Das ist immer wieder rein ganz heißes Thema und wurde ja auch im Podcast mit Ronen Steinke angesprochen (unter dem Aspekt, dass der Obdachlose oder Flüchtling schneller in Untersuchungshaft landet als der Familienvater mit Eigenheim)
Im Fall Michael Ballweg ist die Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr erlassen worden, da er sein Haus leergeräumt hatte und scheinbar Anzeichen dafür vorlagen, dass er sich außer Landes begeben wollte. Die Untersuchungshaft wurde dann schließlich aufgehoben, weil die Untersuchungshaftzeit einfach zu lange wurde - im Falle einer Verurteilung wird die in der Untersuchungshaft verbrachte Zeit auf die verhängte Haftstrafe angerechnet. Wenn nun die zu erwartende Haftstrafe kürzer ist, als die Zeit, die der Mensch in Untersuchungshaft gesessen hat, wird das mit der Anrechnung offensichtlich schwierig, weshalb ein Aufrechterhalten der Untersuchungshaft unverhältnismäßig wäre.
Jetzt lohnt es sich für ihn nicht mehr, sich in’s Ausland abzusetzen, weil er selbst im Falle einer Verurteilung vermutlich keine (lange) Haftstrafe mehr zu erwarten hat.
Bei Markus Braun geht es um eine potenziell deutlich längere Haftstrafe, daher war auch eine längere Untersuchungshaft erst mal zulässig. Hier hatte ein Gericht nur irgendwann die Staatsanwaltschaft aufgefordert, Anklage zu erheben, damit es nicht zu einem Missverhältnis zwischen zu erwartender Haftstrafe und bereits verbüßter Untersuchungshaft kommt.
Auch in der Untersuchungshaft gilt die Unschuldsvermutung, weshalb es dort auch z.B. keine Arbeitspflicht gibt. Es ist natürlich eine gewisse Durchbrechung der Unschuldsvermutung, die jedoch notwendig ist, um den Strafprozess zu sichern (und ggf. die Allgemeinheit zu schützen). Denn es leuchtet ein, dass man z.B. einen Amokläufer nicht frei lassen kann, nur weil es bis zum Prozess ein paar Monate dauern wird (das ist jetzt der Extremfall, nur zur Verdeutlichung…), ebenso wie man Menschen, bei denen man davon ausgeht, dass sie das Land verlassen werden, natürlich festhalten muss, damit sie sich nicht der Justiz entziehen.
Deshalb ist die wichtigste Voraussetzung für die U-Haft auch der dringende Tatverdacht. Es muss also mehr als nur der übliche, zur Anklage führende Tatverdacht vorliegen. Dazu kommen muss ein Haftgrund, also entweder die Gefahr, dass sich der Betroffene in’s Ausland absetzen oder „untertauchen“ könnte („Fluchtgefahr“), die Gefahr, dass er z.B. Zeugen bedrohen und beeinflussen oder Beweismittel vernichten könnte („Verdunklungsgefahr“) oder eben die Gefahr, dass er durch andere schwerwiegende Taten massiven Schaden anrichten könnte („Wiederholungsgefahr“).