„It could happen here“ ist ein amerikanischer Podcast mit einem Potpourri an Themen aus der links-anarchistischen Ecke. In der neuesten Folge machen sie einen zunächst abseitig wirkenden, aber ernst gemeinten Vorschlag;
Man sollte sich ansehen, woher die extreme Rechte ihre Macht bezieht, und dort versuchen, sie zu schwächen. Ihr Argument ist, dass die republikanischen Regierungen der Vergangen in den USA systematisch die Strukturen zerstört haben, aus welchen die links-liberalen Kräfte ihre Macht kriegten, insbesondere die Gewerkschaften.
Hierfür haben sie für die USA drei Machtquellen der amerikanischen extremen Rechten identifiziert, deren Industrien man mit Hilfe von Regulierung schwächen könnte:
Verbot von Multi-Level-Marketing Unternehmen
Regulierung von Nahrungsmittelergänzungsprodukten
Zulassung von KFZ-Direktverkauf statt des bisherigen exklusiven Vertriebs über Autohäuser
Das klingt auf den ersten Blick alles merkwürdig, aber folgerichtig. Tatsächlich ist MLM eine Brutstätte der konservativen Prosperity-Gospel-Ideologie (jede persönliche Beziehung ist eine Geschäftsgelegenheit, Erfolg kann man lernen und das Ergebnis persönlicher Anstrengung, Misserfolg dagegen ist rein persönliches Pech und niemals Hinweis auf ein systemisches Problem). MLM ist ein politisches Machtzentrum der amerikanischen GOP. Die wichtigste MLM-Unternehmerin der USA Betsy DeVos war zerstörerische Ministerin unter Trump und ist Schwester von Blackwater-Gründer Erik Prince.
Fragwürdige Nahrungsmittelergänzungsprodukte sind die primäre Finanzquelle der amerikanischen konservativen und oder verschwörungstheoretischen Podcaster/Youtuber.
Und die Besitzer von US-Autohäusern sind regionale Räuberbarone mit hohem Vermögen und die größten mittelständische Spender der MAGA-GOP, im Gegenzug verhindert die Partei für sie Verbraucherschutz, Emissionsregeln und Verkehrswende.
Ich finde die Ideen gut!
Zumindest die ersten beiden, bezüglich der Autohäuser kenne ich mich nicht so aus.
MLM und Nahrungsergänzungsmittel sind quasi nicht voneinander zu trennen und eine Brutstätte für antidemokratische Bewegungen.
Durch die Health Claim Verordnung ist es Unternehmen nur gestattet gesundheitsbezogene Angaben zu machen wenn ihre Produkte ein gewisses Zulassungsverfahren erfolgreich durchlaufen hat. Um das zu umgehen bedient man sich des MLM. Dabei gerne benutztes Narrativ „die Regierung möchte ja garnicht dass ihr Gesund werdet… die Pharmalobby ist so mächtig…“ oder wenns ganz toll wird „man verbietet uns durch die Health Claim Verordnung die tolle Wirkung zu bewerben…“
Eine Erweiterung der EU-Verordnung 1924/2006, so dass auch dritte nicht fehlerhaft oder irreführend ein Produkt bewerben dürfen, würde den Nährboden für Verschwörungstheorien bestimmt verkleinern.
Ich kenne mich bei dem Thema egtl nicht aus, aber mir ist aufgefallen, dass ein Bekannter, der leider ziemlich ins telegram und VT Milieu abgedriftet ist, mir ein-, zweimal „Die Pharmaindustrie/Regierung will uns lebenswichtige Vitamine verbieten“ Mails weitergeleitet hat und ähnliche scheint es aus der Ecke schon Jahre zu geben, man findet sie schon aus 2020, also Klöcklers Zeit. Könnte mir schon vorstellen, dass sich auch bei uns rechte Kreise über so was finanzieren.
Um die Aussage „auch bei uns“ mal in einen Kontext zu setzen.
Das ganze Gedankengut kommt aus dem dritten Reich, die Nazis haben schon auf Vitamine gesetzt weil sie dachten den ersten Weltkrieg wegen Unterernährung verloren zu haben. Auch Homöopathie als alternative zur „jüdischen Schulmedizin“ ist in der Zeit erst richtig aufgeblüht.
Da die meisten homöopathischen Mittel von Pharmaunternehmen hergestellt werden ist das Narrativ der guten Alternative gegen die böse Pharmaindustrie eh absurd und lediglich Populismus um ein Bild einer Regierungsverschwörung mit der Industrie zu zeichnen.