Unterstützung für Eltern krebskranker Kinder

Hallo,

Ich bin seit nun mehr einer Woche Elternteil eines krebskranken Kindes (4), welches nun 25 Wochen eine Therapie durchläuft. Die Therapie bedeutet 2 bis 3 Tage im Krankenhaus stationär für die Chemo aufgenommen zu werden und danach ein Kind mit einem Haufen an Nebenwirkungen zuhause zu haben, da das Immunsystem einen Besuch der Kita unmöglich macht. Meine Frau und ich sind beide Vollzeit berufstätig und werden absehbar den Anspruch auf Kinderkrank, Urlaub, tarifliche Regelungen bereits zur Mitte der Therapie aufgebraucht haben. Das Kind wird absehbar einen zeitlich begrenzten Pflegegrad erhalten und einen Schwerbehindertenausweis. Aber keine dieser Dinge ist in der Lage, das Problem der Beaufsichtigung ohne große Einkommensverluste aufzufangen. Die Tage für Kinderkrank werden bereits nach 6 Wochen aufgebraucht sein. Weitere Regelungen außer dem eigenen Urlaub gibt es nicht. Zwar kann man sich freistellen lassen, aber davon ist auch keine Rechnung bezahlt. Eine Sonderregelung im Paragrafen 45 Absatz 4 SGB V gibt es, aber gilt nur für Kinder, die nicht mehr geheilt werden können. Wir werden es absehbar schaffen, aber wie soll es Personen ergehen, die nicht solche Möglichkeiten haben wie Homeoffice, Erspartes etc.
Es ist ein absolutes Nischenthema, aber für die Betroffenen der absolute Horror. Viele werden alleine aufgrund der fehlenden Kraft aufgeben, hier für bessere Bedingungen zu kämpfen.

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Erstmal meine besten Wünsche an euer Kind und euch!

Ich bin seit 8,5 Jahren Vater eines geistig und körperlich schwerbehinderten Sohns mit Pflegegrad 4. Meine persönliche Bilanz ist, dass man mit viel Mühen (ich verbringe jede Woche mehrere Stunden mit Pflege-, Kranken-, und Therapiebürokratie) und gutem Verständnis der deutschen Behördenlandschaft die Kosten der Krankheit eines Kindes recht gut erstattet bekommt. Die Auswirkungen schwerer chronischer Erkrankungen von Kindern auf das Einkommenspotenzial der Eltern hat das Versorgungssystem in Deutschland aber in keiner Weise im Blick. Von einer „normalen“ Berufstätigkeit kann man sich mit der Diagnose zusammen gleich verabschieden.

Meine Frau und ich haben uns angepasst und sind inzwischen beide in Teilzeit in Arbeitsverhältnissen tätig, die uns erhebliche Flexibilität erlauben, um „einfach mal so“ Vormittags ein paar Stunden bei der Fußsprechstunde, zwei Tage in der Uniklinik für ein MRT oder eine Woche Intensivtherapie begleiten zu können. Als Ergebnis verdienen wir ein Bruchteil von dem, was wir ohne die Erkrankung unseres Sohns verdienen würden, können ihn aber sehr effektiv unterstützen und laufen nicht Gefahr, uns innerhalb von ein paar Monaten komplett auszubrennen. Wirtschaftlich nachhaltig ist das aber nur, weil wir in der extrem glücklichen Lage sind, dass uns unsere beiden Elternhäuser für das Alter und unvorhergesehene Entwicklungen finanziell gut absichern können.

Die Unterstützung des Staats beschränkt sich unterm Strich auf ein paar zusätzliche Rentenpunkte für die Pflege eines Angehörigen. Der Rest (für die Pflege, Therapie und medizinische Begleitung aufgewendete Arbeitszeit, Einkommensverluste durch eingeschränkte Berufswahl, etc.) ist komplett unser Problem.

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Mir ist das Thema auch erst bewusst, seit ich Mutter bin. Ich würde das Thema erweitern auf: „längere Krankheitszeiten bei Kindern und elterliche Berufstätigkeit“.

Ich habe meine erste Tochter in der Pandemie bekommen und dadurch von den verlängerten „Kind-krank-Tagen“ durch Quarantäne profitiert. Nur so sind mein Mann und ich mit einer nicht chronisch, sondern nur normal ständig kranken Tochter durchs Jahr gekommen. Mittlerweile sind wir beide selbständig und bezahlen knallhart Babysitter, wenn es nicht anders geht. Ersetzen tut es uns niemand. Wir haben aber das große Glück, das unsere beiden Kinder mittlerweile sehr stabil sind und selten nicht in die KiTa dürfen.

Aus neoliberaler Sicht müsste man sagen: Selbst schuld, ihr wolltet Kinder. Aus sozialdemokratischer Sicht muss ich aber Mal konstatieren: WTF?! Ist es nicht in Interesse des Staates, dass wir Kinder kriegen? Und hast dieses Kind nicht einen Anspruch auf Fürsorge im Krankheitsfall? Und ist das für die Eltern ab einer gewissen Anzahl Tage im Jahr kein Härtefall, den es auszugleichen gilt?

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Vielen Dank für deinen Beitrag. Bei uns scheint es sich vorerst ja nur um eine zeitlich begrenzten Umstand zu handeln, deswegen versuchen wir natürlich noch den Status zu erhalten.

Wenn wir aber über einen Zeitraum von 6 Monaten (Therapiedauer) und keinen Tag Kitabesuch sprechen, dann kommen zumindest wir an unseren finanziellen Grenzen eine Betreuungsperson für unser Kind zu bezahlen.

Aber sicher! Ich wollte euch auch nicht sagen, bezahlt halt eine Betreuung, zumal das Kind ja auch seine Eltern als emotionalen Beistand benötigt. Mein Mann und ich können das nur, weil es um wenige Wochen im Jahr geht, wir können uns glücklich schätzen.

Mein volles Mitleid und wünsche euch natürlich das alles gut und schnell verläuft. Gibt es für solche Fälle nicht die Kinderinvaliditätsversicherung? Klar will man sich da vorher wenig Gedanken drum machen aber der Sozialstaat kann/will es sich in der Form wie wir ihn aktuell haben zwar leisten das die Kranken versorgt werden, aber nicht das der Lebensstandard (Geldmittel) gleichzeitig in voller Höhe erhalten bleiben. Arbeitsunfähigkeitsversicherung, Unfallversicherung usw. Greift ja in die selbe Richtung.

Danke für die Nachricht. Es geht dabei nicht um den Erhalt des vollständigen vorherigen Einkommens. Es geht darum, dass die bestehenden Regelungen nicht mal Ansatzweise geeignet sind, in einer so üblen Situation die Folgen für die Betroffenen abzumildern und zusätzlich für das was man erhält der Aufwand teilweise enorm ist. Eben in Ihrer Nachricht versteht man gut wieso diese Regelungen nicht besser sind, es ist halt fast unmöglich sich vorzustellen, welche Frage, Probleme etc. alle in einer solchen Situation aufgeworfen werden und die Lobby ist extrem winzig.
Dem Staat entstehen hierbei übrigens keine Nachteile wenn man es dann so macht wie einem von vielen Stellen geraten wird. Ich werde mal die Frage aufwerfen, wie viele eine solche Versicherung abgeschlossen haben, wenn Sie vllt nicht vorher oder im engsten Kreis mit einer solchen Situation konfrontiert waren.
Was ich mir einfach nur wünschen würde wäre eine Regelung der Kinderkranktage die nicht nur den zu 98 % der Zeit gesundes Kind Fall oder den Palliativfall abdecken. Damit wäre eine Menge gewonnen und ob es bei einem Staat der nicht genug Nachwuchs hat, tatsächlich Sinnvoll ist, solche Fälle ungeregelt zu lassen, kann man bestimmt auch streiten.

Von mir auch erstmal beste Wünsche für eine schnelle Genesung. Du sprichst hier ein wichtiges Thema an, dass aber tatsächlich viel größer ist wie man an den Kommentaren merkt. Es ist nämlich nicht mal im Ansatz möglich halbwegs voll zu arbeiten, da eben nicht nur Kinder krank sind, sondern weil schlicht die Betreuung maximal unzuverlässig ist. Bei uns zum Beispiel wussten Leitung und Träger seit mindestens 1 Jahr, dass 2 Erzieherinnen in Rente gehen. Es wurde erst 2 Monate vor dem Rentenantritt angefangen nach Ersatz zu suchen. Für sowas wird man in der freien Wirtschaft zu Recht rund gemacht, wenn nicht sogar aufgefordert sich eine neue Arbeit zu suchen. Jetzt sind unsere Betreuungszeiten zusammengestrichen worden und es waren davor schon Notgruppen über Notgruppen. Meine Frau und ich würde gerne, sobald Kind 2 mit 1,5 Jahren ab August ebenfalls in die Kita geht (der Große ist 3) beide wieder voll arbeiten, also nur um 6 Stunden reduzieren (34 Stunden ist übrigens kein Teilzeit). Allerdings ist dies eigentlich nicht machbar, bedeutet wahrscheinlich auf kurz oder lang, dass sie oder ich (wir verdienen gleich viel bei verschiedenen Unternehmen) sehr stark reduzieren müssten mit allen üblen Konsequenzen. Das Problem ist also enorm viel größer und es gehen überhaupt nur noch so viele arbeiten mit (kranken( Kindern), weil sie es müssen, auch wenn man irgendwann wirklich kurz vorm Burnout ist.

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Für (schwere) Erkrankungen bei Kindern sollten einfach ähnliche Regeln wie für die normale Krankschreibung von Arbeitnehmern gelten: Wird die medizinische Betreuung oder Begleitung durch ein Elternteil vom behandelnden Arzt als notwendig attestiert, wird das Elternteil bei voller Lohnfortzahlung für die nötigen Zeiträume freigestellt. Überschreiten die Freistellungen in der Summe 6 Wochen im Jahr, erfolgt weiterhin eine Freistellung aber ohne Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer kann dann ganz normal Krankengeld beantragen.

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Das wäre so schön! So schön, dass es sich irgendwie vermessen anfühlt …

Irgendwie habe ich den Eindruck, hier steht schon wieder ein patriarchaler Gedanke dahinter: Eine*r von beiden wird ja sicherlich zu Hause bleiben, gell? → Alleinverdienermodell

Die Regelungen sind übrigens in anderen Ländern überraschend unterschiedlich, wir scheinen irgendwo in der Mitte zu liegen: Kinderkrankengeld – Wikipedia

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Das scheint tatsächlich noch zum Teil zu stimmen. Viele Regelungen die Kinder betreffen, bieten tolle Lösungen für die Alleinverdiener Konstellationen als Familie, sind dann aber bei Doppelverdienern ausgeschlossen.

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