Ukraine-Krieg: Übergewinnsteuer für Deutschland?

Ist es fair damit nur die Geringverdiener zu treffen und die Vermögenden kaufen dich frei?

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So etwas ähnliches wie Übergewinnsteuern gab es übrigens nicht nur im 1. oder 2. Weltkrieg. Laut Wikipedia gab es darüber hinaus als sog. " windfall profits tax" (Sondergewinnsteuern):

In den USA wurde 1980 eine entsprechende Steuer auf Grund von plötzlichen Mehrgewinnen von Ölfirmen in Zusammenhang mit dem damaligen arabischen Ölembargo eingeführt und im Jahr 1988 wieder abgeschafft.

In Großbritannien wurde 1997 durch die Labour-Regierung eine windfall tax auf privatisierte Versorgungsunternehmen, die ein Monopol innehielten, erhoben, die einen Teil der als unverhältnismäßig hoch angesehenen Gewinne wieder abschöpfen sollte.[1]

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Geringverdienende und Vielverdienende zahlen für alles den gleichen Preis. Viel Konsumierende zahlen in Summe auch mehr Steuern - und das empfinde ich auch als gerecht.
Dass aktuell niemand einen Preis für Co2 zahlt, der über den Kosten der Entfernung aus der Atmosphäre liegt - das ist ungerechte Ausnutzung des Preissetzungsmonopols durch den Staat.
Die Freikaufungskosten sind doch viel zu gering aktuell.
Wenn der Wochenendtrip auf die Mecklenburgische Seenplatte für den Gutverdiener mit seinem Auto aktuell 100€ Sprit und den Geringverdiener 9€ Bahn kostet wird der Gutverdiener vermutlich sein Auto nehmen - und so etwas wie 500€ Umweltschäden verursachen.
Wenn der Gutverdiener aber 600€+ für den Trip bei einem ordentlichen Co2-Preis zahlen müsste, dann würde er sich vielleicht doch noch in die Bahn quetschen.

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Es darf kein Freikaufen mehr geben. Es darf nicht sein, dass nur ein Teil der Gesellschaft verzichten muss.

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Da war noch ein anderes Thema kurz dabei, hab ich richtig hingehört? Extrasteuer auf Vermögen wie z.B. Immobilien?

Auf gar keinen Fall!

Dafür habe ich schon mehrfach Steuern (Einkommen-/Mehrwertsteuer, Grundbesitzabgaben etc) bezahlt und zahle auch noch für Vermietung und Verpachtung.

Scheint aber Gott sei Dank verfassungswidrig zu sein.
Und wenn das von den Linken kommt ist mir das auch egal, die sind irrelevant.

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7 Beiträge wurden in ein neues Thema verschoben: Übergewinnsteuer und mögliche Auswirkungen auf die Spritpreise

Zumindest Robert Habeck scheint handeln zu wollen. Bisher bester Minister dieser Regierung:

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2022-06/tankrabatt-robert-habeck-gewinn-mineraloelkonzerne

Mal sehen was Lindner dieses Mal wieder dagegen hat.

Moin,

ich würde zum Thema Übergewinnsteuer gerne nochmal auf die Lage im UK hinweisen. Dort wurde Ende Mai angekündigt, die Gewinne (nur) im Gas- und Öl-Sektor mit einem höheren Steuersatz („Energy Profit Levy“) zu besteuern (s. HM Treasury Paper). Hintergrund ist dort v.a. die deutlich schärfer geführte Debatte um die Entlastung der Bevölkerung (das Stichwort ist „cost of living crisis“) inkl. allerlei innenpolitischer Kontroversen um den britischen Finanzminister Sunak. Es geht dort also ganz klar um Finanzierung von Ausgaben, nicht um Abschöpfung. Wenn man die Finanzierungsfrage ernst nimmt, erübrigt sich mE im Wesentlichen auch die Frage, was denn nun „gute“ und „schlechte“ Gewinne sind. Es geht umgekehrt einfach darum, ein Finanzierungsloch zu stopfen, und das macht man am besten so, dass hierdurch möglichst geringe negative Steuerungseffekte entstehen. Dann aber bietet es sich an, branchenspezifisch diejenigen zu belasten, die nicht von einer erhöhten Nachfrage (Headsets) oder verbesserten individuellen Wettbewerbsbedingungen (mehr Sonne auf die PV) sondern allein von einer Verringerung des Angebots unmittelbar durch den Krieg profitieren. Dadurch verringert man allein den Anreiz, in solchen Branchen für Angebot zu sorgen, die durch mögliche kriegerische Auseinandersetzungen einen Angebotseinbruch erleben könnten - das ist weiter ein negativer Anreiz, klar, aber (denke ich) ein weniger schädlicher. Das steht ja hinter dem Gedanken einen „windfall profit“ abzuschöpfen - weil ich mit ihm nie rechne und ihn nicht beeinflusse, kann er mir ohne Verhaltensänderung wieder genommen werden. Es ist also erstmal wichtig, was man mit der Steuer erreichen will: Nur als unrechtmäßig erachtete Gewinne abschöpfen oder ein Finanzierungsloch mit möglichst wenig Folgewirkung stopfen. Vielleicht ist deshalb der Begriff „Übergewinnsteuer“ auch irreführend. Vielleicht wäre es besser von einem „Sonder-Soli für Gas- und Öl-Konzerne“ zu sprechen.

Natürlich tritt man sich mit der branchenspezifischen Besteuerung ein erhebliches Gleichbehandlungsproblem ein (s. auch Meickmann Verfassungsblog, der keine Rechtfertigung sieht). Das ist mE auch die eigentlich entscheidende Frage - die Diskussion um „Übergewinne“ allgemein lenkt davon nur ab.

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Hi, ich habe nur eine kleine Korrektur zu klugscheißern:
In der LfN 293 habt ihr beim Thema Gewinne von Konzernen während einer Krise Beispielhaft auch Sennheiser genannt, weil diese mutmaßlich während der Pandemie deutlich mehr Headsets verkauft haben.
Das ist nur halbrichtig. Sennheiser hat Mitte 2021 seine Consumer-Sparte, darunter eben auch die genannten Headsets, an Sonova verkauft. In so einem Boom sicher nicht der schlechteste Zeitpunkt, aber overall sind die Margen im Endkundengeschäft dem Race-to-the-bottom zum Opfer gefallen und es lohnt sich für Sennheiser nicht mehr.

Hab ich richtig hingehört? Extrasteuer auf Vermögen wie z.B. Immobilien?

Auf gar keinen Fall!

Dafür habe ich schon mehrfach Steuern (Einkommen-/Mehrwertsteuer, Grundbesitzabgaben etc) bezahlt!

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@ffiene @Ratiofarming
Auch auf die Gefahr, mich hier als Moderator aufzuspielen, es gibt schon einen Thread zu dem Thema Übergewinnsteuer, Sennheiser wird da auch schon besprochen:

Falls ihr da nur kurz einen Kommentar absetzen wollt, könnt ihr ja z.B. einfach tl;dr (too long; didn’t read) einsetzen, dann weiß man, das ihr nicht alles vorher gelesen habt. Ich behaupte mal, dass wird auch hier im Forum akzeptiert. Wie gesagt, ist nur als Hinweis gemeint :slight_smile:

Zum Teil kann ich das nachvollziehen (habe nochmal kurz reingehört): Was ich nach wie vor gut fand, war der erste Teil. Es war wichtig mal herauszuarbeiten, wo hier sehr stark mit Populismus gearbeitet wird. Wie das Narrativ vom „bösen“ Unternehmen, das rücksichtslos Gewinne macht von Politikern aufgebaut und genutzt wird. Zum anderen auch die Erkenntnis, dass es sehr schwierig wird, diese Übergewinne fair und eindeutig festzulegen.
Im zweiten Teil wurde es dann allerdings wild. Skeptisch werde ich immer dann, wenn eine unter führenden Experten bestrittenes Thema bei der Lage völlig klar und eindeutig dargestellt wird. So auch hier. Marcel Fratzscher wurde medial in dem Zusammenhang sehr häufig zitiert. Seine Einschätzung fehlt hier. Warum? An seinen öffentlichen Aussagen kommt man bei dem Thema kaum vorbei. Zu Beginn des zweiten Teils geht Ulf darauf ein, dass es keine „guten“ und „bösen“ Gewinne gibt. Wenn man gut und böse moralisch definiert vielleicht, aber natürlich gibt es volkswirtschaftlich nützliche und weniger nützliche Gewinne. Interessanterweise fängt genau Fratzschers Argumentation an. Er spricht im Zusammenhang mit den Ölkonzernen von „leistungslosen“ Gewinnen. Natürlich ist es sinnvoll eine Volkswirtschaft so zu steuern, dass Gewinne mit Leistungen erzielt werden, die der Allgemeinheit dienlich sind. Das gesteht Ulf dann auch implizit ein, indem er sagt, dass der Staat halt regulatorisch eingreifen soll, wenn Unternehmen nicht in ihrem Sinne agieren. Wie diese „regulatorischen Maßnahmen“ aussehen sagt er nicht. Interessanterweise ist ja eine Steuer genau so eine regulatorische Maßnahme (daher der Name). Und da man für eine Krise kaum ein allgemeingültiges Regelwerk schaffen kann, scheint eine einmalige Übergewinnsteuer da gar nicht so abwegig. Ulf möchte sattdessen lieber alle Firmen besteuern. Wie genau soll das bitte in der Krise helfen? Das würde doch den geschwächten Unternehmen (mit Untergewinnen) erst recht den Todesstoß verpassen. Die Idee der Übergewinnsteuer ist doch gerade Umverteilung. Also sie werden sich dabei schon irgendwas gedacht haben, aber rüber gekommen ist es bei mir nicht. :neutral_face:

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Das fand ich schon übertrieben. Es geht ja nicht um BILDschlagzeilen. Tenor war für mich der leistungslose Gewinn. Und der sollte zusätzlich besteuert werden - das geht auch ruhiger zu erklären ohne etwas Böses an die Wand zu malen. Für mich sind sie in die Falle der Wirtschaftsliberalen getappt.

Vielleicht mal wieder zurück zum eigentlichen Thema: Übergewinnsteuer.

Werden höhere Gewinne nicht direkt durch die darauf zu entrichtende Körperschaftsteuer erhoben? Ungeachtet der steuerlichen Details (für die ich wahrlich kein Fachmann bin) steigt doch der Betrag, den ein Unternehmen an das Finanzamt zu überweisen hat mit dem erwirtschafteten Gewinn und höhere Gewinne werden dementsprechend auch sofort abgegeschöpft, oder nicht?

Oder noch einen Schritt weiter zurück: ist „Übergewinnsteuer“ bereits ein irreführendes Framing?

Es suggeriert, dass die Mineralölkonzerne ohne eigenes Zutun, quasi zufällig, einen unerwarteten Zusatzgewinn eingenommen haben. Und dass wir als Gesellschaft nun darüber debattieren, ob es gerecht wäre, dieses unverhoffte Vermögen für die Deckung der Kriegskosten statt für die Konzernbilanzen zu nutzen.

Was stattdessen geschehen ist: der Oligopol der Mineralölkonzerne hat willkürlich die Preise angehoben (bzw. nicht mehr gesenkt, also die Rohölpreise wieder gesunken sind). Prinzipiell könnte der Oligopol auch morgen „beschließen“ den Benzinpreis auf 10€ pro Liter zu erhöhen. Das Framing sollte also eher sein, ob wir eine Regulierung des Oligopols brauchen, da das Kartellrecht hier offensichtlich nicht ausreicht.

Was davor noch zu prüfen wäre: liegt hier Wucher im Sinne des BGB oder StGB vor?

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Es geht nicht um böse oder gut. Es geht um das, was uns, auch von der Wirtschaft immer gepredigt wird: Es geht um Leistung!

Wo liegt die Leistung, die solche Margen rechtfertigt?

Es spielt doch keine Rolle wie man das Ganze nennt, ob es jetzt Wucher, Übergewinne oder „windfall profits“ heißt, entscheidend ist, dass es ein Mehr an Einnahmen bedeutet ohne das ein Mehr an Leistung geliefert wird.

Und man muss sich auch mal überlegen, was die jetzige Situation für große Wirtschaftsakteure bedeutet, nämlich dass sich Krieg lohnen kann. Diesem Narrativ sollte man doch wohl entgegenwirken, oder?

Und zu dem Argument der aus der LdN-Folge:
„Unternehmen sind doch dafür da Gewinne zu machen“
Da würde ich eher sagen, das Unternehmen dazu da sind, der Gesellschaft als Produzenten von Waren und Dienstleistungen zu dienen. Das ist mMn ihr eigentlicher Sinn. Die Erzeugung von Gewinnen ist dabei nur die Karotte, die man Unternehmen vorhält, weil sie es sonst nicht machen.

Der Economist hat auch eine schöne Grafik zu den Übergewinnen bzw. windfall profits:

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Genau das habe ich doch oben diskutiert.

Dann müssen wir allerdings auch Rahmenbedingungen bieten, unter denen diese Ziele belohnt oder zumindest nicht bestraft werden. Die Gewinne der Unternehmen werden doch explizit von den Aktionären gefordert.

Danke erst mal für den Hinweis. Ich hatte die Tage davor auch im Verfassungsblog nachgesehen, ob das etwas zum Thema steht, aber es dann aufgegeben. Ich halte die verfassungsrechtliche Seite auch für sehr wichtig.

Die Conclusion von Meickmann aus dem VB [edit: das eine Übergewinnsteuer „erhebliche verfassungsrechtliche Hürden zu überwinden“ hätte]
wundert mich ehrlich gesagt etwas, denn weiter oben steht dort:

Der Gesetzgeber müsste sich für die Ungleichbehandlung der Einkünfte daher auf einen besonderen sachlichen, die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß rechtfertigenden Grund berufen können. Als solche Rechtfertigungsgründe hat das BVerfG bisher Lenkungszwecke, Vereinfachungszwecke und den Zweck der Bekämpfung des Missbrauchs steuerlicher Vorschriften anerkannt.

Es scheint also tatsächlich im reinen Ermessen de BVerfG zu liegen, ob man die leistungslosen Übergewinne (windfall profits) der Mineralölkonzerne besteuern kann.

Darüber hinaus kann ich in der Sanktionierung solcher leistungslosen Übergewinne durchaus auch eine Lenkungswirkung erkennen, die ja vom BVerfG offenbar als Grund für solch eine Steuer akzeptiert wurde.

Ich bin natürlich juristischer Laie, aber bisher überzeugen mich die verfassungsrechtlichen Argumente nicht davon, dass so eine Übergewinnsteuer überhaupt nicht machbar sei. Ich leider sogar eher sagen, dass die Einwände etwas vorgeschoben wirken.

Hinzu kommt eben, auch wenn das Argument schon öfter fiel, der Staat hat in der Corona-Krise differenziert subventioniert, dann muss er auch differenziert besteuern können.

Gab es gegen die Corona-Hilfen irgendeine Verfassungsbeschwerde, dass diese nur einzelne Branchen unterstützen? Oder das bestimmte Branchen mehr Geld bekommen als andere? Und falls ja, was wurde aus denen?

Sorry aber eine Rechtfertigung für die aktuellen Mineralöl-Margen konnte ich bei dir nicht finden.

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Das geht zwar jetzt auch wieder am Thema vorbei, aber ich möchte mal was generelles zur Beziehung Staat und Unternehmen los werden:

Viele Unternehmen bzw. Unternehmer sehen den Staat aufgrund von Vorschriften und natürlich Steuern eher als Hindernis, das kann ich irgendwo auch nachvollziehen.

Tatsache ist aber:
Der Staat ist im Grunde der erste, beste und wichtigste Geschäftspartner eines jeden Unternehmens. Denn:

  1. Der Staat bildet jeden Unternehmer aus. Schule, Universität usw. ist alles Staats-getragen.
  2. Der Staat schafft Rahmenbedingungen wie Infrastruktur und ausgebildete Arbeitnehmer und sogar eine staatliche Arbeitsagentur.
  3. Der Staat bietet haufenweise Förderungsprogramme für Startups aber auch KMUs und natürlich die Großindustrie.

Und all das macht der Staat bevor ein Unternehmer auch nur einen Cent Steuern gezahlt hat. Das ist also eine riesige Vorinvestition in jedes Unternehmen.

Bestes Beispiel dafür ist Biontech (Quelle: Wikipedia):

Biontech wurde 2008 auf der Grundlage langjähriger Forschungsarbeiten, die unter anderem vom Bundesforschungsministerium in der Gründungsoffensive Biotechnologie (GO-Bio) gefördert wurden, von Uğur Şahin, Özlem Türeci und Christoph Huber als BioNTech RNA Pharmaceuticals GmbH gegründet.

Und während das Unternehmen läuft findest das alles natürlich weiterhin statt. Ich würde gerne mal sehen, wie viel Gewinn z.B. Amazon in Deutschland ohne funktionierendes Straßennetz oder Internet macht. Für all das sorgt der Staat.

Und in Krisen sorgt der Staat auch dafür, dass Unternehmen diese Krisen eben auch überstehen.

Ich denke daher, dass Deutschland durchaus gute Rahmenbedingen für Unternehmen schafft.

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Ich finde „rechtfertigen“ hier den falschen Begriff, weil wir es hier nicht mit moralisch gut und böse sondern volkswirtschaftlich nützlich oder schädlich zu tun haben. Eine freie Marktwirtschaft belohnt nicht automatisch volkswirtschaftlich nützliches Verhalten. Wir sollten staatliche Regulierungen so virnehmen, dass das passiert.

Der Staat ist ja aber nicht der (alleinige) Aktionär. Jeder von uns, der einen Aktienfond besitzt, bei dem er sein Stimmrecht an die Fondsgesellschaft abgibt, übt damit in den allermeisten Fällen Druck auf die Unternehmen aus, größtmögliche Gewinne einzufahren.
Wenn wir eine Systemlogik erschaffen, die auf max. Gewinn abzielt, dürfen wir uns nicht beschweren, wenn Unternehmen dieser Logik folgen, sondern wir müssen die Logik ändern (regulieren). Da bin ich ganz bei der Lage.

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