keine neuen Kitas, Brücken, Solarunternehmen etc. (35:22)
Was ich mich nun jedoch frage:
Sind wir durch unser Geldsystem zu ewigem Wachstum verdammt? Falls ja, ist grünes Wachstum überhaupt möglich oder wie wollen wir sonst die Klimakrise in den Griff bekommen?
Wissen Herr Lindner und co, dass durch die Sparpolitik die Wirtschaft schrumpft?